Drucksache 17 / 12 656 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 16. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. September 2013) und Antwort Parklandschaft auf dem Tempelhofer Feld – Sachstand und nächste Beteiligungsschritte Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche konkreten Einzelmaßnahmen sind im Rahmen des Bauantrags „Wasserbecken/Landform/Rundweg “ geplant (ggf. Erläuterungsbericht zum Bauantrag als Anlage)? Antwort zu 1: Der Bauantrag umfasst zum einen das Wasserbecken mit den gestalteten Uferbereichen und Sitzgelegenheiten für die Besucherinnen und Besucher als Übergang in die Parklandschaft. Zum anderen sind die Anlage einer Landform und eines Rundweges Bestandteil des Bauantrags Frage 2: Welche natur- und artenschutzrechtlichen Eingriffe sind mit diesem Vorhaben verbunden, wie sol- len sie ausgeglichen oder ersetzt werden? Antwort zu 2: Auf der Grundlage der naturschutz- rechtlichen Eingriffe ergibt sich bei der Umsetzung der geplanten Maßnahmen kein Kompensationserfordernis, da sich die Umsetzung der Maßnahmen trotz einzelner negativer Auswirkungen auf einzelne Schutzgüter in ihrer Gesamtbilanz positiv auswirkt. Die mit dem Bau der geplanten Maßnahmen eingeleiteten Aufwertungen der Schutzgüter Wasser und Landschaftsbild/Erholung sind in der Lage, die Beeinträchtigungen der Schutzgüter Boden, Klima, Pflanzen und Tiere auszugleichen. Es sind im Rahmen der geplanten Baugenehmigung umfangreiche Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen geplant, ins- besondere im Zusammenhang mit der Baustelleneinrich- tung und Bauausführung (ökol. Baubegleitung). Für den Eingriff in die gesetzlich geschützten Biotope ist eine Ausnahmegenehmigung beim Bezirksamt Tempelhof- Schöneberg vom Vorhabenträger beantragt. Hierbei ist vorgesehen, dass die notwendige Beseitigung von ge- schützten Biotopen in der Parklandschaft kompensiert wird. Hierfür soll eine Fläche in der Parklandschaft zur ökologischen Aufwertung zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der artenschutzrechtlichen Folgeabschätzung hat es sich gezeigt, dass die Umsetzung der Maßnahmen zu einem voraussichtlichen Verlust von Lebensräumen von ca. 35 Brutpaaren der Feldlerche führen. Da ein Aus- gleich auf lokaler Ebene nicht möglich ist und in Berlin kurzfristig keine geeigneten Flächen zur Verfügung ge- stellt werden konnten, werden seit Herbst 2012 auf Flä- chen der Berliner Stadtgüter Kompensationsmaßnahmen umgesetzt. Die Maßnahmen haben sich bereits im Som- mer 2013 positiv auf den Bestand der Feldlerche ausge- wirkt. Frage 3: Welche wasserwirtschaftliche Funktion er- füllt das Wasserbecken (ohne Filterzone), wenn es nicht der Versickerung des Niederschlagwassers von Flugha- fenvorfeld und Dachflächen dient? Antwort zu 3: Ziel des nachhaltigen Wassermanage- ment ist die Bewirtschaftung der Niederschläge und die spürbare Verbesserung des Mikroklimas vor Ort. Gleich- zeitig bietet die Verlagerung und der Rückbau des alten Regenrückhaltebeckens nördl. des Columbiadamms Raum, dringend notwendige Sportflächen des Bezirkes zu verorten. Das Wasserbecken ist darüber hinaus ein Ergebnis der langjährigen Bürgerbeteiligung. Das anfallende, gesammelte Wasser der Dach- und Vorfeldflächen sollen vielfältigen Nutzungen zugeführt werden und Mehrwerte in