Drucksache 17 / 13 172 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 03. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 05. Februar 2014) und Antwort Regelungen zur Arbeitszeit im Justizvollzug Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle gibt es grundsätzlich für die verschiedenen Berufsgruppen im Berliner Justizvollzug? Zu 1.: In den Berliner Justizvollzugsanstalten gibt es für die verschiedenen Berufsgruppen diverse Arbeitszeit- modelle. Im allgemeinen Justizvollzugsdienst und im Krankenpflegedienst arbeiten die Beschäftigten im zwei- bzw. dreischichtigen Schicht- und Wechseldienst (Früh- dienst von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr, Spätdienst von 14:00 Uhr bis 22:00 Uhr, Nachtdienst von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr) und im Zwischendienst (z. B. 10:00 Uhr bis 18:00 Uhr). Die Beschäftigten im Werk- und Werkaufsichts- dienst verrichten ihren Dienst überwiegend zu festen Zeiten. Die Dienstzeiten sind an die Arbeitszeiten der Inhaftierten angepasst (z. B. Montag bis Freitag 06.35 Uhr bis 15.05 Uhr). Der Sozial- und der Verwaltungsdienst unterliegen grundsätzlich der Gleitzeitregelung. Ärztinnen und Ärzte nehmen zumeist an den Regelungen der gleitenden Ar- beitszeit teil. Darüber hinaus stehen sie für Bereitschafts- dienste zur Verfügung. 2. Wie und warum wird von diesen Modellen in den einzelnen Anstalten abgewichen (bitte nach Dienststellen darstellen und begründen)? Zu 2.: Die Abweichungen der unterschiedlichen Ar- beitszeitmodelle stellen sich wie folgt dar: Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin: Abweichungen gibt es im Einzelfall, z. B. im Rahmen individueller Teilzeitvereinbarungen. Justizvollzugsanstalt Tegel: Zur Sicherstellung der Betreuung der Inhaftierten auch in den Nachmittags- und Abendstunden ist im Sozial- dienst ein Spätdienst eingerichtet, mit dem sich die re- gelmäßige Rahmenzeit von 06:00 Uhr bis 18:30 Uhr auf 08:00 Uhr bis 19:30 Uhr verschiebt. Für Lehrerinnen und Lehrer ist die Rahmenzeit angepasst an den Bedarf des Schulbetriebes der Justizvollzugsanstalt. Im allgemeinen Justizvollzugsdienst und im Krankenpflegedienst gibt es für bestimmte Funktionsdienste (z. B. für die Gesamt- dienstplankoordinatorin/den Gesamtdienstplankoordina- tor, Vollzugsdienstleiterin/Vollzugsdienstleiter) aus or- ganisatorischen Gründen abweichende Arbeitszeitrege- lungen. Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin: Abweichungen gibt es im Einzelfall, z. B. im Rahmen individueller Teilzeitvereinbarungen. Jugendarrestanstalt Berlin: Abweichungen von den zu 1. genannten Arbeitszeiten des allgemeinen Vollzugsdienstes gibt es nur in Ausnah- mefällen, z. B. bei Veranstaltungen des Gesundheitskoor- dinators oder des Arbeitsschutzbeauftragten. Justizvollzugsanstalt Heidering: Die Dienstzeiten der für die sportliche Betreuung der Inhaftierten eingesetzten Bediensteten sind an die Schul- und Arbeitszeiten der Inhaftierten angepasst. Justizvollzugsanstalt Plötzensee: Im allgemeinen Justizvollzugsdienst und im Kranken- pflegedienst gibt es aus organisatorischen Gründen für bestimmte Funktionsdienste (z. B. Vollzugsdienstleite- rin/Vollzugs-dienstleiter, Leiterin/Leiter Vollzugsma- nagement) abweichende Arbeitszeitregelungen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 172 2 Jugendstrafanstalt Berlin: Für Lehrerinnen und Lehrer ist die Rahmenzeit ange- passt an den Bedarf des Schulbetriebes der Jugendstrafan- stalt Berlin. Im Gruppenleiterdienst und im Psychologi- schen Dienst arbeiten die Dienstkräfte bei Bedarf auch an einem Wochenende oder an einem Feiertag. Weitere Abweichungen gibt es im Einzelfall, z. B. im Rahmen individueller Teilzeitvereinbarungen. Justizvollzugsanstalt Moabit: Eine von den Ausführungen zu 1. abweichende grund- sätzliche Regelung wird nicht praktiziert. 