Drucksache 17 / 12 932 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Danny Freymark und Oliver Friederici (CDU) vom 05. Dezember 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Dezember 2013) und Antwort Zug- und Busausfälle in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Gibt es im Berliner Senat Erhebungsdaten über den Ausfall von Fahrten im Öffentlichen Nahverkehr in den Jahren 2011 und 2012 im Bereich der BVG, S- Bahn, Deutschen Bahn – und wie lauten diese (unterteilt jeweils nach Nahverkehrsunternehmen und Jahr)? Antwort zu 1.: Gemäß der von der S-Bahn Berlin GmbH an die VBB GmbH übergebenen Liefernachweise für die Jahre 2011 und 2012 kam es insgesamt zu folgen- den Ausfällen von Zugfahrten: Jahr Anzahl Zugausfälle 2011 122.748 2012 83.733 Gemäß der von den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) an die VBB GmbH übergebenen Liefernachweise für die Jahre 2011 und 2012 wurden im Regionalverkehr insgesamt folgende Anzahl Zugkilometer (Zkm) als Aus- fälle bewertet: Unternehmen Jahr DB Regio AG ODEG GmbH NEB mbH 2011 166.279 Zkm 34.551 Zkm 2.380 Zkm 2012 155.561 Zkm 10.652 Zkm 8.886 Zkm Gemäß der Berichterstattung der BVG AöR an das Center Nahverkehr Berlin (CNB) wurden für die Jahre 2011 und 2012 insgesamt folgende Leistungsmengen als ausgefallen und damit nicht abrechenbar gemeldet: Unternehmensbereich Jahr U-Bahn Straßenbahn Bus 2011 36.541 km 97.970 km 409.248 km 2012 davon Streik (18.02.12) 94.010 km 36.542 km 129.581 km 32.750 km 363.292 km 135.382 km Frage 2: Kann der Senat Aussagen treffen, aus wel- chen Gründen es zu Ausfällen im ÖPNV kommt (Zu- sammenstellung erbeten)? Antwort zu 2.: Störungsbedingte Ausfälle können in der Regel durch fahrweg-, fahrzeug- oder personalseitige Einschränkungen hervorgerufen werden. Die Verursacher können in Infrastrukturbetreiber, Verkehrsunternehmen sowie Dritte (Fremdeinwirkungen z.B. durch gefährliche Eingriffe in den Betrieb, Suizide, Witterungseinflüsse) unterteilt werden. Die im Oberflächenverkehr fahrenden Verkehrsmittel Straßenbahn und Bus verfügen im Gegensatz zum Schie- nenpersonennahverkehr (SPNV) bzw. zur U-Bahn nicht durchgehend über separate Trassen, sondern müssen sich teilweise den Fahrweg mit dem MIV sowie dem Fahrrad- verkehr teilen. Die Zahl möglicher Störfaktoren und Be- hinderungen des ÖPNV-Betriebs und somit möglicher Ausfallursachen ist bei diesen Verkehrsmitteln daher merkbar erhöht. Darüber hinaus kann es bei allen Verkehrsmitteln auch durch geplante Baumaßnahmen, die für die Instandhal- tung und Modernisierung des Netzes erforderlich sind, zum Ausfall von Fahrten kommen. Frage 3: Berichten die jeweiligen Nahverkehrsunter- nehmen über die Ausfälle im ÖPNV (die zu erwartenden und vor allem über die bereits bestehenden Ausfälle)? Antwort zu 3.: Die Nahverkehrsunternehmen legen im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Aufgabenträgern entsprechende Liefernachweise vor, aus denen u.a. Zug- und Leistungsausfälle hervorgehen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 932 2 Darüber hinaus werden die Ersatzkonzepte geplanter Baumaßnahmen vorab zwischen den Verkehrsunterneh- men und den Aufgabenträgern bzw. den von ihnen mit dem Vertragsmanagement beauftragten Institutionen VBB und CNB abgestimmt. Ziel ist hierbei die Minimierung der Auswirkungen für die Fahrgäste auf das unvermeid- bare Maß, d.h. auch eine möglichst geringe Anzahl von Ausfällen. Frage 4: Kann bei Ausfällen im ÖPNV der Verant- wortliche in jedem Falle benannt werden und wie sieht die daraus resultierende Regressforderungsquote aus? Antwort zu 4.: Hinsichtlich der vertraglich geregelten Bewertung und