Drucksache 17 / 12 792 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Danny Freymark (CDU) vom 31. Oktober 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. November 2013) und Antwort Lärmschutz auf Berlins Gewässer Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie beurteilt der Senat die quantitative Ent- wicklung von mit Motor betriebenen Booten auf Berliner Gewässern im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang entstehenden Lärmemissionen? Frage 2: Existiert über diese Entwicklung eine statisti- sche Datenerfassung und wenn ja, bitte um Auflistung ab dem Jahr 2008, wenn nein, warum nicht? Antwort zu Frage 1 und 2: Zur quantitativen Entwick- lung des Schiffsverkehrs in Berlin liegen dem Senat keine belastbaren Gesamtzahlen vor. Etwa 90 % der Berliner Gewässer gehören zu Bundeswasserstraßen, die gemäß Artikel 89 Absatz 2 Grundgesetz ausschließlich vom Bund verwaltet werden; anders als in anderen Rechtsge- bieten besteht hier auch keine nachgeordnete Zuständig- keit des Landes. Eine statistische Datenerfassung erfolgt weder beim Bund noch bei den Ländern. Die amtliche oder amtlich anerkannte Registrierung von Schiffen findet nicht zentral bei einer Stelle statt; sie wird u.a. auch von Verbänden vorgenommen, und Berliner Halterinnen und Halter können ihre Wasserfahrzeuge auch in anderen Bundesländern anmelden. Eine statistische Datenerfas- sung bei der Wasserschutzpolizei Berlin erfolgt nicht. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin und die beliehenen Institutionen, wie der ADAC, der Deutsche Seglerverband und der Deutsche Motoryachtverband können im Rahmen der Kleinfahrzeugkennzeichnung hierüber ggf. Aussagen treffen. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes hat für den Bereich der Sportschifffahrt folgende Zählungser- gebnisse an den zentralen Schleusen des Bundes in Berlin vorgelegt, die nur sehr bedingt eine Einschätzung zulas- sen. Hierbei ist zu beachten, dass auf der innerstädtischen Spree seit 2012 Funkpflicht besteht, was die Nutzerzahlen senkt. 2008 2010 2011 2012 2013 Schleuse Mühlendamm 10.965 10.984 10.234 6.345 4.895 Schleuse Charlottenburg 9.529 8.970 9.363 7.912 6.842 Schleuse Spandau 12.193 12.164 12.970 14.063 13.643 Oberschleuse 2.774 3.772 4.553 5.170 4.793 Unterschleuse 2.267 2.022 2.413 3.037 3.017 Die Zahl der Halterinnen und Halter mag aus demo- grafischen Gründen abnehmen. Hingegen könnte die vom Bundesgesetzgeber im Oktober 2012 vorgenommene Anhebung der Führerscheinfreigrenze von 5 auf 15 PS (Verordnung zur Änderung sportbootrechtlicher Vor- schriften im See- und Binnenbereich) zu einem gegenläu- figen Trend führen. Eine eindeutige Korrelation zwischen der Anzahl der motorbetriebenen Boote und der Menge bzw. dem Aus- maß an Lärmereignissen lässt sich nicht herstellen. Eine Erfassung im Hinblick auf die Lärmimmissionen erfolgt nicht, da durch Sportboote erzeugter Lärm nicht zu den Hauptlärmquellen nach den §§ 47a ff. des Bundes- Immissionsschutzgesetzes gehört. Zudem handelt es sich überwiegend um Einzelereig- nisse, die an unterschiedlichen Orten auftreten, so dass eine systematische und repräsentative Erfassung nicht möglich ist. Frage 3: Auf welchen rechtlichen Grundlagen wird der Betrieb von Motorbooten auf Berlins Gewässern geregelt? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 792 2 Antwort zu Frage 3: Auf den Bundeswasserstraßen im Land Berlin wird der Betrieb von Motorbooten auf der Grundlage des § 2 Binnenschifffahrtsaufgabengesetz (BinSchAufgG) geregelt sowie der Binnenschifffahrts- straßen-Ordnung. Darin werden die Schiffsführer bereits auf die Allgemeinen Sorgfaltspflichten hingewiesen, zu denen auch der bewusste Umgang mit Emissionen gehört. Der in der Binnenschifffahrtstraßen-Ordnung (BinSchSt- rO) enthaltene §1.04 schreibt vor, jede vermeidbare Be- einträchtigung der Umwelt zu verhindern, ist jedoch nicht bußgeldbewährt. Aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit hat das Land Berlin für die schiffbaren Landeswasserstraßen diese Regelung durch die "Verordnung zur Regelung des Schiffsverkehrs auf den Gewässern des Landes Berlin" übernommen. Frage 4: Welche rechtlichen