Drucksache 17 / 12 903 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (GRÜNE) vom 25. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 27. November 2013) und Antwort Ökologische Müllgebühren in Berlin? (I) Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Kleine Anfrage betrifft Sachverhalte, die der Se- nat nicht ausschließlich aus eigener Zuständigkeit und Kenntnis beantworten kann. Er ist gleichwohl bemüht, Ihnen ein Antwort auf Ihre Anfrage zukommen zu lassen und hat daher auch die Berliner Stadtreinigungsbetrieb (BSR) um Stellungnahme gebeten, die von dort in eigener Verantwortung erstellt und dem Senat übermittelt wurde. Diese ist in die Beantwortung der Fragen eingegangen. Frage 1: Welche konkreten Schritte hat der Senat un- ternommen, um den im Abfallwirtschaftskonzept (AWK) für das Jahr 2013 angekündigten Ausbau abfallverwer- tungsfördernder Abfalltarife umzusetzen? Welche weite- ren Schritte sind geplant? Antwort zu 1:Mit Einführung der entgeltfreien Wert- stofftonne ab Januar 2013 haben die Berlinerinnen und Berliner die Möglichkeit, Verpackungen und sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen in einer Tonne entgeltfrei zu entsorgen. Damit wurde eine weitere Möglichkeit geschaffen, die Getrenntsammlung von Abfällen in Berlin weiter zu fördern. Die BSR testet darüber hinaus aktuell weitere Ange- bote zur entgeltfreien haushaltsnahen Getrenntsammlung von Elektrokleingeräten und Alttextilien. Die Nutzung dieser Möglichkeiten trägt dazu bei, die Restabfallmengen weiter zu reduzieren und dadurch auch Kosten zu sparen. Frage 2: Wann will der Senat die im Abfallwirtschaft- konzept für 2013 geplante Entgeltfreistellung der Bioton- ne umsetzen? Antwort zu 2: Mit Einführung der neuen Tarifstruktur in der Abfallwirtschaft der BSR ab der Tarifperiode 2015/2016 werden die aktuellen Entleerungsgebühren für die Biotonne nochmal um ca. 20 % gesenkt. Der Entlee- rungstarif für eine Biotonne wird dann je nach Behälter- größe um ca. 50-70 % unter dem Entleerungstarif für eine vergleichbare Hausmülltonne liegen und bietet damit einen sehr hohen Anreiz zur Nutzung. Mit der Einführung der neuen Tarifstruktur ab der Ta- rifperiode 2015/2016 wird die Grundlage geschaffen, um ggf. in den Folgeperioden den Tarif für die Biotonne weiter zu verändern. Neben der Steigerung der getrennt gesammelten Bio- abfallmengen muss das Ziel auch weiterhin die Beibehal- tung einer hohen Qualität der gesammelten Bioabfall- mengen sein, um die Verwertungsschritte der Vergärung und anschließenden stofflichen Verwertung als Kompost nicht zu gefährden. Dieses Ziel würde aus Sicht der BSR durch eine vollständig entgeltfreie Biotonne konterkariert, da kostenmotivierte Fehlbefüllungen zu erwarten wären. Zur Förderung der Nutzung der Biotonne werden weitere Schritte in Richtung Komforterhöhung geprüft. Frage 3: Welche Kenntnisse liegen dem Berliner Senat bezüglich der genaueren Ausgestaltung der ab 2015 ge- planten Tarifstruktur der BSR vor? Bis zu welchem Ter- min ist mit einer endgültigen Kalkulation und Festsetzung der neuen Tarife zu rechnen? Antwort zu 3: Die neue Tarifstruktur wurde im Auf- sichtsrat der BSR detailliert vorgestellt und verabschiedet. Die neuen Tarife für die Tarifperiode 2015/2016 werden nach erfolgter Wirtschaftsplanung im Aufsichtsrat der BSR voraussichtlich im Oktober 2014 verabschiedet. Nach Prüfung durch die für die Tarifprüfung zuständige Genehmigungsbehörde werden die neuen Tarife rechtzei- tig vor Beginn der neuen Tarifperiode durch die BSR veröffentlicht. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 903 2 Frage 4: Unterstützt der Berliner Senat das Vorhaben der BSR, eine Müll-Grundgebühr, genannt „Öko-Tarif“ einzuführen? Wenn ja, inwiefern steht diese mengenun- abhängige Gebühr mit den Zielen des AWK im Einklang, die eine abfallverwertungs- und vermeidungsfördernde Tarifstruktur vorgeben sowie mit der im KrWG im Rah- men der Abfallhierarchie festgeschriebenen Prioritäten der Abfallvermeidung? Antwort zu 4: Mit dem Ökotarif wird ein entleerungs- und behälterunabhängiger Grundpreis zur anteiligen Refi- nanzierung von Fixkosten geschaffen. Damit kann die Finanzierung der Getrenntsammelangebote der BSR (RC- Höfe, Sperrmüllabfuhr, BioGut-Tonne, Weihnachtsbaum- abfuhr, Wertstofftonne etc.), die ausnahmslos zur Erhö- hung des Anreizes zur Nutzung restfinanziert sind, weit- gehend unabhängig von den Entleerungsgebühren für die Hausmülltonne sichergestellt werden. Das ist im Sinne der Ziele des Abfallwirtschaftskonzepts (AWK), da damit die Grundlage geschaffen