Drucksache 17 / 13 164 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Irene Köhne (SPD) vom 30. Januar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Februar 2014) und Antwort Scherben bringen nicht immer Glück – Die neue Not der Berliner mit der Altglastrennung! Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Glasverpackungen werden in Ber- lin (kg/Einwohner) pro Jahr in Umlauf gebracht? Wie hoch ist hier der Anteil des Glases, das von den dualen Systemen lizensiert wurde? Und welcher Anteil dieser Verpackungen wiederum wurde im Zeitraum von 2009- 2013 in Berlin im Rahmen der Verpackungsverordnung erfasst? Antwort zu 1: Dem Senat liegen über die Menge der in Berlin in Verkehr gebrachten Glasverpackungen und deren lizenzierten Anteil davon keine Angaben vor. Die in den Jahren 2009 bis 2012 über das duale Sys- tem in Berlin erfasste Menge an Glasverpackungen ist von den Systembetreibern wie folgt gemeldet worden: 2009 2010 2011 2012 Glas 64.359 t 67.958 t 70.549 t 66.453 t Für das Jahr 2013 werden Angaben erst im 2. Quartal 2014 vorliegen. Die Sammelmenge im Jahr 2011 entsprach 20,29 kg pro Einwohnerin und Einwohner. Im Bundesranking liegt Berlin damit knapp vor den anderen Stadtstaaten Ham- burg und Bremen. Die durchschnittliche Sammelmenge im Bundesgebiet betrug 24,07 kg pro Einwohnerin und Einwohner. Frage 2: Welcher Anteil der Berliner Altglasmenge wurde über haushaltsnahe Sammlung (Altglastonne) und welcher über Bringsysteme (Wertstoff-Iglus, BSR- Recyclinghöfe oder sonstige Abgabestellen) erfasst (bitte tabellarisch nach Jahren, Durchschnitt pro Einwohner und Glasfarben aufschlüsseln)? Antwort zu 2: Dem Senat liegen hierzu Angaben aus dem Jahr 2011 vor, die im Rahmen der „Glas-AG“ durch den ausschreibungsführenden Systembetreiber präsentiert wurden. Im Jahr 2011 wurden in Berlin 47.806 t (68 %) im Holsystem und 22.743 t (32 %) im Bringsystem gesam- melt. Das entspricht einer durchschnittlichen Erfassungs- menge von 13,75 kg pro Einwohnerin und Einwohner im Holsystem und 6,54 kg pro Einwohnerin und Einwohner im Bringsystem. Nach Glasfarben aufgeschlüsselt ergibt sich folgende Verteilung: Weißglas: 33 % Grünglas: 35 % Braunglas: 2 % Buntglas: 30 % Der Durchschnitt pro Einwohnerin und Einwohner und Glasfarbe beträgt: Weißglas: 6,70 kg Grünglas: 7,07 kg Braunglas 0,46 kg Buntglas: 6,07 kg Frage 3: Welche Altglasmengen (kg/Einwohner) wur- den bei Berliner Hausmüllanalysen im Restmüll gefun- den? Antwort zu 3: Nach der im Jahr 2008 durchgeführten Abfalluntersuchung ergab sich ein einwohnerspezifischer Wert von rd. 14 kg pro Einwohnerin und Einwohner und Jahr (Behälterglas und sonstiges Glas). Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 164 2 Frage 4: Wie viele Altglastonnen und wie viele Alt- glas-Iglus waren im abgefragten Zeitraum in Berlin auf- gestellt? In welchen Abständen werden diese üblicher- weise entleert? Und wie hat sich die Anzahl dieser Sam- melbehälter im Zeitraum 2009-2013 verändert? Antwort zu 4: Eine Veränderung des Sammelsystems hat in den letzten 10 Jahren stattgefunden. So befanden sich im Jahr 2003 im Bringsystem 1.895 Iglustandplätze auf öffentlichem Straßenland. Im Holsys- tem waren im Jahr 2004 67.436 Behälter à 240 l, 9.002 Behälter à 660 l und 13.276 Behälter à 1.100 l ausgestellt. Im Jahr 2012 gab es 1.532 Iglustandplätze mit jeweils 3 bis 4 Iglus für die Farbtrennung auf öffentlichem Stra- ßenland. Im Holsystem waren im