wasserwirtschaftlicher, ökolo- gischer, klimatischer, sozialer und wirtschaftlicher Hin- sicht schaffen. Zu den wasserwirtschaftlichen Funktionen gehören: - Die Trennung der belasteten Straßenabwässer des Columbiadamms von den unbelasteten Nieder- schlagsmengen von den Dach- und Vorfeldflächen des Flughafengebäudes, - die Entlastung des Landwehrkanals, - Einsparungen für das Land Berlin in Höhe von ca. 300 Tsd. € jährlich aufgrund des Wegfalls des Regenwasserentgeltes . Eine reine Versickerung erfüllt diese Zielstellung nicht und ist daher nicht vorgesehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 656 2 Frage 4: Wurden Alternativen zur Versickerung des Niederschlagswassers geprüft (z.B. Versickerungsmulde mit vorgeschalteter Filterzone) wenn ja, welche und mit welchem Ergebnis? Antwort zu 4: Nein. Siehe Antwort zu 3. Frage 5: Welche Veränderungen wurden gegenüber der Ursprungsplanung des Wettbewerbentwurfes von GROSS.MAX vorgenommen? Antwort zu 5: Folgende Veränderungen gegenüber der Ursprungsplanung des Wettbewerbsentwurfes von GROSS.MAX wurden vorgenommen: - Optimierung von Lage und Ausdehnung unter Be- rücksichtigung der vorhanden Topografie (tiefster Punkt im Gelände); - Anpassung von Speichervolumen und Oberfläche an die gegebenen klimatischen Verhältnisse (Was- serdargebot, Verdunstung); - Vereinfachung der Konstruktion unter Berücksich- tigung des Gebots zur sparsamen Mittelverwen- dung. Frage 6: Inwiefern ist das Land Berlin verpflichtet, den Entwurf von GROSS.MAX für die Parklandschaft umzusetzen? Antwort zu 6: Ein Wettbewerb ist ein Vergabeverfah- ren zur Vergabe eines Auftrags. Der Auslober verpflichtet sich, den Preisträger mit der weiteren Planung des Pro- jekts zu beauftragen, soweit und sobald das Projekt reali- siert wird. Deswegen ist das Land Berlin verpflichtet, die Parklandschaft Tempelhof mit dem Büro GROSS.MAX. zu planen. Dies schließt nicht aus, dass im Laufe der Planung Änderungen am Konzept vorgenommen werden. Es ist jedoch gute baukulturelle Praxis, an den Grundzügen des prämierten Konzepts festzuhalten, zumal es in diesem Fall auf der Grundlage einer umfangreichen mehrstufigen Bürgerbeteiligung und intensiven fachlichen Diskussio- nen in der Jury ausgewählt wurde. Frage 7: Warum und auf welcher Grundlage erfolgen Antragsstellung und Bau durch die Stiftung Grün Berlin? Antwort zu 7: Die Grün Berlin Stiftung ist vom Land Berlin u.a. als Entwickler für die Parklandschaft Tempel- hof eingesetzt. Die Grün Berlin Stiftung übernimmt in diesem Zusammenhang die Bauherrenaufgaben für das Land Berlin. Frage 8: Auf welcher planungsrechtlichen Grundlage erfolgt die Genehmigung für diese Vorhaben? Antwort zu 8: Das ehemalige Flugfeld ist Außenbe- reich und somit auf Grundlage des § 35 Baugesetzbuch (BauGB) zu beurteilen. Bei dem Wasserbecken handelt es sich um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Frage 9: Wann soll die Baugenehmigung erteilt wer- den? Antwort zu 9: Die Baugenehmigung ist Mitte Oktober 2013 erteilt worden. Frage 10: Welche für die Realisierung dieser Vorha- ben darüber hinaus erforderlichen Bewilligungen und sonstige Zulassungsentscheidungen liegen bisher vor? Antwort zu 10: Es liegen sowohl die artenschutzrecht- liche Ausnahmegenehmigung als auch die wasserbehörd- liche Erlaubnis vor. Frage 11: Warum erfolgt die Planung der Parkland- schaft