3. Gibt es schichtübergreifende Modelle? Zu 3.: Seit dem 1. April 2008 besteht in der Justizvoll- zugsanstalt für Frauen Berlin im Bereich Pankow auf freiwilliger Basis ein alternatives 12-Stunden-Modell im Schicht- und Wechseldienst. Weiterhin gibt es in einigen Justizvollzugsanstalten im allgemeinen Justizvollzugs- dienst und im Krankenpflegedienst schichtübergreifende Modelle, die den jeweiligen Besonderheiten des Dienstbe- triebes Rechnung tragen. 4. Nach welchen Rechtsgrundlagen wurden die Ar- beitszeiten im Justizvollzug geregelt und welche Verein- barungen existieren hierzu? Zu 4.: Rechtsgrundlage für die Regelung der Arbeits- zeiten im Justizvollzug für Beamtinnen und Beamte ist § 52 Landesbeamtengesetz (LBG) in Verbindung mit der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten (Arbeitszeitverordnung - AZVO) und für Be- schäftigte das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) in Verbindung mit den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die festgelegten Arbeitszeit- modelle und getroffenen Gleitzeitvereinbarungen richten sich nach der gesetzlich bzw. tariflich festgelegten regel- mäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, d.h. 40 Stunden für Beamtinnen und Beamte gemäß § 1 Absatz 1 AZVO, 39 Stunden für Tarifbeschäftigte gemäß § 6 Absatz 1 a TV-L in Verbindung mit § 4 Absatz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des Landes Berlin in das Tarifrecht der Tarifgemeinschaft der Länder (TV Wieder- aufnahme Berlin), 38,5 Stunden für tarifbeschäftigte Dienstkräfte im Schicht- und Wechseldienst gemäß § 6 Absatz 1 b TV-L , 41 Stunden für Ärztinnen und Ärzte gemäß § 6 des Tarifvertrags für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte) sowie den organisatori- schen Bedürfnissen der Justizvollzugsanstalten und der Dienstkräfte. Ergänzend dazu gibt es die Rahmendienstvereinba- rung vom 12. Oktober 2009 über die Arbeitszeit der Be- amtinnen und Beamten des allgemeinen Vollzugs- und Krankenpflegedienstes im Schicht- und Wechselschicht- dienst, die zwischen der Senatsverwaltung für Justiz und dem Gesamtpersonalrat der Berliner Justiz geschlossen wurde. Darüber hinaus bestehen weitere Dienstvereinbarungen zu den Arbeitszeiten, z. B. zwischen den Justizvollzugsan- stalten und den örtlichen Beschäftigtenvertretungen, unter anderem zur Arbeitszeit im Schichtdienst, zum Bereit- schaftsdienst der Ärztinnen und Ärzte und zur Rufbereit- schaft der Zentralen IT-Stelle der Berliner Jus- tizvollzugsanstalten und der Sozialen Dienste der Justiz (ZIT). Hinzu kommen Regelungen in Form von Hausver- fügungen und Dienstanweisungen der Justizvollzugsan- stalten, in denen z. B. Festlegungen zu Arbeitszeiten der Funktionsdienste im allgemeinen Justizvollzugsdienst und im Krankenpflegedienst getroffen werden. 5. Wie definiert der Senat Mehrarbeit und Überstun- den im Justizvollzug? Zu 5.: Mehrarbeit ist nach § 53 LBG in Verbindung mit § 9 AZVO der Dienst über die regelmäßige wöchent- liche Arbeitszeit hinaus, den zwingende dienstliche Ver- hältnisse erfordern, der auf Ausnahmefälle beschränkt ist und der dienstlichen Anordnung bedarf. Überstunden sind gemäß § 7 Absatz 7 ArbZG die auf Anordnung des Ar- beitgebers geleisteten Arbeitsstunden von Tarifbeschäf- tigten, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeits- zeit von Vollbeschäftigten für die Woche dienstplanmäßig bzw. betriebsüblich festgesetzten Arbeitsstunden hinaus- gehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalender- woche ausgeglichen werden. 