Drucksache 17 / 12 929 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) vom 25. November 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Dezember 2013) und Antwort Bettel-Verbot von und mit Kindern einführen! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat das Betteln von und mit Kindern in U- und S-Bahnen und auf viel besuchten Plät- zen in Berlin? Zu 1.: Der Senat ist der Auffassung, dass Kinder da- vor geschützt werden müssen, zum Betteln missbraucht zu werden. Bettelnde Kinder erwecken oft mehr Mitleid und erreichen so höhere Einnahmen als Erwachsene. Diese Tatsache wird von Erwachsenen ausgenutzt, um mit den Kindern Geld zu verdienen. 2. Bestätigt der Senat den Eindruck, dass sich die Zahl der Bettel-Kinder in den letzten Jahren erhöht hat und welche Gründe sind dem Senat hierfür bekannt oder vermutet der Senat? Zu 2.: Die Zahl der in Berlin bettelnden Kinder wird statistisch nicht erfasst. 3. Was unternimmt der Senat a) gegen die organisier- te Bettel-Mafia, b) zum Schutz der Kinder und c) gegen die Erziehungsberechtigten der Kinder, die die Kinder ausbeuten und das Kindeswohl gefährden? Zu 3.: a) Gegen organisiertes Betteln, bei dem mehre- re Personen arbeitsteilig zusammenarbeiten, wird sowohl repressiv (zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungs- widrigkeiten) als auch präventiv (zur Abwehr von Gefah- ren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung) vorge- gangen. So führt etwa die Polizei bei Personen, die auf öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen angetroffen werden, Identitätsfeststellungen nach § 21 des Allgemei- nen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG Bln) durch und spricht Platzverweisungen nach § 29 ASOG Bln aus. Zur Durchführung polizeilicher Maßnahmen gegen aggressives Betteln hat die Polizei ferner Einsatz- hinweise erarbeitet. b) Zum Schutz der Kinder arbeiten die jeweils zustän- digen Behörden des Landes Berlin eng zusammen: Tref- fen Polizei oder Ordnungsämter bettelnde Kinder an und bedürfen diese einer Inobhutnahme, werden sie dem Ber- liner Notdienst Kinderschutz (BNK) oder den Jugendäm- tern übergeben, die über weitere Maßnahmen zum Schutz der Kinder entscheiden. Den Jugendämtern werden jegli- che Sachverhalte mitgeteilt, die eine Gefährdung des Kindeswohls vermuten lassen. c) Gegen die Erziehungsberechtigten der Kinder kommen strafprozessuale Maßnahmen in Betracht, wenn der Verdacht einer Straftat besteht (z.B. wegen Men- schenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeits- kraft, § 233 des Strafgesetzbuches (StGB)). Die Jugend- ämter treffen sämtliche Maßnahmen zum Wohl der Kin- der. 4. Stimmt der Senat der Auffassung zu, dass die Kin- der in die Schule gehören und nicht zum Betteln auf die Straße? Zu 4.: Ja. 5. Sind Kinder eingewanderter EU-Bürger, die in Deutschland/Berlin gemeldet sind, schulpflichtig, was unternimmt der Senat, um dafür zu sorgen, dass alle schulpflichtigen Kinder von eingewanderten EU-Bürger zur Schule gehen können und was unternimmt der Senat weiterhin, um ihre Beschulungssituation zu verbessern? 6. Sind Kinder eingewanderter EU-Bürger, die nicht in Deutschland/Berlin gemeldet sind, schulpflichtig und wenn nein, was unternimmt der Senat, um dafür zu sor- gen, dass alle in Berlin niedergelassenen Menschen ihren offiziellen Wohnsitz zeitnah anmelden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 929 2 Zu 5. und 6.: Kinder, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union besitzen und in Berlin wohnhaft sind, unterliegen der allgemeinen Schul- pflicht gemäß § 41 Abs. 2 des Schulgesetzes für das Land Berlin (SchulG). Demnach ist schulpflichtig, wer in Ber- lin seine Wohnung, seinen gewöhnlichen Aufenhalt oder seine Ausbildungs- oder Arbeitsstätte hat. Um die Be- schulungssituation der genannten Kinder zu verbessern, hat der Senat eine neue Klassenart geschaffen, die Lern- gruppe für Neuzugänge ohne Deutschkenntnisse. Mit ihr ist gewährleistet, dass alle Kinder und Jugendliche, die angemeldet werden, sachgerecht beschult werden. Die Kinder erlernen schnellstmöglich die deutsche Sprache, um anschließend in eine Regelklasse wechseln zu können. 