Drucksache 17 / 12 807 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 04. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. November 2013) und Antwort Urheberrechtsreform – bleibt der Senat unsichtbar? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was versteht der Senat unter einem „modernen Urheberrecht, das einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern schafft (Punkt 1.7 der Richtlinien der Regierungspolitik)? Zu 1.: Das Urheberrecht ist Dreh- und Angelpunkt ei- nes komplexen Gefüges, das auf einen gerechten Aus- gleich der Interessen zwischen Urheberinnen und Urhe- bern, Verwerterinnen und Verwertern sowie WErkmittle- rinnen und Werkmittlern sowie Nutzern bei dem Zugang zu Werken, dem Schutz sowie der Verwertung geistigen Eigentums und kreativer Leistungen ausgerichtet ist. Das Internet verändert aber sowohl die Rahmenbedingungen für Produktion und Verwertung geistiger Leistungen und Güter als auch die Nutzergewohnheiten grundlegend. Deshalb unterliegt das Urheberrecht einem ständigen Anpassungsdruck. Ein modernes Urheberrecht sollte sowohl die Urheberinnen und Urheber in ihren Ansprü- chen gegenüber den Verwerterinnen und Verwertern stärken als auch den Zugang der Allgemeinheit zu Wissen und Information so regeln, dass dies zum größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen gereicht. Ziel des Urheberrechts muss es dabei sein, zeitgemäß zwischen den beteiligten Interessen zu vermitteln und abzuwägen. Zudem sind die sich aus der wachenden Digitalisie- rung ergebenden Potentiale für Wachstum und Fortschritt zu nutzen, indem digitale Projekte gefördert, neue Ein- satzbereiche für Kommunen und Behörden erschlossen, junge Unternehmen und Internet-Startups, Medienkompe- tenz und politische Teilhabe über das Netz gefördert wer- den. 2. Welche konkreten derzeitigen Regelungen des Urheberrechts stehen derzeit nach Ansicht des Senats einem entsprechend gerechten Ausgleich im Weg bzw. sollten reformiert werden? Zu 2.: Verbesserungs- und Reformbedarf sieht der Se- nat vor allem in folgenden Bereichen:  Das Urhebervertragsrecht muss überarbeitet, die Rechtsstellung von Urheberinnen und Urhebern ge- genüber Verwerterinnen und Verwertern sowie Werkmittlerinnen und Werkmittlern gestärkt werden. Dabei ist vor allem auf eine effizientere Ausgestaltung und Beschleunigung von Verhandlungs- bzw. Kon- fliktlösungsmechanismen, sowie die Verbesserung der Verbindlichkeit von Schlichtungsverfahren hinzuwir- ken.  Die Rechtsdurchsetzung gegenüber illegalen Plattformen muss verbessert werden. Dies kann etwa durch Schaffung eines zivilrechtlich durchsetzbaren Verbots von Geschäftsmodellen erfolgen, die von vornherein auf Rechtsverletzungen durch die Nutzerinnen und Nutzer ihrer Leistungen angelegt sind oder die durch eigene Maßnahmen die Gefahr einer Rechtsverletzung aktiv fördern. Die Berufung solcher Dienstanbieter auf die Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes bzw. der e-Commerce-Rechtlinie muss ebenso unterbunden werden wie die Bewerbung entsprechender Angebote und das Anbieten auf die Vergütung entsprechender Dienstleistungen ausgerichteter Zahlungsdienstleis- tungen. Entsprechende Verstöße sind mit haftungs- rechtlichen Konsequenzen zu belegen.  Die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften muss gestärkt und verbessert wer- den. Verbesserungsbedarf besteht insbesondere bei der Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten, die an der Wertschöpfung beteiligt sind, in den entschei- dungserheblichen Gremien der Verwertungsgesell- schaften und der größeren Transparenz der Tarif- und Verteilungspolitik der Verwertungsgesellschaften. Flankiert werden müssen diese Maßnahmen durch ei- ne effektivere Ausgestaltung der Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften, die angesichts knapper Personal- und Mittelausstattung derzeit vom Patent- und Markenamt nur unzureichend gewährleistet wer- den kann. Die Wahrung der bestehenden Vielfalt der Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 807 2 Verbreitungs- und Verwertungswege und die ange- messene Vergütung der in diesem Zusammenhang be- stehenden Leistungen sind zu berücksichtigen.  