Drucksache 17 / 12 543 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 19. August 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. August 2013) und Antwort Gleichstellung im Richterdienst Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie ist das Verhältnis von männlichen und weibli- chen Beschäftigten im Richterdienst bei: a) den Proberichtern, b) der ordentlichen Gerichtsbarkeit, c) der Fachgerichtsbarkeit und d) der Staatsanwaltschaft? Zu 1.: a) Aktuell absolvieren 128 Frauen und Männer den Proberichterdienst, darunter 71 Frauen. Das ent- spricht einem Anteil von 55,5 %. b) In der ordentlichen Gerichtsbarkeit beträgt der Frauenanteil im Richterdienst 51,9 %. Selbst wenn man die Proberichterinnen unberücksichtigt ließe, wären sie mit einem Anteil von 51,4 % Frauen in diesem Bereich überrepräsentiert. c) Bei den Fachgerichten (Verwaltungsgericht, Sozi- algericht und Arbeitsgericht) sind insgesamt 163 Richterinnen tätig, was einem Frauenanteil von 46,7 % entspricht. Der Anteil der Lebenszeitrichte- rinnen ist mit 46,4 % nur geringfügig geringer. d) Bei der Staatsanwaltschaft beträgt die Frauenquote derzeit exakt 50 %; unter den auf Lebenszeit er- nannten Beschäftigten beläuft sich der Frauenan- teil immerhin auf 49,7 %. Über alle Geschäftsbereiche hinweg einschließlich der Arbeitsgerichtsbarkeit sind 854 Richterinnen und Staats- anwältinnen im Einsatz. Damit sind 50,3 % aller Beschäf- tigten im höheren Justizdienst Frauen. 2. Sieht der Senat die Vorgaben der §§ 2 und 3 Lan- desgleichstellungsgesetz als erfüllt an? Zu 2.: Entsprechend der Verpflichtungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 Landesgleichstellungsgesetz (LGG) und des § 3 Abs. 1 Satz 1 LGG werden Frauen in der Berliner Justiz gefördert und wird aktiv auf die Beseitigung bestehender Unterrepräsentanzen hingewirkt. Sowohl in der ordentli- chen Gerichtsbarkeit als auch bei der Staatsanwaltschaft sind mindestens die Hälfte der Beschäftigten Frauen. Lediglich in der Fachgerichtsbarkeit sind geringfügig weniger als 50 % der Dienstkräfte im höheren Dienst Frauen. An der Spitze der Berliner Gerichte stehen mitt- lerweile sogar überwiegend Frauen. So werden das Kam- mergericht, das Verwaltungsgericht, das Sozialgericht und das Arbeitsgericht sowie sechs der elf Amtsgerichte von einer Präsidentin geführt. Daneben nehmen im Kam- mergericht, im Landgericht und in fünf Amtsgerichten Vizepräsidentinnen Führungsaufgaben wahr. Noch bestehende Unterrepräsentanzen bei der Wahr- nehmung spruchrichterlicher bzw. staatsanwaltlicher Aufgaben in Beförderungsämtern konnten über die ver- gangenen Jahre signifikant reduziert werden. Mittlerweile sind bereits 35,3 % aller im Geschäftsbereich der Senats- verwaltung für Justiz und Verbraucherschutz nach der Besoldungsstufe R 2 vergüteten Ämter mit Frauen besetzt (2006: 29,1 %), wobei der Anteil in der ordentlichen Gerichtsbarkeit mit 38,5 % (2006: 33,8 %) bzw. in der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit mit 37,1 % (2006: 28,6 %) sogar noch höher liegt. Im R 3 – Bereich beträgt der durchschnittliche Frauenanteil über alle Ge- schäftsbereiche (einschließlich des Landesarbeitsgerichts) hinweg mittlerweile 34,8 % (2006: 22,8 % ohne Landes- arbeitsgericht). Einen deutlich höheren Frauenanteil kön- nen in dieser Besoldungsstufe bereits das Landesarbeits- gericht (47,8 %) und die Staatsanwaltschaft (40 %) vor- weisen. 3. Bei Abweichungen, wo sieht der Senat Handlungs- bedarf? Zu 3.: Soweit Frauen als Vorsitzende von Spruchkör- pern oder (Haupt)Abteilungsleiterinnen bei der Staatsan- waltschaft aktuell noch unterrepräsentiert sind, ist dies eine Langzeitfolge der Einstellungspraxis bis in die 1990er Jahre, als deutlich mehr Männer als Frauen in den Justizdienst aufgenommen wurden und - vor dem Hinter- grund einer traditionellen Rollenverteilung - weniger Frauen eine Beförderung anstrebten als heutzutage. Nach Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 543 2 der positiven Entwicklung der letzten Jahre steht jedoch weiter zu erwarten, dass die seit Beginn der 1990er Jahre in großer Zahl eingestellten hochqualifizierten Frauen entsprechend ihrer Beschäftigungsquote im R-besoldeten Bereich Spitzenpositionen in der Rechtsprechung bzw. Strafverfolgung erreichen werden. In größeren Geschäfts- bereichen mit mehr Fluktuation wird dieses Ziel schneller erreicht werden können als in kleineren Bereichen wie beispielsweise den Fachgerichten. Um diese Entwicklung noch weiter zu befördern, wurden außerdem die Erprobungsrichtlinien dahingehend geändert, dass – als Zugangsvoraussetzung für ein Beförderungsamt – mittlerweile auch teilzeitbeschäftigte Dienstkräfte obergerichtlich bzw. oberbehördlich erprobt werden können. Auch Elternzeiten wirken sich nicht karriereschädlich aus. Darüber hinausgehender Handlungsbedarf besteht nach hiesiger Auffassung nicht. Berlin, den 05. September 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 18. Sep. 2013)