Drucksache 17 / 12 941 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Evrim Sommer (LINKE) vom 05. Dezember 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Dezember 2013) und Antwort Prostitution und Polizeibefugnisse Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Was hat sich für die Berliner Polizei nach dem In- krafttreten des Prostitutionsgesetzes geändert, welche Fortbildungsangebote gibt es zum Umgang mit Prostituti- on und wie werden sie genutzt? Zu 1.: Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnis- se der Prostituierten (ProstG) vom 20. Dezember 2001 hatte primär die Stärkung der sozialen und rechtlichen Situation von Prostituierten zum Ziel. Das Sozialwissenschaftliche FrauenForschungsInstitut der Kontaktstelle für praxisorientierte Forschung der Evangelischen Fachhochschule (SoFFI K.) kam diesbe- züglich in seinem Abschlussbericht für das Forschungs- projekt „Untersuchung zu den Auswirkungen des Prostitutionsgesetzes “ (abrufbar unter http://www.bmfsfj.de/doku/Publikationen/prostitutionsges etz/06.html) zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Aus- wirkungen des Prostitutionsgesetzes nicht sehr weitrei- chend und für die Zielgruppe der Prostituierten noch kaum spürbar seien. Die polizeiliche Ermittlungsarbeit bei der Bekämp- fung des Menschenhandels ist mit dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes nach Mitteilung der Polizei Berlin nicht erschwert worden. Auf Bundesebene ist geplant, das Prostitutionsgesetz im Hinblick auf die Regulierung der Prostitution umfassend zu überarbeiten und ordnungsbe- hördliche Kontrollmöglichkeiten gesetzlich zu verbessern. Fortbildungen zum Umgang mit Prostitution werden sowohl von den Fachkommissariaten des Landeskrimi- nalamtes (LKA), der Landespolizeischule als auch im Zusammenwirken mit Fachberatungsstellen angeboten und rege in Anspruch genommen. 2. Auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchen Gründen werden Prostitutionsstätten und Prostituierte in Berlin von der Polizei kontrolliert? Zu 2.: Prostitution ist weder illegal noch sittenwidrig. Gegenstand der polizeilichen Maßnahmen ist nicht die Prostitution an sich, sondern sind die damit zusammen- hängenden Beeinträchtigungen und Störungen der öffent- lichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere Straftaten im Rahmen der Begleitkriminalität. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Bekämpfung des Menschenhandels zu. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Men- schenhandel um ein Kontrolldelikt handelt und hierbei vornehmliches Ziel sowohl das frühzeitige Erkennen potentieller Menschenhandelsopfer als auch deren Befrei- ung aus der Zwangsprostitution und/oder sexuellen Aus- beutung ist, wird beim Landeskriminalamt langjährig ein ganzheitliches Konzept in enger Zusammenarbeit mit anderen Behörden und den Fachberatungsstellen erfolg- reich praktiziert. Insbesondere durch die Fachkommissariate im LKA 42 werden anlassunabhängig und anlassbezogen kontinu- ierlich Kontrollen und Milieustreifen in allen Prostituti- onsbereichen auf Grundlage des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG Berlin) durchgeführt. Neben den Identitätsüberprüfungen wird dabei jeder polizeiliche Kontakt mit den Prostituierten sowohl zur Durchführung von vertrauensbildenden Beratungs- und Aufklärungsgesprächen als auch für Hinweise auf Fach- beratungsstellen genutzt. Den Prostituierten werden hierbei Hinweise gegeben, wie sie sich vor gewalttätigen Zuhälterinnen und Zuhäl- tern sowie Freiern schützen können. Darüber hinaus wer- den Visitenkarten mit den dienstlichen Erreichbarkeiten verteilt, um im Bedarfsfall schnellstmöglich eine Kontakt- aufnahme zuzulassen und polizeiliche Hilfestellungen geben zu können. Die Fachdienststelle LKA 42 unterhält zudem eine ganzjährige Rufbereitschaft. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 941 2 Darüber hinaus verfolgt die Polizei bei der Bekämp- fung des Menschenhandels einen multidisziplinären An- satz und kooperiert mit Fachberatungsstellen, die Be- troffene psychosozial unterstützen. Die Grundsätze dieser Zusammenarbeit sind in der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Polizeipräsidenten in Berlin und den Trä- gern der Fachberatungsstellen geregelt. Den Prostituierten vermittelt sich dadurch ein Bild der Polizei Berlin als kompetenter Ansprechpartner. Daraus resultiert eine für die Strafverfolgung zwingend erforderliche hohe Koope- rationsbereitschaft seitens der Prostituierten. Anlassbezogen werden überdies zur Bekämpfung der Gewalt- und Ausbeutungsdelikte innerhalb der Prostituti- on auch täterorientierte repressive Maßnahmen auf Grundlage der Strafprozessordnung (StPO) durchgeführt. Die Verurteilung von maßgeblichen Täterinnen und Tä- tern hat eine nachhaltige Schwächung der Szene zur Folge und wirkt sich positiv auf die Aussagebereitschaft der Opfer aus. 3. Welche Abteilungen der Polizei sind damit befasst und welche Delikte stehen dabei im Vordergrund? Zu 3.: Primär erfolgen die Kontrollen durch das Fach- dezernat LKA 42. Darüber hinaus werden Kontrollen durch örtlich zuständige Dienststellen im Rahmen ihrer Regionalverantwortung wahrgenommen. Im Fokus der Maßnahmen stehen hierbei vorrangig die Straftatbestände „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung “, „Zuhälterei“, „sexueller Missbrauch von Jugendlichen “, „sexueller Missbrauch von Kindern“ sowie generell Gewaltdelikte im engen Zusammenhang mit der Aus- übung der Prostitution. 4. In welcher Form und mit welchem Aufwand wer- den solche Kontrollen und Razzien durchgeführt? Zu 4.: Das Spektrum von Form und Aufwand der Einsätze im Bereich der Prostitution bewegt sich lageab- hängig von Kontrollen der Fachkommissariate bis hin zu größeren Polizeieinsätzen. 5. Wie viele Kontrollen gab es im Zeitraum der ver- gangenen drei Jahre und welche Straftaten wurden in dem Zusammenhang festgestellt? Zu 5.: In den vergangenen drei Jahren wurde in Berlin in allen Prostitutionsbereichen folgende Anzahl von Kon- trollen durchgeführt: 2012 -687- 2011 -822- 2010 -350-. Die anlässlich dieser Überprüfungen erlangten Er- kenntnisse bildeten eine der Grundlagen für die in der Polizeilichen Kriminalstatistik Berlin ausgewiesenen Fälle von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung: 2012 -65- 2011 -73- 2010 -66-. Berlin, den 26. März 2014 In Vertretung Bernd Krömer Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 28. Mrz. 2014)