Drucksache 17 / 12 581 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Schlede (CDU) vom 28. August 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. August 2013) und Antwort Freie Szene Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie definiert der Senat die freie Szene? Zu 1.: Die Definition der Freien Szene ist unscharf. In der Regel werden darunter Orte, Initiativen, Gruppen und Einzelakteure verstanden, die außerhalb bestehender Institutionen, zumeist in freier Trägerschaft öffentliche Veranstaltungen zeitgenössischer Kunst und Kultur initi- ieren (z.B. freie Theater- und Tanzgruppen, Ensembles, Projekträume sowie frei produzierende Künstlerinnen und Künstler aller Sparten). 2. Auf welche Summe belaufen sich die derzeitigen finanziellen Mittel des Landes Berlins für die freie Szene? Zu 2.: Zur Förderung der Freien Szene zählt der Senat zum einen die Projekt- und Einzelförderungen im Kapitel 0310, auf die sich die o. g. Akteurinnen und Akteure bewerben können (insbesondere die Titel 68610, 68609, 68119, 68303, 68123). Hierzu gehören diverse Stipendien ebenso wie das differenzierte Fördersystem aus Einzel-, Einstiegs-, Basis- und Spielstättenförderung im Bereich der Darstellenden Künste. Die Mittelvergabe erfolgt konsequent auf Grundlage von Voten fachlich besetzter Auswahlgremien (Jurys, Beiräte, Kommissionen, etc.). Der Umfang dieser Förderung betrug 2012 gut 8 Mio. €. Zum anderen können solche institutionellen Förde- rungen aus Kapitel 0310 hinzugerechnet werden, die direkt oder indirekt der Freien Szene zugutekommen. Dazu gehören die Konzeptförderung (Titel 68322) 1 als befristete institutionelle Förderung, diverse Strukturför- dermaßnahmen wie die Förderung des traditionsreichen Berliner Atelierprogramms (Titel 68615) oder der Kul- turwerk GmbH des Berufsverbands Bildender Künstlerin- nen und Künstler (BBK) (Titel 68577), die Förderung von Institutionen wie KunstWerke e.V. (Titel 68577) und die Hebbel am Ufer GmbH (Titel 68219), die Künstlerinnen 1 Ohne die Teil-Ansätze für Vagantenbühne, Theater im Palais und Kleines Theater am Südwestkorso, die als Unterhaltungstheater programmatisch nicht der Freien Szene zuzurechnen sind. und Künstler der Freien Szene, mit ihrer Kunst zum we- sentlichen Gegenstand ihrer Programmatik machen und die daher als Anker in Institutionen der Freien Szene bezeichnet werden, sowie überbezirkliche Aktivitäten (Titel 68621), aus denen die Arbeit von Einrichtungen wie der Consense GmbH und das Theaterhaus Mitte un- terstützt werden. Das Volumen der institutionellen Förde- rungen in der Freien Szene betrug 2012 rd. 16 Mio €. Schließlich erhalten Projekte von Akteuren der Freien Szene aus den der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Skzl-Kult) zur Verfügung stehenden ESF- und EFRE-Programmen der Förderperiode 2007-2013 Mittel i.H.v. jährlich etwa 1,4 Mio €. Mithin fördert der Senat die Freie Szene direkt und indirekt mit insgesamt ca. 26 Mio € jährlich. Zu diesen originären Landesmitteln kommen Projektmittel in Höhe von jährlich 9,816 Mio €, die die Bundesregierung gemäß Hauptstadtfinanzierungsvertrag von 2007 dem Land Berlin über den Hauptstadtkulturfonds zur Verfügung stellt. Diese werden ebenfalls auf Antrag im jurierten Verfahren vergeben. Durchschnittlich ca. 70% der zur Förderung empfohlenen Anträge kommen aus der Freien Szene. Da die Antragsvolumen in der Regel unterhalb der Anträge institutionell geförderter Träger liegen, liegt das tatsächliche Fördervolumen unterhalb dessen. Der Senat geht hier von ca. 6,5 Mio € jährlich aus, die der Freien Szene zugutekommen. Schließlich kommen regelmäßig auch Förderungen der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin der Freien Szene zugute wie etwa die Mittel zum Ausbau der Uferstudios in Wedding und der Sanierung des Atelierhauses am Flutgraben. 