Drucksache 17 / 12 816 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Hildegard Bentele (CDU) vom 07. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. November 2013) und Antwort Schulfach WAT (Wirtschaft, Arbeit, Technik) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass WAT in der Schulpraxis tatsächlich „Leitfach des Dualen Lernens “ ist? Zu 1.: Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schu- le wird auf der Grundlage von Rahmenlehrplänen erfüllt. Diese sind so zu gestalten, dass jede Schule einen hinrei- chend großen Entscheidungsspielraum für die aktive Gestaltung ihres Schulprogramms erhält und den unter- schiedlichen Fähigkeiten, Leistungen und Neigungen der Schülerinnen und Schüler sowie der pädagogischen Ver- antwortung der Lehrkräfte entsprochen werden kann. Die Berliner Rahmenlehrpläne bilden die Grundlage für ver- bindliche Leistungsstandards und Bewertungsgrundsätze sowie zur Sicherung von bildungsgang- und schularten- übergreifenden Mindeststandards. Der Rahmenlehrplan des Unterrichtsfaches Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT), der zum Schuljahr 2012/2013 in Kraft gesetzt wurde, beinhaltet u.a., dass das Fach auch als Leitfach für das Duale Lernen dient, das praxisbezogenes Lernen, Aktivi- täten zur Berufs- und Studienorientierung und die Ver- mittlung von Praxisplätzen an geeigneten Lernorten um- fasst sowie ab der 9. Jahrgangsstufe in besonderen Orga- nisationsformen durch eine Erhöhung des Praxisanteils in Abweichung von der Stundentafel realisiert werden kann. Die Verknüpfung von theoretischem Wissen mit prak- tischer Erfahrung stellt im Fach Wirtschaft, Arbeit, Tech- nik das leitende Unterrichtsprinzip dar. Theoretische Fragestellungen resultieren in der Regel aus praktischen Lernanlässen und umgekehrt sind theoretische Kenntnisse Grundlage für praktisches Handeln. Die Schülerinnen und Schüler erwerben die Fähigkeit, berufliche und private Handlungsoptionen unter Berücksichtigung ihrer Interes- sen, Talente und Fertigkeiten zu entwickeln, zu erproben und auch zu hinterfragen. Alle Schülerinnen und Schüler nehmen entsprechend ihren Lernvoraussetzungen in je- dem Jahrgang an mindestens einer Maßnahme der Berufs- und Studienorientierung (praxisbezogene Angebote) teil. 2. Wie sieht die Senatsverwaltung das Verhältnis zwischen Dualem Lernen und dem Schulfach WAT bzw. wie werden beide voneinander abgegrenzt? Zu 2.: Das Duale Lernen an den Integrierten Sekun- darschulen (ISS) verknüpft als besondere Lernform Inhal- te schulischen Lernens praxisorientiert mit Inhalten aus dem Wirtschafts-, Berufs- und Arbeitsleben. Jede Schule entscheidet eigenverantwortlich, welche Angebote des Dualen Lernens durchgeführt werden und legt die Ange- bote und deren Umfang im Schulprogramm fest. Jede Schülerin und jeder Schüler der Integrierten Sekundar- schule muss in jeder Jahrgangsstufe im Rahmen eines berufsorientierenden Curriculums an mindestens einem Angebot des Dualen Lernens teilnehmen. Angebote für Duales Lernen können sowohl im Fachunterricht, wie insbesondere im Fach Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT), als auch im Wahlpflichtunterricht vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden. Ergänzend können Angebote auch fachübergreifend oder fächerverbindend, im Rahmen von Projekttagen und des Ganztagsbetriebs durchgeführt werden. Das Fach WAT ist in den meisten ISS eng mit den Angeboten des Dualen Lernens verknüpft, da sich insbe- sondere die Themen der Berufsorientierung, Berufs- und Lebenswegplanung, Arbeit und Beruf, Soziale Arbeit in Haushalt und Beruf, anbieten, außerschulische Erfahrun- gen vorzubereiten, zu begleiten und auszuwerten Darüber hinaus ist ab der Jahrgangsstufe 9 das Praxis- lernen in Praxisklassen oder das Produktive Lernen als besondere Organisationsform des Dualen Lernens mög- lich. (vgl. Ausführungsvorschriften über Duales Lernen und praxisbezogene Angebote an den Schulen der Sekun- darstufe I – AV Duales Lernen) 3. