Drucksache 17 / 13 037 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Thomas (GRÜNE) vom 05. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2014) und Antwort Zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik in Berlin: Wie setzt der Senat die PID-Verordnung um? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie wird von Seiten des Senats sichergestellt, dass bis zum In-Kraft-Treten der Präimplantationsdiagnostik- verordnung (PIDV) am 1.2.2014 reproduktionsmedizini- sche Einrichtungen keine Präimplantationsdiagnostik (PID) anbieten/durchführen? Zu 1.: §3a des Embryonenschutzgesetzes (ESchG) - eingefügt durch Gesetz vom 21. November 2011 - stellt die Präimplantationsdiagnostik (PID) unter Strafe und regelt die Voraussetzungen, unter denen die PID nicht rechtswidrig ist (Absatz 1 und 2). Zu-dem legt die Norm weitere Voraussetzungen fest, unter denen die PID nicht ordnungs-widrig ist (§ 3a Absatz 3 und 4 ESchG); u. a. bedarf es der Zulassung eines Zentrums zur Durchführung der PID und der Prüfung und zustimmenden Bewertung durch eine Ethik-Kommission. Entsprechend der Rechts- verordnungsermächtigung des § 3a Absatz 3 Satz 3 ESchG werden die Anforderungen an die Zulassung und die Ethik-Kommission durch die Präimplantationsdiag- nostikverordnung (PIDV) vom 21. Februar 2013 geregelt. Hinsichtlich der Ethik-Kommission bedarf es näherer Bestimmungen durch das jeweilige Landesrecht. Das Inkrafttreten der PIDV am 01. Februar 2014 lässt die Regelungen des Embryonenschutzgesetzes zur Strafbar- keit und Ordnungswidrigkeit der PID unberührt; die Durchführung der PID ohne Zulassung des Zentrums oder ohne zustimmende Bewertung der Ethik-Kommission stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Sofern Anhalts-punkte für eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit gegeben sind, werden die zuständigen Behörden Ermittlungsver- fahren einzuleiten und die erforderlichen Maß-nahmen zu ergreifen haben. 2. Ist entsprechend § 3 Absatz 2a PIDV geplant, bei der Zulassung der Zentren, in denen die PID durchgeführt werden darf, mit anderen Bundesländern zu kooperieren und einen Staatsvertrag zur Errichtung einer gemeinsame Stelle abzuschließen, die über die Zulassung entscheidet? Falls ja mit welchen Bundesländern fanden/finden Ge- spräche statt und welchen Stand haben diese? Falls nein, warum nicht? Falls nein, welche Behörde soll in Berlin diese Funktion wahrnehmen? Zu 2.: Es ist nicht geplant, dass Berlin bei der Zulas- sung der Zentren, in denen die PID durchgeführt werden darf, mit anderen Bundesländern kooperiert. Mit Blick auf die kurze Umsetzungsfrist wäre eine Regelung über Staatsvertrag zu langwierig. Da es sich nur um eine sehr eingeschränkte Anzahl von Zulassungen handelt, wäre ein solches Vorgehen außerdem unverhältnismäßig aufwen- dig. Zulassungsbehörde soll das Landesamt für Gesund- heit und Soziales Berlin (LAGeSo) werden. 3. Ist eine zentrale Ethikkommission für Präimplanta- tionsdiagnostik in Berlin vorgesehen, wie dies die Mehr- heit der Bundesländer im Gesundheitsausschuss des Bun- desrates in der PIDV verankern wollte? 4. Ist vorgesehen, dem Vorbild der Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern zu folgen und via Staatsvertrag eine gemeinsame Ethikkommission zu bilden? Falls nein, warum nicht und warum wird ein Bedarf für mehr als eine Ethikkommission in Berlin gese- hen? Zu 3. und 4.: Der Senat plant nicht die Bildung einer gemeinsamen Ethik-Kommission mit anderen Bundeslän- dern durch einen Staatsvertrag. Der Senat beabsichtigt vielmehr, dem Abgeordnetenhaus durch einen Geset- zesentwurf vorzuschlagen, die Prüfung und Bewertung von Anträgen auf Durchführung einer PID nach § 3a Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 ESchG der beim LAGeSo errichteten Ethik-Kommission des Landes Berlin durch entsprechende Änderung des Ethik-Kommissionsgesetzes Berlin (EKG Berlin) zu übertragen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 037 2 Das Land Berlin verfügt mit dieser Ethik-Kommission bereits über eine unabhängige Behörde, die seit Jahren auf gesetzlicher Grundlage Prüfungen und Bewertungen im arzneimittel- und medizinrechtlichen Bereich vornimmt und um einen nach den Vorgaben der PIDV besetzten Ausschuss erweitert werden kann. Dies hätte auch den Vorteil der größeren Bürgerfreundlichkeit. Durch die Zuständigkeit der Ethik-Kommission des Landes Berlin könnten für die Betroffenen weite Anreisen und damit verbundene zusätzliche Kosten vermieden werden, wenn ein persönliches Erscheinen im Zuge der Antragsprüfung notwendig werden sollte. Ferner wäre die persönliche Beratung der Antragstellerinnen nach § 25 des Verwal- tungsverfahrensgesetzes im Vorfeld der Antragstellung durch die Beschäftigten der Geschäftsstelle der Ethik- Kommission (LAGeSo) gewährleistet. Dies wäre aus Sicht des Senats von besonderer Bedeutung, weil die Antragstellerinnen infolge fehlender Kenntnisse und Er- fahrungen auf dem Gebiet der PID und des Verwal- tungsverfahrensrechtes in der Regel einen vergleichs- weise erhöhten Beratungsbedarf haben dürften. 