nicht im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens nach BauGB (einschl. Öffentlichkeitsbeteiligung)? Antwort zu 11: Da die geplanten Vorhaben der Park- landschaft mit den planungsrechtlichen Zulassungs- anforderungen des § 35 BauGB (Außenbereich) grund- sätzlich im Einklang stehen, bedarf es für die Genehmi- gung der Vorhaben keines Bebauungsplanverfahrens. Es hat aber im Vorfeld bereits umfangreiche Informations- veranstaltungen und Beteiligungsmöglichkeiten gegeben (s. a. Antwort zu 20 und 21). Frage 12: Wie hoch sind die Kosten für Wasserbe- cken, Landform und Rundweg (bitte getrennt nach Ein- zelmaßnahmen aufführen), aus welchen Haushaltstiteln und in welchem Zeitraum sollen diese finanziert werden? Antwort zu 12: Kosten Wasserbecken: rd. 10,9 Mio. € Kosten Landform: rd. 1,0 Mio. € Kosten Rundweg: rd. 1,1 Mio. € 13,0 Mio. € Diese Ausgaben der GRÜN Berlin Stiftung von 13,0 Mio. € werden aus folgenden Haushaltstiteln finanziert: - 8,9 Mio. € aus dem Kapitel 1220, Titel 89804 (in 2013) bzw. Titel 89364 (neuer Titel ab 2014) – Zuschüsse für Maßnahmen zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes - 4,1 Mio. € aus dem Kapitel 1290, Titel 88301 – Infrastrukturmaßnahmen im Rahmen des Umwelt- entlastungsprogramms II (UEP II) Die Finanzierung der UEP II-förderfähigen Maßnah- men Wasserbecken und Landform erstreckt sich auf die Jahre 2013 bis 2015. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 656 3 Frage 13: Für welche der Einzelmaßnahmen erfolgt eine Förderung aus EFRE-Mitteln (bitte begründen)? Antwort zu 13: Die Förderung aus dem UEP II erfolgt für das Wasserbecken und die Landform. Das Wasserbe- cken ist zentraler Bestandteil des integrierten nachhaltigen Wassermanagements auf der Tempelhofer Freiheit, es werden zukunftsweisende und vorbildhafte Lösungen beim Umgang mit Regenwasser realisiert. Die Landform steht in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Wasser- becken (Bodenmanagement). Frage 14: Wie hoch veranschlagt der Senat die laufen- den Kosten für Betrieb und Unterhaltung des Wasserbe- ckens? Antwort zu 14: Die Betriebs- und Unterhaltungskosten werden mit ca. 50 Tsd. € jährlich veranschlagt. Frage 15: Welche weiteren Maßnahmen sind zur Rea- lisierung der Parklandschaft auf dem Tempelhofer Feld geplant? Antwort zu 15: Die Planungen für die kommenden Jahre umfassen weitere Baumpflanzungen, die Verbesse- rung des gastronomischen Angebots und der Sanitäranla- gen, die Anlage dauerhafter Flächen für urbanes Gärtnern sowie Kinderspiel- und Sportangebote. Frage 16: Welche Planungsverfahren sollen jeweils Anwendung finden? Antwort zu 16: Grundlage der weiteren Planung ist die geprüfte Vorplanungsunterlage (VPU), die den Vorent- wurf für die Parklandschaft Tempelhof beinhaltet. Die Qualifizierung der Planungsinhalte in der Entwurfsphase erfolgt durch das beauftragte Planungsbüro. Wie in der Vergangenheit sind begleitend Bürgerbeteiligungsformate vorgesehen. Zusätzlich wurde ein Nutzerbeirat eingerich- tet. Frage 17: Welche weiteren Baumaßnahmen für die Realisierung der Parklandschaft sind derzeit bereits in der Vorbereitung (einschl. Planungsstand, Kosten), wie er folgt bei diesen eine Beteiligung der Öffentlichkeit, von Bezirken und Verbänden? Antwort zu 17: Die Maßnahmen zur Neuordnung der Flächen am Columbiadamm befinden