Drucksache 17 / 12 650 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Kohlmeier (SPD) vom 05. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. September 2013) und Antwort Demonstration auf öffentlich zugänglichem Privatgrundstück in Hellersdorf - Welche Rechte hat eigentlich der Eigentümer eines Grundstückes? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist es zutreffend, dass die Grundstücksfläche vor dem nördlichen Eingang des Spreecenters (vor Edeka, Gemarkung Hellersdorf, Flur 194, Flurstück 251) im Eigentum der Eigentümer des Spreecenters stehen? Zu 1.: Ja. 2. Wer hat die Demonstration einer rechtsgerichteten Partei am Morgen des 21. August auf der unter 1. genann- ten Fläche genehmigt? Zu 2.: Versammlungen unterliegen keinem Genehmi- gungsverfahren. Sie sind anzumelden. Die Versamm- lungsbehörde prüft, ob Verbotsgründe einer Versamm- lung entgegenstehen. Dies war bei der oben genannten Versammlung nicht der Fall, folglich war die Versamm- lungsanmeldung, wie im Kooperationsgespräch verein- bart, zu bestätigen. 3. Warum wurde eine Demonstration auf privatem Grund genehmigt und nicht eine Örtlichkeit gewählt, die außerhalb der Eigentumsfläche lag (z. B Flurstück 302, Flurstück 84, öffentlicher Gehwegstreifen)? 4. Auf Grund welcher rechtlichen Grundlage erfolgte die Inanspruchnahme einer Fläche die im privaten Eigen- tum steht für Demonstrationszwecke? Zu 3. und zu 4.: Gegenstand der ursprünglichen An- meldung war der gesamte Vorplatz des Centers in der Hellersdorfer Straße 77-83. Die Versammlungsbehörde ist grundsätzlich an die Inhalte der Anmeldung gebunden. Die in der Frage 1 genannte Fläche ist ohne Einschrän- kung dem allgemeinen Verkehr geöffnet, sie nimmt daher am öffentlichen Gemeingebrauch teil. Zu diesem gehört auch die Kommunikation im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) und des Versammlungsgeset- zes (VersG). Auf die rechtliche Zuordnung oder eine interne Widmung kommt es insoweit nicht an. Angesichts dieser Rechtslage konnte die Versammlung an dieser Örtlichkeit nicht allein aufgrund der sachenrechtlichen Zuordnung der Fläche untersagt werden. Andere Versa- gungsgründe lagen nicht vor. 5. Wurde der Eigentümer in die Entscheidung einbe- zogen, dass seine unmittelbar vor dem Zugang zum Ein- kaufszentrum befindliche private Grundstücksfläche mit Polizeizäunen abgegrenzt wurde und für Demonstrations- zwecke genutzt wurde? Wenn ja: Wann und wie? Wenn nein: Warum nicht? Zu 5.: Nein. Eine Einbindung des Eigentümers in die der Ver- sammlung vorgelagerten aktiven Kooperationsphase erfolgt wegen der unter 3. genannten Rechtslage nur, wenn dies im konkreten Einzelfall geboten ist. Da der ursprünglich angemeldete Ort der Kundgebung im Rah- men des Kooperationsgesprächs mit dem Anmelder der Versammlung soweit versetzt wurde, dass der gewerbli- che Betrieb sowie der Zugang zu den Verkaufsräumen des Centers nicht beeinträchtigt wurden, bedurfte es nicht der Einbindung des Eigentümers der Fläche. 6. Gab es am 21. August Gespräche zwischen dem Eigentümer bzw. dessen Vertreter und der Polizei, um eine Demonstration vom Grundstück des Eigentümers auf eine andere Fläche zu verlegen? Zu 6.: Am 21. August 2013 gab es ein Gespräch zwi- schen dem zuständigen Polizeiführer und dem Manager des Centers, in dem ihm die geplanten Abläufe sowie die Rechtslage erläutert wurden. In gegenseitigem Einver- nehmen – auch mit dem Leiter der Versammlung – wurde der Kundgebungsort um einige Meter in nördlicher Rich- tung verlegt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 650 2 7. Konnte der Eigentümer von seinem Hausrecht Ge- brauch machen? Wenn ja: Warum wurde die Fläche nicht geräumt? Wenn nein: Warum nicht und wie lässt sich dies rechtfertigen (gesetzliche Grundlage)? Zu 7.: Wie unter 6. dargestellt, wurde angesichts der konkreten Situation eine einvernehmliche Lösung gefun- den. 8. Folgt der Senat der Auffassung des Abgeordneten Sven Kohlmeier, dass die Inanspruchnahme einer privaten Fläche des für die Allgemeinheit öffentlich zugänglichen Spreecenters wegen der negativen Auswirkungen (negati- ve Werbewirkung, Störung für Mieter und Besucher des Spreecenters usw.) zu vermeiden sind? Lässt sich zukünf- tig eine Inanspruchnahme privaten Eigentums verhindern, wenn das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit ohne Einschränkung des Grundrechts auf angrenzenden Nicht- privat-Grund ausgeübt werden kann? Zu 8.: Die Abwägung bei der Inanspruchnahme ver- schiedener Grundrechte durch unterschiedliche Parteien erfordert stets eine Einzelfallbetrachtung auf der Grundla- ge des Grundgesetzes und der darauf basierenden gesetz- lichen Normen. Eine allgemein gültige Aussage kann daher nicht getroffen werden. Berlin, den 16. Oktober 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Nov. 2013)