5. Gab/gibt es Absprachen mit anderen Bundeslän- dern, um bei der Ausgestaltung der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik für eine möglichst große Einheitlichkeit der Regelungen zu sorgen? Falls ja, mit welchem Ergebnis? Falls nein, warum nicht und ist dies noch geplant? Zu 5.: Absprachen mit anderen Ländern über die Aus- gestaltung der Ethik-Kommissionen gibt es nicht. Nach § 4 Absatz 4 Satz 1 PIDV wird das Nähere zur Zusammen- setzung, zu internen Verfahrensregelungen, zur Berufung der Mitglieder der Ethik-Kommissionen und zur Finanzie- rung der Ethikkommissionen durch Landesrecht be- stimmt. Das EKG Berlin und die Ethik-Kommissionsver- ordnung Berlin (EKV Berlin) enthalten bereits umfas- sende Regelungen, die bei einer Übertragung der Aufgabe auf die Ethik-Kommission des Landes Berlin bis auf wenige durch die PIDV veranlasste Abweichungen An- wendung finden können. Gleichwohl stehen die obersten Gesundheitsbehörden der Länder in regelmäßigem Aus- tausch u. a. über die Umsetzung der PIDV, und die bereits vorliegenden Gesetzentwürfe anderer Länder zur Errich- tung und Einrichtung von Ethik-Kommissionen für die PID werden bei der Änderung des Ethik-Kommissionsge- setzes Berlin und der Ethik-Kommissionsverordnung Berlin nach Möglichkeit berücksichtigt. 6. Wie, durch wen und nach welchen Kriterien sollen die Mitglieder der Ethikkommission auf Landesebene zukünftig ausgewählt werden? Zu 6.: Die Mitglieder der Ethik-Kommission des Lan- des Berlin sollen für den Bereich PID durch das Landes- amt für Gesundheit und Soziales Berlin berufen werden, wie dies im Übrigen bereits jetzt durch § 2 Absatz 1 Satz 2 EKG Berlin und § 4 EKV Berlin vorgesehen ist. Dabei wird insbesondere die durch § 4 Absatz 1 Satz 3 PIDV vorgegebene fachliche Qualifikation der Kommissions- mitglieder zu beachten sein. Ein landesrechtlicher Spiel- raum besteht insoweit nur im Hinblick auf die fachliche Qualifikation der vier ärztlichen Mitglieder, der bei der Änderung des Ethik-Kommissionsgesetzes Berlin genutzt werden soll. Das LAGeSo wird zur Besetzung des für die PID zuständigen Ausschusses der Ethik-Kommission Vorschläge einzuholen haben, insbesondere bei den zu- ständigen Kammern, der Medizinischen Fakultät der Charité – Universitätsmedizin Berlin, dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Freien Universität Berlin und der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin sowie den jeweils für die Wahrnehmung der Interessen von Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe behin- derter Menschen auf Landesebene maßgeblichen Organi- sationen. 7. Mit wie vielen Anträgen zur Zulassung als Zent- rum, in denen die PID durchgeführt werden darf, rechnet der Senat? Liegen dem Senat solche Anträge bereits vor, und falls ja wie viele? Zu 7.: Bisher liegt der Senatsverwaltung für Gesund- heit und Soziales von einem Interessenten die Bitte um Zusendung von Antragsformularen für eine Zulassung als Zentrum zur Durchführung der PID vor. Es kann nicht abgeschätzt werden, ob darüber hinaus Anträge eingehen werden. 8. Wie viele Zentren, in denen die PID durchgeführt werden darf, sind aus Sicht des Senats notwendig? Wird bei dieser Einschätzung die sich abzeichnende Situation in den angrenzenden Bundesländern einbezo- gen/berücksichtigt? Welche Rolle spielt, dass in der De- batte im Bundestag bei der Einführung der PID von einem Bedarf von ein bis maximal drei notwendigen Zentren in ganz Deutschland ausgegangen wurde? Zu 8.: Aus Sicht des Senats sind für Berlin ein, maxi- mal zwei zugelassene Zentren, in denen die PID durchge- führt werden darf, notwendig. Die Anzahl der in den anderen Bundesländern zuzu- lassenden Zentren ist nicht bekannt, zumal Zulassungen noch nicht erteilt worden sind. Berlin, den 31. Januar 2014 In Vertretung Emine D e m i r b ü k e n - W e g n e r _____________________________ Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Feb. 2014)