7. Wie bewertet der Senat das 1994 vom Bundesland Bremen gesetzlich eingeführte Bettel-Verbot von und mit Kindern? Zu 7.: Der Senat bewertet die Regelungen eines ande- ren Bundeslandes nicht. 8. Zu welchem Ergebnis kam die Prüfung des ehema- ligen Innensenators Körting im Jahr 2002, ob die Einfüh- rung eines Bettel-Verbots von und mit Kindern möglich und sinnvoll ist? Zu 8.: Die im Rahmen des Antrages „Maßnahmen zum Schutz von zur Bettelei genötigten Kindern“ (AHDrs . 15/940) erfolgte Prüfung kam zum Ergebnis, dass eine Regelung, die das Betteln von oder in Begleitung von Kindern untersagt, in Berlin nicht angebracht ist. 9. Trifft es zu, dass in Berlin für die Einführung eines Bettel-Verbots von und mit Kindern kein Gesetz erlassen werden müsste, da das Berliner Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) den Begriff der öffentlichen Ordnung bereits kennt, trifft es zu, dass demnach das zuständige Senatsmitglied eine Anweisung erteilen müss- te, der zufolge bettelnde Kinder als Verletzung der öffent- lichen Ordnung zu gelten haben oder müsste das ASOG geändert werden? Zu 9.: Der Senat hält es sowohl für vertretbar, ein Verbot des Bettelns von und in Begleitung von Kindern als Störung des gefahrenabwehrrechtlichen Schutzguts der „öffentlichen Ordnung“ und damit als polizeiwidrigen Zustand zu werten, als auch ein entsprechendes Verbot ausdrücklich zu regeln. 10. Mit welchen zusätzlichen Belastungen für Ord- nungsämter und Polizei rechnet der Senat bei Einführung eines Bettel-Verbots von und mit Kindern und wie wird der Senat bei der Einführung eines solchen Verbots si- cherstellen, dass das Verbot konsequent durchgezogen wird? Zu 10.: Dem Senat liegen keine Erfahrungswerte vor, um belastbar einschätzen zu können, mit welchen zusätz- lichen Belastungen für Ordnungsämter und Polizei bei Einführung eines entsprechenden Verbots zu rechnen ist. 11. Trifft es zu, dass ein solches Verbot dazu führen würde, leichter gegen die Erziehungsberechtigten wegen der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht und wegen Gefährdung des Kindeswohls vorzugehen und welche Schutzmaßnahmen für die Kinder stünden wel- chen zuständigen Behörden damit zur Verfügung? Zu 11.: Die zur Sorge für die Person des minderjähri- gen Kindes berechtigten Personen, in der Regel die El- tern, sind verpflichtet, auf ihre Kinder auch dahin einzu- wirken, dass diese bestehende Rechtsvorschriften einhal- ten. Tun sie dies nicht, wäre dies bei einer familienge- richtlichen Entscheidung über Eingriffe in das Sorgerecht zu berücksichtigen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass allein wegen eines Verstoßes gegen ein entsprechendes Verbot Inobhutmaßnahmen gegen den Willen der Minder- jährigen und Eltern durchgesetzt werden könnten. 12. Stimmt der Senat der Auffassung zu, dass ein Bet- tel-Verbot von und mit Kindern sinnvoll ist und wenn ja, wann führt der Senat ein solches Bettel-Verbot von und mit Kindern als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ein? Zu 12.: Ziel des Senats ist es, einen möglichst praxis- nahen Weg zu finden, um Kinder bestmöglich davor zu schützen, dass sie zum Betteln missbraucht werden. Ob über die bestehenden Schutzmaßnahmen hinaus ein Ver- bot des Bettelns von und in Begleitung von Kindern deren Schutz weiter verbessern kann, erscheint dem Senat zwei- felhaft, da die Ahndung eines Verstoßes gegen ein solches Verbot in erster Linie mit einer Geldbuße erfolgen würde. Berlin, den 10. Februar 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mrz. 2014)