wird für die Sicherung und den weiteren Ausbau der Getrenntsammelangebote, die bei der BSR z.T. bereits in Planung sind (z.B. E-Schrott). Erfahrungen aus anderen Kommunen zeigen, dass Ta- rifsysteme keinen Einfluss auf die produzierten Abfall- mengen haben, sondern lediglich Anreize zur Abfalltren- nung setzen können. Abfallvermeidung muss vielmehr bei den Produktproduzenten ansetzen sowie beim Konsum- verhalten der Bürgerinnen und Bürger. Frage 5: Wie werden weitere finanzielle Anreize zur Abfallvermeidung und Getrenntsammlung im Sinne des AWK geschaffen? Antwort zu 5: Das neue Tarifsystem der BSR schafft klare Anreize zur Getrenntsammlung. Während die Ent- leerung der Hausmülltonne weiterhin kostendeckend kalkuliert wird, werden alle Getrenntsammelangebote mit Hilfe des Ökotarifs entweder entgeltfrei (RC-Höfe, Wert- stofftonne, Weihnachtsbaumabfuhr etc.) oder zu sehr attraktiven Preisen (Sperrmüll, BioGut-Tonne etc.) ange- boten. Wer die Getrenntsammelangebote nutzt, kann also durch entsprechende Einsparung von Hausmüllvolumen Kosten einsparen. Diejenigen, die noch keine intensive Getrenntsammlung betreiben, werden mit dem Ökotarif stimuliert, die Angebote, für die sie einen finanziellen Beitrag leisten, auch stärker zu nutzen. Frage 6: Erkennt der Senat eine zusätzliche ökologi- sche Wirkung des neuen Tarifsystems? Werden neue zusätzliche ökologische Maßnahmen durch den „ÖkoTarif “ ermöglicht, die über die bisherigen Planungen der BSR / die Vorgaben von Abfallwirtschaftskonzept und – plan hinausgehen? Antwort zu 6: Mit der Einführung des neuen Tarifsys- tems wird die Grundlage für den weiteren Ausbau der Getrenntsammlung in Berlin geschaffen. Die integrierte Wertstofftonne ist in Berlin als eine der ersten Kommu- nen in Deutschland bereits eingeführt. Weitere Getrennt- sammelangebote, wie die haushaltsnahe Sammlung von E-Schrott werden derzeit durch die BSR getestet und werden bei Erfolg evtl. zukünftig als Standardprodukt angeboten. Frage 7: Wie will der Senat die angekündigte Ände- rung der Abfallgebührenstruktur auf ihre Wirkung zu Abfallvermeidung und Recyclingquote auswerten? Antwort zu 7: Die BSR stellt im Rahmen der jährli- chen Entsorgungsbilanz die Mengenangaben für alle relevanten Abfallströme zur Verfügung. Damit ist eine Auswertung der Recyclingquoten möglich. Zur Rolle eines Tarifsystems in Bezug auf die Abfallvermeidung wurde bereits unter Punkt 4 ausgeführt. Frage 8: Nach welchen Kriterien werden die Abfall- gebühren für Berliner Unternehmen künftig berechnet (nach Betriebsgröße, Abfallmenge)? Antwort zu 8: Die Entsorgung gewerblicher Sied- lungsabfälle zur Beseitigung erfolgt auch künftig auf der Grundlage individuell kalkulierter und vereinbarter Ent- gelte. Frage 9: Welche Auswirkungen wird die Einführung einer Müll-Grundgebühr auf die Eigenbetriebe sowie die verschiedenen städtischen und staatlichen Gesellschaften haben? a) Welche geschätzten jährlichen Mehrkosten werden den Berliner Kliniken entstehen? b) Welche geschätzten jährlichen Mehrkosten werden den Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten sowie den Universitäten in Berlin entstehen? Antwort zu 9: Durch die Einführung eines Öko-Tarifs ändert sich die Gesamthöhe der Kosten der Abfallwirt- schaft der BSR, die über Tarife zu refinanzieren ist nicht. Es handelt sich lediglich um eine andere, aus Sicht der BSR verursachungsgerechtere und zukunftsorientiertere Verteilung der Kosten. Die Veränderungen, die sich für einzelne Kundinnen und Kunden aus der Änderung des Tarifmodells ergeben, hängen von der individuellen Ent- sorgungssituation vor Ort ab. Dabei kann es in den ein- zelnen Konstellationen sowohl zu geringfügigen Ent- oder Belastungen kommen. Die Erhebung des Öko-Tarifs geht einher mit einer deutlichen Absenkung von ca. 20 % der Entleerungsgebühren für die Hausmülltonne und die Bio- tonne. Es sind deshalb keine signifikanten Mehrkosten für die genannten Gruppen aufgrund der Einführung des Öko-Tarifs zu erwarten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 903 3 Frage 10: Geht der Senat davon aus, dass den Berliner Unternehmen durch eine Müll-Grundgebühr Mehrkosten entstehen? Wenn ja, in welchem Umfang (bitte aufschlüs- seln nach Unternehmensgröße und Branche)? Antwort zu 10: Das neue Tarifmodell der BSR hat keine Auswirkungen auf die Berliner Unternehmen (siehe Antwort zu 8). Berlin, den 20. Dezember 2013 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r .............................................. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Jan. 2014)