3. Wie stellt sich die Zahl prozentual im Gesamthaus- halt und speziell im Kulturhaushalt dar? Zu 3.: Der Förderetat der Skzl-Kult (Zuschuss- und Zuwendungstitel des Kapitels 0310) betrug im Jahr 2012 rd. 360 Mio €. Der Anteil der zu 2. genannten Förderungen beträgt mithin 7,2%. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 581 2 Der Gesamthaushalt des Landes Berlin hatte 2012 ein Volumen von rd. 23 Mrd €. 4. Inwiefern finanziert der Bund die freie Szene Ber- lins durch Förderung? Zu 4.: Der Bund stellt dem Land Berlin gem. Haupt- stadtfinanzierungsvertrag jährlich Mittel i.H.v. 9,816 Mio. € für den Hauptstadtkulturfonds zur Verfügung. Ein Großteil dieser Mittel kommen der Freien Szene direkt zugute (s. Frage 1.). Des Weiteren stellen Akteurinnen und Akteure der Freien Szene regelmäßig Anträge bei der Bundeskulturstiftung, dem Institut für Auslandsbeziehun- gen (IFA-Institut), dem Fonds Darstellende Künste, dem Literatur- und Übersetzerfonds, dem Fonds Soziokultur sowie dem Kunstfonds oder bei den Programmen zur Kulturellen Bildung, wie z.B. bei der vom Bund geför- derten Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Ju- gendbildung e. V. (BKJ) oder dem Programm „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Weitere Fördermöglichkeiten bieten die von Bund und Ländern gemeinsam getragenen Förderinstru- mente Nationales Performancenetz Tanz und Nationales Performancenetz Darstellende Kunst. Darüber hinaus werden in den einzelnen Sparten unterschiedlichste Preise und Auszeichnungen an frei produzierende Künstlerinnen und Künstler vergeben. Diese werden z.T. von vom Bund geförderten Institutionen, zum Teil von Bund und Län- dern gemeinsam finanziert, wie z.B. der Kunstpreis Berlin – Jubiläumsstiftung 1848/1948, der von der Akademie der Künste vergeben und vom Land Berlin finanziert wird oder der gemeinsam vom Bund und den Ländern Berlin und Brandenburg finanzierte Heinrich von Kleist-Preis. 5. Wie hoch schätzt der Senat die Zahl der in der freien Szene tätigen Künstler ein? Zu 5.: Eine originäre Datensammlung zur Erfassung von Künstlerinnen und Künstlern mit Wohnsitz in Berlin existiert nicht. Sekundärquellen lassen jedoch darauf schließen, dass im Ergebnis der Zustrom von Künstlerin- nen und Künstlern nach Berlin anhält. So erfasst die Künstlersozialkasse (KSK) für das Jahr 2012 in Berlin 32.364 Versicherte. Gegenüber dem Vorjahr ist in Berlin ein Anstieg der Versichertenzahl um 10% zu verzeichnen, während die Versichertenzahl in ganz Deutschland nur um 3,7 Prozent anstieg. Die Betrachtung der Entwicklung der früheren Jahre zeigt ähnliche Tendenzen. 6. Wie hoch schätzt der Senat die Einkünfte eines Künstlers in der freien Szene? Zu 6.: Die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten verfügt hierzu über keine eigenen Erkenntnisse. Nach Angaben der Künstlersozialkasse (KSK) lag das durch- schnittliche Jahreseinkommen der aktiv Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland zum 01.01.2012 bei 14.142 € im Jahr: Bereich Bildende Kunst 13.743 € (davon männlich 15.850 €, weiblich 11.565 €); Bereich Musik 12.005 € (davon männlich 13.154 €, weiblich 10.228 €); Bereich Darstellende Kunst 13.253 € (davon männlich 15.992 €, weiblich 10.802). Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt kann in Berlin erfahrungsgemäß auf Grund der ortspezifischen Situation von niedrigeren Einkommen im unteren Bereich ausgegangen werden. Berlin, den 27. September 2013 In Vertretung André Schmitz Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Okt. 2013)