Die Rahmenbedingungen für die Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften auf europäischer Ebene müssen harmonisiert werden, um die Voraus- setzungen für die ungehinderte grenzüberschreitende Lizensierung kreativer Online-Inhalte zu schaffen und eine länderübergreifende gemeinsame Verwaltung von Urheberrechten zu ermöglichen. Dabei muss darauf Acht gegeben werden, dass das in Deutschland etab- lierte System der kulturellen und sozialen Funktionen von Verwertungsgesellschaften erhalten bleibt.  Verhandlungen und Streitigkeiten über die Höhe der Leerträgerpauschalvergütung, die beim Kauf von Ver- vielfältigungsgeräten wie Computern, Kopierern und USB-Sticks anfällt, müssen schneller, effizienter und einfacher gestaltet werden, damit die Vergütungen schneller an die Urheberinnen und Urheber ausge- schüttet werden können. Um die Ansprüche der Urhe- berinnen und Urheber vor (teils kalkulierten) Insol- venzen der Hersteller und Importeure zu schützen, sollte eine Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergü- tungsansprüche eingeführt werden.  Neue Bezahlmodelle und Lizensierungsplattformen ermöglichen sowohl den „Kauf“ als auch die „Leihe“ urheberrechtlich geschützter Werke. Oft können her- untergeladene Inhalte aber nur auf bestimmten Gerä- ten mit einer bestimmten Software konsumiert wer- den. Die Portabilität gekaufter Inhalte muss im Inte- resse der Verbraucherinnen und Verbraucher an einer langfristigen Nutzung ihrer Einkäufe gefördert wer- den.  Im Bereich von Mashups und Remixes muss im Interesse der Förderung kreativer Leistungen einerseits und des Schutzes des Urheberpersönlichkeitsrechts und des Verwertungsrechts der Urheberinnen und Ur- heber andererseits für Rechtssicherheit gesorgt wer- den: transformative Werknutzungen sollten zugelas- sen, stumpfe Kopien untersagt werden.  Die geltende „Störerhaftung“ für Inhaberinnen und Inhaber von WLAN-Internetan-schlüssen und mobilen Internetzugängen muss einer Überprüfung unterzogen werden, die gesetzlichen Voraussetzungen, unter de- nen Betreiberinnen und Betreiber oder Nutzerinnen und Nutzer von WLAN-Anschlüssen, z. B. Cafés, Ho- tels, private Bürgerinnen und Bürger, abgemahnt und für Urheberrechtsverletzungen haftbar gemacht wer- den können, auf eine neue und sichere Gesetzesgrund- lage gestellt werden.  Durch Entwicklung einer umfassenden Open Access Strategie müssen die Rahmenbedingungen für einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich fi- nanzierten Publikationen und auch zu Daten (open da- ta) verbessert werden.  Die umfassende Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke etwa durch Projekte wie die Deutsche Digitale Bibliothek oder die EUROPEANA sollte im Interesse der Wahrung unseres kulturellen und wis- senschaftlichen Erbes ermöglicht und gestärkt werden; die kürzlich verabschiedeten Gesetzesänderungen zu den verwaisten und vergriffenen Werken weisen in die richtige Richtung, weitere Gesetzesänderungen müs- sen auf den Weg gebracht werden, soweit dies erfor- derlich ist, damit Museen, Archive und Bibliotheken ihren öffentlichen Aufgaben in angemessener Form nachkommen können. Insbesondere muss durch die Schaffung entsprechender rechtlicher Rahmenbedin- gungen der Austausch zwischen den verschiedenen Einrichtungen auf nationaler und europäischer Ebene gewährleistet und ggf. verbessert werden.  In Schulen und Hochschulen sollte die dauerhafte Intranetnutzung durch dauerhafte gesetzliche Maßnah- men ermöglicht werden. Die Vorschriften der §§ 52a ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG), die besondere Schranken für die Bereiche Schule, Studium und Leh- re, Wissenschaft und Forschung vorsehen, derzeit aber zeitlich beschränkt sind, müssen einer dauerhaften und der voranschreitenden Digitalisierung Rechnung tra- genden Lösung zugeführt werden.  Auch andere Regelungen zum Urheberrecht und verwandten Schutzrechten sind auf die Anwendbarkeit von Nutzungen in digitalisierter Form anzupassen.  Verbraucherinnen und Verbraucher müssen vor rechtsmissbräuchlichen Abmahnungen wegen Urhebe- rechtsverletzungen geschützt werden, wobei Abmah- nungen grundsätzlich als legitimes Instrument außer- gerichtlicher Streitbeilegung anerkannt werden. 