Drucksache 17 / 12 884 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Herrmann (GRÜNE) vom 21. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. November 2013) und Antwort „Frei.Wild“ Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse hat der Berliner Senat über die Deutschrock-Band "Frei.Wild"? Zu 1.: Bei der Musikgruppe „Frei.Wild“ handelt es sich um eine im Jahre 2001 gegründete so genannte Deutschrock-Band aus Brixen in Südtirol (Italien). Im Rahmen der jährlichen Deutschen Musikpreisver- leihung „Echo“ am 21. März 2013 in Berlin war die Band „Frei.Wild“ in der Kategorie „Rock/Alternative National“ für einen Preis nominiert. Allerdings wurde die Band nachträglich von der Nominierungsliste wegen des Vor- wurfs, sie verbreite in ihren Texten rechtes Gedankengut, wieder gestrichen. Anhängerinnen und Anhänger der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) demonstrierten an dem Abend der „Echo“-Verleihung gegen diesen Ausschluss störungsfrei. Die Band „Frei.Wild“ nahm dies zum Anlass, ihrerseits eine angemeldete Gegendemonstration gegen die Kundgebung der NPD durchzuführen. Im Rahmen dessen distanzierte sich die Band sowohl vom Rechts- als auch Linksextremismus und verteilte T-Shirts mit der Auf- schrift „Gegen Rassismus“. 2. Wie viele Veranstaltungen/Konzerte hat die Band "Frei.Wild" im Jahr 2012 und 2013 in Berlin gegeben (bitte Angabe von Ort und TeilnehmerInnenzahl)? Wie viele und welche Konzerte davon fanden in öffentlichen Räumlichkeiten oder öffentlich geförderten Einrichtungen statt? Sind Konzerte für das Jahr 2014 geplant? Wenn ja, bitte mit Datum und Veranstaltungsort aufführen. Zu 2.: Durch den Berliner Senat werden zu den Auf- tritten der Musikgruppe „Frei.Wild“ keine Statistiken geführt. Die Band gastierte am 23. November 2012 im Rah- men ihrer „Feinde deiner Feinde Tour“ sowie im Rahmen ihrer „Still – Akustik – Tour“ am 21. November 2013 im Berliner Velodrom, Paul-Heyse-Str. 26 in 10407 Berlin. Für das Jahr 2014 liegen dem Senat keine Erkenntnis- se über Planungen der Gruppe vor, in Berlin aufzutreten. 3. Ist es auf Veranstaltungen mit oder Konzerten von "Frei.Wild" zu Straftaten gekommen? Wenn ja, welche genau (bitte auflisten)? Zu 3.: Zu den beiden oben genannten Auftritten in den Jahren 2012 und 2013 liegen Strafanzeigen wegen Kör- perverletzung (insgesamt vier), wegen Taschendiebstahls (insgesamt elf) und wegen Diebstahls (insgesamt eine) vor. Keine der Strafanzeigen hat einen Bezug zur Poli- tisch Motivierten Kriminalität. 4. Schätzt der Senat die Band "Frei.Wild" als poli- tisch ein und wenn ja, kann sie seiner Einschätzung nach einem rechten Umfeld zugeordnet werden? (bitte mit eingehender Begründung) Zu 4.: Mit Ausnahme der Demonstration der NPD zu der Ausladung von „Frei.Wild“ von der „Echo“-Verleihung wird bzw. wurde die Gruppe „Frei.Wild“ bei Berliner Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten nicht thematisiert. Es gibt auch keine Erkenntnisse über besondere Vorlieben von Berliner Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten für diese Band. Auf rechtsextre- mistischen Veranstaltungen in Berlin oder dem Berliner Umland ist „Frei.Wild“ nicht aufgetreten. 5. Welche Kenntnisse hat der Senat über Verbindun- gen der Band in die rechtsextreme Szene? Welche Kennt- nisse hat der Senat zu bestehenden oder ehemaligen Ver- bindungen in die rechtsextreme Szene des Sängers Philipp Burger? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 884 2 Zu 5.: Es liegen keine Erkenntnisse über Kontakte zwischen den Bandmitgliedern und Berliner Rechtsext- remistinnen und Rechtsextremisten vor. 6. Wie bewertet der Berliner Senat die Texte der Band "Frei.Wild", insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien? a) Hat der Senat für einzelne Lieder bereits eine Indi- zierung beantragt? • Falls ja, für welche Lieder aus welchem Grund und wie ist der Bearbeitungsstand? • Falls nein, erwägt der Senat einen entsprechenden Antrag und ggf. für welche Lieder aus welchem Grund? b) Aus welchen Gründen sieht der Senat ggf. von ei- nem Antrag auf Indizierung ab? Wenn bei folgen- den Liedern von Anträgen auf Indizierung abgese- hen wird, bitte begründen: • „Feinde Deiner Feinde“ • „Gutmenschen und Moralapostel“ • „Wir reiten in den Untergang“ • „Nennt es Zufall, nennt es Plan“ • „Unterwegs“ • „Mein Leben, meine Geschichte, meine Lehre“ • „Rache muss sein“ Zu 6.: Die Entscheidung über eine Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Medien durch die Bundesprüf- stelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) setzt gemäß § 21 Absatz 1 und 4 Jugendschutzgesetz (JuSchG) entwe- der einen Antrag einer vom Gesetz dazu besonders er- mächtigten Stelle oder eine Anregung einer anderen Be- hörde bzw. eines anerkannten Trägers der freien Jugend- hilfe voraus. Eine Antragsberechtigung besitzen in Deutschland rund 800 Stellen. Die Zahl der Anregungsbe- rechtigten umfasst mehrere tausend Stellen. Nach Kennt- nis des Senats sind bei der BPjM bis Mitte November 2013 keine Anträge bzw. Anregungen auf Indizierung von Tonträgern oder Texten der Gruppe „Frei.Wild“ eingegangen . a) Der Senat hat keinen Antrag auf Indizierung einzel- ner Lieder der Band „Frei.Wild“ bei der BPjM gestellt und erwägt dies auch nicht. b) Aufgrund einer Mitte November 2013 an alle Län- der gerichteten Anfrage, die sich auf die Texte der in der Frage aufgeführten Lieder bezog, hat eine Verständigung unter den Jugendschutzreferentinnen und Jugendschutzre- ferenten der Länder, von denen einige langjährige Beisit- zerinnen bzw. Beisitzer der BPjM sind, stattgefunden. Danach sind die Beteiligten zu der gleichlautenden Auf- fassung gelangt, dass die Texte unter Beachtung der Spruchpraxis der BPjM sowie der Rechtsprechung nicht genügend Anhaltspunkte für eine mögliche Jugendge- fährdung und damit für eine Indizierung bieten. Lediglich für das Lied „Rache muss sein“ (Erstveröffentlichung im Jahr 2002) war zu prüfen, ob es unter dem Gesichtspunkt der Verrohung indizierungsrelevante Inhal- te haben kann. Dem Senat ist bekannt, dass das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit – als eine der antragsberechtigten Stellen – daraufhin einen Antrag auf Indizierung dieses Textes gestellt hatte. Der Antrag bezog sich auf den Internetauftritt der Band, auf dem der Songtext abrufbar war, sowie auf ein Video zum Song auf YouTube. Die Band „Frei.Wild“ hat daraufhin der BPjM mitgeteilt, dass beide Internetangebote entfernt wurden, so dass das Verfahren bei der BPjM eingestellt werden musste. Nach Informationen des Senats von Berlin beabsich- tigt das Thüringer Jugendministerium nun, einen Tonträ- ger, auf dem das Lied „Rache muss sein“ enthalten ist, zu erwerben und bezogen darauf erneut einen Antrag bei der BPjM zu stellen. Da somit die Einleitung eines Verfah- rens bei der BPjM sichergestellt ist, ist ein eigener Antrag des Senats von Berlin nicht erforderlich. Berlin, den 18. Dezember 2013 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jan. 2014)