Drucksache 17 / 12 840 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 05. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. November 2013) und Antwort Inklusion III: Beantragung von Schulhelferstunden Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Schulhelferstunden wurden in den für das Schuljahr 2012/13 1511 gestellten Anträge für Schulhel- fer seitens der Schulen beantragt? 2. Wie viele beantragte Schulhelferstunden wurden im Schuljahr 2012/13 nicht bewilligt, hierbei sind auch alle nicht bewilligten Schulhelferstunden aus Anträgen mitzu- zählen, die nicht voll bewilligt wurden? 3. Wie ist das Verhältnis von beantragten Schulhelfer- stunden und zugewiesenen Schulhelferstunden für inklu- sive Schülerinnen und Schüler an den einzelnen Berliner Schulen bestimmt (Bitte um Aufschlüsselung für jede einzelne Schule)? Zu 1., 2. und 3.: Seit dem Schuljahr 2011/2012 bean- tragen die Schulleitungen keine Schulhelferstunden mehr. Gemäß Verwaltungsvorschrift Schule Nr. 7/2011 (VV Schulhelfer), zuletzt geändert durch Verwaltungsvor- schrift vom 25. April 2012, beantragen sie eine schülerbe- zogene Prüfung, ob grundsätzliche Voraussetzungen für Schulhelfermaßnahmen vorliegen. Aus diesem Grund ist die gewünschte Darstellung – Anzahl beantragter Schulhelferstunden, Anzahl nicht bewilligter Schulhelferstunden, Verhältnis von beantrag- ten und zugewiesenen Schulhelferstunden – nicht möglich . Im Schuljahr 2012/2013 (Stichtag: 31.03.2013) haben die Schulleitungen 1486 schülerbezogene Anträge auf Prüfung der Vorlage grundsätzlicher Voraussetzungen für Schulhelfermaßnahmen gestellt. Davon wurden von der Schulaufsicht 1185 Prüfaufträge (79,7 %) bestätigt. Gründe für eine Ablehnung der eingereichten Anträge können gemäß Verwaltungsvorschrift Schule Nr. 7/2011 (VV Schulhelfer), zuletzt geändert durch Verwaltungs- vorschrift vom 25. April 2012, sein: - das Fehlen der grundsätzlichen Voraussetzungen, - die Schülerin/der Schüler mit Wohnsitz innerhalb Berlins wird außerhalb von Berlin beschult, - die schülerbezogene Prüfung wurde für eine in Berlin beschulte Schülerin/einen in Berlin beschul- ten Schüler mit Wohnsitz außerhalb Berlins ge- stellt, - die Begründung für den Schulhelfereinsatz ist nicht nachvollziehbar und plausibel, - beantragte Unterstützungsmaßnahmen können durch schuleigenes Personal erbracht werden, - beantragte Unterstützungsmaßnahmen entsprechen nicht den in der oben genannten Verwaltungsvor- schrift festgelegten Tätigkeitsfelder für Schulhelfe- rinnen und Schulhelfer, - nicht fristgerechte Antragstellung. Angaben für eine zahlenmäßige Darstellung der Ab- lehnungsgründe liegen der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft nicht vor. 4. Schulhelferstunden sollen gruppenbezogen erfol- gen, wie lautet die Definition für die Bestimmung der Gruppengröße inklusiver Schülerinnen und Schüler, in- wiefern spielen bei der Bestimmung der Gruppengröße die individuelle Schwere der Bedarfe nach ergänzender Pflege und Hilfe eine Rolle? Zu 4.: Grundsätzlich gibt es keine inklusiven Schüle- rinnen oder Schüler, oder Inklusionsschülerinnen und Inklusionsschüler, wie z.B. behinderte Schülerinnen und Schüler manchmal fälschlich benannt werden. Inklusion verzichtet bewusst auf jede Etikettierung dieser Art. Folg- lich gibt es auch keine Gruppengröße inklusiver Schüle- rinnen und Schüler. Es gibt aber Rahmenbedingungen für den Gemeinsamen Unterricht (Integration). An Grund- schulen dürfen in der Schulanfangsphase maximal drei Kinder mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbe- darf je Lerngruppe aufgenommen werden, ab Klasse drei dürfen bis zu fünf Schülerinnen und