Drucksache 17 / 12 910 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Stefanie Remlinger (GRÜNE) vom 26. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. November 2013) und Antwort WAT als Ankerfach für Wirtschaftswissen, Studien- und Berufswegeplanung sowie Verbrau- cherbildung Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wann wurde der Rahmenlehrplan Arbeitslehre zu- letzt aktualisiert? Zu 1.: Der Rahmenlehrplan (RLP) WAT wurde im Jahr 2012 aktualisiert und trat in der heutigen Fassung zum Schuljahr 2012/2013 in Kraft. 2. Ist eine Überarbeitung des Rahmenlehrplans vor dem Hintergrund des KMK-Beschlusses „Verbraucherbildung an Schulen“ vom 12.09.2013 derzeit geplant? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht? Zu 2.: Ja, zurzeit wird an einer neuen Fassung im Rahmen der Überarbeitung aller RLP der Sekundarstufe I gearbeitet. Die Anhörungsfassung wird Dezember 2014 bereitgestellt, der neue Rahmenlehrplan soll zum Schul- jahr 2015/2016 in Kraft treten. 3. Hat eine Überarbeitung des Rahmenlehrplans nach Verabschiedung des KMK-Orientierungsrahmens „Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung“ in 2007 stattgefunden? Wenn ja, bis wann? Wenn nein, warum nicht? Zu 3.: Im gültigen RLP von 2012 ist Nachhaltigkeit in den fachspezifischen Aspekten verankert (s. Rahmenlehr- plan WAT S.14). Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird in der Überarbeitung eine noch stärkere Berücksichtigung finden. Umweltverträgliches, Ressourcen schonendes und nachhaltiges Handeln sind Inhalte des Faches Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT). Jegliche Form menschlichen Handelns hat ökologische Konsequenzen, die von ökolo- gisch bewussten Schülerinnen und Schülern beeinflussbar sind. Ökologische Fragestellungen können z.B. bei der Analyse von Nutzungszyklen ausgewählter Gebrauchs- güter, der Betrachtung der Ökobilanz von Einweg- und Mehrwegverpackungen und der Ermittlung des Energie- bedarfs elektrischer Haushaltsgeräte betrachtet werden. Im Zusammenhang mit der betrieblichen Produktion entstehen Umweltbelastungen, unter anderem durch Transportwege und Emissionen von Schadstoffen. Dabei ist der gesamte Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und den Transport bis hin zur Nut- zung und Entsorgung zu betrachten. Wechselwirkungen mit sozialen und ökonomischen Aspekten der Nachhaltig- keit sind in die Betrachtung einzubeziehen. (RLP S.14) Im aktuellen Rahmenlehrplan ist Nachhaltigkeit in verschiedenen Unterrichtsmodulen ausgewiesen (Siehe dazu RLP S. 30, 32, 33, 35). 4. Warum liegt der Schwerpunkt der unterrichtlichen Verankerung des Faches WAT in den Klassenstufen 7 und 8 und nimmt danach ab, um dann in der Sekundar- stufe II gar nicht mehr stattzufinden? 7. Hält der Senat eine Ausdehnung des Faches WAT auf die Sekundarstufe II sowohl der ISS als auch der Gymnasien für erstrebenswert? 8. Welche inhaltlich-konzeptionellen bzw. curricula- ren Weiterentwicklungen des Faches WAT wären aus Sicht des Senats wünschenswert bzw. notwendig, um WAT in der Sekundarstufe II zu verankern? Zu 4., 7. und 8.: Die Zahl der Unterrichtsstunden, die auf die jeweiligen Unterrichtsfächer, Lernbereiche und Aufgabengebiete oder Lernfelder entfallen, wird in Stun- dentafeln festgelegt. Die Stundentafel der Integrierten Sekundarschule (ISS) weist aus, dass Wirtschaft, Arbeit, Technik in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 mit jeweils zwei Wochenstunden angeboten wird, wobei in den Jahrgangs- stufen 9 und 10 diese Stunden als Profilstunden auch zur Verstärkung anderer Unterrichtsfächer oder zusätzlicher Wahlpflichtangebote insbesondere für Lerngruppen mit besonderen Profilen oder zur Vorbereitung auf die zwei- jährige gymnasiale Oberstufe verwendet werden können. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 910 2 In der Jahrgangsstufe 9 muss in diesem Fall jedoch min- destens eine Stunde zur Vor- und Nachbereitung des Betriebspraktikums eingesetzt werden. Die Schule kann zur Ausgestaltung ihres Schulpro- gramms, insbesondere zur Bildung pädagogischer Schwerpunkte und besonderer Organisationsformen, von einzelnen Bestimmungen der Stundentafel abweichen (vgl. Schulgesetz § 15 Abs. 1 - 5). Es gibt derzeit keine Planungen, in der gymnasialen Oberstufe in Berlin das Fach WAT einzuführen, weder an der ISS noch am Gymnasium. Durch den seit 2010 neu konzipierten Kurs „Studium und Beruf“ wird in der gymnasialen Oberstufe deutlich der Aspekt der Berufs- und Studienorientierung mit explizitem Praxisbezug gefördert. Letzterer erfährt zudem durch vielfältige Kooperationen, in der Regel fachspezifisch ausgerichtet, Beachtung. 5. Welche Rolle spielt die Arbeit in den schuleigenen Werkstätten in den einzelnen Klassenstufen aus Sicht des Senats? Zu 5.: Vorherrschende Unterrichtsmethode im Fach WAT ist die Projektarbeit. Im Zentrum steht dabei ein Projektgegenstand, der ein konkretes Werkstück, eine Dienstleistung, aber auch eine vor- und nachzubereitende Aktion sein kann. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler durch eigene praktische Arbeit in vielfältigen Schulwerkstätten (z.B. Holz-, Metall-, Elektronik-, Tex- tilwerkstatt, Lehrküche, Computerraum) auf Arbeit im Erwerbsleben und im Haushalt vorbereitet. Bei der prakti- schen Arbeit, die stets in Verbindung mit Theorie stattfin- det, erwerben die Lernenden vielfältige Kompetenzen. Dieser didaktische Ansatz des Faches WAT begründet, warum die Arbeit in Werkstätten und anderen WAT- Fachräumen notwendig ist. 6. Mit welchen Kompetenzmodellen wird in dem Fach WAT gearbeitet bzw. welche Lern- und Leistungskrite- rien kommen hier zur Anwendung? Zu 6.: Das Kompetenzmodell für das Fach WAT wur- de aus dem Strukturmodell von Schott/Ghanbari und aus den Kompetenzmodellen der Naturwissenschaften abge- leitet (siehe Schott/Ghanbari 2008; Kompetenzdiagnostik, S. 30 und Rahmenlehrpläne Berlin, Chemie, Physik, Bio- logie Sekundarstufe I). Das Kompetenzmodell umfasst die Kompetenzberei- che „Mit Fachwissen souverän umgehen“, „Methoden zielgerichtet einsetzen“, „Erfolgreich kommunizieren “ und „Urteile und Entscheidungen sach- und situationsgerecht treffen“. - Die Schülerinnen und Schüler erhalten oder stellen sich z.B. in der Projektarbeit eine bestimmte Men- ge Aufgaben, die sie dann ausführen können, wenn sie die betreffende Kompetenz besitzen (die Auf- gabenmenge kann Teilmengen verschiedener Auf- gabenarten beinhalten). - Dabei lassen sich Kompetenzgrade angeben, die festlegen, wie gut die Einzelne/der Einzelne diese Aufgaben ausführen kann, wenn sie/er die betref- fende Kompetenz besitzt. - Die Kompetenz beschreibt eine Fähigkeit, die durch eine gewisse Nachhaltigkeit charakterisiert ist, das heißt, sie sollte als Eigenschaft einer Schü- lerin bzw. eines Schülers längere Zeiträume über- dauern. Im gültigen RLP (2012, S. 8f) finden sich zur Leis- tungsbewertung folgende Aspekte: - Kontinuierliche Rückmeldung und Lernberatung bilden die Grundlage für eine individuelle Lernentwicklung und stärken die Lernbereitschaft. Entscheidend für das erfolgreiche Lernen der Schülerinnen und Schüler ist eine fachkundige Diagnostik, mit der anhand nachvollziehbarer Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 910 3 Kriterien Lernentwicklungen festgestellt und möglicher Förderbedarf beschrieben werden. - So entwickeln Kinder und Jugendliche die Fähigkeit, ihre eigenen Stärken und Fähigkeiten sowie die Qualität ihrer Leistungen realistisch einzuschätzen und kritische Rückmeldungen und Beratungen als Chance für die persönliche Weiterentwicklung zu verstehen. Sie lernen auch, anderen Menschen ein faires und sachliches Feedback zu geben, das für eine produktive Zusammenarbeit und erfolgreiches Handeln unerlässlich ist. Hierzu werden im Unterricht vielfältige Möglichkeiten geschaffen. - Leistungsbewertung ist an Kriterien gebunden, die sich aus dem Rahmenlehrplan und den Verwal- tungsvorschriften ergeben. Sie werden in schul- internen Festlegungen konkretisiert und allen Beteiligten bekannt gemacht. - Aufgabenstellungen orientieren sich an der Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler und den Standards der jeweiligen Doppeljahrgangsstufe. - Die Leistungen können in mündlicher, schriftlicher und praktischer Form erbracht werden. Traditionelle Formen mündlicher und schriftlicher Kontrolle werden um weitere Verfahren ergänzt: Lernbegleithefte, Portfolios, mediengestützte Präsentationen etc. - Eine auf die Entwicklung von Handlungs- kompetenz ausgerichtete Lernkultur sichert die Fähigkeit zum weiterführenden und selbst- motivierten Lernen und bereitet damit auf die Anforderungen der gymnasialen Oberstufe und auf den Weg in eine berufliche Ausbildung vor. Sie ermöglicht Schülerinnen und Schülern zunehmend selbstständig zu handeln und Verantwortung in gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen zu übernehmen. 9. Welche Konsequenzen für die Lehrkräfteausbildung wären aus Sicht des Senats notwendig für die Ausdeh- nung des Faches auf die Sekundarstufe II an ISS und Gymnasien und inwiefern ist diese Thematik im aktuellen Entwurf für ein neues Lehrkräftebildungsgesetz berück- sichtigt? Zu 9.: Im neuen Lehrkräftebildungsgesetz werden die Grundlagen einer neuen Lehrerbildung festgeschrieben, aber keine Fächer oder Fächerkombinationen festgelegt. In der in Abstimmung befindlichen Lehramtszugangsver- ordnung (LZVO) ist für das Lehramt an Integrierten Se- kundarschulen und Gymnasien das Fach Wirtschaft, Ar- beit, Technik (WAT) zugelassen und mit jedem anderen Fach kombinierbar. Die inhaltliche Ausgestaltung des Studienganges an der Technischen Universität Berlin orientiert sich dann an den schulischen Anforderungen und den Vorgaben der Kultusministerkonferenz (KMK). Berlin, den 19. Dezember 2013 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Jan. 14)