Drucksache 17 / 13 133 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) vom 24. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2014) und Antwort Private Sicherheitsdienste und die Fußfessel in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Zu welcher Verrichtung im Zusammenhang mit der Anlegung und Überwachung von Fußfesseln werden in Berlin Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste einge- setzt? Zu 1.: Die Firma Securitas übernimmt die Aufgabe, die Logistik des Fußfesselequipments im Rahmen der elektronischen Aufenthaltsüberwachung sicherzustellen. Dazu gehören:  Bereitstellung eines alarmgesicherten Lagerrau- mes;  Vorbereitung und Durchführung der Fahrten zu den Probanden;  Anlegung und Austausch der Fußfesseln nach Ab- sprache mit der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) und ggf. der Führungsaufsichts- stelle des jeweiligen Landes;  Aufstellung des technischen Zubehörs (Home- Unit) vor Ort;  Übergabe des durch die Hessische Zentrale für Da- tenverarbeitung (HZD) zuvor konfigurierten Pro- banden-Handys. 2. Hält der Senat die Anlegung von Fußfesseln zur Ortsbestimmung und die Überwachung für die Ausübung von Hoheitsgewalt? Weshalb nicht? Zu 2.: Nein. Die Anordnung der elektronischen Auf- enthaltsüberwachung geschieht durch das Gericht. Die Ausführung obliegt der Führungsaufsichtsstelle. Dabei müssen die einzelnen Schritte nicht insgesamt durch einen Hoheitsträger ausgeführt werden. Bei Schritten, die ohne unmittelbaren Zwang ausgeführt werden können, kann sich die Führungsaufsichtsstelle eines Verwaltungshelfers bedienen. Die als Maßregel der Besserung und Sicherung ange- ordnete elektronische Aufenthaltsüberwachung nach § 68b Strafgesetzbuch (StGB) ist in Anordnung und Voll- zug hoheitliche Maßnahme, bei deren Umsetzung die Verwaltungshilfe durch private Unternehmungen zu- nächst grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken begeg- net, insbesondere nach ihrer konkreten Ausgestaltung und Aufgabenteilung mit der HZD. Die der Firma Securitas übertragenen Aufgaben, bei Probanden Fußfesseln vor Ort anzulegen, die Technik zu kontrollieren und diese bei Verdacht auf einen techni- schen Defekt oder eine technische Störung auszutauschen, werden von dieser als Verwaltungshelfer der HZD auf Grundlage eines privatrechtlichen Vertrages ausgeführt. Unmittelbarer Zwang wird an keiner der beschriebenen Stellen ausgeübt. Die Verwaltungshilfe belässt die Zu- ständigkeit und Verantwortung für die Aufgaben voll- ständig beim Träger der hoheitlichen Gewalt; eigene hoheitliche Maßnahmen nimmt der Verwaltungshelfer nicht vor. 3. Was ist der konkrete Grund für den Einsatz von privaten Sicherheitsdiensten? Weshalb sind Justizbe- dienstete hierzu nicht in der Lage? Zu 3.: Für die Tätigkeiten, die der private Sicherheits- dienst übernimmt, ist die Vorhaltung eines mobilen 24Stunden/7Tage-Dienstes erforderlich. Ein solcher exis- tiert bei der Führungsaufsichtsstelle nicht. Die mit der Einrichtung und Vorhaltung eines solchen Dienstes an- fallenden Personal- und Sachkosten wären wesentlicher höher als die Nutzung des privaten Dienstleisters. Inso- fern wurde aus Kostengründen entschieden, auf den pri- vaten Sicherheitsdienst zurückzugreifen. 4. Was erfahren diejenigen Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste , die zur Anlegung und Überwachung von Fußfesseln in Berlin eingesetzt werden, über den Be- troffenen konkret? Wird der Name, die Verurteilung, der Anordnungsbeschluss oder die aktuelle Anschrift mitge- teilt? Haben sie Zugriff auf die erhobenen Bewegungspro- file? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 133 2 Zu 4.: Bei einem Vor-Ort Termin bei dem Probanden zu Hause wird den Mitarbeitern des privaten Sicherheits- dienstes der Name und die Anschrift der Probandin/des Probanden von der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder (GÜL) mitgeteilt. In schriftlichen Aufträgen der HZD werden keine Probandendaten übermittelt. Ebenso werden keinerlei persönliche Daten an den priva- ten Sicherheitsdienst bekannt gegeben, wenn der private Sicherheitsdienst zu einem Einsatz in einer öffentlichen Behörde bestellt wird. Weitere Informationen zu der Verurteilung oder dem Anordnungsbeschluss werden dem privaten Sicherheits- dienst nicht mitgeteilt. 5. Werden die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste besonders geschult, bevor sie zur Arbeit mit Fuß- fesselträgern eingesetzt werden? Wie konkret? Zu 5.: Die Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienstes werden vor der Aufnahme ihrer Tätigkeit geschult. Im theoretischen Teil erhält der Mitarbeiter Informationen zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung und wird mit den Handlungsanweisungen für den Vor-Ort-Service vertraut gemacht. Im praktischen Teil wird der Mitarbei- ter im Umgang mit den technischen Gerätschaften ge- schult. Zur Auffrischung und weiteren Vertiefung der Kenntnisse finden regelmäßige Multiplikatoren-Schulun- gen statt. 6. Werden die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste besonders überprüft, bevor sie zur Arbeit mit Fußfesselträgern eingesetzt werden? Wie konkret? Zu 6.: Die Überprüfung der Mitarbeiter erfolgt entsprechend der Vereinbarung im Rahmenvertrag auf Veranlassung der HZD nach Einwilligung des Mitarbeiters durch das Hessische Landeskriminalamt (HLKA). Das HLKA führt eine Abfrage der polizeilichen Informationssysteme POLAS/INPOL durch. Die HZD erhält eine neutrale Rückmeldung ohne Begründung. Art und Umfang der Überprüfung werden nicht mitgeteilt, sondern nur das Ergebnis: „negativ“ (es liegen keine polizeilichen Erkenntnisse vor) oder „positiv“ (es liegen polizeiliche Erkenntnisse vor). Die Sicherheitsüber- prüfung wird in regelmäßigen Abständen wiederholt. 7. Sind dem Land Berlin Name und Anschrift der eingesetzten Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste be- kannt? Zu 7.: Nein. 8. Wie wird konkret gewährleistet, dass die Mitarbeiter der privaten Sicherheitsdienste sensible Daten nicht an Dritte, wie beispielsweise die Boulevardpresse weiter reichen? Zu 8.: Die Mitarbeiter werden datenschutzrechtlich verpflichtet. Berlin, den 21. Februar 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mrz. 2014)