Drucksache 17 / 13 040 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Gerwald Claus-Brunner (PIRATEN) vom 07. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 09. Januar 2014) und Antwort Folgen des Programms "Nachhaltige Effiziente Optimierung" (NEO) bei den Berliner Wasserbetrieben Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Die Fragen betreffen das Projekt „Nachhaltige Effiziente Optimierung“ (NEO), das in der Verantwortung des Vorstandes der Berliner Wasserbetriebe (BWB) liegt. Die o.g. Fragen kann der Senat nicht aus eigener Zuständig- keit und Kenntnis beantworten. Damit Sie eine Antwort auf Ihre Anfrage erhalten wurden die BWB um Auskünfte gebeten, die der Beantwortung zugrunde gelegt wurden. 1. Welche technisch-organisatorischen Rationalisie- rungsschritte sieht das Programm "Nachhaltige Effiziente Optimierung" (NEO) im Einzelnen - getrennt nach Be- triebsteil Wasser und Abwasser - in den nächsten fünf Jahren vor? Betrifft es folgende Rationalisierungsmaßnahmen: • Einschränkung von Dienstleistungen • Verteuerung der Wasser- und Abwasseranschluss- kosten, Verlängerung von Wartungsfristen von Rohrleitungen und Kanälen • weitere Verlängerung der Anschlussfristen an die städtische Kanalisation im Betriebsteil Abwasser in den Außenbezirken • Hinausschieben der Sanierung des Mischwasserkanalsystems • Hinausschieben der Vollendung der 4. Reinigungsstufe • organisatorisch-technische Zusammenlegungen • Dezentralisierung von Abwassersystemen • erweiterte Nutzung von Grauwasser durch Förde- rung von dezentralen privaten Initiativen • Einsparungen im Bereich der Personalpolitik z.B. Aus- und Weiterbildung, Rationalisierungsprozes- se in der zentralen Verwaltung, Integration von EDV-Systemen, verbesserte Anwendung von EDV-gestützten Balanced Score-Card Systemen, weitere Förderung flexibilisierter Arbeitssysteme (Zeitarbeit, Leiharbeit, Ausbau prekärer Arbeits- verhältnisse) Einsparung von Personalstellen, ge- plante Auslagerungen Zu 1.: Die durchgeführte Zusammenlegung der Vor- standsressorts Technik und Betrieb unterstützt das Projekt „Nachhaltige Effiziente Optimierung“ (NEO) in der Zusammenführung und organisatorischen Neuzuordnung von Aufgaben, die bisher vergleichbar in verschiedenen Organisationseinheiten erbracht wurden. Durch NEO ermittelte Einsparpotenziale resultieren aus Prozessopti- mierungen, organisatorischen Veränderungen sowie be- trieblichen Einsparungen. Die zusätzlichen Sachkosten- einsparungen ergeben sich bspw. durch Optimierungen an Gebäuden und Anlagen zur Einsparung von Betriebskos- ten, die Aufgabe von Standorten, eine verstärkte Standar- disierung im IT-Bereich sowie bei den Fahrzeugen. We- sentliche Synergieeffekte entstehen u.a. durch die Kon- zentration der Aufgaben zur Strategieentwicklung, eine Neuzuordnung der Verantwortlichkeiten im Investitions- prozess und die Zusammenlegung planerischer Bereiche. Es wird ein neuer Bereich Unternehmensstrategie und Assetmanagement, der die Teilstrategien der Berliner Wasserbetriebe (BWB) bündeln, optimieren und aufei- nander abstimmen soll, gegründet. Die Fachbereiche Kanalnetz und Abwasserpumpwerke sollen zusammenge- führt werden. Die Zahl der Rohrnetzbetriebsstellen im Bereich Wasserversorgung soll von 5 auf 4 reduziert werden. Des Weiteren wird das Zählerwesen dem Bereich Wasserversorgung zugeordnet, um die Abstimmung kun- denbezogener