Schüler mit festge- stelltem Förderbedarf in einer Klasse unterrichtet und gefördert werden. In einer Integrierten Sekundarschule Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 840 2 oder an einem Gymnasium dürfen in jeder Klasse maxi- mal vier Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet und ge- fördert werden. Davon kann es Ausnahmen geben, über die die Schulaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Schulbehörde entscheidet. Eine solche Ausnahme wird vor allem bei Schulen ermöglicht, die sich besonders für die Förderung in bestimmten sonderpädagogischen För- derschwerpunkten engagieren. Der Schulhelfereinsatz ist eine schulorganisatorische Maßnahme und wird im Gegensatz zur Einzelfallhilfe gemäß Sozialgesetzbuch (SGB) nicht für einzelne Schüle- rinnen und Schüler zugewiesen. Auf der Basis der Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit Unterstützungsbedarf in der Pflege und Hilfe und der erforderlichen Häufigkeit und Intensität werden der Schule summarisch Schulhel- ferstunden zugewiesen, die nach Bedarf durch die Schul- leitung zum Einsatz gebracht werden. Die benötigte Un- terstützung durch die Schulhilfe kann dabei für ein Kind allein, aber auch für eine Gruppe erfolgen. 5. Sieht der Senat die Notwendigkeit einer Verfah- rensänderung beim Zeitplan der Beantragung auf Schul- helferstunden, insbesondere unter dem Blickwinkel, dass die Anträge der Schulen bis April eines Jahres eingereicht werden müssen, der tatsächliche Bedarf aber erst im Lau- fe der Sommerferien zu erfassen ist? Zu 5.: Der Senat sieht hier keine Notwendigkeit einer Verfahrensänderung. Für den überwiegenden Teil der Schülerinnen und Schüler, die zu einem Einsatz von Schulhelfermaßnahmen berechtigen, sind die Vorrausset- zungen im April bereits bekannt, da es sich um Folgean- träge handelt. Der bisherige Zeitplan stellt sicher, dass die Schulen rechtzeitig vor den Sommerferien über die Res- sourcen für den Schulhelfereinsatz informiert sind und vor allem auch ab dem ersten Schultag über diese verfü- gen können. Neuanträge sind in der Regel bis zu den Sommerferien zu stellen. Ein kleiner Teil der Ressourcen für den Schulhelfereinsatz wird als Reserve zurückgehal- ten, um z.B. zuziehende und in anderen Übergängen be- findliche Schülerinnen und Schüler für den Fall versorgen zu können, dass an der jeweiligen Schule zu wenige Schulhelferressourcen vorhanden sein sollten. 6. Gibt es neben der Verwaltungsvorschrift Nr. 7/2011 vom 20. Juni 2011 (VV Schulhelfer), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 25. April 2012, noch weitere Verwaltungsanweisungen oder Vorgaben mündlicher oder schriftlicher Art, die zur Bewilligung von Schulhelfer- stunden herangezogen werden und wenn ja, wie lauten diese? Zu 6.: Solche Verwaltungsanweisungen oder Vorga- ben gibt es nicht. Dienstbesprechungen und Fallbespre- chungen, vor allem mit den die Schulhelfermaßnahmen koordinierenden Fachkräften, finden regelmäßig statt. 7. Wie hoch ist der prozentuale Anteil in den Regio- nen der Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogi- schem Förderbedarf „Emotionale und soziale Entwicklung “ an der Gesamtzahl der Schülerinnen und Schülern einer Region, bei denen ein Bedarf an ergänzender Pflege und Hilfe festgestellt wird? Zu 7.: Der folgenden Übersicht ist der prozentuale Anteil der Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpä- dagogischen Förderbedarf „Emotionale und soziale Entwicklung “ von der Schülergesamtanzahl, die bei der Bewilligung von Schulhelferstunden im Schuljahr 2013/2014 berücksichtigt werden konnten, je Region zu entnehmen (Stichtag: 01.09.2013). Bezirke prozentualer