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass WAT in den Klassenstufen 7 – 10 mit mindestens zwei Pflichtstunden in der Woche unterrichtet wird, dass also der von der Stundentafel vorgesehene Regelfall nicht durch Um- widmung dieser Stunden zum Sonderfall wird? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 816 2 4. Welche Möglichkeiten zur Umwidmung gibt es und wie werden diese Umwidmungsmöglichkeiten ge- nutzt (bitte Zahlenangabe pro Schule)? Zu 3. und 4.: Die Zahl der Unterrichtsstunden, die auf die jeweiligen Unterrichtsfächer, Lernbereiche und Auf- gabengebiete oder Lernfelder entfallen, wird in Stunden- tafeln festgelegt. Die Stundentafel der Integrierten Sekun- darschule weist aus, dass Wirtschaft, Arbeit, Technik in den Jahrgangstufen 7 bis 10 mit jeweils zwei Wochen- stunden angeboten wird, wobei in den Jahrgangsstufen 9 und 10 diese Stunden als Profilstunden auch zur Verstär- kung anderer Unterrichtsfächer oder zusätzlicher Wahl- pflichtangebote insbesondere für Lerngruppen mit beson- deren Profilen oder zur Vorbereitung auf die zweijährige gymnasiale Oberstufe verwendet werden können. In der Jahrgangsstufe 9 muss in diesem Fall jedoch mindestens eine Stunde zur Vor- und Nachbereitung des Betriebs- praktikums eingesetzt werden. Die Schule kann zur Ausgestaltung ihres Schulpro- gramms, insbesondere zur Bildung pädagogischer Schwerpunkte und besonderer Organisationsformen, von einzelnen Bestimmungen der Stundentafel abweichen (vgl. Schulgesetz § 15 Absätze 1 - 5). 5. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass die Schulen ein hinreichendes Maß an Teilungsstunden be- reitstellen, um Unterricht in WAT-Werkstätten zu ermög- lichen (wie er vom Rahmenlehrplan verpflichtend vorge- sehen ist)? Zu 5.: Die Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen erfolgt auf der Grundlage der Lehrkräf- tebedarfsfeststellung. Für jedes Schuljahr werden Richtli- nien der Zumessung von Lehrkräften an öffentlichen Berliner Schulen erlassen, diese beinhalten auch Tei- lungsstunden. 6. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass ein mangelndes Angebot an Pflichtstunden und Pflichtmodu- len im Fach WAT schulaufsichtlich erkannt und behoben wird? Zu 6.: Jede Schule gestaltet und organisiert im Rah- men der staatlichen Verantwortung und der Rechts- und Verwaltungsvorschriften den Unterricht, die Erziehung, das Schulleben sowie ihre personellen und sächlichen Angelegenheiten selbstständig und in eigener Verantwor- tung. Die Schulbehörden sind verpflichtet, die Schulen in ihrer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu unter- stützen und zu beraten (vgl. § 7 Absatz 2 Schulgesetz - SchulG). 7. Wie stellt die Senatsverwaltung sicher, dass die Schulen über eine ausreichende Zahl entsprechend ausge- bildeter WAT-Fachkräfte verfügen? Zu 7.: Die entsprechenden Fachbedarfe in den Schulen werden durch die Schulleitungen frühzeitig ermittelt und in der Personalentwicklungsplanung berücksichtigt. Entsprechend § 7 Absatz 3 SchulG erfolgen „schulbezogene Ausschreibungen sowie die Auswahl der Lehr- kräfte ... durch die Schule...