Drucksache 17 / 13 056 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 15. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 15. Januar 2014) und Antwort Beschwerden und Klagen von Inhaftierten der JVA Tegel Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Beschwerden wurden jeweils in den letz- ten fünf Jahren von Inhaftierten an die JVA Tegel gerich- tet? Zu 1.: Beschwerden von Inhaftierten richten sich an die Justizvollzugsanstalt Tegel und zahlreiche andere Adressaten, beispielsweise die Aufsichtsbehörde, den Anstaltsbeirat oder den Petitionsausschuss des Abgeord- netenhauses. Weder die Zahl noch die Adressaten dieser Beschwerden werden statistisch erfasst. Die Frage könnte nur nach Auswertung aller Gefangenenakten beantwortet werden. Wegen des erforderlichen beträchtlichen Verwal- tungsaufwandes wird von der Beantwortung dieser Frage abgesehen. 2. Wie viele Klagen gab es jeweils in den letzten fünf Jahren von Inhaftierten gegen die JVA Tegel? 3. Wie verteilen sich die in 1. und 2. genannten Kla- gen und Beschwerden auf die einzelnen Teilanstalten? Zu 2. und 3.: Hinsichtlich der Anträge nach §§ 109 ff Strafvollzugsgesetz (StVollzG) können folgende Zahlen mitgeteilt werden: Anträge insgesamt JVA Tegel obsiegt TA*** I TA II TA III TA V TA VI SothA*** sonstige 2009 555 536 30 46 139 189 75 13 63 2010 332 312 17 33 62 96 54 15 55 2011 368 347* 11 72 56 114 32 21 62 2012 475 459* 9 70 128 117 35 18 98 2013 516 507* 1 84 131 105** 62 23 110 * es sind noch nicht alle Gerichtsverfahren (rechtskräftig) beendet. ** ab 01.06.2013 einschließlich Einrichtung für den Vollzug der Sicherungsverwahrung *** TA = Teilanstalt; SothA = Sozialtherapeutische Anstalt Die Summe der Anträge je Teilanstalt entspricht nicht der Gesamtzahl der Gerichtsanträge, weil sich die statisti- sche Erfassung der Gerichtsanträge nach §§ 109 ff StVollzG nicht auf den Unterbringungsbereich der Ge- fangenen, sondern auf die Dienststelle bezieht, die die angefochtene Maßnahme erlassen hat. Dies können auch Dienststellen wie die Arbeitsverwaltung, die Sicherheits- abteilung oder andere sein (zusammengefasst in der Spal- te „sonstige“). Darüber hinausgehende Klagen - etwa vor den Verwaltungs- oder Zivilgerichten - werden von der Justizvollzugsanstalt Tegel statistisch nicht erfasst. 4. In wie vielen Fällen richteten sich diese Klagen und Beschwerden gegen a) Mithäftlinge, b) Aufsichtspersonal, c) Leitung? Zu 4.: Die Gerichtsanträge nach §§ 109 ff StVollzG richteten sich immer gegen den Anstaltsleiter der Justiz- vollzugsanstalt Tegel. Zu den übrigen Beschwerdegeg- nern kann aus den Gründen der Antwort zu Frage 1. keine Aussage getroffen werden. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 056 2 5. Welche Informationen liegen hinsichtlich des In- halts der Beschwerden und Klagen und ihrer Verteilung auf a) Unterbringung und Verpflegung, b) schlechte oder ungerechte Behandlung, c) Mobbing durch Aufsichtspersonal, d) Mobbing durch Mithäftlinge, e) Politisch motivierte Handlungen (z.B. durch Sa- lafisten oder Rechtsradikale?), f) Vollzugsverlauf, Betreuung, Lockerungen vor? Zu 5.: In den Verfahren nach §§ 109 ff StVollzG ver- teilen sich die Streitgegenstände wie folgt: a) Unterbringung und Verpflegung 10 % b) schlechte oder ungerechte Behandlung keine Erfassung c) Mobbing durch Aufsichtspersonal keine Erfassung d) Mobbing durch Mithäftlinge keine Erfassung e) Politisch motivierte Handlungen keine Erfassung f) Vollzugsverlauf, Betreuung, Lockerungen 30 % Hinsichtlich der Beschwerdegegenstände zu b) bis e) können mangels statistischer Erfassung (siehe Antwort zu Frage 1.) keine Angaben gemacht werden. 6. Welche Strategie hat der Senat, um mit diesen Be- schwerden und Klagen umzugehen, Konflikte möglichst nachhaltig zu schlichten und ggf. Missständen in der JVA Tegel abzuhelfen? Zu 6.: Beschwerden und Klagen wird jeweils im Ein- zelfall nachgegangen und der ihnen zugrunde liegende Sachverhalt vollständig aufgeklärt. Die notwendigen dienst- und fachaufsichtsrechtlichen Schritte werden ggf. ergriffen. Zur Unterstützung der den Vollzugsgrundsätzen ver- pflichteten Behandlungs-, Betreuungs- und Sicherungs- maßnahmen wird - soweit im Einzelfall erforderlich - eine nachhaltige Konfliktlösung angestrebt. Eine offene Ge- sprächskultur wird als notwendig erachtet und von den Konfliktbeteiligten eingefordert. Den Bediensteten des Sozialdienstes und des allgemeinen Vollzugsdienstes kommt aufgrund ihrer Nähe zu den Inhaftierten hierbei eine tragende Rolle und Vorbildfunktion zu. Sofern in Konfliktfällen Gespräche keinen Erfolg zeigen, können auch konkrete Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden, etwa die Trennung von Inhaftierten am Arbeitsplatz oder ihre Unterbringung in verschiedenen Bereichen. In Ge- richtsverfahren nach §§ 109 ff StVollzG hat sich die Jus- tizvollzugsanstalt Tegel auch schon an gerichtlichen Me- diationen zur Konfliktlösung beteiligt. Berlin, den 31. Januar 2014 Thomas Heilmann Senator für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. Feb. 2014)