Anteil der Schü- lerinnen/Schüler mit dem sonderpädagogischen Förder- bedarf „Emotionale und soziale Entwicklung“ von der Gesamtanzahl berücksichtigter Schülerinnen/Schüler (%) 01 Mitte 3,8 02 Friedrichshain- Kreuzberg 4 03 Pankow 8,7 04 Charlottenburg- Wilmersdorf 8,8 05 Spandau 5 06 Steglitz-Zehlendorf 1,1 07 Tempelhof- Schöneberg 4,5 08 Neukölln 9,9 09 Treptow-Köpenick 9,3 10 Marzahn-Hellersdorf 20,4 11 Lichtenberg 20 12 Reinickendorf 9,6 8. Sieht der Senat, die Anzahl der für die Karlsgarten- Grundschule bewilligten Schulhelferstunden als ausrei- chend an, wenn laut Zeitungsartikel der taz vom 08.10.2013 24 Schulhelferstunden für insgesamt 36 Kin- der bewilligt werden? 9. Handelt es sich um das Verhältnis der bewilligten Schulhelferstunden und inklusiver Schülerinnen und Schüler an der Karlsgarten- Grundschule um einen Ein- zel- oder Regelfall? Zu 8. und 9.: Die Angaben der taz vom 08.10.2013 sind nicht zutreffend. Es gibt nicht 36, sondern nur vier Schülerinnen und Schüler an dieser Schule, für die die Schulleitung Anträge stellte. Die vier Anträge sind alle bewilligt worden. Insgesamt hat die Schule einen Stun- denumfang von 24 Schulhelferstunden erhalten. Es gibt bei der Bewilligung von Schulhelferstunden keinen Regelfall. Für alle beantragten und antragsberech- tigten Schülerinnen und Schüler wird generell im Einzel- fall die Bewilligung geprüft. Das ist nicht nur an der Karlsgarten-Schule der Fall, sondern gilt für alle anderen Schulen genauso. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 840 3 10. Hält der Senat aufgrund der anhaltend negativen Berichterstattung in der Presse über zu gering zugewiese- ne gruppenbezogene Schulhelferstunden eine Rückkehr zur einzelfallbezogenen Zuweisung von Schulhelferstun- den für sinnvoll (Bitte ausführlich begründen)? Zu 10.: Eine einzelfallbezogene Zuweisung und damit auch einen einzelfallbezogenen Einsatz gab es auch in der Vergangenheit nur auf Grundlage der individuellen Ein- gliederungshilfe nach § 54 Absatz 1 SGB XII und § 55 Absatz 2 SGB IX, nie aber als schulorganisatorische Maßnahme, die immer gruppenbezogen war. Bei einer schulorganisatorischen Maßnahme ist die Gefahr einer ineffektiven Nutzung dieser Ressource geringer, da Schü- lerinnen und Schüler nur in seltenen Fällen ununterbro- chen auf Hilfe angewiesen sind, so dass es beim einzel- fallbezogenen Einsatz zu „Leerlaufphasen“ der betroffenen Schulhelferinnen und Schulhelfer kommen könnte. Ein gruppenbezogener Einsatz – wie bei jedem anderen Personal in Schulen auch – verhindert solche „Leerlaufphasen “. Aus diesen Gründen sind ein gruppenbezogener Einsatz und folgerichtig auch die gruppenbezogene Zu- weisung als schulorganisatorische Maßnahmen einer Versorgung über individuelle Eingliederungshilfe vorzu- ziehen. 11. Plant der Senat eine Evaluierung der Vergabe von Schulhelferstunden, um zu eruieren, ob mit den bisheri- gen Mitteln und der gängigen Bewilligungspraxis ausrei- chend Schulhelferstunden zur Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bewilligt werden? Zu 11.: Der Senat steht im engen Austausch mit den für den Schulhelfereinsatz zuständigen Koordinierungs- kräften und der in den Regionen zuständigen Schulauf- sicht, um eine Rückmeldung zu erhalten. Eine Evaluation im wissenschaftlichen Sinne ist durch den Senat nicht geplant. Im Zusammenhang mit der Einführung von Inklusion in der Berliner Schule wird sich die gebildete Projekt- gruppe entsprechend der Empfehlungen des Beirats „Inklusive Schule in Berlin“ mit dem Thema „Schulhelfer /Schulassistenz“ befassen. Berlin, den 04. Dezember 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. Dez. 2013)