sich in der Planung. Sie umfassen die Neuordnung der Sportflächen, den ers- ten Bauabschnitt des Nord-Süd-Radweges sowie die Be- reitstellung der Friedhofserweiterungsfläche. Die Baukos- ten belaufen sich auf ca. 2,9 Mio. €. Die Bauplanungsunterlagen befinden sich in der Prüfung durch SenStadtUm. Die Beteiligung der Öffentlichkeit, von Bezirk und Ver- bänden erfolgt wie zu Frage 21 und 22 beschrieben. Frage 18: Welche Gutachten wurden im Zusammen- hang mit Planung und Genehmigung dieser Vorhaben erstellt und wann und wo werden sie veröffentlicht? Antwort zu 18: Es wurden verschiedene Untersuchun- gen zu den Themenbereichen Naturschutz, Biotopschutz, Artenschutz, Eingriff- und Ausgleich, Klimaökologie, Wassermanagement, Regenwasserbewirtschaftung, Bau- grund- und Boden sowie Altlasten angefertigt. Die Unter- lagen werden derzeit zur Veröffentlichung auf der Websi- te der Tempelhofer Freiheit digital aufbereitet. Frage 19: Falls keine Veröffentlichung erfolgen soll: welche Gründe sprechen aus Sicht des Senats dagegen? Antwort zu 19: Eine Veröffentlichung soll erfolgen. Frage 20: Wann und in welcher Form erfolgte bisher eine Beteiligung der Öffentlichkeit, der Bezirke und von Verbänden zu konkreten Bauplanungen? Frage 21: Welche weiteren Schritte der Beteiligung der Öffentlichkeit, der Bezirke und von Verbänden sind vor der Erteilung einer Baugenehmigung vorgesehen, wie sollen die Ergebnisse der Beteiligung in die Projektpla- nung einfließen? Antwort zu 20 und 21: Die Planungen zur Parkland- schaft, in der das Wasserbecken nur eine Maßnahme darstellt, wurden unter Beteiligung einer breiten Öffent- lichkeit diskutiert und angepasst. Der Prozess der Bürger- beteiligung startete bereits 2007 mit einer Online- Umfrage, Bürgerbefragungen sowie verschiedenen Dis- kussionsrunden zum Ergebnis des Wettbewerbsbeitrags von GROSS.MAX. Die Bezirke werden im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Arbeitstreffen über die Pla- nungsstände informiert und zu Abstimmungen eingela- den. Ebenso werden die Planungen mit Fachbeiräten z.B. zum Naturschutz, dem Nutzerbeirat für die Parklandschaft Tempelhof und dem Landessportbund erörtert und disku- tiert. Im Infopoint auf dem Tempelhoferfeld, im Internet unter www.tempelhoferfreiheit.de und mit Printmedien wird über die Entwicklung der Parklandschaft öffentlich informiert, somit findet eine kontinuierliche öffentliche Information über die weiteren Planungsschritte statt. In diesem Rahmen werden Anregungen und Hinweise in den Abstimmungsprozess zu den jeweiligen Planungen aufge- nommen. Planungsrechtlich sind keine weiteren formellen Be- teiligungen vorgesehen. Trotz dieses Sachverhalts werden derzeit im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zum Wasserbecken die Naturschutzverbände beteiligt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 656 4 Frage 22: In welcher Weise beabsichtigt der Senat, das Abgeordnetenhaus vor Vergabe von Bauaufträgen einzu- binden, ist insbesondere die Vorlage einer detaillierten Kosten- und Finanzierungsplanung vorgesehen? Antwort zu 22: Die Baumaßnahmen sind in der Kos- ten- und Finanzierungsplanung für das Gesamtprojekt enthalten, diese wurden in den parlamentarischen Gremi- en beraten und beschlossen. Berlin, den 11. Oktober 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Nov. 2013)