Drucksache 17 / 12 859 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Martin Delius (PIRATEN) vom 14. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. November 2013) und Antwort PKB-Kräfte und Quereinsteiger/-innen an Berliner Schulen: Noch so eine „Erfolgsgeschichte“? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Einer Reihe von Presseberichten können wir ent- nehmen, dass PKB-Lehrkräfte und Quereinsteiger/-innen an Berliner Schulen von der Senatsverwaltung befristete Arbeitsverträge erhalten, die regelmäßig zu den Sommer- ferien in die Arbeitslosigkeit führen. Nach den Sommerfe- rien erhalten sie neue Verträge. Die Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus hat zu diesen Kettenverträgen bereits am 16.05.2013 eine Mündliche Anfrage im Plenum ge- stellt. Senatorin Frau Scheeres gab uns die Antwort, es handle sich um "unterschiedliche Verträge". Das sei "von Fall zu Fall unterschiedlich". Wie viele Verträge wurden im Schuljahr 2013/2014 insgesamt geschlossen (bitte nach Quereinsteiger/-innen und PKB-Kräften aufschlüs- seln)? a) Wie hat sich die Anzahl der Verträge seit der Ein- führung der Personalkostenbudgetierung im Schuljahr 2007/2008 entwickelt? b) Insofern der Senat hierzu keine Zahlen vorweisen kann: Warum führt der Senat zu PKB-Kräften und Quer- einsteiger/-innen keine Statistik? Zu 1.: Seit Beginn des Schuljahres 2013/14 liegen bis zum Stichtag 18.11.2013 1.173 PKB-Verträge vor. Im gleichen Zeitraum wurden bisher 181 Quereinstei- gerinnen und Quereinsteiger beschäftigt. Für das Schuljahr 2012/2013 lagen hier insgesamt 3.057 Verträge zu PKB-Beschäftigten vor. In Bezug auf die Zeiträume vor 2012 können die Da- ten in Bezug auf die Anzahl der Arbeitsverträge zur Per- sonalkostenbudgetierung (PKB) nur in Bezug auf Haus- haltsjahre rekonstruiert werden. Ich weise allerdings darauf hin, dass bei diesen Daten jede - auch kurzfristige - Verlängerung als gesonderter Vertrag gezählt wird. Haushalts- PKB-Vertretungsverträge jahr 2007 1495 2008 3731 2009 4296 2010 4336 2011 4056 2. Kann die Senatsverwaltung für Bildung die Auffas- sung bestätigen, dass das Land Berlin PKB-Kräften und Quereinsteiger/-innen an Berliner Schulen bisher keine Chance auf eine dauerhafte Anstellung gewährt? a) Wenn ja, welche rechtlichen Grundlagen liegen die- ser fehlenden Zukunftsperspektive zugrunde? b) Wenn ja, was konkret wird der Senat – hinsichtlich des Fachkräftemangels an Berliner Schulen - in Zukunft unternehmen, um bisher befristet eingestellte PKB-Kräfte und Quereinsteiger/-innen die Möglichkeit einer dauer- haften Anstellung zu gewähren? c) Wenn nein, welche Möglichkeiten haben PKB- Kräfte und Quereinsteiger/-innen, um ihre befristeten Verträge in dauerhafte Verträge umzuwandeln? d) Bei welchen Betroffenen mit welchen Vorausset- zungen werden Ausnahmen zugelassen? e) Wie bewertet der Senat diese Auffassung? Zu 2.: Nein. Sog. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger werden für Unterrichtsfächer mit dringendem Bedarf mit dem Ziel einer dauerhaften Beschäftigung angestellt. Dabei können Personen, die nicht über eine herkömm- liche Ausbildung als Lehrkraft verfügen, aber einen uni- versitären Abschluss nachweisen, der einem Unterrichts- fach mit besonderem Bedarf zugeordnet und aus deren universitärem Abschluss ferner ein zweites Unterrichts- fach abgeleitet werden kann, nach § 9, Absätze 4 und 5, Lehrerbildungsgesetz (LBiG), in den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst aufgenommen werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 859 2 Personen, die ein lehramtsbezogenes, Erstes Staats- examen oder einen Masterabschluss