6. Wie hat sich die Umfang der Mehrarbeit und der Überstunden in den einzelnen Justizvollzugsanstalten in den letzten vier Jahren entwickelt (bitte nach Dienststel- len darstellen)? Zu 6.: Mehrarbeit und Überstunden fallen im Justiz- vollzug in der Regel nicht an. Nach § 5 AZVO kann es zu abweichenden Einteilungen der regelmäßigen Arbeitszeit (Verlängerung oder Verkürzung) kommen, die innerhalb eines Jahres auszugleichen sind. Jährliche Erhebungen über diese abweichenden Einteilungen der Arbeitszeit, die als sogenannte freie Stunden ausgewiesen werden, liegen in den einzelnen Justizvollzugsanstalten nur für den all- gemeinen Justizvollzugsdienst vor. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 172 3 Der durchschnittliche Stand der sogenannten freien Stunden pro Bediensteten im allgemeinen Justizvollzugs- dienst in den Jahren 2010 bis 2013 stellt sich wie folgt dar: 2010 2011 2012 2013 Justizvollzugsanstalt Moabit 30,9 20,9 18,3 23,5 Justizvollzugsanstalt Tegel 31,0 23,1 18,4 21,1 Justizvollzugsanstalt Plötzensee *Januar bis April 2013 Justizvollzugsanstalt Plötzensee (fusioniert) *Mai bis Dezember 2013 48,5 30,0 31,8 28,8* 35,0* Jugendstrafanstalt Berlin 16,7 11,0 9,6 10,8 Justizvollzugsanstalt für Frauen Berlin 39,1 29,5 36,5 39,9 Justizvollzugsanstalt Düppel 12,7 - - - Justizvollzugsanstalt des Offenen Vollzuges Berlin 23,0 19,3 24,4 25,1 Jugendarrestanstalt Berlin 9,7 8,9 12,1 23,1 Justizvollzugsanstalt Charlottenburg *Januar bis April 2013 63,7 40,6 28,5 32,4* Justizvollzugskrankenhaus Berlin *Januar bis April 2013 28,9 18,8 18,3 19,2* Justizvollzugsanstalt Heidering - - - -0,7 Gesamt 31,08 22,1 20,6 22,46 Im Zuge der Fusion der Justizvollzugsanstalt Plötzen- see mit der Justizvollzugsanstalt Charlottenburg und dem Justizvollzugskrankenhaus Berlin zur Justizvollzugsan- stalt Plötzensee wurde der Stand der freien Stunden aus organisatorischen Gründen noch bis zum 30. April 2013 für alle drei Bereiche gesondert erfasst, seit dem 1. Mai 2013 erfolgt die gemeinsame Erfassung für die Justizvoll- zugsanstalt Plötzensee. 7. Gibt es im Justizvollzug Rufbereitschaft und Bereit- schaftsdienst und wenn ja, wie ist dieser geregelt und wie wird er zeitlich und finanziell abgegolten? Zu 7.: Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft gibt es für die im Bereich des Justizvollzugskrankenhauses ein- gesetzten Ärztinnen und Ärzte. Diese werden durch einen gesonderten Dienstplan geregelt. Die Abgeltung richtet sich nach den Vorgaben des § 9 TV-Ärzte. Die Rufbereitschaft für Beamtinnen und Beamten er- folgt auf der Grundlage des § 7 AZVO. Die Abgeltung der Rufbereitschaft erfolgt durch einen entsprechenden Freizeitausgleich. Im Bereich der Zentralen IT-Stelle der Berliner Justizvollzugsanstalten und der Sozialen Dienste der Justiz (ZIT) ist ebenfalls eine Rufbereitschaft einge- richtet. Die Festlegung der Rufbereitschaft erfolgt durch einen gesonderten Dienstplan. Bei einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Dienstleistung der Beamtinnen und Beamten während der Rufbereitschaft erfolgt die Abgel- tung nach den Vorgaben des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin in Verbindung mit der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszu- lagen (Erschwerniszulagenverordnung - EzulV). 8. Welche Kosten sind in den letzten vier Jahren im Justizvollzug entstanden? Zu 8.: Sofern sich die Frage auf die Kosten von Ruf- bereitschaften und Bereitschaftsdiensten im Justizvollzug im Sinne der Frage 7 beziehen, ist diese mit einem ver- hältnismäßigen Aufwand nicht zu beantworten. Berlin, den 28. Februar 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Mrz. 2014)