Prozesse mit dem Rohrnetz zu verbessern. Außerdem wird der Kundenservice neu organisiert. Zu Teilfrage: Betrifft es folgende Rationalisierungs- maßnahmen: • Einschränkung von Dienstleistungen Nein, die Dienstleistungen der BWB werden nicht eingeschränkt. • Verteuerung der Wasser- und Abwasseranschlusskosten , Verlängerung von Wartungsfristen von Rohrleitungen und Kanälen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 040 2 Eine Verteuerung der Hausanschlusspreise ist im Rahmen von NEO nicht vorgesehen. Die Wartungszyklen und Kosten für Rohrleitungen und Kanäle bewegen sich im Rahmen der allgemeinen Normen und anerkannten Regeln der Technik. • weitere Verlängerung der Anschlussfristen an die städtische Kanalisation im Betriebsteil Abwasser in den Außenbezirken Der Beschluss des Abgeordnetenhauses zur Erschlie- ßung der „Kategorie-I-Gebiete“ wird wie geplant umgesetzt . • Hinausschieben der Sanierung des Mischwasserkanalsystems Die Sanierung des Mischwasserkanalsystems wird in Abstimmung mit dem Land Berlin planmäßig durchge- führt. • Hinausschieben der Vollendung der 4. Reinigungsstufe Die Vollendung der 4. Reinigungsstufe wird nicht verzögert. Für das Klärwerk Ruhleben ist die Finanzie- rung der 4. Reinigungsstufe zur weitergehenden Nährstof- felimination unverändert in der Wirtschaftsplanung ent- halten. Die zeitliche Umsetzung wird von anderen Fakto- ren bestimmt, u.a. Genehmigungsverfahren, Vergabe, Planung, Bau. Für alle anderen Klärwerke sind die künfti- gen Anforderungen und Prioritäten noch nicht abschlie- ßend abgestimmt. Hier sind insbesondere durch die Fach- behörden des Landes Brandenburg noch Vorarbeiten zu erbringen. • organisatorisch-technische Zusammenlegungen Organisatorische Änderungen sind erfolgt (s.o). • Dezentralisierung von Abwassersystemen und erweiterte Nutzung von Grauwasser durch Förde- rung von dezentralen privaten Initiativen Die Dezentralisierung von Abwassersystemen und die erweiterte Nutzung von Grauwasser werden derzeit im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundesministeri- ums für Bildung und Forschung gemeinsam mit der Se- natsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt unter- sucht. Die Bearbeitung sowie die Inhalte des Projektes werden durch das NEO-Projekt nicht beeinflusst. • Einsparungen im Bereich der Personalpolitik z.B. Aus- und Weiterbildung, Rationalisierungsprozes- se in der zentralen Verwaltung, Integration von EDV-Systemen, verbesserte Anwendung von EDV-gestützten Balanced Score-Card Systemen, weitere Förderung flexibilisierter Arbeitssysteme (Zeitarbeit, Leiharbeit, Ausbau prekärer Arbeits- verhältnisse) Einsparung von Personalstellen, ge- plante Auslagerungen Die Berliner Wasserbetriebe arbeiten kontinuierlich an einer optimalen Ausgestaltung der Aus- und Weiterbil- dung unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte. Im Kontext zum Optimierungsprojekt wurden keine weiteren Einsparmaßnahmen vereinbart. Hinsichtlich der Ausbil- dung und der anschließenden Beschäftigung von Ausler- nern und Auslernerinnen wurde im Aufsichtsrat beschlos- sen, die perdie.net GmbH zum 31.12.2013 in die BWB zu reintegrieren. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Projekt NEO ist auch hier nicht gegeben. 