nachweisen, können für Unterrichtsfächer mit dringendem Bedarf auch nach § 9, Absätze 4 und 5, Lehrerbildungsgesetz (LBiG), ange- stellt werden. Nach erfolgreichem Abschluss des berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes mit der Zweiten Staatsprüfung läuft der Arbeitsvertrag dann unbefristet fort. Sog. PKB-Kräfte sind im Unterricht für konkrete Ver- tretungssituationen eingesetzt und haben deshalb von vorn herein befristete Verträge. Sie fallen somit nicht unter die o. g. Regelungen nach § 9, Absätze 4 und 5, Lehrerbil- dungsgesetz (LBiG). Die aufgrund der Regelungen des Lehrerbildungsge- setzes beschriebene Verfahrensweise trägt zur Sicherstel- lung einer qualifizierten Lehrkräfteausbildung bei. 3. Kann der Senat bestätigen, dass PKB-Beschäftigte und Quereinsteiger/-innen, deren Verträge vor den Som- merferien auslaufen, die Bezahlung für die Ferien im Nachhinein geltend machen können, wenn sie zu Beginn des neuen Schuljahres einen weiteren befristeten Vertrag abschließen? a) Müssen sie dazu tatsächlich zunächst das zuständi- ge JobCenter aufsuchen? b) Müssen sie das von dort erhaltene Geld dann später wieder zurückzahlen? Zu 3.: Der Anspruch auf Bezahlung der Sommerferien kann selbstverständlich geltend gemacht werden und wird bei Erfüllung der entsprechenden arbeitsrechtlichen Vo- raussetzungen schnellstmöglich sichergestellt. Dieser Anspruch wird bei der jeweils zuständigen Per- sonalstelle geltend gemacht, da es sich um einen arbeits- rechtlichen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber han- delt. In der Regel gehen die Anträge der Beschäftigten erst in den Sommerferien ein, so dass erst dann eine Bearbei- tung erfolgen kann. Beziehen die Beschäftigten für den Zeitraum der Sommerferien Leistungen vom Job-Center, so werden die Zahlungen des Arbeitgebers auf Entgelt für diesen Zeitraum auf die Leistungen des Job-Centers ange- rechnet. Das kann dazu führen, dass die Beschäftigten die vom Job-Center erhaltenen Leistungen zurückzahlen müssen. 4. Die Schulen erhalten zurzeit ein Vertretungsbudget von 3% ihrer Personalausstattung. Die Schulen planen daher mit 40 Stunden pro Vertretung und pro Jahr. Hält der Senat dieses Budget pro Schule für ausreichend? a) Wenn ja, warum ? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 4.: Die Mittel der Personalkostenbudgetierung wa- ren und sind vollständig auskömmlich für die Absiche- rung von Vertretungsunterricht bei kurzfristigem Bedarf. Für die Abgeltung von Ansprüchen auf Zahlung von Entgelt während der Ferienzeiträume (inklusive Sommer- ferien) stehen selbstverständlich die entsprechenden Haushaltsansätze zur Verfügung. 5. Plant der Senat dieses Budget in Zukunft zu erhö- hen oder gar zu senken? a) Wenn ja, ab wann? b) Wenn nein, warum nicht? Zu 5.: Vertretungsmittel für den anerkannten Unter- richtsbedarf stehen nach dem Entwurf des Haushaltsplans auch für die Haushaltsjahre 2014 und 2015 auskömmlich zur Verfügung. 6. Wie bewertet der Senat die häufig geäußerte Kritik der vermehrte Einsatz von nicht qualifizierten PKB- Kräften und Quereinsteiger/-innen führe zu einem Ver- lust der Unterrichts- und Schulqualität? Zu 6.: Auch im Rahmen der Personalkostenbudgetie- rung sind in großer Anzahl Lehrkräfte mit der vollen Lehrbefähigung beschäftigt. Grundsätzlich erfolgt der Einsatz von Lehrkräften ohne volle Lehrbefähigung nur dann, wenn Bewerberinnen und Bewerber mit der vollen Lehrbefähigung nicht (mehr) zur Verfügung stehen. Bei jedem Einsatz von Lehrkräften ohne volle Lehrbe- fähigung ist die Schulleitung angehalten, die individuelle Eignung für die Tätigkeit regelmäßig zu evaluieren. Sofern eine Eignung nicht besteht, wird das bestehen- de Beschäftigungsverhältnis nicht verlängert bzw. ggf. sogar beendet. 