Drucksache 17 / 13 138 Kleine Anfrage 17. Wahlperiode Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 28. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2014) und Antwort Externe Weisungen an die Staatsanwaltschaft Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hat seit Beginn der Legislaturperiode die Justizverwaltung von ihrem Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft gemäß der §§ 146, 147 Gerichtsverfas- sungsgesetz (GVG) Gebrauch gemacht? 2. Wenn ja, wann und in welcher Form? 3. Existieren gültige Anweisungen an die Staatsan- waltschaft aus der Zeit vor dieser Legislaturperiode, und wenn ja, welchen Inhalts? Zu 1. bis 3.: Nach § 147 Nr. 2 des Gerichtsverfas- sungsgesetzes (GVG) obliegt der Landesjustizverwaltung das Recht der Aufsicht und der Leitung hinsichtlich aller staatsanwaltschaftlichen Beamtinnen und Beamten des betreffenden Landes. Sachlich gründet sich die ministerielle Aufsichts- und Leitungsbefugnis auf den aus dem Demokratie- und dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Grundsatz der parlamen- tarischen Verantwortlichkeit der Regierung, welche einen ministerialfreien Raum - auch - auf dem Gebiet der Straf- verfolgung nicht zulässt. Zur parlamentarischen Demo- kratie gehört es wesensnotwendig, dass die Exekutive durch das Parlament kontrolliert wird und dass die Fach- ministerinnen und Fachminister die Verantwortung für ihr Ressort tragen. Aus der dargelegten Aufsichts- und Leitungsbefugnis der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz folgt das ministerielle – externe – Weisungsrecht, mit dem die rechtmäßige und ordnungsgemäße Erledigung der Aufgaben der nachgeordneten Behörden sichergestellt werden soll. Externe Weisungen können allgemeiner Natur sein oder einen Einzelfall betreffen, schriftlich oder mündlich ergehen, verbindliche Anordnungen über Rechtsauslegungen oder Tatsachenentscheidungen enthal- ten sowie die Organisation der Staatsanwaltschaft regeln. Da die für Justiz zuständige Senatsverwaltung zur Ausübung der Fachaufsicht auf frühzeitige Informationen durch die Staatsanwaltschaft angewiesen ist, bildet § 147 GVG zugleich die Rechtsgrundlage für eine grundsätzli- che Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft berichtet der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz aufgrund der „Allgemeinen Verfügung über die Berichtspflichten in Strafsa- chen der Senatsverwaltung für Justiz vom 31. März 2011“ (Berichts-AV). Durch Berichte der Strafverfolgungsbehörden sollen durch die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz und der Generalstaatsanwalt in die Lage versetzt werden, die ihnen von Gesetzes wegen obliegende Auf- sicht auszuüben und auf Anfragen Dritter Auskunft geben zu können. Auch seitens der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz werden Berichte über die Aufnahme von Ermittlungen bzw. Einleitung von Ermittlungsverfah- ren oder die Erhebung von Anklagen angefordert, wenn Informationen eingehen - z. B. aufgrund von Beschwer- den von Bürgerinnen und Bürgern, Hinweisen anderer Behörden, aber auch aufgrund von Presseveröffentlichun- gen -, aus denen sich die Notwendigkeit einer Überprü- fung des Vorgangs in fachaufsichtlicher Hinsicht ergibt. Darüber hinaus existieren - entsprechend der Praxis in den anderen Bundesländern - verschiedene besondere Berichtsanordnungen, nach denen der für Justiz zuständi- gen Senatsverwaltung wegen eines erhöhten Informa- tions- bzw. Steuerungsbedarfs jährlich oder in kürzeren periodischen Abständen Sachdarstellungen und Statisti- ken vorzulegen sind. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um statistische Auswertungen über Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit den Ausschreitungen zum 1. Mai, um statistische Erhebungen zur strafrechtlichen Verfol- gung von Fällen häuslicher Gewalt oder um Berichte der Generalstaatsanwaltschaft über die Tätigkeit der Zentral- stelle „Korruptionsbekämpfung“. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 138 2 Gültige Verwaltungsvorschriften der Senatsverwal- tung für Justiz und Verbraucherschutz aus dieser oder aus anderen Legislaturperioden sind zum Beispiel die Be- richts-AV vom 31. März 2011, die Gemeinsame Allge- meine Verfügung betreffend die Zusammenarbeit von Staatsanwaltschaft und Polizei (AV Zusammenarbeit) der Senatsverwaltungen für Justiz und Verbraucherschutz sowie für Inneres und Sport vom 11. November 2012 und die Anordnung über Organisation und Dienstbetrieb der Staatsanwaltschaften und der Amtsanwaltschaft (OrgStA) vom 28. Juni 2013. Teilweise werden sie im Amtsblatt für Berlin veröffentlicht oder können unter https://www.berlin.de/sen/justiz/service/vv.html eingese- hen werden. Innerhalb der Senatsverwaltung für Justiz und Ver- braucherschutz haben mehrere Abteilungen Kontakt zu den Strafverfolgungsbehörden: Das Referat I B/C ist zuständig für die Organisation der Strafverfolgungsbe- hörden. Das Referat II C ist zuständig für die internationa- le Rechtshilfe in Strafsachen und das sonstige internatio- nale Strafrecht einschließlich der rechtshilferechtlichen Fachaufsicht über Gerichte und Strafverfolgungsbehörden und nimmt seine Tätigkeit im Haus der Generalstaatsan- waltschaft Berlin wahr. Zu dem Referat III C gehören die Aufgabengebiete „Gnadenstelle“ und „Leitung der Führungsaufsichtsstelle “. Dem Referat III CS ist das Aufgabengebiet der Fachaufsicht über die Strafverfolgungsbe- hörden zugewiesen, soweit nicht die Rechtshilfe betroffen ist. Eine statistische Erfassung von Weisungen erfolgt aufgrund der Vielzahl von Kontakten mit den Strafverfol- gungsbehörden nicht. Einzelweisungen zur Sachbehandlung im Rahmen der Dienstaufsicht der Senatsverwaltung für Justiz und Ver- braucherschutz gegenüber der Staatsanwaltschaft hin- sichtlich der Ermittlungsführung, d. h. in Bezug auf die Aufnahme oder das Unterlassen von Ermittlungen, ggf. die Ermittlungsrichtung und den Ermittlungsumfang, oder auf bestimmte Verfahrensweisen, Rechtsauslegungen, Rechtsmitteleinlegungen usw., sind seit Beginn der Legis- laturperiode – soweit ersichtlich - nicht erfolgt. Eine Auflistung von sämtlichen gültigen Weisungen erforderte eine Auswertung der gesamten Verwaltungs- vorgänge. Dies ist im Rahmen der Beantwortung der Kleinen Anfrage nicht zu leisten. Berlin, den 21. Februar 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Mrz. 2014)