3. Welche Maßnahmen wurden vom Senat bisher im Sinne dieser Absichtsbekundung ergriffen? Zu 3.: Das Urheberrecht fällt in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes, Artikel 73 Abs. 1 Nr. 9 Grundgesetz (GG). Der Landesgesetzgeber hat in diesem Bereich keine eigenen Gesetzgebungsbefugnisse. Die Länder können insoweit nur über den Bundesrat Ein- fluss auf die Gesetzgebung des Bundes nehmen und zu europäischen Gesetzesvorhaben nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union Stellung nehmen. Auf die Antworten zu den Fragen 5 und 6 wird insoweit Bezug genommen. 4. Welche Maßnahmen im Sinne dieser Absichtsbekundungen sind für die verbleibende Legislaturperiode geplant? Zu 4.: Der Senat wird seine Ansichten und Überzeu- gungen über den Bundesrat einbringen und, soweit erfor- derlich, über eigene Bundesratsinitiativen tätig werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 807 3 5. Wie hat sich der Senat insbesondere auf Bundesebene in diesem Sinne eingesetzt und mit welchem Er- folg? Zu 5.: Der Senat hat sich auf Bundesebene im Rahmen der Gesetzesberatungen im Bundesrat für verschiedene Regelungen eingesetzt, die den zuvor beschriebenen An- liegen Rechnung tragen.  Unter dem 12.09.2012 (BR-Drucksache 545/12 - Beschluss -) hat der Bundesrat auf Antrag der Länder Berlin und Hamburg eine Entschließung zur Be- schränkung des Haftungsrisikos für Betreiberinnen und Betreiber drahtloser lokaler Netzwerke (WLANS) gefasst. Darin wird die Bundesregierung gebeten „zu prüfen, ob und wie durch Änderungen der bisherigen Gesetzeslage o das Potenzial vorhandener WLAN-Netze stärker nutzbar gemacht werden kann, o das Haftungsrisiko für WLAN-Betreiber beschränkt werden kann, z. B. indem die Haftungs- beschränkung für Access-Provider gemäß § 8 Te- lemediengesetz (TMG) auf andere WLAN- Betreiber erstreckt wird, o die Schutzmaßnahmen, die die Betreiber von WLAN-Netzen zur Vermeidung ihrer Verantwort- lichkeit für unbefugte Nutzung durch Dritte zu er- greifen haben, o zwecks Erhöhung der Rechtssicherheit unter Einbeziehung von Zumutbarkeitskriterien so konkreti- siert werden können, dass die Betreiber bei Erfül- lung dieser Anforderungen ihre WLANs ohne Haf- tungs- und Abmahnungsrisiken betreiben können. o Dies soll unter Wahrung der Rechte und Rechtsverfolgungsmöglichkeiten der Inhaberinnen und Inhaber von Urheberrechten und der Funktionsfä- higkeit der Strafverfolgung geschehen.“ Die Bundesregierung hat dieses Ansinnen in ihrer Mitteilung vom 26.02.2013 zurückgewiesen. Sie sehe keinen Handlungsbedarf und wolle die Entscheidung der Rechtsfragen, soweit sie ungeklärt seien, der Rechtsprechung überlassen.  Der Bundesrat hat am 12. Oktober 2012 mit den Stimmen aller Länder in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes, das die Einführung eines Leis- tungsschutzrechts für Presseverlage betraf, entspre- chend eines zuvor von der Kultusministerkonferenz gefassten, von Berlin unterstützten Beschlusses gefor- dert, § 137k UrhG aufzuheben – vergleiche Ziffer 4 der BR-Drucksache 514/12 (Beschluss) - und damit dem § 52a UrhG dauerhaft Geltung zu verschaffen. § 52a UrhG regelt u. a. die „öffentliche Zugänglichmachung “ von kleinen Teilen eines Werkes, Werken geringen Umfangs sowie einzelnen Beiträgen aus Zei- tungen oder Zeitschriften zur Veranschaulichung im Unterricht u.a. an Schulen und Hochschulen. „Öffentliche Zugänglichmachung“ bedeutet das Zurverfügungstellen im Intranet einer Schule oder Hochschule. § 137k UrhG alte Fassung befristete die Gültigkeit des § 52a UrhG bis zum 31. Dezember 2012. Der Deutsche Bundestag hat stattdessen die bis zum 31. Dezember 2012 befristete Geltungsdauer des § 52a UrhG um weitere zwei Jahre bis zum 31. Dezember 2014 verlängert. Mit Beschluss vom 14.12.2012 - BR- Drucksache 737/12 (B) - hat der Bundesrat mit Unter- stützung Berlins beschlossen, das vom Bundestag ver- abschiedete Gesetz zu billigen. In seinem Beschluss hat er gleichzeitig sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass der Bundestag seiner Forderung nach einer end- gültigen Entfristung des § 52a UrhG nicht gefolgt ist.  