2. Gab es beim Rückkauf von den Veolia-Anteilen Kompensationsvereinbarungen hinsichtlich der verstärk- ten Vergabe von Aufträgen an Veolia-Firmen wie z.B. Onyx, aqua consult und andere durch die Berliner Was- serbetriebe? Zu 2.: Wie aus dem veröffentlichten Kaufvertrag zum Erwerb der Beteiligung von Veolia an der Berlinwasser Gruppe zu ersehen ist, gibt es derartige Vereinbarungen mit Veolia-Firmen nicht. 3. Sind durch das NEO-Programm Auslagerungen an z. B. RWE- und Veolia-Tochterfirmen sowie andere pri- vate Anbieter geplant? Wenn ja, in welchem Umfang und welche Arbeitsbe- reiche der Berliner Wasserbetriebe soll das betreffen? Wie wirkt sich das auf die fünfjährige Personalpla- nung aus? Zu 3.: Nein. 4. Fragen zu Investitionen für die nächsten fünf Jah- re, einzeln aufgeführt und getrennt nach Betriebsteil Was- ser und Abwasser: I. Wie sieht die Entwicklung der geplanten Ge- samtinvestitionen aus? II. Wie hoch ist die Summe der jährlichen Ersatzin- vestitionen in der Investitionsplanung? III. Wie hoch sind die jährlichen Ausbauinvestitionen? IV. Wie lauten die Gesamt-, Ersatz- und Ausbauinves- titionen, bezogen auf die jeweiligen geplanten Ge- samtkilometer von Rohrleitungen und Gesamtki- lometer von Kanälen? Zu 4. I.): Bei den BWB werden bis 2018 ca. 1.300 Mio. € investiert. Davon werden im Betriebsteil Wasserversorgung ca. 400 Mio. € und im Betriebsteil Entwässerung ca. 900 Mio. € investiert. Zu 4. II.): Im Betriebsteil Wasserversorgung belaufen sich die geplanten jährlichen Ersatzinvestitionen auf ca. 90 % der Gesamtinvestitionen. Im Betriebsteil Entwässe- rung belaufen sich die geplanten jährlichen Ersatzinvesti- tionen auf ca. 70 % der Gesamtinvestitionen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 040 3 Zu 4. III.): Die geplanten jährlichen Ausbauinvestitio- nen (Erweiterungen) belaufen sich im Betriebsteil Was- serversorgung auf 10 % der Gesamtinvestitionen. Im Betriebsteil Entwässerung belaufen sie sich auf 30 % der Gesamtinvestitionen Zu 4. IV.): In das Kanalnetz mit einer Länge von 9.700 km werden ca. 450 Mio. € investiert. Davon gehen ca. 20 % in die Erweiterung des Netzes. In das Rohrnetz mit einer Länge von 7.900 km werden ca. 180 Mio. € investiert. Davon gehen ca. 2-3 % in die Erweiterung des Netzes. In das Abwasserdruckrohrnetz mit einer Länge von 1.170 km werden ca. 70 Mio. € investiert. Davon gehen ca. 20 % in die Erweiterung des Netzes. 5. Fragen zur Auswirkung auf Kostensenkung und Personal durch den Einsatz neuer Technologien für die nächsten fünf Jahre, einzeln aufgeführt und getrennt nach Betriebsteil Wasser und Abwasser: I.) Wie soll sich der Einsatz preiswerter neuer Tech- nologien auf die Investitionsplanzahlen auswirken? II.) Welche Kostenwirkung haben der weitere Ausbau und die Zentralisierung der Automations-, Über- wachungs- und Kontrollprozesse auf die Ge- samtinvestitionen? III.)Welche Personaleffekte ergeben sich daraus? Zu 5.: Im Rahmen des Projektes NEO wurden Opti- mierungspotenziale im Bereich der Investitionsdurchfüh- rung ermittelt. Dies betrifft im Wesentlichen die internen Prozesse. In der Folge sinken die Investitionskosten no- minell gegenüber der ursprünglichen Planung. Das Inves- titionsniveau und der Umfang der Maßnahmen bleiben jedoch erhalten. 