Drucksache 17 / 12 847 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Lars Oberg (SPD) vom 01. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. November 2013) und Antwort Beratungen zu Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Identität Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Fällen haben sich Menschen wegen Fällen von Gewalt und/oder Diskriminierung aufgrund des Merkmals sexuelle Identität seit 2010 an die Landes- antidiskriminierungsstelle bzw. deren Kooperationspart- ner gewandt, um sich beraten zu lassen (bitte jeweils für 2010, 2011 und 2012 auflisten)? 3. In wie vielen Fällen wurden die Ratsuchenden we- gen Diskriminierung aufgrund des Merkmals sexuelle Identität seit 2010 jeweils an diese weiteren Träger, mit denen eine Kooperation besteht, vermittelt (bitte Auflis- tung über Vermittlung nach Trägern getrennt jeweils für 2010, 2011 und 2012)? Zu 1. und 3.: Die Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) führt selbst keine Bera- tungen durch, sondern vermittelt zu kompetenten Bera- tungsstellen weiter. Dies betrifft alle Diskriminierungs- merkmale. Die LADS arbeitet mit insgesamt acht Bera- tungsstellen, Initiativen und Vereinen in einem Bera- tungsnetzwerk zusammen, das sie seit ihrer Implementie- rung 2007 aufgebaut hat. Seit November 2012 kann für jedes Diskriminierungsmerkmal an entsprechend qualifi- zierte Stellen weitervermittelt werden. Ziel ist, insbeson- dere die Beratung bei Fällen von Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in den Berei- chen Arbeit und Beruf sowie bei Dienstleitungen sicher zu stellen. Für das Diskriminierungsmerkmal „Sexuelle Identität“ haben sich im Jahr 2008 insgesamt vier Projekte bzw. Träger zum „Berliner Netzwerk Lesben, Schwule, Transgender für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung“ zusammengeschlossen. Zur Koordination des Netzwerks wurde das Projekt „StandUp – Beratung und Unterstützung im Diskriminierungsfall“ bei dem Träger Schwulenberatung Berlin gGmbH, eine Beratungs- und Koordinie- rungsstelle für Fälle von Diskriminierung auf Grund der sexuellen Identität sowie zur Dokumentation von Diskri- minierungsfällen, als zuwendungsgefördertes Projekt etabliert. Neben der direkten Vermittlung an die beteiligten Be- ratungsstellen im Netzwerk durch die LADS werden Beratungsanfragen auch direkt an das Koordinierungspro- jekt „StandUp“ weitervermittelt. Tabelle1: Eingang Beratungsanfragen wegen Sexueller Identität bei der LADS 2010 Noch keine Statistik 2011 20 2012 24 Tabelle 2: Beratungsanfragen, die von der LADS an das Netzwerk weitergeleitet wurden Projekt 2010 2011 2012 StandUp/Koordin. Noch keine Statistik 3 6 Sonntags-Club 1 - LesMigras 1 2 BLSB des LSVD 4 5 gesamt 9 12 Tabelle 3: Eingang Beratungsfälle bei den beteiligten Netzwerkprojekten Projekt 2010 2011 2012 StandUp/Koordin. 56 70 81 Sonntags-Club Insgesamt 74 in allen beteiligten Projekten. Die Vertei- lung wurde in diesem Jahr noch nicht spezifisch erhoben. 21 20 LesMigras 51 35 BLSB des LSVD 11 10 gesamt 130 153 146 Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 847 2 2. Auf Grundlage welcher Kriterien und in welchem Verfahren wurde die Auswahl der Beratungsträger StandUp (Antidiskriminierungsprojekt der Schwulenbera- tung Berlin), LesMigraS (Antidiskriminierungs- und Antigewaltprojekt der Lesbenberatung Berlin e.V.), Les- ben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg e.V. und Sonntagsclub e.V. getroffen? 5. Wie wurde der zusätzliche Aufwand der jeweiligen Träger ermittelt und vergütet? Zu 2. und 5.: Im Jahr 2008 wurde innerhalb des Zu- wendungstitels für Projekte gleichgeschlechtlicher Le- bensweisen (0900/ 64806) der Schwerpunkt „Antidiskriminierungsberatung nach dem Allgemeinen Gleichbe- handlungsgesetz (AGG)“ aufgenommen. Dies war durch eine Verstärkung des Titels möglich, die u.a. begründet war durch eine zunehmende Nachfrage, auch im Zusam- menhang des AGG und der Einrichtung der Landesanti- diskriminierungsstelle des Senats. Ein Träger (Schwulen- beratung gGmbH) stellte aus Eigeninitiative einen Zu- wendungsantrag zum Aufbau der Diskriminierungsbera- tung in Fällen von Diskriminierung auf Grund der sexuel- len Identität. Teil des Konzepts war es, die Antidiskrimi- nierungsberatung in der Beratungsstelle StandUp zu ko- ordinieren. Mit der Anbindung an die Schwulenberatung war zu erwarten, dass hier insbesondere schwule Männer erreicht werden. Weitere Träger, die bereits mit den Ziel- gruppen Lesben, transgeschlechtliche Menschen und Regenbogenfamilien arbeiteten, sollten einbezogen wer- den. Drei