Drucksache 17 / 12 975 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Marion Platta (LINKE) vom 11. Dezember 2013 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Dezember 2013) und Antwort Energiewende voranbringen – in und mit den Bildungseinrichtungen fängt es an Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Berliner Bildungseinrichtungen nehmen jedes Jahr mit welchen Erfolgen an landesweiten und bundesweiten Wettbewerben mit dem Schwerpunkt der Energieeinsparung und Maßnahmen im Umgang mit erneuerbaren Energien teil? Zu 1.: Am Wettbewerb „Jugend forscht“ haben in den Jahren 2011 - 2013 jeweils ca. 350 Schülerinnen und Schüler aus Berlin teilgenommen. Bundesweit waren es im Jahr 2013 10978 Anmeldungen. In den Wettbewerbs- bereichen Arbeitslehre, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften, Mathematik und Informatik, Physik und Technik beschäftigen sich in jedem Jahr mehrere Projektgruppen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema der Energieeinsparung bzw. mit der Energiewende. In Jahr 2013 hat ein Berliner Team einen sparsamen Raketenantrieb entwickelt und dafür beim Bundeswettbewerb den Preis für Sicherheit und Energie- einsparung in Chemie und Werkstofftechnik erhalten. Der landesweite Schülerwettbewerb „Energiegeladen“ unter dem Motto „Energie: Welcher Mix ist richtig?“ wird von der Landesgruppe Berlin/Brandenburg des Bundes- verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. – BDEW – ausgeschrieben. Schülerinnen und Schüler ab der 8. Jahrgangsstufe können jährlich ihre Beiträge einrei- chen. Als Beiträge sind Collagen und Modelle sowie Reportagen und Filme zugelassen. Die Beteiligung liegt jährlich bei ca. 900 Schülerinnen und Schülern aller Schularten. 2. Welche Unterstützung erhalten Berliner Bildungs- einrichtungen bei der Teilnahmeentscheidung und Durch- führung von diesen Wettbewerben? Zu 2.: Die Schulen werden durch Anschreiben der Se- natsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft auf diese Wettbewerbe hingewiesen. Den Anschreiben gehen in der Regel intensive Absprachen zu Inhalten und Ter- minen voraus. Die Veranstaltungen im Rahmen dieser Wettbewerbe werden als schulische Veranstaltungen anerkannt, d.h. die Schülerinnen und Schüler und die beteiligten Lehrkräfte können von den Schulleitungen für diese Termine vom Unterricht freigestellt werden. Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technik und Forschung (SenWiTechForsch) finanziert seit 2009 mit 10 T€ p.a. den Berliner Wettbewerb ‚Jugend Forscht‘. 3. Wie werden erfolgreiche Wettbewerbe zwischen den Kindertageseinrichtungen und Schulen auf dem Ge- biet der Energieeinsparung und im Umgang mit erneuer- baren Energien genutzt, um die Erfahrungen und Ergeb- nisse einer breiten Anwendung in der Berliner Bildungs- landschaft zuzuführen? Zu 3.: Zu Wettbewerben zwischen Kindertagesein- richtungen und Schulen auf dem Gebiet der Energieein- sparung und zum Umgang mit erneuerbaren Energien liegen keine systematischen Informationen vor. 4. Wann wurde der Kita-Rahmenlehrplan das letzte Mal inhaltlich an die Aufgaben der nachhaltigen Ent- wicklung beim Klima- und Ressourcenschutz angepasst? Welche Rolle spielen dabei erneuerbare Energien? Zu 4.: Verbindliche Grundlage für die pädagogische Arbeit in öffentlich finanzierten Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege ist das „Berliner Bildungsprogramm für die Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen bis zu ihrem Schuleintritt (BBP)“. Das BBP wird derzeit aktualisiert und voraussichtlich im Frühjahr 2014 fertig-gestellt sein. Inhalte rund um das Thema Nachhaltigkeit werden darin berück- sichtigt. 