Jahr 2012 73.696 Behäl- ter à 240 l, 11.688 Behälter à 660 l und 15.950 Behälter à 1.100 l aufgestellt. Demnach sind im Bringsystem 19 % der Standplätze ersatzlos weggefallen. Dagegen wurden im Holsystem 9 % mehr 240 Liter-Behälter, 30 % mehr 660 Liter- Behälter und 20 % mehr 1.100 Liter-Behälter aufgestellt. Die Abfuhr erfolgt in der Regel 14-tägig, ansonsten nach Bedarf. Frage 5: Wie viele haushaltsnahe Altglastonnen waren bei überwiegend gewerblichen oder öffentlichen Einrich- tungen (Gewerbebetriebe, Kantinen, Cafés, Restaurants, Verwaltungen, Kitas, Schulen etc.) aufgestellt? Antwort zu 5: Darüber liegen dem Senat keine Er- kenntnisse vor. Frage 6: Welches wöchentliche Sammelvolumen müsste durchschnittlich pro Haushalt bereitgestellt wer- den, um den Verbrauchern von Glasverpackungen die Möglichkeit zu geben, alle durchschnittlich im Haushalt anfallenden Glasverpackungen einer farbgetrennten (grün/weiß) Verwertung zuzuführen? Hat das Land Berlin bei den Abstimmungsvereinbarungen mit der Duales System Deutschland GmbH (DSD) entsprechende Min- destvolumina festgelegt? Antwort zu 6: Die Systembetreiber haben die flächen- deckende Rücknahme und anschließende Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen zu gewährleisten. Die Grundlage der Berechnung des Behältervolumens für die Sammlung von Altglas ist dem Senat nicht bekannt. Frage 7: In welchem Kostenbereich belaufen sich nach Kenntnis des Senats die Lizenzgebühren, die von den dualen Systemen für die Entsorgung von Glasverpackun- gen pro Tonne Verpackungsgewicht erhoben werden und i.d.R. über den Verkaufspreis der Produkte an den Bürger weitergegeben werden? Welche Kosten fallen daraus pro Jahr und Bürger für die Verwertung des Altglases an? Antwort zu 7: Die Höhe der Lizenzgebühr für Ver- kaufsverpackungen liegt im wirtschaftlichen Ermessen des jeweiligen Systembetreibers. Sie richtet sich nach dem Material der Verpackung sowie nach Masse und / oder Menge der in den Verkehr gebrachten Verpackun- gen. Der Kostenbereich schwankt unter marktwirtschaftli- chen Bedingungen und ist dem Senat ebenso wenig be- kannt wie die Kosten der Verwertung. Frage 8: Wie viel kostet die Entsorgung einer Tonne Altglas im Restmüll, der von der BSR eingesammelt wird? Welche Kosten ergeben sich daraus durchschnitt- lich pro Berliner Bürger? Antwort zu 8: Die Berliner Stadtreinigungsbetriebe berechnen die Entgelte für die Restmülltonne nicht ge- wichtsspezifisch für die einzelnen Bestandteile des Rest- mülls, sondern nach dessen Gesamtvolumen. Frage 9: Wie viele Berliner Bürger sind zum jetzigen Zeitpunkt nach Abzug ihrer haushaltsnahen Altglastonnen weiter als 300 Meter vom nächsten Altglasiglu-Sammel- platz entfernt? Wie bewertet der Senat diese Situation aus verbraucherpolitischer Sicht? Antwort zu 9: Laut Systembeschreibung war in dem Ausschreibungsgebiet BE 104 (Lichtenberg, Marzahn- Hellersdorf, Treptow-Köpenick) das Holsystem insoweit zurückzufahren, als dass im Radius von 300 m um einen Iglustandplatz die auf Wohngrundstücken stehenden Be- hälter abgezogen wurden. Einzelne Abweichungen sind in Ausnahmefällen aufgrund örtlicher Gegebenheiten z. B. durch Schnellstraßen, Bahnlinien etc. bedingt. Dem Senat ist nicht bekannt, für wie viele Bürgerin- nen und Bürger nach Abzug der haushaltsnahen Sammel- behälter sich der nächstgelegene Iglustandort weiter als 300 Meter entfernt befindet. Er geht jedoch davon aus, dass sich sowohl die