Möglichkeiten sind über das Landesrecht gegeben und welche Regelung trifft ausschließlich der Bundesgesetzgeber? Antwort zur Frage 4: Zuständig für die Umsetzung der Sportbootrichtlinie und der 10. Verordnung zum Produkt- sicherheitsgesetz (ProdSV) ist nach § 24 ProdSV und Nr. 24 Abs. 2 des Zuständigkeitskataloges Ordnungsaufgaben (ZustKatOrd) das Landesamt für Arbeitsschutz, Gesund- heitsschutz und technische Sicherheit Berlin (LAGetSi). Eine Eingriffsermächtigung zur Durchführung präven- tiver Kontrollen durch die Wasserschutzpolizei Berlin liegt nicht vor. Die Verhütung schädlicher Umwelteinflüsse auf den Bundeswasserstraßen i. S. d. Bundes-Immissionsschutz- gesetztes (BImSchG) gehört gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Bin- SchAufgG zu den Aufgaben der Wasser- und Schiff- fahrtsverwaltung. Nach § 38 Abs. 1 Satz 1 BImSchG dürfen Wasserfahrzeuge die einzuhaltenden Grenzwerte nicht überschreiten. Eine Gesetzesnorm zur Regelung von Motorenemissionen findet sich nur in der Binnenschiffs- untersuchungsordnung, die allerdings nur die Zulassungs- kriterien der Schifffahrt ab einer Schiffslänge von 20 Metern und mehr sowie der gewerblichen Schifffahrt regelt. § 38 Absatz 1 Satz 2 BImSchG enthält eine Gene- ralklausel, wonach Fahrzeuge so betrieben werden müs- sen, dass vermeidbare Emissionen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Die unbestimmten Rechtsbegriffe – vermeidbare Emission und Mindestmaß – werden nicht definiert. In der Sportbootrichtlinie (ergibt sich aus Richtlinie 2003/44/EG vom 16. Juni 2003) werden die Höchst- grenzwerte der Lärmemission für Sportboote festgelegt (67-75 dB), sie gilt für Sportboote, die ab dem 16. Juni 1998 in die Europäische Gemeinschaft eingeführt wurden und mit dem CE Kennzeichen versehen wurden. Frage 5: Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um der Lärmentwicklung zu begegnen, die durch Sportboote verursacht werden, und fließen diese in die Lärmminde- rungsplanung des Senats mit ein, ggf. wenn nein, warum nicht? Antwort zur Frage 5: Der Lärm von Sportbooten ist nicht Gegenstand des Lärmaktionsplans 2008 sowie des Entwurfs für 2013; er ist überwiegend verhaltensbedingter Lärm, der von der Nutzerin/vom Nutzer durch beispiels- weise zu schnelles Fahren erzeugt wird. Hierzu führt die Wasserschutzpolizei Berlin anlassbezogene Kontrollen durch. Frage 6: Inwieweit existieren seitens des Senats In- formationskampagnen o.ä., um den von Sportbooten aus- gehenden Lärmemissionen präventiv zu begegnen bzw. um die Sportbootnutzer für dieses Problem zu sensibili- sieren? Antwort zur Frage 6: Motorbootführerscheininhabe- rinnen und Motorbootführerscheininhaber werden über die Aspekte der Lärmemissionen und die Vermeidungs- pflichten im Rahmen der Ausbildung und Prüfung infor- miert. Die Anhebung der Führerscheinfreigrenze durch den Bundesgesetzgeber führt jedoch dazu, dass sich we- niger Personen dieser Prüfungen unterziehen müssen. Der Senat fördert in Zusammenarbeit mit der Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes beispielsweise die Einrichtung sogenannter Stromtankstellen, sodass das Fahren mit leiseren und "umweltfreundlicheren" Motoren attraktiver wird. Im Rahmen der Sportbootkontrollen durch die Was- serschutzpolizei Berlin werden die verursachenden Sport- bootführerInnen sowie Sportbootführer auf die Lärmemissionen hingewiesen. Frage 7: Inwieweit trifft es zu, dass die Anzahl von Beschwerden aus der Bevölkerung, die sich durch die Lärmentwicklung von Sportbooten beeinträchtigt fühlen, ansteigend ist und wenn ja, bitte um Angaben für die letzten fünf Jahre? Antwort zur Frage 7: Im Gesamtzeitraum der vergan- genen fünf Jahre sind bei der Bundes- sowie der Landes- schifffahrtsverwaltung Beschwerden allenfalls im einstel- ligen Zahlenbereich eingegangen. Ein Anstieg des Be- schwerdeaufkommens ist in diesem Zusammenhang aus polizeilicher Sicht nicht festzustellen. In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt sind in den letzten Jahren nur vereinzelt Be- schwerden eingegangen; ein Trend ist nicht erkennbar. Berlin, den 04. Dezember 2013 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dez. 2013)