Drucksache 17 / 12 607 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Breitenbach (LINKE) vom 02. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. September 2013) und Antwort Reicht das Angebot für Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen in den Berliner Arbeitsagenturen und Jobcentern aus? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Fragen betreffen Sachverhalte, die der Senat überwiegend nicht aus eigener Zuständigkeit und Kennt- nis beantworten kann. Daher hat der Senat die Regional- direktion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit zusätzlich um Auskunft gebeten. 1. Nach der Handlungsempfehlung/Geschäftsanwei- sung der Bundesagentur für Arbeit (HEGA 05/11-08) haben Menschen, die im Rahmen der Arbeitnehmerfrei- zügigkeit in Deutschland eine Arbeit aufnehmen oder suchen und dabei die Dienste der Arbeitsämter bzw. Job Center nutzen, Anspruch auf Dolmetscher- und Überset- zungsdienste in erforderlichem Umfang. Wie wird dieser Anspruch bei den Berliner Arbeitsagenturen und Job Centern umgesetzt? Zu 1.: Grundsätzlich ist geregelt, dass Leistungsbe- rechtigte nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und dem Dritten Sozialgesetzbuch (SGB III) mit unzu- reichenden Kenntnissen der deutschen Sprache zur Ver- meidung von Verständnisschwierigkeiten eine Person mit entsprechenden Sprachkenntnissen mitbringen kann. An- dernfalls werden für die Übersetzungen und Dolmet- scherdienste Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berli- ner Agenturen für Arbeit und der Jobcenter mit entspre- chenden Sprachkenntnissen herangezogen. Sollte fallwei- se ein darüber hinaus bestehender kapazitiver oder spra- chenorientierter weiterer notwendiger Bedarf entstehen, können die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter gemäß HEGA 05/11-08 für die Übersetzungs- und Dolmetscher- dienste bei sozialen Verbänden bzw. ehrenamtlichen Einrichtungen Dienstleistungen einkaufen. 2. Wie ist "erforderlicher Umfang" definiert und wer entscheidet darüber? Zu 2.: Es besteht eine Pflicht für die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter, Übersetzungen vorzunehmen und Dolmetscherdienste anzubieten. Dies gilt insbesonde- re für die Übersetzung der jeweiligen Anträge bei den Agenturen für Arbeit und bei den Jobcentern. Bei Erst- kontakten sind - unabhängig davon, ob diese mündlich oder schriftlich erfolgen - notwendige Übersetzungen bzw. Dolmetscherdienste in jedem Fall von den jeweili- gen Agenturen für Arbeit und den jeweiligen Jobcentern zu veranlassen. Über den Einsatz von kostenpflichtigen Übersetzungs- und Dolmetscherleistungen entscheiden die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter eigenverant- wortlich. 3. Wie viele Menschen haben in Berlin Dolmetscher- dienste und wie viele Übersetzungsleistungen in den Jah- ren 2011/2012 und 2013 in Anspruch genommen? Zu 3.: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erstellt kei- ne statistische Auswertung über in Anspruch genommene Übersetzungs- und Dolmetscherleistungen in den Agentu- ren für Arbeit und in den Jobcentern. Die Inanspruch- nahme der Dolmetscherdienste und Übersetzungsleistun- gen ist vielmehr ein internes Steuerungskriterium der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter, um die Pflicht- aufgabe der Bereitstellung erforderlicher Dolmetscher- und Sprachmittlerangebote in der jeweiligen Einrichtung nachzuhalten. 4. Gibt es im Rahmen der Dolmetscher- und Überset- zungsdienste eine Zusammenarbeit mit sozialen Verbän- den oder anderen Einrichtungen? Wenn ja, mit welchen? 5. Gibt es mit diesen sozialen Verbänden und Ein- richtungen schriftliche Vereinbarungen über die Zusam- menarbeit? Wenn ja, wer hat sie abgeschlossen und wo sind sie veröffentlicht? 