5. Wann und mit welchen Inhalten wurden und wer- den die Rahmenlehrpläne für die einzelnen Schulformen an die Aufgaben der nachhaltigen Entwicklung beim Klima- und Ressourcenschutz angepasst? Welche Rolle spielen dabei Erkenntnisse über erneuerbare Energien bei Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 975 2 Strom- und Wärmeerzeugung sowie den Antriebssyste- men für Fahrzeuge unterschiedlichster Art? Zu 5.: In den Fächern Sachunterricht und Naturwis- senschaften werden die Schülerinnen und Schüler in den Jahrgangsstufen 1 - 6 mit den Grundlagen zu kompeten- tem Handeln in Bezug auf ihre Umwelt vertraut gemacht, indem sie mit technischen, natur- und sozialwissenschaft- lichen Zugangsweisen vertraut gemacht und an spezifi- sche Methoden der Erkenntnisgewinnung und -sicherung herangeführt werden. Die folgenden Kompetenzen werden für den Sachun- terricht und Naturwissenschaften 5/6 ausgewiesen: Die Schülerinnen und Schüler – übernehmen Verantwortung im Umgang mit der Natur und beachten ökologische Gesichtspunkte, – wählen naturwissenschaftliche Methoden zur Bearbeitung von naturbezogenen Fragestellungen aus und wenden diese an, – wenden das Prinzip der Kraft- und Energieumwandlung auf Beispiele aus Natur und Technik an. Dabei werden technische und natürliche Stoffkreis- läufe verglichen, der Umgang mit Ressourcen bewertet und der Einfluss von Energie auf Stoffveränderungen beschrieben. In der Sekundarstufe I werden Fragen der Ener- gieumwandlung und der Energiewende in den Fächern Chemie, Physik und Wirtschaft-Arbeit-Technik aufgegrif- fen. Im Fach Chemie werden im Rahmenlehrplan (Modul P 3 „Alkane – Brennstoffe und Rohstoffe“) die folgenden Kompetenzen aufgeführt: Die Schülerinnen und Schüler – beschreiben die Umwandlung von chemischer Energie in andere Energieformen auch unter dem Aspekt der technischen Anwendung chemischer Reaktionen, – unterscheiden zwischen dem Stoffgemisch Erdöl und seinen Bestandteilen, – schätzen die Bedeutung der Rohstoffe Erdgas und Erdöl ein und beschreiben ihre Gewinnung und Trennung, – schließen aus den Eigenschaften einiger Erdölprodukte auf deren Verwendungsmöglichkeiten, – beschreiben chemische Reaktionen der Alkane, – beschreiben die Umwandlung von chemischer Energie in andere Energieformen unter dem As- pekt der technischen Anwendung chemischer Re- aktionen, – erläutern und beschreiben für Erdöl und Erdgas die Bedeutung, Gewinnung und Fraktionierung und beurteilen Technikfolgen. Im Fach Physik wird im Modul P3 in der Doppeljahr- gangsstufe 7/8 „Wärme im Alltag, Energie ist immer dabei“ der Energiebegriff am Beispiel der Wärmeübertragung eingeführt. Die Schülerinnen und Schüler lernen an Beispielen, dass grundlegende Begriffe aus der Physik zur Beschreibung von betrachteten Phänomenen geeignet sind. Im Modul P7 9/10 „Mit Energie versorgen“ werden Energieumwandlungen betrachtet. Diese verbinden die verschiedenen Themenfelder, da sich das Basiskonzept Energie als roter Faden durch den gesamten Unterricht zieht. Anwendungsbezogene und berufsorientierende Inhalte eröffnen den Zugang zu komplexeren Themen wie dem der Energieversorgung. Im Fach Wirtschaft-Arbeit-Technik ist die Ökologie eine zentrale Projektdimension. Umweltverträgliches, Ressourcen schonendes und nachhaltiges Handeln ist Inhalt des Faches Wirtschaft-Arbeit-Technik. Ökologi- sche Fragestellungen können