Träger, die Lesbenberatung Berlin e.V., der Sonntags-Club e.V. sowie das Bildungs- und Sozialwerk e.V. (BLSB) des Lesben- und Schwulenverbands in Ber- lin Brandenburg e.V. (LSVD), stellten für 2008 Verstär- kungsanträge, um die zusätzliche AGG-Beratung zu ge- währleisten. Nach fachlicher Prüfung durch die LADS wurden die Anträge bewilligt. Für die Koordinierungs- und Anlaufstelle AGG-Beratung bei StandUp beläuft sich die Höhe der Zuwendungen auf 26.000 € im Haushaltsjahr , für die Durchführung der Beratung für spezielle Zielgruppen und Mitarbeit im Netzwerk auf jährlich je- weils 4.000 € für die Lesbenberatung im Projekt LesMigras , den Sonntags-Club sowie das Bildungs- und Sozial- werk des LSVD. 4. Wie und durch wen werden die eingehenden Bera- tungsanfragen koordiniert? Zu 4.: Die bei der LADS eingehenden Beratungsan- fragen werden von der Geschäftsstelle aufgenommen und in der Regel mit den notwendigen Informationen zur Weitervermittlung beantwortet. Hierzu werden anlassbe- zogen auch die für die jeweiligen Diskriminierungsmerk- male zuständigen Fachreferentinnen und Fachreferenten hinzugezogen. Bei dem Projekt „StandUp“ werden die eingehenden Beratungsanfragen durch den hierfür angestellten Mitar- beitenden koordiniert sowie die Beratungen und das an- fallende Casemanagement durchgeführt. 6. Wieso besteht keine Kooperation der Landesanti- diskriminierungsstelle mit dem schwulen Anti-Gewalt- Projekt MANEO, obwohl MANEO seit 1990 Beratungs- arbeit und Opferhilfe bei Gewalt- und Diskriminierungs- erfahrungen aufgrund der sexuellen Identität leistet? Zu 6.: Die für den Fachbereich für gleichgeschlechtli- che Lebensweisen zuständige Senatsverwaltung fördert das Antigewaltprojekt Maneo (vormals Schwules Über- falltelefon) des Trägers Mann-O-Meter seit 1990 als Zu- wendungsempfänger. Ebenso findet eine fachliche Zu- sammenarbeit seit mehr als 23 Jahren statt, u.a. bei der Durchführung von Fachtagungen, Veröffentlichungen, fachlichen Kooperationen mit dem Fokus „Gewalt und strafrechtsrelevante Diskriminierung“ auf Grund der sexuellen Identität. 7. In wie vielen Fällen war Maneo in den Jahren 2010, 2011 und 2012 jeweils beratend tätig in Fällen von Gewalt und/oder Diskriminierung aufgrund des Merkmals sexuelle Identität? Zu 7.: Grundlagen für die Zahlenangaben sind der öf- fentlich zugängliche „Maneo-Report“ sowie die Sachberichte , die zuwendungsgeförderte Projekte im Zusam- menhang mit der Verwendungsnachweisprüfung bei den zuwendungsgebenden Stellen jährlich einreichen. Das Antigewaltprojekt Maneo gibt hierzu Gesamtzahlen an. Insofern kann in der Darstellung nicht unterschieden werden, in wie vielen Fällen strafrechtlich relevante, homophob motivierte Gewalt oder erlebte Diskriminie- rung aufgrund der sexuellen Identität Anlass für die Bera- tungskontakte im Zusammenhang mit Opferhilfe war. Tabelle 4: Beratungskontakte Maneo 2010 2011 2012 Beratungskontakte im Kontext der Opferhilfe per Telefon, per Fax, E-Mail bzw. in den Projekträumen 394 365 370 8. Aus welchem Grund wird MANEO auf der Websi- te der Landesantidiskriminierungsstelle unter den Berliner Antidiskrimierungsberatungsstellen für Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie trans- und intergeschlechtliche Personen nicht aufgeführt? Zu 8.: Auf der Internetseite der LADS ist unter „Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung“ sowie unter „Hier finden Sie den Link zu den LSBTI-Organisationen, die Sie bei erlebter Diskriminierung mit einem konkreten Beratungsangebot unterstützen können“ das „Berliner Netzwerk Lesben, Schwule, Transgender für Gleichbe- handlung – gegen Diskriminierung“ mit den o.g. beteiligten Projekten aufgeführt. Im Beratungsführer der Landes- stelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) sind neben den Anlaufstellen für AGG-relevante Diskriminierungsfälle auch Beratungsstellen für Gewalt- opfer wie Maneo und sonstige Beratungseinrichtungen wie die Ansprechpersonen der Berliner Polizei für gleich- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 847 3 geschlechtliche Lebensweisen aufgeführt. Zu den Treffen des AGG-Beratungsnetzes werden diese Kooperations- partner regelmäßig eingeladen. Siehe auch den Beratungsführer bei Diskriminierung unter http://www.berlin.de/imperia/md/content/lb_ads/materiali en/beratungsstellen_bei_diskriminrung_02_2013_bf.pdf?s tart&ts=1360235207&file=beratungsstellen_bei_diskrimi nierung_02_2013_bf.pdf, S. 151 ff). Berlin, den 12. Dezember 2013 In Vertretung Barbara L o t h ________________________ Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Dez. 2013)