Drucksache 17 / 12 603 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 02. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. September 2013) und Antwort Umgang mit Fundtieren in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie wird im Land Berlin durch die Kräfte der Po- lizei, Feuerwehr, Ordnungsämter etc. mit Fundtieren um- gegangen? 2. Wie haben die Berlinerinnen und Berliner in unse- rer Stadt mit Fundtieren umzugehen, bitte gegebenenfalls unterteilt nach Haus- und Wildtieren sowie gesunden und verletzten Tieren und welche Vorschriften geltend inso- weit? Zu 1. und 2.: Fundtiere sind entlaufene, verirrte bzw. verlorengegangene Haustiere (in der Regel Hunde und Katzen), die eine Besitzerin oder einen Besitzer haben, die oder der jedoch zunächst meist unbekannt ist. Diese unterliegen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Ge- setzbuches (BGB) dem Fundrecht (§§ 965 bis 984 BGB). Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§°965 BGB) hat eine Finderin oder ein Finder den Fund (hier: das Fund- tier) unverzüglich anzuzeigen (Fundanzeige). Eine Fund- anzeige nehmen in Berlin alle örtlichen Polizeiabschnitte sowie die Tiersammelstelle (im Tierheim Berlin) entge- gen. Zunächst ist die Finderin oder der Finder zur Ver- wahrung (Aufnahme) des Tieres verpflichtet (§ 966 Abs. 1 BGB). Wenn die Finderin oder der Finder das Tier jedoch nicht selbst verwahren kann oder möchte (vgl. § 966 BGB), ist sie oder er gem. § 967 Halbsatz 1 BGB berechtigt, das Tier an die zuständige Behörde abzuliefern bzw. abzugeben. Üblicherweise erfolgt dies in Berlin zusammen mit der Erstattung der Fundanzeige bei der Polizei. Fundtiere, die von der Finderin oder vom Finder der Behörde (in der Regel der Polizei) übergeben oder von einer Behörde (wie z. B. der Feuerwehr) selbst aufgefun- den wurden, werden in Berlin von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hunde- und Katzenfanges des Am- tes für regionalisierte Ordnungsaufgaben des Bezirksam- tes Lichtenberg, das im Rahmen der regionalisierten Zu- ständigkeit für den Hunde- und Katzenfang zuständig ist, zur Tiersammelstelle im Tierheim Berlin transportiert und dort untergebracht bzw. verwahrt. In Ausnahmefällen unterstützen die Dienstkräfte des Allgemeinen Ordnungs- dienstes (AOD) der bezirklichen Ordnungsämter hierbei im Rahmen der Amtshilfe die zuständigen Stellen, wenn dort ein personeller Engpass herrschen sollte, und trans- portieren die Fundtiere zur Tiersammelstelle oder veran- lassen dieses zumindest. Ein verletzt aufgefundenes Tier oder ein Tier, das z. B. nicht geborgen werden kann, soll unverzüglich der Polizei übergeben bzw. dort gemeldet werden. Soweit es sich um ein verletztes Fundtier handelt, veranlasst die aufnehmende Stelle (Polizei, Hunde- und Katzenfang des Bezirksamtes Lichtenberg oder Tiersammelstelle) bei Erfordernis auch unverzüglich eine notwendige medizini- sche Versorgung. Allgemein erfolgt die tierärztliche Ver- sorgung von (ggf. verletzten) Fundtieren in der Tiersam- melstelle bzw. im Tierheim Berlin. Bei dringender Not- wendigkeit im Einzelfall kann die Notversorgung eines schwer verletzten Tieres zwecks unabdingbar sofort not- wendiger medizinischer Not-/Erstversorgung auch bei einer privaten Tierärztin bzw. einem privaten Tierarzt erfolgen. Nach erfolgter Not-/Erstversorgung wird das Tier (sofern transportfähig) der Tiersammelstelle im Tier- heim zugeführt. Die Verwahrung bzw. Unterbringung der Fundtiere er- folgt in Berlin auf der Basis eines Vertrages des Landes Berlin, vertreten durch das Amt für regionalisierte Ord- nungsaufgaben des Bezirksamtes Lichtenberg, mit dem Tierschutzverein Berlin über den Betrieb einer amtlichen Tiersammelstelle. Für den Polizeibereich ist der Umgang mit Fundtieren in einer Geschäftsanweisung gesondert geregelt. Wildtiere sind dagegen keine Fundtiere. In Freiheit le- bende Wildtiere sowie frei lebende bzw. verwilderte Hau- stiere und auch ausgesetzte Tiere sind grundsätzlich her- renlose Tiere, an denen nach bürgerlichem Recht (§§ 958 bis 964 BGB) kein Eigentum besteht. Hilflose Wildtiere werden nach Möglichkeit und Artengruppe zu den geeig- neten Einrichtungen oder Privatpersonen gebracht bzw. werden diese informiert. Rund um die Uhr steht die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 603 2 Kleintierklinik der Freien Universität Berlin als Abgabe- stelle zur Verfügung. Bei den dem Jagdrecht unterliegen- den Säugetieren werden die örtlich zuständigen Revier- förstereien informiert. Der Umgang mit hilflosen Wildtieren ist sowohl im Jagdrecht (§ 1 Bundesjagdgesetz) als auch im Natur- schutzrecht geregelt (§ 45 Abs. 5 Bundesnaturschutzge- setz). Die Handhabung ausschließlich dem Jagdrecht unterliegender Säugetiere obliegt im Land Berlin den mit der Jagdausübung befassten Personen. Die ebenfalls dem Jagdrecht unterliegenden Vogelarten – relevant sind hier vor allem Stockenten und Greifvögel – werden überwiegend von ehrenamtlichen Naturschützerinnen und Natur- schützern aufgenommen und wieder in die Natur zurück- gebracht. Da hier eine Nothilfesituation vorliegt, ist diese Vorgehensweise ungeachtet des bestehenden Jagdaus- übungsrechts gerechtfertigt. Der Umgang mit den sonstigen Vögeln und Säugetie- ren (vor allem Fledermäuse, Eichhörnchen und Igel) rich- tet sich nach Naturschutz- und Tierschutzrecht. Das Na- turschutzrecht regelt, dass jeder die hilfsbedürftigen Tiere aufnehmen darf, um sie gesund zu pflegen und wieder in die Natur zu entlassen. Sie dürfen aber nicht darüber hinaus in Besitz genommen werden. Die Naturschutzbe- hörde kann bestimmen, wo diese Tiere ggf. hingegeben werden sollen. Bei den streng geschützten Arten, die für den Naturschutz eine hohe Bedeutung haben, hat die Naturschutzbehörde weitergehende Zugriffsmöglichkeiten und kann den Aufenthaltsort der Tiere direkt festlegen. Dies ist im Land Berlin erfolgt, indem die Naturschutzbe- hörde erklärt hat, dass diese bei der Kleintierklinik der Freien Universität bzw. bei Fledermäusen vorzugsweise bei drei benannten Personen sowie bei Greifvögeln und Eulen bei der AG Greifvogelschutz des NABU (Natur- schutzbund) oder einer benannten Greifvogel-Pflege- station abzugeben sind. Eine rechtliche Verpflichtung zur Hilfe verletzter Wildtiere besteht nicht. Berlin, den 27. September 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Okt. 2013)