Drucksache 17 / 12 778 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Becker (SPD) vom 14. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Oktober 2013) und Antwort Drogenkonsum in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, dass es stetig wachsende Probleme im Zusammenhang mit Drogenkonsum sowohl im gesamten Einzugsgebiet der U-Bahnlinie U7 als auch insbesondere an den U-Bahnhöfen im Bezirk Charlotten- burg-Wilmersdorf gibt? Zu 1.: Ja. 1a) Wodurch ist ihm diese Situation bekannt und wie geht er politisch damit um, gerade auch im Hinblick auf den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf? Schätzt der Senat die Situationgesamtstädtische oder bezirkliche Auf- gabe ein? Zu 1a: Es gab bereits Gespräche darüber mit dem Be- zirk. Eine Lösung des Problems ist nur gemeinsam zwi- schen dem Land Berlin und dem Bezirk möglich. 1b) Wie schätzt der Senat die Forderung des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf ein, dass im Einzugsgebiet der U7 ein Drogenkonsumraum benötigt wird? Wie be- wertet der Senat die bestehenden Drogenkonsumräume in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg? 1c) Was genau müsste zur Einrichtung eines weiteren Drogenkonsumraums geschehen und wer wäre dabei alles einzubinden? 1d) Wie schnell ließe sich ein solches Vorhaben um- setzen? 1e) Wie hoch wären die Einrichtungskosten, wie hoch die jährlichen Folgekosten zu kalkulieren? Gibt es freie Träger, welche diese Aufgabe bewältigen? Zu 1b bis e: Die bestehenden Drogenkonsumräume bewertet der Senat wie folgt: Der Drogenkonsumraum „Birkenstube“ im Bezirk Mitte wird von den Nutzerinnen und Nutzern gut angenommen und rege genutzt. Die Nut- zerzahlen des Drogenkonsumraums „SKA“ in der Rei- chenberger Straße 131 liegen leider noch hinter den Er- wartungen zurück. Allerdings ist er auch erst seit einein- halb Jahren in Betrieb. Der Senat hält die bestehenden Angebote insgesamt für ausreichend. Das Angebot eines mobilen Drogenkon- sumraums in Charlottenburg-Wilmersdorf mit ggf. er- weiterten Öffnungszeiten wird derzeit für zielführender angesehen, weil flexibler zu handhaben. (Ab)Wanderun- gen bzw. Verlagerungen von Konsumententreffpunkten und -plätzen kann so leichter begegnet werden. 1f) Welches Konzept hält der Senat vor, um die ge- samtstädtische resp. die bezirkliche Situation in Charlot- tenburg-Wilmersdorf (entlang der U7) zu verbessern, ohne dass es zu einer Verdrängung kommt? Zu 1f: Wie bereits in der Vergangenheit ist die Grund- lage eines solchen Konzepts die Kooperation zwischen polizeilichen Maßnahmen und den Angeboten des Hilfe- systems, um die Interessen der Bevölkerung und die Be- dürfnisse der Drogenabhängigen nach Möglichkeit auszu- balancieren. Ohne Verdrängungsprozesse lässt sich das allerdings nicht umsetzen. Auch in Städten wie Hamburg oder Frankfurt, die – gemessen an der Zahl der Drogenabhängigen über mehr Konsumräume verfügen – sind Verdrängungsprozesse unvermeidlich. Die Erfahrungen in Zürich (Letten) haben gezeigt, dass eine über längere Zeit geduldete Konzentration der Drogenabhängigen auf ei- nem bestimmten Gelände verheerende Folgen für das Zusammenleben in der Stadt haben. 1g) Wie werden Drogenkonsumenten und Suchtkran- ke als integraler Teil des gesamten Stadtbildes konkret unterstützt, etwa im Hinblick auf medizinische Betreuung und einwandfreien hygienischen Zuständen? Zu 1g: Der Träger Fixpunkt e. V. hält ein flexibel ein- setzbares Präventionsmobil vor. Er bietet Schulungen zur Hygiene für die Drogenkonsumentinnen und Drogenkon- sumenten an. In den Drogenkonsumräumen können die Besucherinnen und Besucher Wäsche waschen und du- schen. Darüber hinaus erhalten die Drogenkonsumentin- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 778 2 nen und Drogenkonsumenten sterile Spritzen und können gebrauchte Spritzen sicher in den Einrichtungen der Dro- genhilfeträger entsorgen. Neben diesen niedrigschwelli- gen Möglichkeiten stehen in jedem Bezirk Drogenbera- tungsstellen zur Verfügung, die sowohl im Hinblick auf Entzug und Abstinenztherapie als auch zur Durchführung einer Substitutionsbehandlung beraten können und in weiterführende Hilfen vermitteln. 