Drucksache 17 / 12 435 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 16. Juli 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Juli 2013) und Antwort Mietenbündnis in der Praxis – soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten gesichert? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist der Senat der Auffassung, dass Nettokalt- mieten für geplante Neubauten von 10 Euro pro m² und mehr bei aktuellen Vorhaben von städtischen Wohnungs- baugesellschaften sozial verträglich sind und wie begrün- det er dies? Antwort zu 1: Die Neubauvorhaben der städtischen Wohnungsbaugesellschaften sehen in der Regel eine Mietenspreizung vor, so dass dem Ziel der Bereitstellung von Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung entsprochen wird. Die Wirtschaftlichkeit bei Neubauvor- haben muss dabei gegeben sein, um die Investitionsfähig- keit der städtischen Wohnungsbaugesellschaften in der Zukunft nicht zu gefährden. Frage 2: Ist der Senat der Auffassung, dass Brutto- warmmieten nach Sanierung von 10 Euro pro m² auch bei aktuellen Vorhaben von städtischen Wohnungsbaugesell- schaften sozial verträglich sind und wie begründet er seine Position? Antwort zu 2: Die soziale Verträglichkeit einer Miet- höhe muss im Zusammenhang mit der konkreten Ein- kommenssituation des Haushaltes und den Gegebenheiten der Wohnung betrachtet werden. Das Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten (sogenanntes Mietenbündnis) vom 4. September 2012 zeigt unter ande- rem mit den Regelungen im Abschnitt F – Maßnahmen -, Nr. 5 f) bis 5 h) auf, welche Nettokaltmieten nach Mieter- höhung als nicht mehr sozialverträglich betrachtet und daher als soziale Härtefälle gewürdigt werden. So gilt gemäß Nr. 5 f) Mietenbündnis, dass bei Haushalten, die die Bundeseinkommensgrenze gemäß § 9 Abs. 2 Wohn- raumförderungsgesetz (WoFG) und die im Mietenbündnis festgelegten Wohnflächenobergrenzen einhalten, die Nettokaltmiete nach Mieterhöhung 30 Prozent des Haus- haltsnettoeinkommens nicht übersteigen soll. Damit Leis- tungsempfangende nach Sozialgesetzbuch (SGB) II und SGB XII durch Mieterhöhungen nicht verdrängt werden, verpflichten sich die städtischen Wohnungsbaugesell- schaften mit Nr. 5 h) im Mietenbündnis, bei angemessen großen Wohnungen die jeweiligen Höchstwerte staatli- cher Leistungen für Mietbelastungen zu beachten. Wich- tig ist die konkrete Darlegung des sozialen Härtefalls bei Erhalt einer Mieterhöhung (auch nach Modernisierung) durch die Mieterinnen und Mieter, damit gemeinsam mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft eine Lösung gefunden werden kann. Frage 3: Wird der Senat gegenüber den städtischen Gesellschaften darauf hinwirken, dass für Mieter/-innen mit geringen Einkommen sozialverträgliche Regelungen zur Kappung der Miethöhen nach Modernisierung bzw. bei Neubauvorhaben zur Anwendung kommen? Antwort zu 3: Das Mietenbündnis sieht hierzu konkre- te Regelungen vor, unter anderem die in der Antwort zu Frage 2 dargestellten Regelungen, die auch für Mieterhö- hungen nach Modernisierung gelten. Für Neubauvorhaben gilt das in der Antwort zu Frage 1 Dargestellte. Frage 4: Wie beabsichtigt der Senat das Ziel des „Mietenbündnisses “ zu erreichen, Bestandsmieter/-innen zum Wohnungstausch zu bewegen und ggf. geringere Wohn- flächen in Anspruch zu nehmen, wenn nicht zugleich die Miethöhen adäquat nach Einkommen gekappt werden und die Möglichkeit eröffnet wird, Konditionen wie in den Altverträgen zu erhalten? Antwort zu 4: Ein möglicher Wohnungstausch gehört zum Maßnahmenpaket des Mietenbündnisses, das dem Mieterhaushalt im konkreten Einzelfall angeboten wird. Hierbei