Drucksache 17 / 12 762 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Stefan Evers (CDU) vom 28. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Oktober 2013) und Antwort Dauerhafte Sicherung von Kleingärten – der Sonderfall „Oeynhausen“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es unterschiedliche Auffassungen zwi- schen Senat und dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf darüber, ob und in welcher Weise / Höhe eine planungs- rechtliche Festsetzung von "Dauerkleingärten" für das Gelände der Kolonie Oeynhausen Entschädigungsansprü- che zur Folge hätte und wenn ja, welche? Antwort zu 1: Nein, es gibt keine unterschiedliche Auffassung zwischen Senat und Bezirk. Dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf liegen ver- schiedene Gutachten vor, die mit jeweils unterschiedli- cher Begründung für den Fall der mit dem Bebauungs- planverfahren IX-205a für das Gelände der Kleingarten- anlage Oeynhausen Nord (Forckenbeckstraße 64-75) vorgesehenen planungsrechtlichen Ausweisung von priva- ter Grünfläche „Dauerkleingärten“ Entschädigungsansprüche in Größenordnungen von 900.000 € über 27 Mio. € bis hin zu 50 Mio. € annehmen. Um hier Klarheit zu gewinnen, haben Bezirk und Senat gemeinsam ein Rechtsgutachten beauftragt, dass mittlerweile vorliegt. In Ansehung auch dieser rechtlichen Bewertung be- steht Einvernehmen des Senats mit dem Bezirksamt dar- über, dass eine Festsetzung des Geländes als Dauerklein- garten mit entschädigungsrechtlichen Risiken behaftet ist, deren Größenordnung nicht sicher prognostizierbar ist. Frage 2: Welche Bedeutung kommt in diesem Zu- sammenhang der Frage zu, ob und ggf. ab wann das Grundstück im bauplanungsrechtlichen Sinne als er- schlossen gilt und wie ist sie aus der Sicht des Senats zu beantworten? Antwort zu 2: Die Gutachter vertreten die Auffassung, dass das Gelände der Kolonie bisher nicht erschlossen sei; allerdings könne sich der Grundstückseigentümer auf das bestehende Baurecht berufen, da er ein zumutbares Er- schließungsangebot unterbreitet habe. Bestehe eine ver- bindliche Planung für ihre Erschließung, seien Grundstü- cke nur dann in planungsrechtlicher Hinsicht erschlossen, wenn die Erschließungsanlagen auch plangemäß herge- stellt seien bzw. würden. Für die Entschädigungspflichtigkeit eines planungs- rechtlichen Eingriffs in das Grundeigentum nach §§ 39 ff. Baugesetzbuch (BauGB) ist neben dem Inhalt des durch die Überplanung aufzuhebenden Baurechts dessen Nutz- barkeit maßgeblich. Baugrundstücke können im Sinne der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvorschriften nur genutzt werden, wenn ihre Erschließung gesichert ist (§ 30 Absatz 1 BauGB). Die siebenjährige Plangewährleistungspflicht des § 42 Absatz 2 BauGB beginnt damit erst, wenn die Erschlie- ßung gesichert ist. Wenn das Baugrundstück bereits als erschlossen anzusehen ist, dann ist diese Frist sieben Jahre nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung 1984 abgelaufen, so dass grundsätzlich ein Vertrauen in die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Planungsrechts nicht mehr geschützt ist. Ist das Baugrundstück hingegen bauplanungsrechtlich (noch) nicht erschlossen, hat sich aufgrund des Erschlie- ßungsangebots des Grundstückseigentümers die gemeind- liche Erschließungslast zu einer Erschließungspflicht verdichtet und der Grundstückseigentümer könnte bei einer den Grundstückswert mindernden Überplanung gemäß § 42 Absatz 2 BauGB (unabhängig von einem etwaigen Übernahmeanspruch) eine Wertentschädigung in Höhe der Differenz zwischen dem bisherigen und dem neuen Planungsrecht verlangen. Frage 3: Sollten im Fall einer planungsrechtlichen Festsetzung von "Dauerkleingärten" aus Sicht des Senats keine oder deutlich geringere Entschädigungsansprüche entstehen, als die vom Bezirk hierzu in Auftrag gegebe- nen Rechtsgutachten befürchten lassen: Ist der Senat bereit, zu Gunsten des Bezirks für seine Rechtsauffassung zu garantieren und im Ergebnis gegebenenfalls für höhere Entschädigungsansprüche einzustehen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 762 2 Antwort zu 3: Der Senat sieht keine Möglichkeit, für den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten eines Bezirks über Entschädigungsforderungen eine Garantie zu überneh- men. Frage 4: Wie bewertet der Senat die rechtliche Zuläs- sigkeit der Kündigung der Kleingartenpachtverträge auf dem Gelände der Kolonie Oeynhausen durch den Eigen- tümer? Antwort zu 4: Das Land Berlin ist nicht Partei des Rechtsverhältnisses der Kündigungsschutzklage. Das Oberlandesgericht Köln ging in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 7. Juni 2013 (1 U 101/12) von der Zuläs- sigkeit einer Kündigung aus, da das Kündigungsrecht aus dem verbindlichen Bauplanungsrecht folge. Frage 5: Welche Schritte sind aus Sicht des Senats zu unternehmen, um zu einer dauerhaften Sicherung der Kleingartenkolonie Oeynhausen zu kommen? Antwort zu 5: Eine dauerhafte Sicherung der Klein- gartenkolonie Oeynhausen Nord könnte nur durch die entsprechende bauplanungsrechtliche Ausweisung er- reicht werden. Hierbei werden die oben beschriebenen Entschädigungsansprüche mit abzuwägen sein. Berlin, den 07. Februar 2014 In Vertretung E p h r a i m G o t h e ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Feb. 2014)