Drucksache 17 / 12 725 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 10. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Oktober 2013) und Antwort Wie sauber ist die Fahrgastschifffahrt? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Schiffe wurden bisher im Rahmen des Förderprogramms für den Einbau von Rußfiltern in Berliner Fahrgastschiffen mit Filtern nachgerüstet? Antwort zu 1: Im Rahmen des hier für die Förderung vorgesehenen Umweltentlastungsprogramms II (UEP II) wurden bisher mangels Nachfrage seitens der Reedereien noch keine Maßnahmen zum Einbau von Rußpartikelfil- tern in Fahrgastschiffen gefördert. Allerdings werden in Kürze Förderanträge von vier Reedereien erwartet, die eine Nachrüstung von mindestens vier Schiffen beabsich- tigen. Dabei ist zumeist die Nachrüstung von Antriebsma- schine und Bordgenerator vorgesehen. Bisher wurden vier Schiffe mit Rußfiltern nachgerüstet, deren Kosten jedoch nicht aus dem Programm gefördert wurden. Frage 2: Wie hoch sind die Emissionen der Fahrgast- schifffahrt in Berlin? Welche Emissionseinsparungen konnten durch den Einbau der Filter erzielt werden? Antwort zu 2: Detaillierte Information über die Emis- sionen der Fahrgastschifffahrt in Berlin liegen nicht vor. Die Feinstaubemissionen der gesamten Schifffahrt inner- halb Berlins wurden mit etwa 5 t pro Jahr abgeschätzt. Die Stickoxidemissionen betragen knapp 200 t/a. Etwa zwei Drittel davon entfallen auf die Fahrgastschifffahrt. Dies entspricht weniger als 2% der Auspuffemissionen des Berliner Straßenverkehrs. Das vom Senat durchgeführte Pilotprojekt zur Nach- rüstung von Fahrgastschiffen ergab eine hohe Filterwirk- samkeit von über 95% der Partikelemissionen. Der Aus- stoß von Stickoxiden wird durch die Partikelfilternachrüs- tung nicht reduziert. Die bislang durch Nachrüstung von Schiffen erzielte Emissionsminderung ist aufgrund der geringen Anzahl nachgerüsteter Schiffe bisher noch nied- rig. Frage 3: Wie viele Schiffe müssen noch nachgerüstet werden, um die Vorgaben des Luftreinhalteplans und der EU zu erfüllen? Antwort zu 3: Seitens der EU gibt es keine Vorgaben. Im Rahmen des Luftreinhalteplans wird angestrebt, die Partikelemissionen von Fahrgastschiffen in der Umwelt- zone um 20% und außerhalb um 10% zu reduzieren, was der Nachrüstung von bis zu 30 der etwa 100 Fahrgast- schiffe entspräche. Frage 4: Der Luftreinhalteplan strebt eine Förderung von 50% der anfallenden Kosten an. Wie viel Geld wurde konkret über das UEP zur Partikelminderung für Fahr- gastschiffe ausgegeben? Wie hoch ist das Budget das im UEP dafür zur Verfügung steht? Antwort zu 4: Zum ersten Teil der Frage wird auf die Antwort zur Frage 1 verwiesen. Für die Förderung von Rußpartikelfiltern bei Fahrgastschiffen wurden 550 T€ im UEP II aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) reserviert. Frage 5: Teilt der Senat meine Auffassung, dass eine Verlängerung der Maßnahme nötig ist, um die ersten Erfolge bei Nachrüstung der Berliner Fahrgastschiffe auszuweiten? Frage 6: Plant der Senat die Maßnahme zu verlängern um die örtlichen Reedereien bei der Ausrüstung durch Partikelfilter mit finanziellen Beihilfen zu unterstützen? Frage 7: Soll der Etat in gleicher Höhe zur dringend benötigten, weiteren Förderung zur Nachrüstung von Partikelfiltern bei Binnenschiffen zur Verfügung gestellt werden? Antwort zu Frage 5 bis 7: Die Fragen 5 bis 7 werden wegen des engen Zusammenhangs gemeinsam beantwor- tet. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 725 2 Da die Förderperiode im Rahmen des EFRE und da- mit die Programmlaufzeit des UEP II am 31.12.2015 endet, müssen alle bewilligten Vorhaben zu diesem Zeit- punkt abgeschlossen, schlussgeprüft und gegenüber der EU abgerechnet sein. Eine Verlängerung der Antragsfrist für eine Förderung im Rahmen des laufenden UEP II Programms ist daher nur begrenzt möglich. In jedem Fall müsste eine Nachrüstung der Schiffe spätestens im Winter 2014/ 2015 durchgeführt werden. Eine Förderung über 2015 hinaus kann nur innerhalb der neuen EFRE-Förderperiode 2014 – 2020 erfolgen. Das dafür notwendige operationelle Programm wird der- zeit aufgestellt. Der Senat sieht aufgrund der Gesundheitsrelevanz von Dieselruß auch in der neuen Förderperiode die Notwen- digkeit, die Ausrüstung von Dieselmotoren mit Partikel- filtern, hier bei Fahrgastschiffen, mit Hilfe