Drucksache 17 / 12 659 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 13. September 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. September 2013) und Antwort Wie oft klagten landeseigene Wohnungsbaugesellschaften gegen ihre Mieter? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen gingen landeseigene Wohnungsbaugesellschaften seit dem Jahr 2008 gericht- lich gegen Mieter/innen vor? (Bitte aufschlüsseln nach Gesellschaft, Jahr, Anzahl der Fälle, Grund für die ge- richtliche Auseinandersetzung und Ausgang des jeweili- gen Verfahrens) Antwort zu 1: Gründe für gerichtliche Auseinander- setzungen mit wohnenden und ehemaligen Mieterinnen und Mietern sind vielfältig. Neben Klagen, die aus der Durchsetzung von nachbarschaftlichem Recht entstehen, wurden u.a. Klagen auf Duldung von Modernisierungs- maßnahmen geführt sowie Klagen auf Zahlung von Miet- rückständen einschließlich ausstehender Kautionszahlun- gen. Die Klagen auf Zahlung von Mietrückständen beinhal- ten, sofern keine Vereinbarungen auf Ratenzahlungen geschlossen werden konnten und andere Hilfsangebote abgelehnt wurden, in letzter Konsequenz auch Klagen auf Räumung. Klage- verfahren 2008 2009 2010 2011 2012 2013 GESOBAU 267 661 655 1030 1115 659 DEGEWO 590 670 660 940 650 600 GEWOBAG k.A. 168 228 168 240 k.A. Stadt und Land 418 503 605 826 310 455 WBM k.A. 484 547 365 275 315 HOWOGE 557 490 604 513 393 532 Der Ausgang jedes einzelnen Rechtsstreits lässt sich mit verhältnismäßigem Aufwand nicht nachvollziehen. Frage 2: Von welchen externen Rechtsbeiständen lie- ßen sich die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bei ihrem rechtlichen Vorgehen gegen Mieter/innen seit dem Jahr 2008 beraten und vertreten? Antwort zu 2: Die Wohnungsbaugesellschaften (WBG) sind als öffentliche Auftraggeber dem Vergabe- recht verpflichtet, sodass im Ergebnis der turnusmäßigen Vergaben mit wechselnden Kanzleien und Fachanwältin- nen und Fachanwälten zusammengearbeitet wird. Unter Beachtung des Datenschutzes und zum Schutz der Ge- schäftsbeziehungen der WBG wird auf die Nennung der für die WBG tätigen Anwaltskanzleien verzichtet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 659 2 Frage 3: Welche Kosten sind den landeseigenen Woh- nungsbaugesellschaften durch die Hinzuziehung externer Rechtsbeistände entstanden? (Bitte aufschlüsseln nach Gesellschaft und Jahr) Antwort zu 3: Eine Kostenaufstellung in der geforder- ten Form ist nicht möglich, da es sich teilweise um ver- auslagte Anwaltskosten handelt und später erstattete Kos- ten aufgrund gewonnener Rechtsstreitigkeiten von den Gesellschaften nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand zugeordnet werden könnten. Zu berücksichtigen ist auch, dass bei Klagen nicht nur die Rechtsanwaltsgebühren anfallen, sondern auch Gerichtsgebühren. Frage 4: In wie vielen Fällen ging die BIH/berlinovo GmbH seit dem Jahr 2008 gerichtlich gegen Berliner Mieter/innen vor? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Anzahl der Fälle, Grund für die gerichtliche Auseinandersetzung und Ausgang des jeweiligen Verfahrens) Antwort zu 4: • 2008: 910 Verfahren • 2009: 900 Verfahren • 2010: 1.085 Verfahren • 2011: 1.068 Verfahren • 2012: 1.004 Verfahren • 2013: 571 Verfahren Frage 5: Von welchen externen Rechtsbeiständen ließ sich die BIH/berlinovo bei ihrem rechtlichen Vorgehen gegen Berliner Mieter/innen seit dem Jahr 2008 beraten und vertreten? Antwort zu 5: Die berlinovo beauftragt mit der Wahr- nehmung ihrer rechtlichen Interessen in rechtsförmlichen Verfahren gegen Berliner Mieterinnen und Mieter durch- schnittlich fünf Berliner Rechtsanwaltskanzleien mit entsprechender Expertise auf dem Gebiet des Woh- nungsmietrechts. Frage 6: Welche Kosten sind der BIH/berlinovo GmbH durch die Hinzuziehung externer Rechtsbeistände