Drucksache 17 / 13 126 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Bangert (GRÜNE) vom 29. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 29. Januar 2014) und Antwort Entscheidungen über Weltkulturerbe unter Ausschluss der Öffentlichkeit? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Hat sich der Berliner Senat für die Ausrich- tung der Sitzung des Entscheidungsgremiums über das UNESCO-Welterbe, das UNESCO-Welterbekomitee, die im Juni/Juli 2015 in Deutschland stattfinden soll, ein- gesetzt? Inwieweit hat der Berliner Senat bei seinen Be- mühungen die Zusammenarbeit mit dem Land Branden- burg gesucht? Falls nicht, warum nicht? Antwort zu 1: Das UNESCO-Welterbekomitee hat auf seiner 37. Sitzung im Juni 2013 in Phnom Penh, Kambod- scha, die Einladung der damaligen Staatsministerin Pie- per, Auswärtiges Amt, zur Durchführung seiner 39. Voll- versammlung 2015 nach Deutschland zur Kenntnis ge- nommen. Eine Entscheidung über die Annahme der Ein- ladung fällt das Komitee im Juni 2014 in Doha, Katar. Sollte das UNESCO-Welterbekommitee die Einla- dung der Bundesrepublik Deutschland annehmen, obliegt dem Auswärtigen Amt die Entscheidung, wo die 39. Vollversammlung mit bis zu 1700 Teilnehmerninnen und Teilnehmern stattfinden wird. Die Kultusministerkonfe- renz (KMK) und damit auch das Land Berlin wurde über die Einladung des Auswärtigen Amtes informiert. KMK und Senat würden es begrüßen, wenn die 39. Vollver- sammlung in Berlin stattfindet und werden sich bei der Bundesregierung für Berlin als Veranstaltungsort einset- zen. Einer Zusammenarbeit mit Brandenburg bedarf es dafür nicht. Frage 2: Falls ja, trifft es zu, dass für die Ausrichtung der Konferenz Bonn den Vorzug vor Berlin erhalten hat? Trifft es weiter zu, dass Bonn den Vorzug auch deswegen erhalten hat, weil Berlin keine geeigneten Räumlichkeiten für die Konferenz anbieten konnte? Antwort zu 2: Nach Kenntnis der KMK sieht der Pla- nungsstand des Auswärtigen Amtes nunmehr aus logisti- schen Gründen Bonn als Veranstaltungsort vor, während ursprünglich Berlin angedacht gewesen sein soll. Für Bonn würde sprechen, dass dort weitere UN-Einrichtun- gen in Deutschland ihren Sitz haben. Frage 3: Welche Räumlichkeiten stehen derzeit in Ber- lin für die Ausrichtung derartiger Konferenzen zur Verfü- gung? Falls derzeit keine zur Verfügung stehen sollten, was gedenkt der Berliner Senat zu tun, um diesen Wettbe- werbsnachteil zu kompensieren? Antwort zu 3: In Berlin stehen grundsätzlich Räum- lichkeiten für derartige Veranstaltungen zur Verfügung. Welche Räumlichkeiten in Frage kommen würden, kann aber erst konkret geprüft werden, wenn die besonderen Anforderungen bekannt sind (z.B. internationales Veran- staltungsmanagment, Technik, protokollarische Erforder- nisse, Erreichbarkeit etc.). Frage 4: Wie viele Mitglieder hat die von der Kultur- ministerkonferenz (KMK) einberufene Arbeitsgruppe, die über die neue Vorschlagsliste für deutsche Welterbestätten entscheidet, wer gehört seitens des Landes Berlin dieser Arbeitsgruppe an und wer sind die restlichen Mitglieder (bitte unter Nennung des jeweils entsendenden Bundes- landes bzw. der Institution)? Frage 5: Gehören der Arbeitsgruppe VertreterInnen der Zivilgesellschaft an, wie dies u.a. in den Durchfüh- rungsbestimmungen zur Welterbekonvention (Artikel 64 - Operational Guidelines) angeraten wird? Falls nicht, wie wird dies begründet? Antwort zu 4 und zu 5: Für die fachliche Begutach- tung wurde von der KMK erstmals ein internationaler Fachbeirat berufen, um aus den eingegangenen Themen der Länder, die Ergebnis eines breit angelegten zivilge- sellschaftlichen und fachlichen Engagements sind, Vor- schläge für die nächste bundesdeutsche Tentativliste zu evaluieren. Der 11-köpfige Fachbeirat ist interdisziplinär und in- ternational zusammengesetzt. Vertreterinnen und Vertre- ter zivilgesellschaftlicher Organisationen gehören ihm nicht an. Seine Aufgabe ist es, die eingereichten Vor- schläge frei von Beeinflussung und unter Wahrung der Neutralität zu bewerten. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 126 2 Die Bundesrepublik folgt mit diesem Verfahren dem Beispiel des Vereinigten Königreichs. Mit der fachlich fundierten Vorauswahl soll auf den überproportional großen Anteil europäischer Stätten auf der internationalen Welterbeliste eingegangen werden, weshalb die Aufgabe der Expertinnen und Experten darin besteht, die Stätten auszuwählen, denen perspektivisch eine reale Chance eingeräumt wird, weil sie Lücken der vom Internationale Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) international erstellten „GAP-List“ füllen können und über einen Outstanding universal value verfügen. Die Expertinnen und Experten wurden von den Ländern nach ausschließlich fachlichen Aspekten gemeinsam ausgewählt und von der KMK beru- fen. Frage 6: Welche Schlussfolgerungen zieht der Berliner Senat aus Artikel 64 der Operational Guidelines (Durch- führungsbestimmungen) zur Welterbekonvention, in de- nen die Mitgliedstaaten ermutigt werden, ihre