der EFRE- Mittel zu fördern und im neuen operationellen Programm zu verankern, auch wenn die Minderung von Dieselruß aus Gründen der Feinstaubminderung und des Gesund- heitsschutzes in den neuen Förderbedingungen der EU als Ziel nicht mehr explizit enthalten ist und sich der Um- weltbezug der europäischen Förderbedingungen auf die Reduktion von Treibhausgasen zum Zweck des Klima- schutzes beschränkt. Die Kompatibilität einer Rußminde- rung mit dieser Förderbedingung kann über eine Umrech- nung der Reduzierung von Rußpartikelemissionen in eingesparte CO2-Äquivalente auf Basis der neuesten Erkenntnisse über die klimaschädliche Wirkung von Die- selruß erfolgen. Frage 8: Wenn nein, warum werden diese nachweiß- lich erfolgreichen Maßnahmen nicht in gleicher Intensität weitergeführt? Und welche anderen Maßnahmen sollen zur Verminderung der Schiffsabgase im Stadtgebiet und innerhalb der Umweltzone Berlin ergriffen werden? Antwort zu 8: Siehe Antwort zu Frage 7. Frage 9: Wie ist die Haltung Berlins zu der Möglich- keit durch bundesweit einheitlich geregelte Hafengebüh- ren auf Emissionsbasis Anreize für weitergehende Emis- sionsreduktionen bei Schiffen zu schaffen? Würde der Senat prüfen, ob eine solche Möglichkeit evtl. durch eine Bundesratsinitiative eingebracht werden könnte? Antwort zu 9: Emissionsabhängige Gebühren sind grundsätzlich ein sinnvoller Anreiz für weitergehende Emissionsreduktionen. Was Gebühren in Häfen angeht, bestehen rechtliche Schwierigkeiten aufgrund der unterschiedlichen, teils privaten Gesellschaftsstrukturen, so dass bei einer Gebüh- renerhebung nur Teile des Frachtschiffsverkehrs erfasst und womöglich unerwünschte Verdrängungseffekte zu günstigeren Häfen erzeugt werden. Die Berliner Fahrgast- schifffahrt verkehrt zumeist in privaten Häfen/Liege- plätzen, so dass auch hier eine Lenkungswirkung emissi- onsabhängiger Hafengebühren kaum zu erwarten ist. Nach Emissionskriterien differenzierte Schleusenge- bühren könnten hingegen einfacher umsetzbar sein. Al- lerdings gibt es auf dem Gebiet des Binnenschifffahrts- straßenrechts, anders als im Straßenverkehrsrecht, eine eigene Bundesverwaltung. Das Recht der Bundeswasser- straßen und die Zulassung und Ausrüstung von Wasser- fahrzeugen zum Verkehr auf diesen Wasserstraßen regelt und verwaltet der Bund in eigener Angelegenheit. Die schiffbaren Gewässer in Berlin, insbesondere diejenigen in der Berliner Innenstadt, sind fast ausschließlich Bun- deswasserstraßen. Gebühren für Schleusen auf Bundeswasserstraßen werden für die Berufsschifffahrt derzeit nach Größe, Ladung und Strecke erhoben. Der Senat wird die Mög- lichkeit einer zusätzlichen emissionsbezogenen Gebüh- renkomponente prüfen. Allerdings ist dabei zu berück- sichtigen, dass es sich beispielsweise bei der Spree um Abschnitte überregionaler Wasserstraßen handelt (hier: Spree-Oder-Wasserstraße) und dass der Bund seinerseits in seiner Rechtsgebung an EU-Vorgaben gebunden ist. Frage 10: Wie beurteilt die Senatsverwaltung die Möglichkeit der Einbeziehung der Bundeswasserstraßen in Umweltzonen? Wäre das Einbringen einer Bundesrats- initiative diesbezüglich eine Option? Antwort zu 10: Das Instrument der Umweltzone wur- de im deutschen Immissionsschutzrecht verankert, um in Gebieten mit Überschreitungen von Luftqualitätsgrenz- werten, u. a. für Feinstaub, ein emissionsabhängiges Fahrverbot für den Kfz-Verkehr verhängen zu können, der als Hauptverursacher für solche Grenzwertüberschrei- tungen gilt. Eine Rechtsgrundlage für entsprechende Fahrverbote für die Schifffahrt gibt es nicht, u. a. weil aufgrund des beträchtlichen Beitrages des Kfz-Verkehrs Überschreitungen der Feinstaubgrenzwerte ausschließlich an verkehrsreichen Hauptverkehrsstraßen vorkommen. Entlang der Wasserstraßen werden die Grenzwerte wegen des vergleichsweise geringen Beitrags der Schiffsemissi- onen und der zumeist sehr gut Bedingungen für die Aus- breitung der ausgestoßenen Schadstoffe mit Sicherheit eingehalten. Eine Umweltzone für Wasserstraßen erscheint deshalb und auch mit Blick auf die im Bundesimissionsschutz- recht aus gutem Grund verankerte Verursachergerechtig- keit bei der Auswahl der Maßnahmen nicht sinnvoll. Eine Bundesratsinitiative ist deshalb nicht geplant. Berlin, den 06. November 2013 In Vertretung Christian Gaebler ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Nov. 2013)