Drucksache 17 / 12 769 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 28. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Oktober 2013) und Antwort Versenden von „Stillen SMS“ durch Berliner Sicherheitsbehörden (II) – Nachfragen zur Kleinen Anfrage 17/12642 Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Der Senat verweist in seinen Antworten auf meine Fragen zu 3. und 6. in der Kleinen Anfrage 17/12642 zum Versenden von „Stillen SMS“ darauf, dass Rückschlüsse auf Einzelverfahren und Zuordnungen zu Personen und Kriminalitätsphänomen nicht möglich seien. a) Warum ist dies nicht möglich? Zu 1. a): Die Ermittlung des Mengengerüstes (Anzahl der durch die Polizei Berlin versendeten „Stillen SMS“ zwischen 2006 und 2013) erfolgte, wie in der Beantwor- tung der Ursprungsanfrage (zu 1. und 2.) dargestellt, über Abrechnungsunterlagen für diesen Dienst. Es handelt sich um einen Gesamtwert, der keine Einzelzuordnungen zulässt. b) Wenn „lediglich“ die Gesamtzahl der jeweils versandten „Stillen SMS“ benannt werden kann, aber Rückschlüsse auf Einzelverfahren und Zuordnungen zu Perso- nen und Kriminalitätsphänomenen nicht möglich sind, wie können dann verwertbare Erkenntnisse zum Versen- den von „Stillen SMS“ gewonnen werden, um eine Aussagekraft zur Effizienz und / oder zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme etc. zu erhalten? Zu 1. b): Die Polizei Berlin setzt die „Stillen SMS“ unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnis- mäßigkeit ausschließlich im Einzelfall zur Aufklärung von schwerwiegenden Straftaten ein und bewertet dieses Instrument im Hinblick auf die Effizienz als unverzicht- bares taktisches Einsatzmittel. Abschließende Aussagen zur Beurteilung einzelner Ermittlungsmaßnahmen, die Polizeibeamtinnen und Poli- zeibeamte als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft gemäß § 152 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) vorneh- men, lassen sich nur nach Abschluss des Ermittlungsver- fahrens durch Auswertung der Ermittlungs-/Gerichtsakten (z.B. aus Schlussberichten, Anklageschriften, Urteilsbe- gründungen) ableiten. c) Wenn „lediglich“ die Gesamtzahl der jeweils versandten Stillen SMS benannt werden kann, aber Rück- schlüsse auf Einzelverfahren und Zuordnungen zu Perso- nen und Kriminalitätsphänomenen nicht möglich sind, wie können dann verwertbare Erkenntnisse zum Versen- den von SMS gewonnen werden, um eine parlamentari- sche Kontrolle bzw. eine öffentliche Diskussion über den Sinn und Nutzen des Versendens von Stillen SMS zu ermöglichen? Zu 1. c): Eine gesetzliche Regelung zur Berichts- pflicht und somit zur statistischen Erfassung von Maß- nahmen nach § 100a Strafprozessordnung (StPO) ist ab- schließend im § 100b StPO geregelt, der diese Detailtiefe nicht vorsieht. In Berlin durchgeführte Maßnahmen ge- mäß § 100a StPO werden jährlich durch das Bundesamt für Justiz veröffentlicht. Die Beurteilung von Sinn und Nutzen rechtlich zuläs- siger Ermittlungsmethoden kann aufgrund erforderlicher Sachnähe zum Ermittlungsverfahren nur einzelfallabhän- gig erfolgen und bleibt aufgrund des verdeckten Ein- griffscharakters zunächst Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht vorbehalten. Den Betroffenen stehen nach Offen- legung der Telefonüberwachungsmaßnahmen die sich aus der StPO ergebenden Rechtsmittel zur Verfügung. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 769 2 d) Warum ist die Landesregierung des Bundeslandes Sachsen-Anhalt (Drs. 6/7707, S. 3) im Gegensatz zu Ber- lin im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage in der Lage, einen differenzierten Einblick in die Ver- wendungspraxis von „Stillen SMS“ zu gewähren, indem sie zumindest auszugsweise angibt, welche Straftaten dem Versenden von Stillen SMS zu Grunde lagen? Zu 1. d): Bei der erwähnten Fundstelle dürfte es sich um die Drucksache 6/707 vom 09. Januar 2012 des Land- tages von Sachsen-Anhalt handeln. In der Antwort der Landesregierung zu Frage 2 auf Seite 3 sind exemplarisch zwei Beispiele benannt und darüber hinaus auszugsweise (nicht abschließend) Deliktsfelder angegeben worden. In der Antwort des Senats von Berlin vom 02.Oktober 2013 zur Frage 6 Ihrer Kleinen Anfrage, Drucksache 17/12642, ist der Straftatenkatalog abschließend benannt worden, im Rahmen dessen der Einsatz der „Stillen SMS“ zulässig ist. Unter Hinweis auf die bereits erwähnten fehlenden Zuordnungsmöglichkeiten ergibt sich der Ge- samtrahmen aus der Deliktsbreite, in der Maßnahmen gemäß § 100a StPO in Berlin durchgeführt wurden. Dies- bezüglich wird auf die Statistik des Bundesamtes für Justiz verwiesen. Die dargestellte Auffassung, dass über die Benennung von wenigen Beispielen eine differenziertere Betrachtung im Hinblick auf eine Gesamtbeurteilung möglich ist, teilt der Senat nicht. e) Warum ist die Landesregierung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalens (Drs. 15/3300, S. 3) im Gegensatz zu Berlin im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage in der Lage, einen differenzierten Einblick in die Verwendungspraxis von „Stillen SMS“ zu gewähren, indem sie zumindest drei Beispiele anführt, zur Verfol- gung welcher Kriminalitätsformen Ortungsimpulse ver- sandt wurden. Zu 1. e): In der Antwort der Landesregierung Nord- rhein-Westfalens sind in der Vorbemerkung auf Seite 3 exemplarisch drei Beispiele benannt worden. In der Kleinen Anfrage, Drucksache 17/12642, vom 10. September 2013, sind keine Beispiele erfragt worden. Die Auffassung, dass über die Benennung von weni- gen Beispielen eine differenziertere Betrachtung im Hin- blick auf eine Gesamtbeurteilung möglich ist, teilt der Senat nicht. 2. Wird der Senat darauf hinwirken, dass Maßnahmen (statistische Erhebung zur genauen Verwendung vom „Stillen SMS“ durch händische Auswertung der Ermittlungsakten aller in Betracht kommenden Verfahren) ge- troffen werden, dass es in Zukunft möglich sein wird, Rückschlüsse auf Einzelverfahren und Zuordnungen zu Personen und Kriminalitätsphänomenen zu treffen? a) Wenn ja, wann und wie? Zu 2. a): Entfällt. b) Wenn nein, warum nicht? Zu 2. b): Es wird auf die Antwort des Senats von Ber- lin vom 02. Oktober 2013 zu den Fragen 7 und 8 der Kleinen Anfrage, Drucksache 17/12642 vom 10. Septem- ber 2013, verwiesen. 3. Wie viele der seit dem Jahr 2006 versandten „Stillen SMS“ wurden tatsächlich effektiv eingesetzt, weil sie zu einer Standortbestimmung beigetragen haben, und wie viele gingen aufgrund eines nicht betriebsbereiten Mobil- telefon ins Leere? Zu 3.): Aussagen hierzu lassen sich aus den Abrech- nungsunterlagen für diesen Dienst nicht ableiten. 4. Wie viele der in den Jahren seit 2006 versandten „Stillen SMS“ entfielen jeweils auf ein Verfahren und welche Straftaten lagen dem Verfahren jeweils zu Grun- de? Zu 4.): Aussagen zum Mehrfachversand „Stiller SMS“ und deren Häufigkeit in einzelnen Verfahren sind auf Grundlage der Abrechnungsunterlagen nicht möglich. Aufgrund der taktischen Zielstellung wird in einem Ver- fahren regelmäßig mehrfach die „Stille SMS“ eingesetzt, woraus sich auch die (scheinbar) hohen Zahlenwerte ergeben. Berlin, den 18. Dezember 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Jan. 2014)