Drucksache 17 / 12 817 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Sven Rissmann (CDU) vom 07. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 08. November 2013) und Antwort Angriffe auf den Staat und die Zivilgesellschaft in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Für die Erstellung von statistischen Daten aus der All- gemeinkriminalität auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 wären Einzelauswertungen erforderlich, die im Rahmen der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht geleistet werden kön- nen. Die Beantwortung der Frage 3 a kann für die Allge- meinkriminalität nur bedingt erfolgen. Der Zielrichtung der Anfrage dürfte mit den exemplarisch zugrunde geleg- ten Paragraphen des Strafgesetzbuches (StGB) jedoch zumindest in Teilen entsprochen werden. Darüber hinaus- gehende Recherchen ohne Sichtung der einzelnen Sach- verhalte sind weder Erfolg versprechend möglich noch dürften diese der Intention der Anfrage entsprechen. Die zugrunde liegenden Paragraphen sind in der Be- antwortung der Frage 3 a aufgeführt. Auch im Bereich der Politisch motivierten Kriminali- tät (PMK) können die Fragestellungen nicht vollumfäng- lich beantwortet werden. Allerdings ist es möglich, im Rahmen der Kriterien des „Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität“ (KPMD-PMK) eingeschränkt Zahlenmaterial zur Verfü- gung zu stellen. Beim KPMD-PMK handelt es sich im Gegensatz zur PKS um eine Eingangsstatistik. Die Fallzählung erfolgt tatzeitbezogen, unabhängig davon, wann das Ermittlungsverfahren an die Staatsan- waltschaft abgegeben wurde. Die folgenden statistischen Angaben stellen keine Einzelstraftaten der PMK dar, es handelt es sich um Fall- zahlen. Ein Fall bezeichnet jeweils einen Lebenssachverhalt in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit identischer oder ähnlicher Motivlage, unabhängig von der Zahl der Tatverdächtigen, Tathandlungen, Anzahl der verletzten Rechtsnormen oder der eingeleiteten Ermitt- lungsverfahren. Die Fallzahlen der PMK unterliegen bis zum Ab- schluss der Ermittlungen – ggf. bis zum endgültigen Gerichtsurteil – einer Bewertung gemäß der angenommenen Tatmotivation. Darüber hinaus können Fälle der PMK erst nach dem Statistikschluss bekannt und entsprechend gezählt wer- den. Deshalb kommt es sowohl unter- als auch überjährig immer wieder zu Fallzahlenänderungen. 1. Wie viele Straftaten und besondere Vorkommnisse gab es in den Jahren 2006 - 2012 in Berlin, die gegen Einrichtungen des Staates, des demokratischen Gemein- wesens und sonstiger gesellschaftlich relevanter Einrich- tungen, insbesondere gegen: a) Einrichtungen der Justiz (u.a. Gerichte und Staats- anwaltschaften), b) Bundesministerien, c) Senatsverwaltungen, d) Bezirksämter, e) Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit, f) JobCenter, g) Gewerkschaften, h) Arbeitgeberverbände, i) Botschaften, j) Parteien (einschließlich Gliederung) oder parteina- he Einrichtungen (z.B. Bundesgeschäftsstellen, Landesgeschäftsstellen, Kreisgeschäftsstellen, po- litische Stiftungen, k) Wahlkreisbüros von Mitgliedern des Deutschen Bundestages oder des Europäischen Parlaments gerichtet waren (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 2 Zu 1.: In den Geschäftsbereichen der ordentlichen Ge- richtsbarkeit, der Verwaltungs- und der Sozialgerichts- barkeit wurden im angefragten Zeitraum insgesamt 10 Straftaten bzw. besondere Vorfälle gegen Angehöri- ge/Einrichtungen der Gerichte gemeldet. Die Polizei Berlin erfasst ausschließlich Straftaten sta- tistisch. Insofern können zu „besonderen Vorkommnissen“ keine Aussagen getroffen werden. Für die Erstellung valider Fallzahlen werden aus- schließlich Fälle betrachtet, die sich gegen Objekte und Sachen richteten. Fälle gegen Personen werden nicht berücksichtigt, da diese systemisch keinen Funktionen, Institutionen oder Organisationen