“. Diese Fachbedarfsermittlung ist dann die Grundlage für die Einstellung der Lehr- kräfte. 8. Wie bewertet die Senatsverwaltung den Vorschlag, auf Bezirksebene „ambulante Werkstattmeister/innen“ zu installieren, um die Betriebsfähigkeit der WAT-Werk- stätten sicherzustellen? Zu 8.: Das pädagogische Konzept der WAT-Werk- stätten sieht unter Berücksichtigung des bestehenden Stellenrahmens und der schulindividuellen Notwendigkeit die konkrete Zuordnung von Dienstkräften an einzelnen Schulen vor. Werkstattmeisterinnen und Werkstattmeister sind in das pädagogische Konzept der Schule eingebun- den, bereiten den Unterricht vor und betreuen im Einzel- fall auch kleinere Gruppen von Schülerinnen und Schüler. Die Betriebsfähigkeit aufrecht zu erhalten obliegt dem Schulträger. 9. Wie ist der derzeitige Zustand der WAT- Werkstätten und wie ist die Wartung geregelt? Zu 9.: Die Ausstattung der Schulen mit Werkstätten und deren Wartung obliegt den Schulträgern und somit den Bezirken. Anfragen aus den Bezirken „ambulante Werkstattmeisterinnen/ambulante Werkstattmeister“ zu installieren, liegen nicht vor. 10. Wie steht die Senatsverwaltung zu der Forderung, Multiplikatoren für das Schulfach WAT (wieder) einzu- setzen und diese innerhalb der üblichen Strukturen und nicht durch die Landesagentur P:SW (Partner: Schule – Wirtschaft) zu koordinieren? Zu 10.: Im Rahmen der Schulstrukturreform und der damit einhergehenden Einführung des Dualen Lernens bestand die Notwendigkeit, die Schulen dabei zu unter- stützen. Dafür wurde die Servicestelle Duales Lernen bei Partner:Schule-Wirtschaft eingerichtet. Zur Unterstützung der Schulen vor Ort bildete die Servicestelle Duales Ler- nen gemeinsam mit dem Landesinstitut für Schule und Medien (LISUM) Berlin-Brandenburg und der Techni- schen Universität Berlin auch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für das Duale Lernen aus und koordinier- te diese. Da das neue Unterrichtsfach Wirtschaft, Arbeit, Technik das Leitfach für das Duale Lernen ist, übernah- men die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Dua- les Lernen gleichzeitig die Beratung der Schulen für die Einführung des Faches WAT. Mit dem Schuljahr 2013/14 ist, bis auf wenige Ausnahmen (7 Spätstarterschulen), der erste Schülerinnen- und Schülerjahrgang im letzten Jahr- gang der Sekundarstufe I der ISS angekommen. Es wird daher zurzeit geprüft, ob die bisherige Struktur, die sich sehr bewährt hat, ab dem kommenden Schuljahr 2014/15 beibehalten werden soll. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 816 3 11. Gibt es Planungen, das Fach WAT auch in der gymnasialen Oberstufe der ISS und an den Gymnasien in Berlin einzuführen und wenn ja, bleibt die TU Berlin die einzige Universität in Berlin, an der die Lehrerbildung für das Fach WAT stattfinden soll und welche Inhalte und Methoden des Faches müssten aus Sicht der Senatsver- waltung an der gymnasialen Oberstufe gelehrt werden bzw. zur Anwendung kommen? Zu 11.: Es gibt keine Planungen, an der gymnasialen Oberstufe in Berlin das Fach WAT einzuführen, weder an der ISS noch am Gymnasium. Durch den seit 2010 neu konzipierten Kurs „Studium und Beruf“ wird in der gymnasialen Oberstufe deutlich der Aspekt der Berufs- und Studienorientierung mit explizitem Praxisbezug gefördert. Letzterer erfährt zudem durch vielfältige Kooperationen, in der Regel fachspezifisch ausgerichtet, Beachtung. Berlin, den 04. Dezember 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Dez. 2013)