Drucksache 17 / 13 150 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katrin Vogel (CDU)) vom 31. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Februar 2014) und Antwort DDR-Geschichte im Geschichtsunterricht an Berliner Schulen Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Anteil nimmt die Vermittlung von historischem Wissen über die DDR und die Diktatur der SED im Geschichtsunterricht der jeweiligen Schultypen ein? Zu 1.: Die Rahmenlehrpläne (RLP) des Landes Berlin für das Unterrichtsfach Geschichte unterscheiden sich nicht nach Schultypen. Sowohl für die Grundschule wie für die Sekundarstufen I/II gilt jeweils für die allgemein- bildende Schule ein gemeinsamer RLP. Die RLP folgen dem Konzept des Kerncurriculums. Das bedeutet, dass zentrale historische Inhalte mit Stichworten mittlerer Abstraktion benannt werden. Die Geschichte der ehem. DDR/der Diktatur der ehem. SED ist sowohl im RLP der Sekundarstufe I (2006) in der Doppeljahrgangsstufe 9/10 wie dem der Sekundar- stufe II (2006) im Kurshalbjahr 4.4 als verbindlicher Un- terrichtsgegenstand verankert. In der Sekundarstufe I ist zudem für die Integrierte Sekundarschule ein thematischer Längsschnitt, für das Gymnasium sind zwei thematische Längsschnitte ver- bindlich. Die Geschichte der ehem. DDR/SED-Diktatur ist in der  Grundschule: kein Thema  Sekundarstufe (Sek) I: ein Thema der vier zentralen Themen in der Doppel- jahrgangsstufe 9/10.  Sekundarstufe II: eines des beiden Themen im Kurshalbjahr 4.4. 2. Gibt es Evaluationen, inwiefern der tatsächliche Unterricht dem Rahmenlehrplan bei diesem Themenge- biet entspricht? Zu 2.: Systematische Evaluationen zum tatsächlichen Unterricht liegen nicht vor. 3. Worauf liegen laut Rahmenlehrplan die inhaltlichen Schwerpunkte in Bezug auf dieses Themenfeld? Zu 3.: Sekundarstufe I: „Konfrontation der Blöcke und die Deutsche Frage: Ost-West-Gegensatz, Kalter Krieg Leben in Deutschland: Aspekte der Alltagsgeschichte“ Längsschnitte (wahlobligatorisch), z. B.:  Deutsche Geschichte im Längsschnitt: Nationalsozialismus –Stalinismus – DDR – Bundesrepublik  Berlin als Hauptstadt dreier deutscher Staaten: Drittes Reich – DDR – vereintes Deutschland  Geschichte konkret: Tagebuch eines Flüchtlings im Westen oder Osten Deutschlands; Zeitzeugen- befragung und Auswertung persönlicher Doku- mente  Gedenktage: der 9. November in der deutschen Geschichte, z. B. 1918, 1923, 1938, 1989 Sekundarstufe II: „Die bipolare Welt nach 1945  Ereignis und Struktur am Beispiel der doppelten deutschen Geschichte (Vergleich unter ausge- wählten Aspekten)  Teilung; Systemintegration; Opposition; Internationale Rahmenbedingungen; Die beiden deutschen Staaten: Verfassungsordnung, Menschenrechte, Alltag; Auflösung der Blockbildung“ 4. Gibt es, ähnlich der Empfehlungen der Enquete- Kommission für Brandenburger Schulen, auch eine Emp- fehlung an die Berliner Schulen auf die Geschichte der DDR verstärkt einzugehen und auch Gespräche mit Zeit- zeugen verstärkt in den Unterricht, bezugnehmend auf das Thema, einzubeziehen? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 150 2 Zu 4.: Der RLP Geschichte für die Sek. I legt in sei- nen Kompetenzanforderungen für alle Inhaltsbereiche verbindlich fest: „Die Schülerinnen und Schüler befragen Zeitzeugen und Fachleute.“ (RLP Geschichte 2006, S. 15) In Bezug auf das Themenfeld „Konfrontation der Blöcke und die Deutsche Frage“ (Jahrgangsstufe 9/10) wird festgestellt: „Insbesondere Zeitgenossen und Fachleute können befragt werden. So dass der Gegenwartsbezug auch auf der Ebene der Zeitgenossen hergestellt werden kann.