6. Wie oft wurden diese Verbände bzw. Einrichtun- gen in den Jahren 2011/2012 und 2013 für Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen in Anspruch genommen (bitte einzeln für die jeweiligen Verbände bzw. Einrich- tungen auflisten)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 607 2 7. Ist dem Senat bekannt, ob soziale Verbände und andere Einrichtungen in Berlin bei den Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen an Kapazitätsgrenzen stoßen? Wenn ja, welche Maßnahmen plant der Senat, um diese Probleme zu lösen? Zu 4. bis 7.: Die nach der HEGA 05/11-08 mögliche Zusammenarbeit mit anderen Stellen bei Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen, obliegt, wie unter 3. bereits ausgeführt, der jeweiligen organisatorischen Eigenverantwortlichkeit der Agenturen für Arbeit bzw. der jedes Jobcenters. Da- runter fallen auch die Fragen, mit welchen externen Ein- richtungen zusammengearbeitet wird, ob und mit wel- chem Inhalt Verträge abgeschlossen wurden und wann und wie nachfolgend die Inanspruchnahme externer Dienstleistungsanbieter erfolgt. Dem Senat liegen im Übrigen keine entsprechenden Verträge vor und sind auch keine Probleme im Rahmen der Erbringung von Dolmetscher- und Übersetzungsleis- tungen für die Agenturen für Arbeit oder für die Berliner Jobcenter im Zusammenhang mit der Leistungserbrin- gung nach dem SGB II oder SGB III bekannt. 8. Wer trägt die Kosten für die Dolmetscher- und Übersetzungsdienste? Entstehen auch Kosten für die o.g. Arbeitnehmer/-innen bzw. Arbeitsuchenden? Wenn ja, in welchen Fällen und wie hoch sind diese Kosten? Zu 8.: Alle notwendigen Übersetzungen bzw. Dolmet- scherdienste bei den Erstkontakten werden von Seiten der BA bzw. von der jeweiligen Agentur für Arbeit bzw. vom jeweiligen Jobcenter erstattet. Die Kosten für Übersetzungen von Schriftstücken von • Staatsangehörigen aus Staaten der EU (gemäß Art. 2 der VO (EWG) Nr. 883/2004 erstreckt sich der Anwendungsbereich auf alle Staatsangehörige ei- nes Mitgliedsstaates, Staatenlose und Flüchtlinge, die in einem Mitgliedstaat der EU wohnen, ihre Familienangehörige und Hinterbliebene) • Staatsangehörigen aus Drittstaaten, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der EU haben und sich in einer grenzüberschreitenden Situation befinden (gemäß VO (EU) Nr. 1231/2010 zur Ausdehnung der VO (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Verordnungen fallen) • Staatsangehörigen aus Staaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR); die VO Nr. 1408/71 findet im Verhältnis zu den Staaten des EWR – Island , Liechtenstein und Norwegen – noch Anwendung und Staatsangehörigen aus Staaten, mit de- nen zwischenstaatliche Vereinbarungen (s.u.) be- stehen, sowie • die Kosten für entsprechende Dolmetscherdienste werden generell, also auch bei weiteren Kontakten, von Amts wegen übernommen. Die Kosten, die für Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit ent- stehen, sind nicht quantifizierbar. Für Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen in den Agenturen für Arbeit und in den Jobcentern existiert keine gesonderte Finanzpositi- on. Die entsprechende Finanzposition beschreibt als Zweckbestimmung „Sonstige Dienstleistungen Externer“. Darunter fallen neben Vergütungen für zeitweilige Dol- metscherdienste (einschließlich Gebärden-Dolmetscher bei der Beratung hör- und sprachbehinderter Menschen), auch andere Vorgänge beispielsweise Druckaufträge und Buchbindearbeiten, die Aufnahme von Stenogrammen und Übersetzungen, Kosten für den Zahlungsverkehr (Kontoführung, ZzV-Gebühren etc.), externe Herstellung von Fotokopien in Copy-Shops, Medien zur Information der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit, datenschutzgerechte Entsorgung von daten- schutzwürdigem Schriftgut. 9. Sind dem Senat Probleme bei der Bereitstellung von Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen bei den Arbeitsagenturen bzw. Jobcentern in Berlin bekannt? Wenn ja, welche? 10. Hält der Senat das Angebot der Dolmetscher- und Übersetzungsleistungen in den Berliner Arbeitsämtern und Jobcentern für ausreichend? Zu 9. und 10.: Dem Senat sind keine Probleme bei der Bereitstellung von Dolmetscher- und Übersetzungsleis- tungen bei den Agenturen für Arbeit oder bei den Jobcen- tern bekannt. Die BA bzw. die Jobcenter sind verpflichtet, die erforderlichen Dolmetscher- und Übersetzungsleis- tungen im Zusammenhang mit der Leistungserbringung nach dem SGB II und nach dem SGB III sicher zu stellen. Soweit der Dienstleistungsmarkt dies hergibt, kann diese Obliegenheit auch mittels Einkauf zusätzlicher externer Dienstleistungen bei erhöhtem oder besonderem Bedarf erbracht werden. Berlin, den 23. September 2013 In Vertretung Boris V e l t e r Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Sep. 2013)