1h) Sind nach Einschätzung des Senats die Betreu- ungsangebote für Suchtmittel- und Drogenabhängige ausreichend? Bitte Auflistung der Entwicklung seit 2007 nach Angeboten über das Land Berlin bzw. Bezirken, Anzahl der Betreuungsangebote, der Einrichtungen (An- zahl/namentlich), Name der freien Träger, Unterteilung nach Zielgruppen (z.B. Angebote für alleinerziehende Mütter und Väter, Kinder/Jugendliche etc.), der zur Ver- fügung stehenden Landesmittel und – soweit möglich auch für die einzelnen Bezirken (es kann auch eine aktua- lisierte Liste aus früherer Zeit verwendet werden, um den Zeitaufwand für die Beantwortung der Frage angemessen zu halten). Zu 1h: Im Großen und Ganzen sind die Angebote für die Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Drogen ausreichend. Die Präventions- und Hilfeangebote bei Problemen mit legalen und/oder illegalen Drogen sind der von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales herausgegebenen Broschüre „Sucht, Drogen, Rat & Hilfe“ zu entnehmen: www.sucht-drogen-rat-hilfe.de Darüber hinaus können die Informationen zur Förde- rung der einzelnen Projekte der Transparenzdatenbank der Senatsverwaltung für Finanzen entnommen werden: http://www.berlin.de/sen/finanzen/service/zuwendung sdatenbank/index.php?q=Drogen&name=&geber=-- +Alles+--&art=--+Alles+--&jahr=--+Alles+-- &anschrift=&politikbereich=--+Alles+--&zweck= Eine Auflistung über die Entwicklung der geförderten Projekte seit 2007 sprengt die Möglichkeiten der Beant- wortung einer Kleinen Anfrage bei Weitem. Bisher liegt eine derartige Liste nicht vor, die Informationen sind allerdings in der o. e. Transparenzdatenbank zugänglich. 2. Ist dem Senat bekannt, dass Fixpunkt mit seinem Präventionsmobil am Stuttgarter Platz in Charlottenburg an Montagen und Dienstagen von 14.00 bis 18.00 Uhr steht und völlig überlaufen ist? Ist dem Senat auch be- kannt, dass Patienten gemäß Angaben weggeschickt wer- den müssen? Wenn die Antwort „ja“ bzw. „nein“ lautet, wie schätzt der Senat diese Situation ein und was wird er zu ihrer „Verbesserung“ genau tun bzw. wie wird dem Informationsdefizit Abhilfe geleistet? Zu 2.: Dem Senat sind die Standzeiten bekannt. Ihm ist nicht bekannt, dass das Präventionsmobil zurzeit über- laufen ist. Dem Senat ist jedoch bekannt, dass in der letz- ten Zeit Nutzerinnen und Nutzer des Drogenkonsummo- bils am Stuttgarter Platz wegen starker Auslastung der Konsumplätze nicht warten konnten und die Örtlichkeit verlassen haben, ohne das dortige Angebot zu nutzen. 3. Wie viele Mittel sind im Entwurf für den Doppel- haushalt 2014/2015 in welchen Titeln zur Betreuung und Versorgung drogenkranker Menschen etatiert? Zu 3.: Im Rahmen des Handlungsfeldes „Verbundsystem Drogen und Sucht“ des Integrierten Gesundheitsprogramms (IGP) werden Projekte zur Betreuung und Ver- sorgung suchtkranker Menschen gefördert. Im Jahr 2013 sind für die Förderung dieser Projekte (einschließlich Beratungs- und Integrationsprojekte) im IGP ins-gesamt 6.684.313 € vorgesehen. Die im Haushaltsplanentwurf 2014/2015 für das IGP veranschlagten Mittel (Kapitel 1110 Titel 684 06) würden eine Förderung in gleicher Höhe (zzgl. Mittel für Vergütungsanpassung der Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter) erlauben. Über das Förderge- schehen in den Jahren 2014 und 2015 können jedoch noch keine Aussagen getroffen werden, da zunächst der Be- schluss des Haushaltsgesetzgebers abgewartet werden muss, bevor gemeinsam mit dem Kooperationspartner im IGP die Finanzplanung für 2014 abgestimmt werden kann. 4. Welche belastbaren Erkenntnisse hat der Senat zur Diamorphin-Ambulanz "Patrida" im Bezirk Mitte? Ist eine Angebotserweiterung an weiteren Standorten mög- lich? Zu 4.: Die Diamorphinambulanz „Patrida“ befindet sich derzeit im Aufbau und nimmt kontinuierlich Patien- tinnen und Patienten auf. Der Aufbau und Betrieb wird von der Charité wissenschaftlich begleitet. Die Notwen- digkeit einer Angebotserweiterung wird nach Vorliegen der Evaluierungsergebnisse geprüft. Berlin, den 09. Dezember 2013 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Dez. 2013)