Drucksache 17 / 12 710 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 09. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Oktober 2013) und Antwort Bodenversiegelung in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat den gegenwärtigen Stand von versiegelten Flächen in Berlin im Hinblick auf die ökologische Verträglichkeit? Zu 1.: Gegenwärtig ist in Berlin ca. ein Drittel der Landesfläche versiegelt. Die ökologische Verträglichkeit versiegelter Flächen ist dabei u. a. abhängig vom Grad der Versiegelung und gestattet keine pauschale Bewertung. Grundsätzlich führt Flächenversieglung immer zu ei- nem unumkehrbaren Verlust von Boden und Lebensraum für Mensch und Natur. Boden ist eine begrenzte und nicht erneuerbare Ressource mit wertvollen natürlichen Funkti- onen und der Archivfunktion. Der sparsame und schonen- de Umgang mit dem Boden ist in Berlin unter dem As- pekt der Nachhaltigkeit insbesondere für den Schutz der Grund- und Oberflächenwasserqualität, der Biodiversität und für ein gesundes Stadtklima unerlässlich. Das hohe Wärmespeichervermögen von Gebäuden und asphaltier- ten Straßen führt vor allem im Sommer zur Ausprägung eines speziellen Stadtklimas mit einer deutlich verringer- ten nächtlichen Abkühlung. Diese nachteiligen Auswir- kungen sind in Stadtteilen mit einer dichten Bebauung und einem entsprechend höheren Versiegelungsgrad ent- sprechend stärker ausgeprägt als in weniger versiegelten Bereichen. Zum Thema Versiegelung wurde umfangreich in der Kleinen Anfrage Nr. 17/11529 vom 06.02.2013 geantwortet (vgl. Antworten zu 1. bis 3.) 2. Ist der Senat der Auffassung, dass die bisherigen Zielwerte im Einklang mit der lokalen Agenda 21 aus dem Jahr 2006 stehen, wenn nein, aus welchen Gründen? Zu 2.: Die bisherige Entwicklung des Versiegelungs- grades steht im Einklang mit der Lokalen Agenda 21 aus dem Jahr 2006 zum Thema Flächenverbrauch/Flächenin- anspruchnahme. Dies wird mit dem Bericht „Flächenentwicklung in Berlin 1991 – 2010 – 2030“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt von 2011 und dem Bericht des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg „Kernindikatoren zur nachhaltigen Entwicklung Berlins – Datenbericht (2012) dokumentiert: http://www.statistik-Berlin-brandenburg.de/home/pdf/Nac hhaltigkeit_barrierefrei_31_10.pdf 3. Welches Ziel bzw. welche Zielwerte strebt der Se- nat im Hinblick auf eine nachhaltige Versiegelungsstrate- gie in Berlin an? Zu 3.: Auch unter den Anforderungen der wachsenden Stadt verfolgt Berlin die Umsetzung der Zielsetzungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes. Zur Zielerreichung dienen bei Planungs- bzw. Baugenehmigungsverfahren Instrumente wie die Bodenschutzklausel des Baugesetz- buches (§ 1a Abs. 2 BauGB) sowie die Regelungen zur Vermeidung unvertretbarer Bodenversiegelung (§ 19 Baunutzungsverordnung). 4. Wie viel des Entsiegelungspotentials ist bereits oder wird mit Sicherheit entsiegelt (Angaben in %)? Zu 4.: Zu Flächen, die im Zuge von Flächenentwick- lung, Neubebauung und Umnutzung entsiegelt werden, kann keine flächenbezogene Aussage getroffen werden, da dafür keine Erfassung und Bewertung erfolgt. Das Projekt „Erfassung von Entsiegelungspotenzialen in Berlin “ wird seit 2010 entwickelt und ist mit aktualisiertem Stand vom 10.10.2013 im Internet veröffentlicht: http://www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/umwel tatlas/i116.htm (vgl. Antwort 4. zur Kleinen Anfrage Nr. 17/11529 vom 06.02.2013). Bisher haben auf 9 Flächen von zurzeit 223 recher- chierten