bei der Analyse von Nut- zungszyklen ausgewählter Gebrauchsgüter, der Betrach- tung der Ökobilanz von Einweg- und Mehrwegverpa- ckungen und der Ermittlung des Energiebedarfs elektri- scher Haushaltsgeräte betrachtet werden. Im Zusammen- hang mit der betrieblichen Produktion entstehen Umwelt- belastungen, unter anderem durch Transportwege und Emissionen von Schadstoffen. Dabei ist der gesamte Lebenszyklus von der Rohstoffgewinnung über die Pro- duktion und den Transport bis hin zur Nutzung und Ent- sorgung zu betrachten. Wechselwirkungen mit sozialen und ökonomischen Aspekten der Nachhaltigkeit sind in die Betrachtung einzubeziehen. Im Modul WP4 „Nachhaltiges Wirtschaften“ werden die folgenden Kompetenzbezüge benannt: Die Schülerinnen und Schüler – benennen Grundsätze des nachhaltigen Wirtschaftens , – reflektieren das eigene Verbraucherverhalten und treffen Entscheidungen unter ökologischen, öko- nomischen und sozialen Kriterien, – vergleichen und beurteilen verschiedene Arten der Energiebereitstellung, – erkunden Anlagen zur Energiebereitstellung sowie Betriebe der Abfall- und Recyclingwirtschaft, – wenden Möglichkeiten zur Einsparung von Energie an, – diskutieren die Notwendigkeit einer nachhaltigen und verlässlichen Energieversorgung zur Scho- nung der Umwelt und Erhaltung der Lebensquali- tät, – erarbeiten sich Informationen über Berufsbilder im Bereich der Energie-, Abfall- und Recyclingwirt- schaft. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität (TU) Berlin ist von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft eine Handreichung zum Thema „Regenerative Energie - Ein Modul im Unterricht des Faches Wirtschaft-Arbeit-Technik für die Klassen 7 und 8“ im Jahr 2013 erschienen und an alle weiterführenden Schulen verschickt worden. Zurzeit wird in der iMINT-Academie, dem Berliner Kompetenzzentrum für Lehrerfort- und Weiterbildung in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 12 975 3 und Technik (MINT), ein Unterrichtsmodul im Fach Physik zur „Wärmeübertragung im Kontext der Wärmeversorgung an Schulen“ für die Doppeljahrgangsstufe 7/8 erarbeitet und im Jahr 2014 veröffentlicht. 6. Nach welchen Kriterien und Regularien erfolgt die Auswahl von geeigneten Lehrmaterialien? Wie beurteilt der Senat die inhaltliche Qualität der Lehrmaterialien und den Umfang der Unterrichtseinhei- ten, die für die Themen der nachhaltigen Entwicklung im Energiesektor und im Klimaschutz verwendet werden? Zu 6.: Eine Beurteilung bzw. Auswahl von Lehrmate- rialien durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft erfolgt nicht. Diese Entscheidung ob- liegt den Schulen. 7. Wie werden die Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrerinnen und Lehrer auf diesem Gebiet aus- und wei- tergebildet? Mit welchen Institutionen, Firmen und For- schungseinrichtungen bestehen Kooperationen bei der Erarbeitung und Vermittlung von Lehrinhalten und Lern- methoden? Zu 7.: Erzieherinnen und Erzieher werden zu Themen aus dem Bereich der naturwissenschaftlichen Bildung u.a. durch das landeseigene „Sozialpädagogische Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg“ fortgebildet. Weitere Möglichkeiten bestehen durch die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, die durch die für Jugend zuständige Senatsverwaltung unterstützt wird. Träger von Kinderta- geseinrichtungen organisieren im Rahmen ihrer fachli- chen Verantwortung auch Qualifizierungsmaßnahmen für ihre pädagogischen Fachkräfte, u.a. in trägereigenen Lernwerkstätten. Eine weitere Kooperation bestand mit dem Unterneh- men „Total“ im Rahmen derer auch Materialien – u.a. zu den Themen „Energie verstehen – Energie sparen“ - entwickelt wurden. 