Drucksache 17 / 13 149 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Lompscher (LINKE) vom 30. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Februar 2014) und Antwort Gesamtkonzept vor Einzelvorhaben: Weitere städtebauliche Entwicklung und Planung des Alexanderplatzes Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist der Senat der Auffassung, dass eine Ver- änderung des über 20 Jahre alten Masterplans nur deshalb erforderlich ist, weil es mittlerweile zu Überplanungen, Bestandsertüchtigungen und verändertem Investoreninte- resse gekommen sei, oder sieht er auch darüber hinaus städtebauliche Gründe für eine Überarbeitung, und wenn ja, welche? Antwort zu 1: Die stadtstrukturelle Verdichtung der Nutzungen am Alexanderplatz war 1992/93 Vorgabe des städtebaulichen Wettbewerbs. Das Wettbewerbsergebnis ist inzwischen weitgehend in förmliches Baurecht über- führt und wurde in großen Teilen bereits realisiert: Zu nennen sind insbesondere die Straßenumbauten, die Her- richtung des Platzes, die im Rahmen der städtebaulichen Verträge zu wesentlichen Teilen von den Investoren fi- nanziert wurden sowie der Bau der Zentralen Tiefgarage. Auf freien Flächen bzw. Brachflächen haben die Grund- stückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer die Vorhaben gemäß des Masterplans 1993 entsprechend der durch die Bebauungspläne geschaffenen Baurechte bereits realisiert oder befinden sich in der Phase der Genehmi- gungsplanung. Die geplanten Hochhäuser wurden jedoch im Wesent- lichen aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert. Ins- besondere dort, wo rentabel genutzte Bestandsbauten zur Schaffung von Baufreiheit beseitigt werden müssten, ist die wirtschaftliche Situation für einen Neubau nach wie vor kritisch. Die Bautypologie von Block und Turm im baulichen Zusammenhang bedingt sehr große und oftmals komplexe Realisierungseinheiten von 40.00 bis 80.000 m² Ge- schossfläche, die in der Regel nur bei entsprechender Nachfrage und ggf. Vorvermietung realisiert werden. Hierfür waren in der Vergangenheit die wirtschaftlichen Randbedingungen ungünstig, dies könnte sich nun partiell ändern. Sowohl die grundsätzlich unveränderte stadtstruktu- relle Auffassung sowie die faktischen und rechtlichen Bindungen sprechen für eine moderate Überarbeitung - nicht jedoch für eine grundsätzliche Revision der städte- baulichen Planung. Ziel ist die Aktualisierung und Ver- besserung der Realisierungsaussichten, um die städtebau- liche Gesamtsituation zügiger als bisher verbessern zu können. Dabei werden sicher auch inzwischen veränderte und tragfähige Erkenntnisse und Wertungen ihren Nieder- schlag finden. Frage 2: Warum hat der Senat nicht darauf hingewirkt, dass zunächst der über 20 Jahre alte Masterplan aktuali- siert wird, bevor ein Einzelwettbewerb für ein Hochhaus an der Alexanderstraße entschieden wird? Antwort zu 2: Das Einzelprojekt entspricht der Grundauffassung von Stadtstruktur und Intention des Masterplans. Die vom Eigentümer veranlasste Standort- verschiebung wurde bereits im November 2004 in Ab- stimmung mit Prof. Kollhoff als einvernehmliches Ziel einer Modifikation des Masterplanes anerkannt. In dem entsprechend geänderten städtebaulichen Vertrag stellte Berlin die Einleitung eines Änderungsverfahrens des Bebauungsplans I-B4a zur Schaffung des förmlichen Baurechts in Aussicht, sobald der Investor den entspre- chenden Bedarf anmeldet. Dies war Ende 2011 der Fall. 2012 fasste die Senatsverwaltung für Stadtentwick- lung und Umwelt folglich den Beschluss über die Auf- stellung des Änderungsbebauungsplans I-B4a-3. Hierüber hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt die Fachausschüsse des Abgeordnetenhauses in den beiden vorangegangenen Jahren informiert. Das Bebauungsplanverfahren durchlief im Mai 2013 alle Beteiligungsschritte der Behörden und der Öffent- lichkeit. Die Entscheidung über das Ergebnis dieses Be- bauungsplanverfahrens durch das Parlament steht noch bevor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 149 2 Fragen 3: Wie beurteilt der Senat die städtebauliche Verträglichkeit dieses vorgeschlagenen 150-Meter-Turm- hauses in Bezug auf die benachbarten denkmalgeschütz- ten bzw. denkmalwerten rd. 70 Meter hohen Gebäude, das etwa 125 Meter hohe Hotelgebäude sowie den Fern- sehturm? Frage 4: Wie beurteilt der Senat die Auswirkungen des geplanten Hochhauses auf die UNESCO-Welterbe- Initiative für die unmittelbar angrenzenden Baugebiete entlang