Flächen mit Entsiegelungspotenzial Entsiege- lungsmaßnahmen stattgefunden. Eine prozentuale Aussa- ge der entsiegelten Gesamtfläche kann hierfür nicht ge- troffen werden, da nicht für alle erfassten und bewerteten Flächen konkrete Daten zum Grad der Versiegelung vor- liegen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 710 2 Das Projekt wird fortlaufend aktualisiert und ergänzt, erfasst aber nur Flächen mit Entsiegelungspotenzial, die dauerhaft keiner baulichen Nutzung unterliegen werden und somit als Flächen für Ausgleichs-. und Ersatzmaß- nahmen nach baurechtlichen und naturschutzrechtlichen Vorgaben zur Verfügung stehen. Da es sich um ein ganz neues Instrument zur Flächenentsiegelung handelt, muss sich die Einbeziehung in den planerischen Abwägungs- prozess für einen bodenschutzfachlichen Ausgleich bei einer Versiegelungsmaßnahme durch gezielte Entsiege- lung von Flächen im Vollzug noch etablieren. 5. Welche Maßnahmen werden in Gebieten mit hoher Versiegelung und geringem Entsiegelungspotential ergrif- fen bzw. hat der Senat Konzepte, auch in solchen Berei- chen entsprechende Maßnahmen durchzuführen? Zu 5.: Der Senat unterrichtet fortlaufend über die As- pekte des Bodenschutzes, hierbei wird ausdrücklich auf die ökologischen Qualitäten des gewachsenen Bodens hingewiesen. 6. Inwieweit wird bei der Flächenversiegelungsbilanz der sog. Biotopflächenfaktor (BFF) als Maßstab für die Ermittlung des tatsächlichen Ver- und Entsiegelungspo- tentials genutzt und wie wird dieses methodisch umge- setzt und dargestellt? 7. Inwiefern ist der Senat der Auffassung, dass der BFF im Zusammenhang mit Ver- und Entsiegelung ein sinnvoller Indikator ist? Zu 6. und 7.: Der Biotopflächenfaktor kann für die Flächenversiegelungsbilanz nicht verwendet werden, er stellt diesbezüglich auch keinen sinnvollen Indikator für die Ver- und Entsiegelung dar. 8. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um öffent- lich auf die problematischen ökologischen Auswirkungen von versiegelten Flächen hinzuweisen? Zu 8.: Von Seiten des vorsorgenden Bodenschutzes wurden in den letzten Jahren die Umweltatlaskarte 01.13 „Planungshinweise zum Bodenschutz“ und die Umweltatlaskarte 01.16 „Entsiegelungspotenziale in Berlin“ als Instrumente zur gezielten Reduzierung der Flächeninan- spruchnahme und der -versiegelung erarbeitet und veröf- fentlicht (vgl. Antwort zu 4. zur Kleinen Anfrage 17/11529 vom 06.02.2013). Zum Projekt Entsiegelungs- potenziale wurde ein Flyer entwickelt. Diese Fachinfor- mationen stehen der Öffentlichkeit über den Internetauf- tritt der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Um- welt und über den Umweltatlas zur Verfügung. 9. Wie schätzt der Senat den Bedarf ein, die Öffent- lichkeit für diese Fragen vor dem Hintergrund der offen- sichtlich zunehmenden extremen Witterungsbedingungen (z.B. Starkregenereignisse) zu sensibilisieren? Zu 9.: Es wird seit Jahren auf vielen Veranstaltungen und in Broschüren auf die Veränderung der klimatischen Bedingungen, insbesondere auf die Zunahme von Stark- regenereignissen hingewiesen. Dies geschieht hauptsäch- lich im Zusammenhang mit der Ausweisung von Über- schwemmungsgebieten, der Umsetzung der Wasserrah- menrichtlinie (z.B. Bürgerforen zu Gewässerentwick- lungskonzepten) der Umsetzung der Hochwasserrisiko- managementrichtlinie sowie bei Fragen zur Entwicklung der Grundwasserstände durch Änderung Abfluss- bzw. Neubildungsverhältnisse durch Versiegelung. Berlin, den 24. Oktober 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Nov. 2013)