Duales System Deutschland GmbH als auch das beauftragte Entsorgungsunternehmen Berlin Recycling GmbH an die Systembeschreibung halten und die Einhaltung des 300 m Radius sicherstellen werden. Im Einzelfall außerhalb des vereinbarten Bereiches abgezo- gene Behälter sind auf Veranlassung der Senatsverwal- tung für Stadtentwicklung und Umwelt wieder aufgestellt worden. Der Senat weist darauf hin, dass in Deutschland die Altglassammlung aus Haushalten generell in Sammel- containern auf dem Straßenland oder auf Recyclinghöfen (Bringsystem) erfolgt. Das gilt auch für alle Großstädte und die weniger dicht besiedelten Gebiete Berlins. So beträgt die Entfernung bei einer bundesweiten Bandbreite von bis zu 1000 m beispielsweise in Hamburg 350 m und in München 450 m. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 164 3 Frage 10: Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Ergebnissen des derzeit laufenden Modellversuchs für die drei anderen Berliner Ausschreibungsgebiete? Wird der Senat dort ebenfalls dem Abzug von tausenden haushalts- nahen Sammelgefäßen zustimmen? Antwort zu 10: Ein von Systembetreibern und Senats- verwaltung gemeinsam ausgewählter Gutachter wird die Entwicklung im Jahr 2014 prüfen und Anfang 2015 fest- stellen, ob die Altglasqualität sich spürbar und dauerhaft deutlich verbessert hat. Die Senatsverwaltung für Stadt- entwicklung und Umwelt und die ausschreibungsführen- den Systeme werden sich abstimmen, ob und wie die empfohlenen Maßnahmen ggf. umgesetzt werden können. Es gibt daher derzeit keine Planungen oder Termine für weitere Umstellungen. Frage 11: Sieht sich der Senat dafür verantwortlich, dass die DSD bei der Sammlung und Verwertung ge- brauchter Verpackungen bei sinkenden Erfassungsmen- gen besonders gute Sammelqualitäten erzielt und damit ihre Kosten optimiert oder sollte nicht eine verbraucher- freundliche Sammlung der Verpackungen mit kurzen Wegen und ausreichendem Sammelvolumen im Vorder- grund stehen, die die Berliner Bürger bereits an der La- denkasse vorfinanziert haben? Antwort zu 11: Nein. Die Verantwortung für die Erfassung von Verpackun- gen obliegt den Betreibern des Dualen Systems. Sie haben flächendeckend die regelmäßige Abholung bei der/beim privaten Endverbraucherin/Endverbraucher oder in de- ren/dessen Nähe zu gewährleisten. Die Verpackungsverordnung bietet Politik und Ver- waltung keine rechtliche Handhabe, die Systembetreiber zu einer bestimmten Ausgestaltung des Sammelsystems verbindlich anzuweisen. Vielmehr wird es den Systembe- treibern in Anhang I (zu § 6 VerpackV) ausdrücklich freigestellt, wie sie sicherstellen, „...dass Verpackungen beim privaten Endverbraucher (Holsysteme) oder in des- sen Nähe (Bringsysteme) oder durch eine Kombination beider Systeme erfasst werden.“ Der Senat ist der Auffassung, dass es neben der Quan- tität auch auf die Qualität der Erfassungsmenge ankommt und deshalb aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sowohl eine hohe Erfassungsmenge als auch eine Qualität, die eine hohe Wiederverwertungsquote sicherstellt, ange- strebt werden muss. Er verfolgt gleichwohl das Ziel, das für die Bürgerinnen und Bürger komfortablere Holsystem so weitgehend wie möglich zu erhalten, kann dies aber nur auf dem Verhandlungswege anstreben. Berlin, den 03. März 2014 In Vertretung C h r i s t i a n G a e b l e r ................................ Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Mrz. 2014)