6. Wie wirken sich diese Maßnahmen auf die Perso- nalzahlen für die nächsten fünf Jahre aus, einzeln aufge- führt und getrennt nach Betriebsteil Wasser und Abwas- ser, Funktionsbereichen, Beschäftigungskategorien, auf- geschlüsselt nach Vollzeit, Teilzeit, Leiharbeit sowie Umrechnung in Vollzeitstellen? (Angabe der Personalzahlen der fünfjährigen Perso- nalplanung, getrennt nach I.) Leitenden Angestellten, Angestellten und Arbei- ter, II.) den Betriebsteilen Wasser und Abwasser, III.) zentraler Verwaltung (innere Verwaltung (Perso- nal, Finanzen, Abrechnungsstellen, Pressestelle) und produktionsnahe Verwaltung), IV.) produktiven Betriebsteilen (Instandhaltung und Betriebsarbeiter: Wasserwerke, Brunnen, Klär- werke, Pumpstationen, Abwasserhochdrucklei- tungen nebst - Anlagen, sonstige Pumpstationen, Rohrbereich (Wartung und Ausbau), Klär- schlammverbrennungsanlage, Phosphateliminie- runganlage sowie Kanalbereich (Wartung und Ausbau)). Zu 6.: Das im Projekt NEO ermittelte zusätzliche Po- tenzial von 158 Personenjahren (PJ) beinhaltet Effekte aus bereits umgesetzten Maßnahmen sowie aus zukünfti- gen Optimierungen in allen Organisationseinheiten (ein- schließlich Stabsbereichen), die zusätzlich zum ursprüng- lichen Wirtschaftsplan gehoben werden sollen. Ein Groß- teil, rund 124 PJ, entfällt dabei auf den technischen Be- reich (49 %), auf die Instandhaltung (10 %) sowie auf Planung/Bau (19 %). Die weiteren 34 PJ verteilen sich auf kaufmännische Bereiche und Stabsbereiche. 7. Wie haben sich die betreffenden Personalzahlen seit 1997 entwickelt? Zu 7.: Die Angaben sind stets ohne den Ausbildungs- bereich. Ab 2012 sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterin- nen der ehemaligen Berlinwasser Services GmbH wieder bei den BWB beschäftigt, was einen Anstieg der Beschäf- tigtenzahlen zur Folge hatte. Jahr 31.12. Mitarbeiter / Mitarbeiterinnen 31.12. PJ 1997 6.538 6.369 1998 6.413 6.172 1999 6.262 6.009 2000 6.116 5.870 2001 5.550 5.290 2002 5.391 5.124 2003 5.283 4.977 2004 5.210 4.778 2005 5.096 4.561 2006 4.986 4.432 2007 4.886 4.253 2008 4.802 4.035 2009 4.712 3.948 2010 4.638 3.861 2011 4.581 3.821 2012 4.630 3.938 2013 4.490 3.874 8. Wie wirken sich die Einsparungsmaßnahmen durch NEO, bezogen auf die Kosten der vom Bundeskar- tellamt verfügten Wasserpreisabsenkung - die ca. zu 2/3 von den BWB zu tragen ist – auf die Einhaltung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) aus? Zu 8.: Die Wasserpreissenkung hat keinen Einfluss auf die Investitionen im Abwasserbereich. Die vorgese- hene Preissenkung um 15 % wird im Wesentlichen über einen Gewinnverzicht des Landes Berlin erzielt. Zur Ein- haltung der WRRL sind verschiedenste und umfangreiche Maßnahmen erforderlich. Dazu zählen in Berlin Maßnah- men zur Verbesserung der Gewässerstruktur und -mor- phologie. Die Nährstoffsituation in den Berliner und Brandenburger Gewässern muss nach Einschätzung der Fachbehörden ebenfalls verbessert werden. Diesbezüglich werden derzeit die Nährstoffeinträge im Einzugsgebiet der Spree und Havel bilanziert und bewertet. Die künfti- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 040 4 gen Anforderungen u.a. an die Landwirtschaft und an die kommunale Abwasserentsorgung (Klärwerke, Mischsys- tem, Niederschlagsabflüsse) müssen noch abschließend länderübergreifend abgestimmt und vereinbart werden. Erst dann können dafür notwendige Ressourcen verläss- lich definiert und geplant werden. Die derzeitige Planung sieht vor, dass bis 2022 zusätzlich rd. 450 Mio. € in die Klärwerke der BWB investiert werden. Berlin, den 28. Januar 2014 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Feb. 2014)