Im Zuge der Beratungen zum Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken hat Berlin sich gemeinsam mit an- deren Ländern dafür eingesetzt, dass der Gerichtsstand am Begehungsort für Verfahren wegen Urheber- rechtsverletzungen gegen Verbraucher – anders als im Wettbewerbsrecht – bereits jetzt durch Einfügung eines § 104a UrhG-neu eingeschränkt wird, um der be- sonderen Schutzbedürftigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern als Beklagten in diesen Verfahren Rechnung zu tragen. Der Bundestag hat mit Beschluss vom 27.06.2013 diesen Vorschlag des Bundesrates aus seinem Beschluss vom 03.05.2013 - BR- Drucksache 219/13 (Beschluss) - übernommen. Das Gesetz hat am 03.05.2013 den Bundesrat passiert. Als weitere Regelung zur Eindämmung unseriöser Ab- mahnungen im Bereich des Urheberrechts ist dort mit Unterstützung Berlins eine Deckelung des Gegen- standswertes auf 1.000,00 EUR für außergerichtliche Abmahnungen allerdings unter Beibehaltung der bis- herigen Regelung für die Streitwertfestsetzung bei ge- richtlichen Urheberrechtsstreitigkeiten eingeführt worden. Diese Vorschriften sollen nach Ablauf von drei Jahren evaluiert und auf ihre Effektivität über- prüft werden.  Als letztes Gesetzesvorhaben zum Urheberrecht in dieser Legislaturperiode hat der Bundestag das Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke be- schlossen. Mit dem Gesetz wird zum einen die EU- Richtlinie über bestimmte zulässige Formen der Nut- zung verwaister Werke in deutsches Recht umgesetzt. Unabhängig von etwaig weiterhin bestehendem Re- formbedarf können künftig verwaiste Werke in Biblio- theken, Archiven , Museen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vervielfältigt und öffentlich zu- gänglich gemacht werden – gegebenenfalls auch vergriffene Werke, die vor 1965 veröffentlicht wurden, wenn zuvor entsprechende umfangreiche Nachfor- schungen bei diversen Katalogen und Datenbanken nach dem Urheberinnen und Urheber durch die Insti- tutionen nachweislich angestellt wurden. Inwieweit sich dieses Gesetz in der Praxis bei den genannten Einrichtungen bewährt, bleibt abzuwarten. Zum anderen wird eine neue Open-Access-Regelung eingeführt, nach der eine Urheberin bzw. ein Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags diesen zwölf Mona- te nach der Erstveröffentlichung in der Manuskript- version öffentlich im Internet zu unkommerziellen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 807 4 Zwecken zugänglich machen darf, wenn dessen For- schungstätigkeit mindestens zur Hälfte aus öffentli- chen Mitteln finanziert worden ist. Diese Ergänzung ist auf Initiative des Bundesrates in das Gesetz ge- kommen. Sie ist im Bundesrat auch von Berlin unter- stützt worden. Der Senat hat sich darüber hinaus über seine Fach- verwaltungen sowohl gegenüber den zuständigen Bundesministerien, vornehmlich dem Bundesministe- rium der Justiz, als auch auf verschiedenen Minister- konferenzen der Länder für entsprechende Vorhaben stark gemacht.  Auf ihrer Frühjahrskonferenz am 12. und 13. Juni in Perl-Nennig haben die Justizministerinnen und Jus- tizminister (JuMiKo) im Anschluss an den zuvor ge- fassten Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz der Länder vom 3./4. Dezember 2012 den im April 2012 entbrannten Streit um die von der GEMA veröf- fentlichten neuen Tarife für Musikveranstaltungen, die nicht Konzerte sind, in denen aber Musik live oder von Tonträgern gespielt wird, zum Anlass genommen, das Bundesministerium der Justiz aufzufordern, Re- formvorschläge zur Stärkung der Nutzerseite bei der Aushandlung von Tarifen mit Verwertungsgesell- schaften und zur Einschränkung der Machtstellung der GEMA vorzulegen und gegebenenfalls in die Ver- handlungen zum Vorschlag der Kommission einer Richtlinie über die kollektive Wahrnehmung von Ur- heber- und verwandten Schutzrechten und die Verga- be von Mehrgebietslizenzen zur Online- Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt einzube- ziehen. Die darin enthaltene Prüfbitte, wie die Emp- fehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ vom 11.12.2007 für eine angemessene und zeitgemäße Repräsentanz aller Wahrnehmungsberechtigten, die an der Wert- schöpfung tatsächlich beteiligt sind, in den entschei- dungserheblichen Gremien der Verwertungsgesell- schaften, besonders bei der Verteilung, zu sorgen und die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften zu verstärken, umgesetzt werden können, gehen auf eine Initiative des Landes Berlin zurück.  