Vorschlags- listen unter Beteiligung einer breiten Vielfalt von Interes- senvertreterInnen vorzubereiten, einschließlich den Ver- waltern von Stätten, lokalen und regionalen Regierungen, lokalen Gemeinschaften, NGOs und anderen interessier- ten Seiten und Partnern? Antwort zu 6: Nach Artikel 64 der Operational guide- lines zur Welterbekonvention werden die Vertragsstaaten „ermutigt“, ihre Vorschlagslisten unter Beteiligung einer Vielzahl unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure zu erstellen. Berlin geht diesbezüglich bei der Auswahl der eingereichten Vorschläge zur neuen Tentativliste in vor- bildhafter Weise mit gutem Beispiel voran. Sowohl der Vorschlag „Jüdischer Friedhof Weißensee“ als auch der zweite Vorschlag „Zwei deutsche Architekturen – KarlMarx -Allee und Interbau 1957 in Berlin“ wurden und werden von einer Vielzahl unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure auf Eigentümer- und Nutzungsseite, von Stellen in der Verwaltung, lokalen Initiativen und Verei- nen sowie Institutionen und weitereren Partnern getragen und aktiv unterstützt. Gestützt auf Beschlüsse des Senats und des Abgeord- netenhauses von Berlin basiert der Vorschlag „Jüdischer Friedhof Weißensee“ auf einer Initiative der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, die von Aktivitäten des Centrum Judaicum und des Fördervereins Jüdischer Friedhof Wei- ßensee sowie vom Zentralrat der Juden in Deutschland unterstützt wird. Der Vorschlag „Zwei deutsche Architekturen – KarlMarx -Allee und Interbau 1957 in Berlin“ ist selbst aus einer bürgerschaftlichen Initiative erwachsen, die den Bürgerverein Hansaviertel, den Förderverein Le Corbu- sier Haus und die Hermann- Henselmann-Stiftung um- fasst und von der Akademie der Künste Berlin sowie der Stiftung Zukunft Berlin als zivilgesellschaftlicher Träger unterstützt wird. Das Vorhaben wird seitdem von der Denkmalfachbehörde und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt begleitet. Weitere Vorschläge für Welterbeideen wurden sach- kundig geprüft und hinsichtlich der Erfüllung aktueller und künftiger Rahmenbedingungen bewertet. Ein Volks- begehren zum Weltkulturerbe Flughafen Tempelhof er- hielt im Juni 2012 nicht die erforderliche Stimmenzahl. Mit dem Landesdenkmalrat steht der für Denkmalschutz und Welterbe zuständigen Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt zudem ein ehrenamtliches Ex- pertengremium aus sachberührten Bürgern und Institutio- nen bei der Bewertung und Auswahl von Vorschlägen zur Seite. Frage 7: Wie bewertet der Senator für Kulturelle An- gelegenheiten von Berlin als Mitglied der KMK vor die- sem Hintergrund das Handeln der KMK, und in welcher Weise plant er sich im Sinne von Artikel 64 für mehr Beteiligung einzusetzen? Antwort zu 7: Die Senatskanzlei teilt die Auffassung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, dass das gesonderte Bewertungsverfahren für die Aufstel- lung einer neuen Tentativliste positiv zu bewerten ist. Mit diesem Verfahren erhöhen sich die Erfolgschancen zu- künftiger deutscher Vorschläge für die Welterbeliste. Frage 8: Durch welche konkreten Maßnahmen werden Inhalt der Beratung, die Entscheidungsprozesse sowie letztendlich die Ergebnisse der Arbeitsgruppe kommuni- ziert und ein transparentes Verfahren dieser Vorgänge gewährleistet? Antwort zu 8: Verfahren und Arbeitsweise des Fach- beirates werden in den Gremien der KMK behandelt und in den Sitzungsniederschriften dokumentiert. Der Senat wird sich dafür einsetzen, dass auch die Ergebnisse des Fachbeirates im Kulturausschuss behandelt werden, bevor sie dem Plenum der KMK vorgestellt und ebenso in den Sitzungsniederschriften kommuniziert werden. Frage 9: Ist der Senat der Auffassung, dass angesichts der Tragweite der Entscheidungsprozesse und des öf- fentlichen Interesses ein hohes Maß an Transparenz erfor- derlich ist? Falls ja, in welcher Weise haben sich die Ver- treterInnen des Landes Berlin bisher für Transparenz eingesetzt und welche konkreten Maßnahmen wurden diesbezüglich vorgeschlagen? Falls nicht, warum meint der Berliner Senat, dass hier auf ein transparentes Verfah- ren verzichtet werden kann? Antwort zu 9: Der Senat ist der Auffassung, dass das Auswahlverfahren auch ein hohes Maß an Transparenz erfordert. Dies bedeutet aber nicht, dass die Mitglieder des Fachbereites, die eine beratende Funktion haben, die Öffentlichkeit über Arbeitsinhalte und Zwischenergeb- nisse unterrichten. Die Unterrichtung über getroffene Entscheidungen erfolgt durch die zuständigen Gremien der KMK. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 126 3 Frage 10: Wie ist der aktuelle Stand der Beratungen in der AG bezüglich der vom Land Berlin eingereichten Vorschläge die Karl-Marx-Allee sowie das Hansaviertel zum Weltkulturerbe zu erklären? Antwort zu 10: Der aktuelle Stand der Beratungen im Fachbeirat ist dem Senat nicht bekannt. Es wird auf die Antworten zu Fragen 8 und 9 verwiesen. Berlin, den 21. Februar 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mrz. 2014)