stehen die sechs städtischen Wohnungsbaugesell- schaften im engen Kontakt, um gegebenenfalls auf Ange- bote der anderen Gesellschaften zurückgreifen zu können. Frage 5: Wie will der Senat dafür sorgen, dass auch in den Gründerzeitbauten der städtischen Wohnungsbauge- sellschaften weiterhin 50 bzw. 33 Prozent der Wohnungen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 435 2 für Bezieher/-innen kleiner und mittlerer Einkommen erhalten und bezahlbar bleiben und so eine Verdrängung aus dem angestammten Wohnumfeld unterbleibt und eine soziale Durchmischung der Quartiere erhalten wird? Antwort zu 5: Für die Gründerzeitbauten der städti- schen Wohnungsbaugesellschaften gelten die Regelungen des Mietenbündnisses wie für die anderen Bestände auch. Frage 6: Teilt der Senat die Auffassung, dass das im Mietenbündnis enthaltene Ziel, die Nettokaltmiete solle im Einzelfall 30 Prozent des vollständigen, nachzuwei- senden Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen, deutlich zu hoch ist und dieses Ziel daher die Brutto- warmmiete betreffen müsste? Antwort zu 6: Nein. Frage 7: Warum sind für das Ziel, die Belastung von Haushalten mit Niedrigeinkommen auf 30 Prozent zu begrenzen, im Mietenbündnis die Einkommen nach der Bundeseinkommensgrenze gedeckelt worden? Antwort zu 7: Rund ein Drittel der Berliner Haushalte hat ein Einkommen, welches die Bundeseinkommens- grenze gemäß § 9 Absatz 2 WoFG nicht übersteigt. Eine weitergehende Ausweitung der potenziell Berechtigen bei Mieterhöhungen, insoweit die weiteren Voraussetzungen aus Abschnitt F Nr. 5 f) des Mietenbündnisses erfüllt sind, würde dem Charakter der besonderen Würdigung von entsprechenden Härtefällen widersprechen. Frage 8: Wie will der Senat erreichen, dass Familien mit Kindern, die ein geringes oder mittleres Einkommen beziehen, im für die Kinder und die weitere Arbeitsfähig- keit der Eltern wichtigen Umfeld ihrer Schulen und Kitas bleiben können, auch wenn ihr Einkommen für die 30- Prozent-Regelung die Bundeseinkommensgrenze gering- fügig übersteigt? Antwort zu 8: Neben den Vergünstigungen für soziale Härtefälle, wurden mit dem Mietenbündnis weitere Rege- lungen mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften vereinbart, die auch Familien mit Kindern mit einem Einkommen über der Bundeseinkommensgrenze zu Gute kommen. Im Abschnitt F Nr. 5 a werden die Mieterhö- hungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf 15 % innerhalb von vier Jahren beschränkt. Mit Nr. 5 b) wurde vereinbart, dass Mieterhöhungen nach Modernisierung auf 9 % der Modernisierungskosten jährlich beschränkt werden. Die Miete muss sich zusätzliche nach Moderni- sierung im Rahmen des Mietspiegels plus der erzielten Betriebskosteneinsparung bewegen. Sollte dennoch ein Umzug unumgänglich sein, enthält Abschnitt F, Nr. 5 d des Mietenbündnisses eine Regelung für eine Mietbegrenzung bei Wiedervermietung. Es wer- den innerhalb des S-Bahn-Ringes 50 % und außerhalb 33 % der zur Wiedervermietung anstehenden Wohnungen zur ortsüblichen Vergleichsmiete an Haushalte mit Wohnberechtigungsschein vergeben. Frage 9: Warum fordert der Senat die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen bisher nicht auf, im Falle von Transferleistungsbeziehenden die Mieten auf die in der WAV festgelegten Sätze zu begrenzen? Antwort zu 9: Eine Regelung, dass Empfängerinnen und Empfänger von Sozialleistungen durch Mieterhöhun- gen nicht aus angemessenen großen Wohnungen ver- drängt werden, enthält bereits Abschnitt F Nr. 5 h) des Mietenbündnisses. Berlin, den 29. Juli 2013 In Vertretung Ephraim G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Aug. 2013)