Auf ihrer Frühjahrskonferenz am 17. Mai 2013 haben die für Verbraucherschutz zuständigen Ministerinnen und Minister der Länder mit Unterstützung Berlins ei- ne grundlegende Aufarbeitung der sich im Zusam- menhang mit elektronischen Schutzmechanismen für digitale Inhalte (DRMS) stellenden tatsächlichen und rechtlichen Probleme durch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe beschlossen. Auf ihrer Herbstkonferenz am 14. November 2013 in Berlin haben die Justizmi- nisterinnen und Justizminister mit Unterstützung des Landes Berlin beschlossen, an dieser Arbeitsgruppe mitzuwirken. 6. Wie hat sich der Senat insbesondere auf europäischer Ebene in diesem Sinne eingesetzt und mit welchem Erfolg? Zu 6.: In Beratungen zu Gesetzesvorhaben auf europä- ischer Ebene bringt sich der Senat über Stellungnahmen des Bundesrates nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in An- gelegenheiten der Europäischen Union sowie auf Fach- ebene über die Fachverwaltungen beispielsweise in Form von Stellungnahmen gegenüber dem Bundesministerium der Justiz oder gegenüber der Kommission ein. Häufig werden Länderpositionen in Vorbereitung der Stellung- nahmen des Bundesrates zwischen den Landesverwaltun- gen zuvor im Rahmen des Ausschusses Europäische Uni- on als Unterausschuss der JuMiKo abgestimmt. Während wichtige europarechtliche Vorhaben im Be- reich des Urheber- und Patentrechts wie der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenar- beit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patent- schutzes, der Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Reglung der Über-setzung des Patents der Europäi- schen Union, der Verordnung zur Bekämpfung der Pro- duktpiraterie und der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke den Senat in dieser Legislaturperiode nur noch insoweit be- schäftigt haben, als es um die Beratung der nationalen Umsetzungsgesetze im Bundesrat ging, ist als wichtiges aktuelles europarechtliches Vorhaben der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrge- bietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt zu erwähnen. Ziel des auf Artikel 50 Abs. 2 g), 53, 62 Vertrag zur Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestützten Richtlinienvor- schlags ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsge- sellschaften zu harmonisieren und damit Verwertungsge- sellschaften zu modernisieren und ihre Transparenz und Effizienz zu fördern. Außerdem sollen länderübergreifen- de Lizensierungsmöglichkeiten für die Online-Nutzung urheberrechtlich geschützter Musikwerke verbessert wer- den. Dadurch sollen Online-Musikanbieter leichter als bisher Nutzungsrechte für mehrere Mitgliedstaaten er- werben können und die Verbraucherinnen und Verbrau- cher größtmöglichen Zugang zu den vorhandenen Mu- sikrepertoires erhalten. Die legale Online-Nutzung soll daher für Anbieter und Verbraucherinnen und Verbrau- cher attraktiver (vor allem kostengünstiger) und die Inter- netpiraterie zurückgedrängt werden. Der Bundesrat hat dazu in seiner Sitzung vom 12. Oktober 2012 (BR- Drucksache 395/12 (Beschluss) mit aktiver Unterstützung Berlins umfassend Stellung genommen. Bei einer im Grundsatz positiven Würdigung des Vorhabens hat er insbesondere im Hinblick auf Befürchtungen, dass der Vorschlag hinter den Standards des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechen (UrhWarnG) zurückbleibt gegenüber der Kommission einige Prüfbitten formuliert, die sich auf die Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 807 5 Unterscheidung von Verwertungsgesellschaften und Li- zenzagenturen, die Transparenz der Tarife und die Taug- lichkeit der Vorschriften für alle Rechtsformen von Ver- wertungsgesellschaften beziehen. Er hat außerdem auf die unzureichende Berücksichtigung der Belange der Ver- braucherinnen und Verbraucher hingewiesen und sich für eine öffentliche Kontrolle der Verwertungsgesellschaften ausgesprochen. Wie diese, der Kommission direkt zuglei- tete Stellungnahme auf europäischer Ebene umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Berlin, den 18. Dezember 2013 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Jan. 2014)