8. Welchen Stand haben die energetischen Sanierun- gen der Gebäude der Berliner Bildungseinrichtungen erreicht, in denen Kindern und Jugendlichen die Energie- wende hin zu 100 % erneuerbaren Energien nahe gebracht werden soll? Welchen Anteil haben dezentrale erneuer- bare Energien bei der Versorgung dieser Gebäude mit Strom und Wärme erreicht? Welche Erfolge werden nach den heutigen Stand mit den bisher beschlossenen Maß- nahmen zur energetischen Sanierung dieser Gebäude bis 2020 erreichbar sein? Zu 8.: Die energetischen Sanierungsmaßnahmen wer- den nach dem geltenden Stand der gesetzlichen Energie- sparverordnungen durchgeführt. Über weitergehende Maßnahmen existieren keine verbindlichen Informatio- nen. An drei Pilotschulen wird die Umsetzung der ener- getischen Vorgaben aus dem EU-Übernahmegesetz in Zusammenarbeit des Senats mit den entsprechenden Be- zirken ausgeschrieben. Über die Erfahrungen und Erreichbarkeit der Ziele liegen erst zum späteren Zeitpunkt aussagekräftige Er- gebnisse vor. 9. Welche Potenziale sieht der Senat in der Berliner Forschungslandschaft bei der Unterstützung des weiteren Umbaus der Energiewirtschaft hin zu 100 % erneuerbarer Energie? Wie und in welchen Zeitfortschritten will der Senat diese Potenziale nutzen? Zu 9.: Die "Energiewende" ist ein äußerst komplexer und voraussichtlich auch langfristiger Prozess mit einer Vielzahl unterschiedlicher Facetten und verschiedenen Zuständigkeiten. Dabei geht es einerseits um die weitere Reduzierung des Energiebedarfs, andererseits um die Weiterentwicklung regenerativer Technologien, ihre Markteinführung, den Ausbau des Leitungsnetzes, die Steuerung des Energiemarktes und vieles mehr. Dement- sprechend ist davon auszugehen, dass in der Berliner Forschungslandschaft (staatliche Hochschulen, außeruni- versitäre Forschungseinrichtungen, private Hochschulen, privatwirtschaftliche Forschung) eine Vielzahl von inge- nieurswissenschaftlichen, stadtplanerischen, rechtlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Fragen zu diesem Thema bearbeitet werden. Exemplarisch kann hier auf die „Berliner Agentur für Elektromobilität emo“ unter Beteiligung der Technischen Universität Berlin verwiesen werden. Sie bündelt die in Berlin vorhandenen Strategien und Aktivitäten, die fossile Grundlage der allgemeinen Verkehrsmobilität durch strombasierte Systeme zu erset- zen. Gleichwohl hat der Senat keine strategische Allzu- ständigkeit für die Energiewende in der Bundesrepublik. Er sieht seine Hauptaufgabe vielmehr darin, die aus- kömmliche Finanzierung der Berliner staatlichen For- schung mit zu sichern und in ausgewählten Fällen strate- gische Verbünde zu unterstützen. SenWiTechForsch ist Zuwendungsgeber für die außeruniversitäre Forschungs- einrichtung Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie, die zuletzt (2012) 14 Mio. € ihrer Zuwendung für Energieforschung und insbesondere für die Erfor- schung von Fragen alternativer Energieformen wie Solar- energie ausgegeben hat (davon Landesmittel i.H.v. 1,4 Mio. €). SenWiTechForsch finanziert außerdem seit 2009 gemeinsam mit dem Bund das Kompetenzzentrum für Dünnschicht- und Nanotechnologie in der Photovoltaik PVcomB (Gesamtfördervolumen 15 Mio. €, davon Landesmittel i.H.v. insgesamt 3 Mio. €). Berlin, den 27. Januar 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Feb. 2014)