zugeordnet werden können. Darüber hinaus werden auch die Fälle nicht berück- sichtigt, bei denen kein Tatort, sondern lediglich ein Fest- stellort erfasst wurde. In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit sind detaillierte Auswertungen nicht möglich. Als Recherchegrundlage werden aus dem Katalog „Tatörtlichkeit“ folgende Werte zugrunde gelegt: a) diplomatische Einrichtungen b) Forschung (z. B. Pharmaunternehmen) c) Jobcenter/Agenturen für Arbeit d) Justiz e) Kommunikation (z. B. Telekom, Siemens) f) Logistik/Verkehr (z. B. Deutsche Bahn, Deutsche Post) g) Parteigebäude h) Polizei i) Presse-/Verlagshaus (auch Fernsehen und Rund- funk) j) Regierungsgebäude (z. B. Abgeordnetenhaus, Rathäuser ) k) Sicherheitsbehörden (außer Polizei) l) Versorgung (z. B. Vattenfall, GASAG) m) Verwaltung (z. B. Bundesministerien, Senatsver- waltungen) Die Fallzahlen werden in die Phänomenbereiche Poli- tisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK – rechts), Politisch motivierte Kriminalität – links (PMK – links) und Politisch motivierte Ausländerkriminalität (PMAK) sowie in den Bereich Sonstige/Nicht zuzuordnen geglie- dert. Eine zusätzliche Aufgliederung in den beiden nach- folgenden Tabellen im Phänomenbereich PMAK bezüg- lich des Themenfeldes „Islamismus/Fundamentalismus“ unterbleibt, da keine der in Frage kommenden Fälle die- sem Themenfeld zugeordnet wurde. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 3 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 diplomatische Einrichtungen 5 6 4 6 2 19 11  PMK - rechts 0 0 0 0 0 1 0  PMK - links 1 1 2 2 0 1 3  PMAK 1 1 0 3 2 14 8  Sonstige/Nicht zuzuordnen 3 4 2 1 0 3 0 Forschung 0 1 1 0 1 0 0  PMK - rechts 0 0 1 0 0 0 0  PMK - links 0 1 0 0 1 0 0  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 0 0 0 0 Jobcenter 1 3 0 6 12 11 12  PMK - rechts 0 1 0 0 0 0 0  PMK - links 1 1 0 5 12 11 11  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 1 0 1 0 0 1 Justiz 4 0 2 4 2 4 1  PMK - rechts 0 0 0 0 0 0 0  PMK - links 3 0 2 4 2 4 1  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 1 0 0 0 0 0 0 Kommunikation 0 2 2 1 1 1 3  PMK - rechts 0 0 0 0 0 0 0  PMK - links 0 2 2 1 1 1 3  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 0 0 0 0 Logistik/Verkehr 1 2 1 7 5 0 2  PMK - rechts 1 0 0 0 1 0 0  PMK - links 0 2 1 7 4 0 2  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 0 0 0 0 Parteigebäude 2 3 7 24 29 29 15  PMK - rechts 0 1 1 3 8 11 5  PMK - links 1 1 5 16 15 9 9  PMAK 0 0 0 1 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 1 1 1 4 6 9 1 Polizei 2 4 6 17 6 6 4  PMK - rechts 0 0 0 0 0 0 0  PMK - links 2 3 4 17 6 6 3  PMAK 0 0 0 0 0 0 1  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 1 2 0 0 0 0 Zwischensumme PMK 15 21 23 65 58 70 48  PMK - rechts 1 2 2 3 9 12 5  PMK - links 8 11 16 52 41 32 32  PMAK 1 1 0 4 2 14 9  Sonstige/Nicht zuzuordnen 5 7 5 6 6 12 2 Fallaufkommen PMK nach ausgewählten Örtlichkeiten 2006 bis 2012 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 4 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Presse-/Verlagshaus 1 1 1 2 2 0 0  PMK - rechts 0 1 0 0 0 0 0  PMK - links 0 0 1 2 2 0 0  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 1 0 0 0 0 0 0 Regierungsgebäude 0 0 0 5 2 10 3  PMK - rechts 0 0 0 0 0 0 0  PMK - links 0 0 0 4 2 10 2  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 1 0 0 1 Sicherheitsbehörden 1 0 2 4 3 0 2  PMK - rechts 0 0 0 0 0 0 0  PMK - links 1 0 2 3 3 0 2  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 1 0 0 0 Versorgung 1 2 0 3 4 5 1  PMK - rechts 0 0 0 0 1 0 0  PMK - links 1 2 0 3 3 5 1  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 0 0 0 0 Verwaltung 1 1 2 8 5 14 3  PMK - rechts 0 0 2 0 0 0 1  PMK - links 1 1 0 8 5 13 2  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 0 0 0 0 0 1 0 Endsumme PMK 4 4 5 22 16 29 9  PMK - rechts 