entstanden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr) Antwort zu 6: Hier wird auf die Beantwortung der Frage 3 hingewiesen. Frage 7: In wie vielen Fällen kam es bei den landesei- genen Wohnungsbaugesellschaften sowie der BIH/berli- novo GmbH seit dem Jahr 2008 zu Zwangsräumungen? (Bitte aufschlüsseln nach Gesellschaft, Jahr und Anzahl der Fälle) Antwort zu 7: Die Hintergründe eines Räumungsver- fahrens sind fast immer ein entsprechend hoher Mietrück- stand. Darüber hinaus ergehen Räumungsurteile wegen unerlaubter Untervermietung, Lärmbelästigung, Verwahr- losung oder anderweitiger Vertragsverletzungen durch die Mieterinnen und Mieter. Sämtliche Wohnungsräumungen durch den Gerichtsvollzieher erfolgen auf Basis eines Gerichtsurteils. Die mit Abstand größte Zahl der Räu- mungen ist auf Zahlungsrückstände zurückzuführen, da mit den Betroffenen trotz Bemühungen kein gemeinsamer Weg zum Ausgleich der Mietschulden gefunden werden konnte. Einem Räumungsverfahren gehen grundsätzlich Mahnverfahren und darauf basierende Einzelfallprüfun- gen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der WBG voraus. Eine Vielzahl von eingeleiteten Räumungsverfahren wird durch ein Versäumnisurteil beendet. Ein Versäum- nisurteil ergeht immer dann, wenn die Beklagten Miete- rinnen und Mieter sich nicht zum Verfahren äußern oder nicht zu den anberaumten Gerichtsterminen erscheinen. Leider kümmern sich viele Mieterinnen und Mieter nicht rechtzeitig um entsprechende Hilfen, die in jedem konkreten Fall seitens der WBG angeboten werden. Von jeder Klageschrift, die den Verlust des Wohn- raumes zur Folge haben könnte, wird seitens der Gerichte eine Abschrift an die zuständigen Bezirksämter (soziale Wohnhilfe) gesandt. Die soziale Wohnhilfe schreibt dann die betroffenen Mieterinnen und Mieter an und bietet an, die Möglichkeit einer Übernahme der Miete durch den Sozialhilfeträger zu prüfen bzw. eine anderweitige Wohn- raumversorgung zu organisieren. Nach den Erfahrungen der WBG ist die Einleitung der Räumungsverfahren aber sehr oft unumgänglich, um überhaupt Klärungen zur Höhe des Rückstandes, Schuld- übernahmen etc. in Gang zu bringen. Dabei arbeiten die Forderungsmanager von Anfang an umfassend in Rich- tung Wohnungserhalt und nachhaltiger Rückstandsredu- zierung. Darüber hinaus wird oft eine Mietschuldenbera- tung angeboten, um insbesondere sozial und finanziell schwachen Mieterinnen und Mietern Unterstützung beim Wohnungserhalt zu bieten. Jedoch sind die WBG in je- dem Fall auf die Kooperationsbereitschaft des Betroffe- nen angewiesen. Diese ist leider nicht immer gegeben. Den WBG ist es bewusst, dass eine Räumung ein ein- schneidendes Ereignis für die Betroffenen sein kann. Deshalb wird versucht, auf diese Fälle mit Augenmaß und Unterstützungs- und Beratungsangeboten zu reagieren. Räumungsklagen werden überwiegend und bewusst durch eigene Forderungsmanager und nicht durch Anwäl- tinnen und Anwälte geführt. Dadurch fallen bei den in der Regel finanziell schwachen Mieterinnen und Mietern keine zusätzlichen Rechtsanwaltshonorare an und die Wahrscheinlichkeit, Schuldübernahmen bei Transferleis- tungsbeziehern zu erwirken, steigt zugleich. Nach Einschätzung der Unternehmen geht die Häufig- keit von Klagen auf Zahlung und Räumung aktuell zu- rück. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 659 3 Dies vorausgeschickt haben sich folgende Fallzahlen ergeben: Stand 31.08.2013 Zwangsräumung 2008 2009 2010 2011 2012 2013 GESOBAU 477 304 329 313 282 197 DEGEWO 230 205 197 230 225 136 GEWOBAG k.A. 168 228 168 240 k.A. Stadt u. Land 130 103 104 92 92 52 WBM k.A. 75 61 76 54 28 HOWOGE 113 98 165 157 140 92 BIH 117 106 110 106 129 79 Berlin, den 20. November 2013 In Vertretung E p h r a i m G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Nov. 2013)