Drucksache 17 / 13 229 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Simon Weiß (PIRATEN) vom 13. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2014) und Antwort Gebührentourismus zwischen Berlin und Brandenburg? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Für welche Amtshandlungen, die Berliner*innen bei Brandenburger Behörden bzw. Brandenburger *innen bei Berliner Behörden veranlassen können, bestehen zwi- schen den beiden Bundesländern abweichende Gebüh- renregelungen und wie weicht die Gebührenerhebung jeweils ab? Zu 1.: Für viele Verwaltungsleistungen sind bundes- rechtlich geregelte einheitliche Gebühren vorgegeben. Hieran hat auch die kürzlich verabschiedete Strukturre- form des Bundesgebührenrechts wenig geändert. So hat- ten sich die Länder im Rahmen des Gesetzgebungsverfah- rens erfolgreich gegen die Aufhebung bundeseinheitlicher Regelungen im Bereich des Straßenverkehrs und des Personenbeförderungsrechts (Beispiel: Fahrzeugzulas- sung, TÜV-Gebühren, Fahrerlaubnis-Verordnung) und des Luftverkehrsrechts ausgesprochen, gerade weil be- fürchtet wurde, dass durch eine Überführung in die Zu- ständigkeit der Länder Wettbewerbsverzerrungen ("Ge- bührentourismus") entstehen könnten. Im Bereich des Landes- und Kommunalrechts gibt es grundsätzlich nur wenige Leistungen, bei denen Bürge- rinnen und Bürger die Alternative zwischen einer Berliner und einer Brandenburger Behörde haben, weil in der Regel ortsgebundene Zuständigkeiten, z.B. abhängig vom Wohnsitz oder Firmensitz, festgelegt sind. Auch wenn die Fragestellung sich auf Verwaltungsge- bühren, also die öffentlich- rechtlichen Abgaben als Ge- genleistung für die Amtshandlung beschränkt, ist darauf hinzuweisen, dass die hinter der Fragestellung stehenden Überlegungen auch für die Gebühren für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen (Benutzungsgebühren) und die privatrechtlichen Entgelte zutreffen (z.B. Tarife der Schwimmbäder, Entgelte der Krematorien und ggf. Ent- gelte der Kita-Eigenbetriebe). Hier können entsprechende Analogien abgeleitet werden. Sowohl die Brandenburger Regelungen auf Landes- ebene als auch die im Land Brandenburg auf kommunaler Ebene festgelegten Gebühren weichen hinsichtlich Höhe und Ausgestaltung nicht nur von den Berliner Regelun- gen, sondern auch voneinander ab. Das Land Branden- burg gliedert sich in 419 politisch selbstständige Städte und Gemeinden, die Satzungsrecht haben und Gebühren- regelungen erlassen können. Der Senat sieht sich deshalb außerstande, eine vollständige Übersicht zu erstellen 2. Welche Erkenntnisse hat der Senat, ob und in wel- chem Ausmaß diese abweichenden Regelungen zu Mehr- belastungen für einzelne Behörden führen? Zu 2.: Die Frage der Mehrbelastungen von Behörden stellt sich für den Senat nicht. Vorrangiges Ziel des Senats ist es, für die Bürgerinnen und Bürger ein möglichst attraktives Angebot an öffentli- chen Dienstleistungen vorzuhalten. Abhängig vom Ange- bot und der Nachfrage werden für die Erbringung der jeweiligen Leistungen die notwendigen Ressourcen be- reitgestellt. Diese werden aus den Gebühren finanziert, für die grundsätzlich das Prinzip der Kostendeckung gilt. 3. Ist es nach Ansicht des Senats sinnvoll, auf eine Harmonisierung dieser Gebührenregelungen hinzuarbei- ten und wenn ja, welche Schritte unternimmt er dazu? Zu 3.: Nein, der Senat hält eine Harmonisierung nicht für sinnvoll und beabsichtigt aus diesem Grund auch nicht, auf eine Harmonisierung hinzuarbeiten. Einheitliche Gebühren können dem von Land zu Land bzw. von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Ressourceneinsatz nicht gerecht werden. Die Verantwor- tung für die Gestaltung von Angeboten für die Bürgerin- nen und Bürger, die dahinter liegenden Verwaltungspro- zesse und die dadurch verursachten Kosten muss immer in dem Zuständigkeitsbereich liegen, in dem auch fachlich die Rahmenbedingungen gestaltet und verantwortet wer- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 229 2 den. Zudem ist zu bedenken, dass laufende Anpassungen von Leistungsstandards (Gebührentatbestände) und Ge- bührensätzen an aktuelle Erfordernisse in einen harmoni- sierten Verband sehr viel schwieriger umzusetzen sind. Folglich ist eine Harmonisierung auch unter dem Aspekt des permanenten Qualitätsmanagements nicht sinnvoll. Abgesehen davon, dass die Attraktivität bestimmter staatlicher Leistungen auch von den individuellen Vorlie- ben ihrer Nutzer abhängen kann (z.B. amtliche Trauung in der Stadt oder auf dem Land), verfügt der Senat bei Be- darf zum Ausgleich von Nachfrageverschiebungen über geeignete „Steuerungsinstrumente“ wie z.B. eine flexible wettbewerbsorientierte Entgeltfinanzierung (siehe Kre- matorien) oder Staatsverträge (siehe Staatsvertrag mit dem Land Brandenburg über die gegenseitige Nutzung von Plätzen in Einrichtungen der Kindertagesbetreuung). Berlin, den 04. März 2014 In Vertretung Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 12. Mrz. 2014)