Abrechnung der Ausfälle im Eisenbahn- Regionalverkehr und bei der BVG ist es irrelevant, wel- che Ursache dem Ausfall zugrunde liegt. Bei der S-Bahn Berlin GmbH wird hinsichtlich der vertraglichen Bewer- tung zwischen durch den durch das Eisenbahnverkehrs- unternehmen bzw. Eisenbahninfrastrukturunternehmen verursachten Ausfällen und solchen, die durch Dritte verursacht werden, unterschieden. Bei der BVG wird lediglich eine Unterscheidung nach Eigen- oder Fremdverschulden berichtet, für die Abrech- nung ist dies jedoch nicht relevant. Insofern kann nicht in jedem Fall ein Verantwortlicher benannt und entspre- chend herangezogen werden. Frage 5: Zieht der Senat Konsequenzen aus Ausfällen im ÖPNV und wie sehen diese exemplarisch aus? Frage 6: Gab es als Konsequenz aus Ausfällen im ÖPNV „Vertragsstrafen“ oder „Pönalen“, die an das Land Berlin gezahlt werden mussten, wenn ja, wie hoch waren diese und mit welcher Verwendung wurden diese einge- setzt? Antwort zu 5. und 6.: Konsequenzen wie etwa Ver- tragsstrafen oder Minderzahlungen sind in den einzelnen Verkehrsverträgen zwischen dem Land Berlin (u.U. auch weiteren betroffenen Bundesländern) und dem jeweiligen Verkehrsunternehmen definiert. Beim Betreiber S-Bahn Berlin GmbH erfolgten als Konsequenz für bereits anerkannte Mängel (Ausfälle) Kürzungen der finanziellen Beiträge durch das Land Ber- lin bereits in den Abschlagszahlungen. Für die Kalen- derjahre 2011 und 2012 sind diese in der nachfolgenden Tabelle dargestellt: Jahr Kürzungen für Zugausfälle 2011 25.230.157 € 2012 6.954.481 € Im Regionalverkehr werden auf Grund von ausgefal- lenen Leistungen voraussichtlich folgende Abzüge für Ausfälle im Rahmen der Schlussabrechnungen geltend gemacht: Unternehmen Jahr DB Regio AG ODEG GmbH NEB mbH 2011 1.030.378 € 277.792 € 19.321 € 2012 1.184.859 € 67.990 € 53.401 € Diese Angaben sind vorläufige Werte, die mit der Er- stellung der Schlussabrechnungen endgültig festgestellt werden. Im BVG-Verkehrsvertrag ist eine Leistungs-Übersteu- erung in Höhe von zu erwartenden Ausfällen in einem finanziellen Gegenwert von ca. 0,67 Mio. € eingeplant. Diese Ausfall-Erwartung wurde jedoch in 2011 um 1,01 Mio. € und in 2012 um 1,15 Mio. € überschritten und als Minderleistung abgerechnet. Die S-Bahn-Einbehalte ab dem Jahr 2011 werden im Wesentlichen für die Beschaffung von Kleinprofilfahr- zeugen für die U-Bahn eingesetzt und zunächst einem Rücklagekonto zugeführt. In den Bereichen barrierefreier Ausbau und Erhöhung der Sicherheit des ÖPNV sollen auch künftig bei kurzfristigem Investitionsbedarf in be- grenztem Maß S-Bahn-Einbehalte eingesetzt werden. Weitere SPNV-Einbehalte wurden für die Finanzie- rung erforderlicher ÖPNV-Mehrleistungen zum Flugha- fen Tegel aufgrund der Verschiebung der Eröffnung des Flughafens Berlin Brandenburg sowie für bedarfsgerechte Zubestellungen und Sonderverkehre im SPNV verwendet. Die Minderleistungen der BVG wurden in einen Kon- tokorrent eingestellt und werden u. a. mit erforderlichen Mehrleistungen der BVG verrechnet. Zudem dienen diese als Rücklage für mögliche künftige Bonuszahlungen und die Finanzierung eines Infrastrukturmonitoringsystems. Frage 7: In wie vielen Fällen waren kriminelle Hand- lungen Ursprung des Ausfalls und wurden diese Fälle aufgeklärt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis, wenn nein warum nicht? Antwort zu 7.: Bei den in den Liefernachweisen aus- gewiesenen Störungsursachen wird nicht erfasst, inwie- fern es sich um eine kriminelle Handlung handelte, da dies für die vertragliche Bewertung der Ausfälle nicht relevant ist. Konkrete Angaben zu kriminellen Handlun- gen und deren Aufklärungsrate können daraus deshalb nicht entnommen werden. Frage 8: Welche Maßnahmen sind für die Zukunft ge- plant, um Zugausfälle zu vermeiden? