Drucksache 17 / 12 623 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 05. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. September 2013) und Antwort Nutzung des Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfachs durch Berliner Behörden Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Behörden des Landes Berlin außer den Gerichten und Staatsanwaltschaften nutzen in welchem Rahmen das Elektronische Gerichts- und Verwaltungs- postfach (EGVP) für den sicheren und rechtlich wirksa- men Austausch elektronischer Dokumente? Zu 1.: Folgende Dienststellen der Berliner Verwaltung nutzen aktuell außer den Gerichten und Staatsanwalt- schaften die Software für das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) für eine sichere, rechtsver- bindliche und revisionssichere Kommunikation als Teil des vom IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) Berlin ange- botenen „elektronischen Behördenpostfachs“:  Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Abt. II),  Senatsverwaltung für Finanzen (Abt. III und V),  Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft ,  Polizeipräsident von Berlin (Landeskriminalamt),  Landesamt für Bürger und Ordnungsangelegenheiten ,  Landesamt für Gesundheit und Soziales,  Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf,  Bezirksamt Neukölln,  Bezirksamt Reinickendorf,  Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg,  Bezirksamt Spandau,  Bezirksamt Lichtenberg,  Bezirksamt Mitte,  Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf,  Bezirksamt Treptow-Köpenick,  Bezirksamt Pankow 2. Welche Kosten entstehen dadurch und, soweit zutreffend , in welchem Ausmaß werden entsprechende Angebote benutzt und beworben? Zu 2.: Für die Dienststellen entstehen je Nutzung ei- nes elektronischen Behördenpostfachs derzeit Kosten in Höhe von 199,00 Euro/Monat. Die Gesamtkosten für den Betrieb dieser VPS-Lösung betragen jährlich rd. 480 T€. Derzeit kann das ITDZ seine Kosten nicht durch die Einnahmen aus den elektronischen Behördenpostfächern decken. Daneben fallen die nachstehend aufgeführten jährli- chen Kosten für die Bereitstellung der zentralen Infra- struktur des EGVP-Systems an: Die Kosten werden regelmäßig nach Königsteiner Schlüssel auf die Justizverwaltungen der Länder aufge- teilt. Der Bund beteiligt sich mit bis zu 10 % der Kosten. Die Kostenaufteilung auf die Länder für den zentralen Verfahrensbetrieb bei IT.NRW erfolgt nach Nachrichten- aufkommen. Das ITDZ Berlin als Betreiber der Lösung hat diese in den vergangenen Jahren intensiv kommuniziert und im Rahmen seiner vertrieblichen Aktivitäten verstärkt be- worben. Daneben wird EGVP im Rahmen des Elektroni- schen Rechtsverkehrs durch eine kostenfreie Bereitstel- lung des elektronischen Postfachs für Bürgerinnen und Bürger und des Nutzersupports durch die Justizverwal- tungen der Länder und des Bundes gefördert. Gesamt Anteil Berlin Pflegekosten EGVP rd. 630 T€ rd. 37 T€ Betrieb des zentralen Verfah- rensbeteiligtenintermediär rd. 394 T€ rd. 30 T€ Nutzersupport EGVP (1./2./3.- Level-Support) rd. 680 T€ rd. 34 T€ Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 623 2 3. Sind für die Zukunft weitere Anwendungen des EGVP in der Berliner Verwaltung geplant und wenn ja welche? Zu 3.: Alle Prozessschritte, bei denen Dokumente mit personenbezogenen bzw. sensiblen Daten an eine andere Dienststelle, oder an die Wirtschaft (z. B. Notare) über- mittelt werden, sind geeignete, mögliche Anwendungsfäl- le für das „elektronische Behördenpostfach“. Die Steuerverwaltung nutzt mit ELSTER ein eigenes System zur sicheren Kommunikation mit den Steuerbür- gerinnen und Steuerbürgern und innerhalb der Finanz- verwaltung. Die Kommunikation mit den Gerichten soll künftig über eine noch zu schaffende Schnittstelle zwi- schen den Verfahren EGVP und ELSTER erfolgen. Die Justizverwaltungen der Länder und des Bundes planen in den nächsten Jahren auf Grundlage des Gesetzes zur Förderung des Elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten einen weiteren Ausbau der elektronischen Kommunikation auf Basis des Protokollstandards OSCI. Das Gesetz sieht eine stufenweise Ausweitung des elekt- ronischen Rechtsverkehrs vor. Spätestens ab 2022 sind Rechtsanwältinnen sowie Rechtsanwälte und Behörden bundesweit verpflichtet, Dokumente elektronisch bei Gericht einzureichen. Im Hinblick auf den bis 2022 stetig ansteigenden An- teil elektronischer Kommunikation mit den Gerichten ist eine Neuausrichtung und Weiterentwicklung des EGVP- Systems notwendig. Die Anwalt- und Notarschaft hat sich klar für die Technik des EGVP ausgesprochen, so dass das EGVP bis auf Weiteres der wichtigste elektronische Kommunikationsweg für die Justiz bleiben wird. Künftig wird eine stärkere Integration von EGVP in die Fachsoft- ware von Anwalt- und Notarschaft angestrebt. Daneben sollen „nichtprofessionelle Einreicher“ zukünftig über einen „Webbriefkasten“ mit EGVP-Technik einen leicht zu bedienenden und jederzeit zur Verfügung stehenden Zugang zur Justiz über www.justiz.de erhalten. Nach einer Übergangszeit wird dann die Fortentwicklung des bislang betriebenen EGVP-Client eingestellt. 4. Inwieweit hält der Senat eine verstärkte Nutzung des EGVP als eGovernment-Werkzeug für möglich bzw. sinnvoll und sind dem Senat hierzu Erfahrungen aus ande- ren Bundesländern bekannt? Zu 4.: Grundsätzlich ist eine verstärkte Nutzung des EGVP denkbar. Nach den Erkenntnissen des Senats gibt es in den anderen Bundesländern ähnliche Erfahrungen. Die Steuerverwaltung betreibt das eGovernment- Verfahren ELSTER, welches auch ein Authentifizie- rungsverfahren für die sichere Kommunikation/Daten- übermittlung enthält. Für das EGVP wird daneben in diesem Bereich kein Bedarf gesehen. Berlin, den 25. September 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Okt. 2013)