“ (RLP Geschichte 2006, S. 40). Der RLP Geschichte für die Sek. II legt in seinen Ein- gangsvoraussetzungen für die Sek. II als Standard für alle Inhaltsbereich verbindlich fest: „Die Schülerinnen und Schüler führen Befragungen von Zeitzeugen zu einem eng begrenzten historischen Sachverhalt sinnvoll und geplant durch (…)“ (RELP Geschichte Sek. II, S. 14) 5. Gibt es Statistiken und/oder Evaluationen über den Einsatz von Zeitzeugen im Geschichtsunterricht zu die- sem Thema? Zu 5.: Statistiken zum Einsatz von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen liegen nicht vor. 6. Wie stark wurden die Gedenkstätten, Haftanstalt Hohenschönhausen und die Gedenkstätte in der Norman- nenstraße von Schulklassen frequentiert? Zu 6.: Nach Auskunft der Gedenkstätte Berlin-Hohen- schönhausen besuchten im Jahr 2013 672 Berliner Schü- lergruppen mit insgesamt 14.367 Schülerinnen und Schü- lern Veranstaltungen der Gedenkstätte (ohne Dauer- ausstellungsbesucherinnen/Dauerausstellungs-besucher), deutschlandweit waren es 9.360 Schülergruppen.Das Stasi-Museum in der Normannenstraße wurde im Jahr 2013 nach eigener Auskunft von ca. 750 Schülergruppen, davon ca. 20 Berliner Schülergruppen, besucht. 7. Gibt es Planungen, aufgrund des anstehenden 25. Jahrestages des Mauerfalls in diesem Jahr und des 25. Jahrestages der deutschen Einheit im Jahr 2015, inhaltli- che Schwerpunkte in den Schulen zu diesen Tagen umzu- setzen (Projekttage etc.)? Zu 7.: Unter Federführung der Kultusministerkonfe- renz erarbeitet momentan eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe unter Beteiligung Berlins Empfehlungen zur Erinne- rungskultur im sogenannten „Jahr der Zeitgeschichte 2014/15“ in den Schulen der Länder der Bundesrepublik Deutschland. In diesem Zusammenhang wird es entspre- chende Empfehlungen für die Schulen geben. Vor allem in den Jahren 2009 (20 Jahre Mauerfall), 2010 (20 Jahre Deutsche Einheit), 2011 (50 Jahre Bau der Mauer) und 2013 (60 Jahre Volksaufstand 1953) sind den Berliner Schulen umfänglich Unterrichtsmaterialien zur Geschichte der DDR/SED-Diktatur zur Verfügung ge- stellt worden. Als Beispiele seien hier genannt:  DDR-Aufarbeitung: Das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) hat, vor allem auf dem Hintergrund der geschichtspolitischen Diskussionen der Gedenkjahre 2009 - 2011 und der Kont- roverse um die sogenannte Schroeder-Studie, in den letz- ten Jahren einen Schwerpunkt auf die SED-Aufarbeitung gelegt.  NS-Aufarbeitung: Aus Anlass des Gedenkjahres „Zerstörte Vielfalt“ hat das LISUM 2013 die Publikation „flitzen-verstecken-überleben. Hilfe für Verfolgte Juden 1941-1945“ in Kooperation mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand herausgebracht.  Aufarbeitung Zeitgeschichte: Seit 2003 veranstalten die Berlin-Brandenburgischen Gedenkstätten jedes Jahr in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Bil- dung, Jugend und Wissenschaft und dem LISUM das Forum für zeitgeschichtliche Bildung für Gedenkstätten- pädagoginnen und Gedenkstättenpädagogen und Lehr- kräfte (Teilnehmerinnen und Teilnehmer: zwischen 60 und 200). Dabei werden gleichermaßen die NS- wie die SED-Aufarbeitung berücksichtigt.  Sowohl mit dem Kooperationspartner aus dem Bereich der Aufarbeitung des Nationalsozialismus (NS) wie dem der DDR-Aufarbeitung wird im Rahmen der Qualifizierung von Lehrkräften und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wie auch in der Herstellung von Bildungsmaterialien seit langem zusammengearbeitet. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft wie auch das LISUM sind mit allen relevanten Partnern der zeitgeschichtlichen Aufarbeitung in stetigem Kontakt. Ein Gutachten von Dr. Jens Hüttmann (Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur) für die Enquete-Kom- mission zur „Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur“ im Land Brandenburg vom 7. Dezember 2011 urteilt über die Bildungsar- beit des LISUM für Berlin und Brandenburg zum Thema DDR/SED-Diktatur wie folgt: „Es gibt neben dem LISUM wohl wenige andere Institute in Deutschland, die eine solche Vielfalt von diffe- renzierten und dem wissenschaftlichen Stand der For- schung zur Geschichte der SED-Diktatur und deutschen Teilung entsprechenden didaktischen Materialien erar- beitet haben (...)“ (S. 56). Prof. Dr. Juchler (Didaktik der Politik, Universität Potsdam) schloss sich in der Aus- schusssitzung vom 22.2.2013 der Stellungnahme Dr. Jens Hüttmanns an. Berlin, den 26. Februar 2014 In Vertretung Sigrid Klebba Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Mrz. 2014)