0 1 2 0 1 0 1  PMK - links 3 3 3 20 15 28 7  PMAK 0 0 0 0 0 0 0  Sonstige/Nicht zuzuordnen 1 0 0 2 0 1 1 Fallaufkommen PMK nach ausgewählten Örtlichkeiten 2006 bis 2012 2. Wie viele Anschläge auf die öffentliche Infrastruk- tur, Kommunikationswege und sonstige Einrichtungen der Daseinsvorsorge gab es in den Jahren 2006 - 2012 in Berlin (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Zu 2.: Die Kriterien „Anschläge“ bzw. „sonstige Einrichtungen der Daseinsvorsorge“ sind nicht eindeutig definiert und korrespondieren begrifflich nicht mit den im Rahmen des KPMD-PMK vorgegebenen Recherchemög- lichkeiten. Zur Erlangung belastbarer Zahlen wäre außer- dem ein in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht angemessen leistbarer manueller Analyseaufwand zu erbringen. Selbst die Zugrundelegung des Kriteriums „Gewaltdelikt der PMK gegen Sachen/Objekte“ kann ohne detaillierte individuelle Einzelauswertungen nicht zu einem seriösen Ergebnis führen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 5 3. In wie vielen Fällen a) wurde ein Ermittlungsverfahren, wegen welchen Verdachts, eingeleitet, Zu 3.a): Unter Hinweis auf die Ausführungen zu Be- ginn werden nachfolgend für den Bereich der Allgemein- kriminalität folgende Zahlen registriert: 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 § 305 a StGB (Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel) 126 43 50 55 61 55 36 § 316 b StGB (Störung öffentlicher Betriebe) 35 44 22 29 20 22 17 § 317 StGB (Störung von Telekommu- nikationsanlagen) 166 176 143 131 172 137 83 § 318 StGB (Beschädigung wichtiger Anlagen) 0 0 0 0 0 0 0 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 6 Für den Bereich der PMK sind unter Zugrundelegung der in der Beantwortung der Frage 1 aufgeführten Krite- rien folgende Fallzahlen registriert: 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 PMK - rechts 1 3 4 3 10 12 6  Sachbeschädigung 1 3 4 3 9 12 5  Verstoß SprengstoffG 0 0 0 0 1 0 0  Verunglimpfung des Staates 0 0 0 0 0 0 1 PMK - links 11 14 19 72 56 60 39  Bildung terr. Vereinigung 1 1 0 0 0 0 0  Brandstiftungen 7 5 5 16 3 9 4  Diebstahl/Unterschlagung 1 0 0 0 0 0 0  Hausfriedensbruch 0 0 1 5 2 2 1  Landfriedensbruch 0 0 0 1 1 2 1  Nötigung/Bedrohung 0 1 0 0 0 0 0  öffentliche Aufforderung zu Straftaten 0 0 0 0 1 0 0  Sachbeschädigung 1 7 13 49 47 47 33  Sprengstoffexplosion 0 0 0 0 1 0 0  Verkehrsgefährdungen 1 0 0 1 0 0 0  Verunglimpfung des Staates 0 0 0 0 1 0 0 PMAK 1 1 0 4 2 14 9  Brandstiftungen 0 0 0 1 0 0 0  Diebstahl/Unterschlagung 0 0 0 0 0 1 0  Hausfriedensbruch 0 1 0 0 0 2 2  Landfriedensbruch 0 0 0 0 0 3 3  Sachbeschädigung 1 0 0 3 2 3 3  Störung öffentl. Frieden 0 0 0 0 0 3 1  Straftaten gg. ausl. Staaten 0 0 0 0 0 2 0 Sonstige/Nicht zuzuordnen 6 7 5 8 6 13 3  Diebstahl/Unterschlagung 1 0 0 0 0 1 0  Hausfriedensbruch 0 0 1 1 0 1 0  Sachbeschädigung 5 6 3 7 6 11 3  Störung öffentl. Frieden 0 1 0 0 0 0 0  Straftaten gg. ausl. Staaten 0 0 1 0 0 0 0 PMK 19 25 28 87 74 99 57 Fallaufkommen PMK 2006 bis 2012 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 817 7 b) erfolgte eine strafrechtliche Verurteilung der Täter, wegen welchen Straftatbestandes, Zu b: In den Aktenverwaltungssystemen der Staats- anwaltschaft und der Gerichte erfolgt keine gesonderte Kennzeichnung von Verfahren, die für die erfragten Straf- taten in Betracht kommen. Angesichts der Vielzahl von möglichen Delikten und der großen Zahl der angefragten Einrichtungen würde auch eine deliktsorientierte Filte- rung nicht zu einer sinnvollen Eingrenzung führen. c) stand eine politische Motivation hinter den Angrif- fen (Linksextremismus, Rechtsextremismus, Islamismus etc., bitte auch hier unterteilt nach Jahren und politischer Motivation)? Zu c: Siehe Antwort zu den Fragen 1, 2 und 3 a. Berlin, den 21. Januar 2014 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mrz. 2014)