der Karl-Marx-Allee? Antwort zu 3. und 4: Die städtebaulich architektoni- sche Bewertung der Einbindungsfähigkeit des Turmhoch- hauses in die nähere und weitere Umgebung hat die Jury zum Abschluss des Wettbewerbsverfahrens am 23.01.2014 vorgenommen. Die Ergebnisse erscheinen kompatibel mit den geplanten Festsetzungen des Bebau- ungsplanes. Die planungsrechtlich relevanten Bewer- tungskomponenten der städtebaulichen Wirkung ein- schließlich der Bedeutung auf die Initiative zur Anmel- dung der Karl-Marx-Alle als Weltkulturerbe wird in der Abwägungsempfehlung zum Bebauungsplan I-B4a-3 dargelegt. Die Ergebnisse werden dem Parlament zur abschließenden Beschlussfassung vorgelegt. Frage 5: Auf welche Inhalte wird der Senat in dem ab- zuschließenden städtebaulichen Vertrag neben den erfor- derlichen Regelungen für die U-Bahntrasse besonderen Wert legen und wie gedenkt er die angestrebten qualitati- ven Anforderungen an die geplanten 300 Wohnungen hinsichtlich Bedarfsgerechtigkeit, Bezahlbarkeit und sozialer Mischung vertraglich zu sichern? Antwort zu 5: Die abschließende Regelung der kon- struktiven bzw. statischen Abstimmungen zwischen den Nachbarn - hier zwischen dem Investor, der BVG und dem Träger der Straßenbaulast - ist Voraussetzung der Abwägung und Beschlussfassung über den Bebauungs- plan. Darüber hinaus wird sich der Investor aufgrund des hohen Wohnanteils auch zur Finanzierung von Kinderta- gesstättenplätzen und eines öffentlich nutzbaren Spiel- platzes verpflichten. Vorgesehen ist ebenfalls ein vertrag- liches Regelwerk zur Einhaltung der wesentlichen Ge- staltungsmerkmale des Wettbewerbsentwurfs. Nutzflächen in Hochhäusern sind konstruktionsbe- dingt erheblich teurer zu errichten und zu betreiben als Durchschnitts-Gebäude. Dies gilt für Wohnbauten in Turmhochhäusern über 50 m Gebäudehöhe in besonde- rem Maße. Sie werden daher in der Regel für spezifische Zielgruppen errichtet und entsprechend vermarktet. Frage 6: Wie beurteilt der Senat die Einschätzung, dass ein Hochhaus neben dem Einkaufszentrum Alexa die stadtstrukturell wichtigen Sichtbeziehungen vom Frank- furter Tor und von der Karl-Marx-Allee zum Fernsehturm erheblich beeinträchtigen würde und wie gedenkt er ei- nem drohenden städtebaulichen Missstand vorzubeugen? Antwort zu 6: Der Bebauungsplan I-B4d ist mit dem 150 m hohen Turmhochhaus seit dem 11.01.2006 rechts- kräftig. Dieser Entscheidung ging eine intensive Debatte voraus, auf die hier verwiesen werden kann. Frage 7: Hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass über die Errichtung eines Hochhauses am Alexa-Standort vor Überarbeitung des Masterplans entschieden werden kann und wie begründet er dies? Antwort zu 7: Ja, vergleiche auch Antwort zu Frage 6. Frage 8: Warum ist für die Überarbeitung des Master- plans ein Workshop-Verfahren vorgesehen und nicht ein neuer städtebaulicher Wettbewerb? Antwort zu 8: Die Erörterung der unter 1. angerisse- nen Fragen soll in einem eigens zu konzipierenden Work- shopverfahren insbesondere mit den Eigentümerinnen und Eigentümern, Anrainerinnen und Anrainern und dem Verfasser des Masterplans unter Hinzuziehung von Ex- pertinnen und Experten und externer Beratung sowie einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen. Ein klassisches städtebauliches Wettbewerbs-Verfahren kann der beschriebenen Problemlage nicht gerecht werden. Nach wie vor sollen jedoch architektonische Fragen der zukünftigen Realisierungs-Projekte möglichst in ein- zelnen Wettbewerbsverfahren geklärt werden. Frage 9: Wie werden die Öffentlichkeit und das Ab- geordnetenhaus vor der Änderung von Bebauungsplänen in die Überarbeitung des Masterplans eingebunden? Antwort zu 9: Zunächst bedarf es vor Einleitung des Workshopverfahrens zur Modifizierung des Masterplans eines Beschlusses durch das Abgeordnetenhaus. Ziel ist es, sowohl die Öffentlichkeit als auch das Abgeordneten- haus in das Workshopverfahren einzubeziehen. Frage 10: Wann ist mit Ergebnissen des Workshop- Verfahrens zu rechnen? Antwort zu 10: Die Senatsverwaltung beabsichtigt das Workshopverfahren in Abstimmung mit dem Beschluss- gremium der Bebauungspläne, zumindest den Fachaus- schüssen des Abgeordnetenhauses zu konzipieren und zu starten. Die Terminierung der Ergebnisse des Work- shopverfahrens ist erst nach Klärung der einzelnen Ver- fahrensschritte möglich. Berlin, den 03. März. 2014 In Vertretung R. L ü s c h e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mrz. 2014)