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 932 3 Antwort zu 8.: Für die Verkehrsunternehmen besteht durch die unter Antwort zu 5. und 6. benannte finanzielle Sanktionierung von Zugausfällen ein grundsätzlicher vertraglicher Anreiz, die Anzahl der Zugausfälle entspre- chend ihrer Möglichkeiten weitestgehend zu reduzieren. Darüber hinaus werten das Land Berlin (u. U. auch weitere betroffene Bundesländer) in regelmäßigen Ge- sprächen mit den Verkehrs- und Infrastrukturunternehmen aktuelle Entwicklungen und Probleme der Pünktlichkeit und Betriebsstabilität wie auch anderer Qualitätsaspekte aus und stimmen sowohl kurzfristig-operative als auch langfristig-strategische Ziele zur Verbesserung der Ange- botsqualität sowie sich hieraus ergebende Maßnahmen ab. Neben betrieblichen Aspekten (z. B. Vorhaltung erforder- licher Betriebsreserven) umfasst dies auch technische Maßnahmen zur Verbesserung der fahrzeug- und infra- strukturseitigen Verfügbarkeit. Frage 9: Welche Möglichkeiten werden genutzt, um Fahrgäste zu informieren oder zu entschädigen (s. in der Vergangenheit die S-Bahn-Entschädigungsmonate)? Antwort zu 9.: Bei kurzfristigen Betriebsstörungen, z. B. aufgrund von Unfällen, sind die Fahrgäste der be- troffenen Linien sowie ggf. auch von Anschlusslinien entsprechend der in Fahrzeugen und Bahnhö- fen/Haltestellen vorhandenen Informationsmöglichkeiten (z. B. dynamische Informationssysteme) innerhalb kurzer Zeit akustisch und wenn möglich auch visuell zu infor- mieren. Informationen über aktuelle Einschränkungen des Verkehrsangebotes stehen zudem auf den Internetauftrit- ten der Verkehrsunternehmen zur Verfügung. Großstö- rungen, wie z. B. Totalsperrungen, werden zudem über Verkehrsmeldungen an die lokalen Medien (Rundfunk, Regionalfernsehen) kommuniziert. Im Fall geplanter Abweichungen, etwa im Rahmen von Baumaßnahmen, wird rechtzeitig vor Beginn der Einschränkungen über den Internetauftritt des betroffenen Verkehrsunternehmens, über Printerzeugnisse (Kunden- zeitschriften, Bauinfo-Hefte, Aushänge auf Stationen) sowie ggf. zusätzlich über die vorgenannten lokalen Me- dien informiert. Bauzeitlich angepasste Fahrpläne werden in die elektronische Fahrplanauskunft aufgenommen. In Abhängigkeit vom Umfang der Abweichungen wird im Beeinträchtigungszeitraum auch zusätzliches Personal vor Ort zur Reisendeninformation eingesetzt. Die VBB GmbH (für S-Bahn Berlin GmbH und Ei- senbahn-Regionalverkehr) sowie das CNB (für die BVG) führen im Auftrag der Länder Berlin und Brandenburg regelmäßige Qualitätskontrollen sowohl im Regelbetrieb als auch verstärkt bei abweichenden Betriebszuständen durch. Falls sich hierbei Mängel der Fahrgastinformation zeigen, werden gemeinsam mit dem jeweiligen Verkehrs- unternehmen Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert und vereinbart. Die Gewährung von kulanzbasierten Entschädigungs- leistungen gegenüber den Kunden, wie z.B. in den Jahren 2010 und 2011 durch die S-Bahn Berlin GmbH erfolgt, liegt im alleinigen Verantwortungsbereich des Verkehrs- unternehmens. Es handelt sich hierbei um freiwillige Kulanzleistungen von Verkehrsunternehmen, für die sich kein rechtlicher Anspruch aus den jeweiligen Verkehrs- verträgen ergibt. Bei Betrachtung der aktuellen Zuverläs- sigkeit bei den Verkehrsunternehmen im Berliner ÖPNV bestehen jedoch keine Einschränkungen vergleichbaren Ausmaßes wie im S-Bahn-Verkehr in den Krisenjahren 2009 bis 2011. Berlin, den 21. Januar 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Jan. 2014)