Drucksache 17 / 13 086 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Alexander J. Herrmann (CDU) vom 21. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 22. Januar 2014) und Antwort Ehrenamt ade? Neue EU-Richtlinien Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die derzeit geplante Novel- lierung der EU-Arbeitszeitrichtlinie, wodurch letztlich auch im Land Berlin kraft Gesetzes eine zeitliche Begren- zung der ehrenamtlichen Tätigkeit auf nur noch wenige Wochenstunden erfolgen würde? Zu 1.: Es liegt gegenwärtig kein aktueller Entwurf für eine Novellierung der EU-Arbeitszeitrichtlinie vor, den der Senat bewerten könnte. Gegenwärtig gilt die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Im Jahr 2004 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Arbeitszeitrichtlinie und im Jahr 2005 einen überarbeiteten Änderungsvorschlag vor- gelegt. Trotz jahrelanger intensiver Verhandlungen ist eine Änderung 2009 im Vermittlungsverfahren zwischen Rat und Europäischem Parlament gescheitert. Auch die euro- päischen Sozialpartner konnten sich Ende 2012 nicht auf eine Sozialpartnervereinbarung zur Revision der Arbeits- zeitrichtlinie einigen. Aktuell hat die Kommission eine Folgenabschätzung zu möglichen Optionen der Arbeits- zeitrichtlinie in Auftrag gegeben, die im Jahr 2014 fertig- gestellt werden soll. Nähere Informationen liegen noch nicht vor. Es wird damit gerechnet, dass die Kommission erst nach der Neuwahl des Europäischen Parlaments im Mai 2014 und ihrer folgenden Neukonstitution einen neuen Vorschlag zur Revision der Arbeitszeitrichtlinie vorlegen wird. 2. Welche Auswirkungen sieht der Senat insoweit für das Ehrenamt in unserer Stadt, z.B. in Sportvereinen und bei dem THW? Zu 2.: Keine. Im Jahr 2012 hat das Vorhaben (ohne konkreten Vor- schlag) der Europäischen Kommission, ehrenamtlich tätige Personen in den Anwendungsbereich der Richtlinie einzubeziehen, in Deutschland zur Verunsicherung ge- führt. Zahlreiche Abgeordnete des Deutschen Bundesta- ges, Verbandsvertreterinnen und Verbandsvertreter, ein- zelne Gemeinden haben sich in dieser Angelegenheit an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gewandt. Das Fachreferat der zuständigen Berliner Se- natsverwaltung hat sich im April 2012 an den Koordinator für den Sozialen Arbeitsschutz des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik mit der Bitte ge- wandt, die genauen Absichten der Kommission hinsicht- lich der ehrenamtlichen Tätigkeit zu ermitteln und das BMAS zu sensibilisieren. Es bestand unter den Ländern und dem BMAS Einigkeit darüber, dass eine Einbezie- hung ehrenamtlich Tätiger in den Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinie abgelehnt wird. Mit einem Schreiben an den zuständigen EU-Kommissar hat die Bundesminis- terin im Mai 2012 diese Haltung der Länder und des BMAS deutlich gemacht. Daraufhin hat der EU-Kommissar in seinem Antwort- schreiben vom Juni 2012 zum Ausdruck gebracht, dass es nur darum ging, ehrenamtlich Tätige, die juristisch als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Sinne des Unions- rechts anzusehen sind, in den Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinie einzubeziehen. Die Bezeichnung „Freiwillige“ bzw. „Ehrenamtliche“ sagt noch nichts über eine eventuell vorhandene Arbeit- nehmereigenschaft dieser Personen aus. Für die Frage der Anwendbarkeit der Arbeitszeitrichtlinie kommt es allein auf das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft der be- troffenen Personen an. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt für die Arbeitnehmereigenschaft im Rah- men der Arbeitszeitrichtlinie auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ab. Dessen wesentliches Merkmal besteht nach dem EuGH darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Wei- sung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält. Diese Voraussetzung liegt bei ehrenamtlichen Tätigkeiten in Deutschland gerade nicht vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 086 2 Dadurch ist klar: Mitglieder von Freiwilligen Feuer- wehren und sonstige ehrenamtlich Tätige, die mangels Vergütung ihrer Tätigkeit nicht als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts anzusehen sind, fallen nicht unter den Anwendungsbereich der Arbeits- zeitrichtlinie und sollen dies nach dem Willen der Kom- mission auch zukünftig nicht. Die vielen ehrenamtlich tätigen Freiwilligen in Deutschland wären somit von einer Novellierung der EU- Arbeitszeitrichtlinie nicht betroffen. Dieses Problem ist seit dem Jahr 2012 geklärt. 3. Welche Konsequenzen hätte die Novellierung zu- dem für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Berlin mit Rettungseinsätzen durch die Freiwillige Feu- erwehr? Zu 3.: Keine. 4. Welche konkreten Schritte wird der Senat daher, ggf. auch auf Bundesebene, unternehmen, um eine Be- schränkung des Ehrenamts in unserer Stadt durch die Novellierung der EU-Arbeitszeitrichtlinie zu verhindern? Zu 4.: Keine. Das Missverständnis wurde bereits 2012 aufgeklärt. Berlin, den 26. Februar 2014 In Vertretung Barbara L o t h Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 06. Mrz. 2014)