7. Inwiefern unterscheiden sich die Aufgaben der PKB-Kräfte und Quereinsteiger/-innen von den Aufga- ben der Lehrkräfte gemäß § 67 SchulG? a) Wo sind die Aufgaben der PKB-Kräfte und Quer- einsteiger/-innen an Berliner Schulen gesetzlich geregelt? Zu 7.: Die Aufgaben von Lehrkräften sind im Schul- gesetz für das Land Berlin (§ 67 Schulgesetz – SchulG) zusammenfassend benannt, eine rechtliche Unterschei- dung zwischen (Vertretungs-)Lehrkräften und sog. Quer- einsteigerinnen und Quereinsteigern liegt nicht vor. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer am berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst ist zusätzlich der Umfang der Aus- bildungsverpflichtungen im § 6 der Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung vom 28. Oktober 2011 geregelt. 8. Wie bewertet der Senat Forderungen, dass alle PKB-Kräfte und Quereinsteiger/-innen, die nach dem Auslaufen ihrer Verträge weiter dauerhaft als Lehrkräfte arbeiten wollen, sich berufsqualifizierend weiterbil-den können dürfen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 859 3 a) Wie bewertet der Senat die Forderung, dass und nach jahrelanger Lehrerfahrung PKB-Kräfte und Querein- steiger/-innen automatisch von der Schule übernommen werden können? b) Wie bewertet der Senat diese Forderungen ange- sichts des Fachkräftemangels an Berliner Schulen? 9. Wie bewertet der Senat den Vorschlag, den § 12 des Lehrerbildungsgesetzes dahingehend zu ändern, dass PKB-Kräfte, die mind. ein Schuljahr an einer Schule beschäftigt waren, im berufsbegleitenden Vorbereitungs- dienst aufgenommen werden können? Zu 8. und 9.: Für sog. Quereinsteigerinnen und Quer- einsteiger ist die Verfahrensweise für den Einstieg in den Lehrkräfteberuf unter 2. dargestellt worden. Personen, die nach dem Auslaufen ihres PKB- Vertrages eine dauerhafte Tätigkeit als Lehrkraft anstre- ben, die Voraussetzungen aber nicht erfüllen, können sich entweder an einer lehrerausbildenden Universität ein- schreiben, um dort die erste Phase der Lehrkräfte- ausbildung zu ergänzen bzw. abzuschließen oder sich, wenn der Besuch der ersten Phase erfolgreich abgeschlos- sen ist, um einen Ausbildungsplatz im Vorbereitungs- dienst bewerben. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die erste Phase der Lehrerausbildung universitär erfolgen muss, um die bun- desweite Anerkennung der Lehrkräfte nicht zu gefährden. Eine automatische Übernahme von Lehrkräften mit jahrelangem Einsatz im Rahmen der Personalkosten- budgetierung ist aus den dargestellten Rechtsgründen nicht vorgesehen. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wis- senschaft vertritt auch weiterhin den Grundsatz, dass die Beschäftigung von Lehrkräften mit der vollen Lehrbefä- higung die Regel bleiben muss und nur in sehr begründe- ten Ausnahmefällen hiervon abgewichen werden sollte. Insofern wird hier auch keine Veranlassung gesehen, die bisherigen Standards im Zugang zum berufsbegleiten- den Vorbereitungsdienst zugunsten einer rein praxisorien- tierten Betrachtung zu verlassen. 10. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen, welche Referate, welche Ämter in welchen Bezirken und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung die- ser Kleinen Anfrage beteiligt? 11. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 10. und 11.: Zuständig für die Bearbeitung ist der Senat, vertreten durch die federführende Senatsverwal- tung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, den 04. Dezember 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Dez. 2013)