Drucksache 17 / 13 233 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Christopher Lauer (PIRATEN) vom 13. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Februar 2014) und Antwort Datenbanken des Berliner Verfassungsschutzes Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Datenbanken führt der Berliner Verfas- sungsschutz? Zu 1.: Im Rahmen seines gesetzlichen Beobachtungs- auftrages führt der Berliner Verfassungsschutz eine ei- gene Amtsdatenbank, in der Daten von Personen und Organisationen aller Phänomenbereiche strukturiert er- fasst und gespeichert werden. Daneben erfolgt eine da- teimäßige Unterstützung einzelner Verwaltungstätigkeiten wie der Mitwirkung an Sicherheitsüberprüfungen und anderen gesetzlich vorgeschriebenen Überprüfungen, der IT-Benutzerverwaltung oder der Verwaltung von Kon- taktdaten zur präventiven Beratung im Rahmen des Wirt- schaftsschutzes. 2. Welche personenbezogenen Daten werden in den unter 1. genannten Datenbanken gespeichert? Zu 2.: Mit der Frage 2 werden Auskünfte zu Informa- tionen begehrt, die aus zwingenden Geheimhaltungsgrün- den nicht im Rahmen der Beantwortung einer Schriftli- chen Anfrage veröffentlicht werden können. Eine detail- lierte Auflistung von Art und Umfang der gespeicherten Personendaten würde Inhalte des Datenmodells der Amtsdatenbank offenlegen und könnte Rückschlüsse auf die Arbeitsweise und die Fähigkeiten des Berliner Verfas- sungsschutzes zulassen. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Geheimhaltungsgrades „VS – Vertraulich“ nach § 5 Absatz 1 der Verschlusssachenanweisung für die Behörden des Landes Berlin (VSA) eingestuft werden. Sie kann in der nächsten Sit- zung des Ausschusses für Verfassungsschutz in geheimer Sitzung erteilt werden (§ 54 Absatz 1 und 2 der Ge- schäftsordnung des Abgeordnetenhauses in Verbindung mit § 9 Absatz 1 der Geheimschutzordnung des Abgeord- netenhauses). Dem durch Art. 45 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin begründeten Informationsrecht des Fragestellers wird damit unter Berücksichtigung der be- rechtigten Geheimhaltungsinteressen des Senats Rech- nung getragen. 3. Wie viele Personen sind in den Jahren seit 2005 darin erfasst worden (gespeichert gewesen und neuerfasst) und wie viele davon sind bzw. waren minderjährig? (Bitte Einzelaufschlüsselung nach Jahr, Bestand und Minderjäh- rige/Erwachsene.) Zu 3.: Die Gesamtzahl der in der Amtsdatenbank des Berliner Verfassungsschutzes gespeicherten Personenda- tensätzen beläuft sich, mit Stand 24. Februar 2014, auf 2.993; davon sind sechs als minderjährig (14 bis 18 Jahre, siehe § 12 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Berlin) ausgewiesen. Eine rückwirkende Bestimmung der in den vergangenen Jahren jeweils gespeicherten und neu erfassten Personendatensätze ist technisch nicht möglich. Daher ist es dem Senat nicht möglich, insoweit eine Aus- kunft zu geben. 4. Wie verteilen sich die unter 3. erfassten Personen in den Jahren seit 2005 auf die unterschiedlichen „Phänomenbereiche “ (Rechtsextremismus, Linksextremismus, Islamismus etc.)? (Bitte eine Einzelaufschlüsselung nach Jahr und Personenanzahl aufgeteilt nach jeweiligem Phä- nomenbereich.) Zu 4.: Mit der Frage 4 werden Auskünfte zu Informa- tionen begehrt, die aus den in der Antwort zu Frage 3 genannten Gründen nicht rückwirkend ermittelt oder, soweit sie auf die mit Stand 24. Februar 2014 gespei- cherte Gesamtzahl bezogen sind, aus zwingenden Ge- heimhaltungsgründen nicht im Rahmen der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage veröffentlicht werden können. Eine detaillierte Einzelaufschlüsselung der in den unter- schiedlichen Phänomenbereichen erfassten Personenzah- len könnte Rückschlüsse über den Kenntnisstand und die Beobachtungsschwerpunkte des Berliner Verfassungs- schutzes zulassen. Die Antwort des Senats muss insoweit als Verschlusssache des Geheimhaltungsgrades „VS – Vertraulich“ nach § 5 Absatz 1 der Verschlusssachenan- Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 233 2 weisung für die Behörden des Landes Berlin (VSA) ein- gestuft werden. Sie kann in der nächsten Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz in geheimer Sitzung erteilt werden (§ 54 Absatz 1 und 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses in Verbindung mit § 9 Absatz 1 der Geheimschutzordnung des Abgeordnetenhauses). Dem durch Art. 45 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung von Berlin begründeten Informationsrecht des Fragestellers wird damit unter Berücksichtigung der berechtigten Ge- heimhaltungsinteressen des Senats Rechnung getragen. 5. Auf welche Datenbanken im Land Berlin hat der Berliner Verfassungsschutz Zugriff? (Bitte eine detail- lierte Einzelauflistung nach Datenbank.) Zu 5.: Der Berliner Verfassungsschutz hat Zugriff auf folgende bei Behörden des Landes Berlin geführte Re- gister, die er im Wege automatisierter Abrufverfahren nutzt (Rechtsgrundlagen in Klammern): - Melderegister (§§ 26 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 2 des Gesetzes über das Meldewesen in Berlin und Nr. 14 der Anlage 5 zu § 3 Absatz 1 Nr. 2 der Verordnung zur Durchführung des Meldege- setzes) - Gewerbedateien (§ 14 Absatz 11 in Verbindung mit Absatz 6 der Gewerbeordnung). 6. Hat der Berliner Verfassungsschutz Zugriff auf Datenbanken anderer Bundesländer und/oder des Bundes, wenn ja, auf welche und aufgrund welcher Rechtsgrund- lage jeweils? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach Datenbank.) Zu 6.: Der Berliner Verfassungsschutz ist jeweils durch Bundesgesetz verpflichtet, die folgenden gemein- samen Dateien zu führen (Rechtsgrundlagen in Klam- mern): - Nachrichtendienstliches Informationssystem des Verfassungsschutzverbundes (§ 6 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschut- zes und über das Bundesamt für Verfassungs- schutz), - Antiterrordatei (§§ 1, 5 des Gesetzes zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrorda- tei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern), - Datei zur Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus (§§ 1, 5 des Gesetzes zur Er- richtung einer standardisierten zentralen Datei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern zur Bekämpfung des gewaltbe- zogenen Rechtsextremismus). Aufgrund spezialgesetzlicher Ermächtigungen hat der Berliner Verfassungsschutz darüber hinaus Zugriff auf eine Vielzahl länderübergreifender oder bei Behörden des Bundes geführter Register, die er im Wege automatisierter Abrufverfahren nutzt, u.a. (Rechtsgrundlagen in Klam- mern): - Gemeinsames Registerportal der Länder (§ 9 des Handelsgesetzbuches, jeweils in Verbindung mit § 156 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und § 5 Absatz 2 des Gesetzes über Partnerschaftsgesellschaften Ange- höriger freier Berufe, § 79 des Bürgerlichen Ge- setzbuches) - Zentrales Fahrzeugregister (§ 36 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 35 Absatz a Nr. 5 des Straßenverkehrsgesetzes) - Ausländerzentralregister und Visadatei (§ 22 Absatz 1 Satz 1 Nr. 9a in Verbindung mit § 20 Absatz 1 und § 32 Absatz 1 Nr. 8 und § 33 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister) - Nationales Waffenregister (§ 13 in Verbindung mit § 10 Nr. 7 des Gesetzes zur Errichtung eines Nati- onalen Waffenregisters). 7. Hat der Berliner Verfassungsschutz Zugriff auf eu- ropäische oder internationale Datenbanken, wenn ja, auf welche und aufgrund welcher Rechtsgrundlage jeweils? (Bitte eine detaillierte Einzelauflistung nach Datenbank.) Zu 7.: Der Berliner Verfassungsschutz ist zum Zugang zu dem europäischen Visa-Informationssystem (VIS) berechtigt. Ein Direktzugriff erfolgt jedoch nicht, sondern es wird jeweils eine Anfrage an die nationale zentrale Zugangsstelle gestellt. Rechtsgrundlage ist § 2 des Geset- zes über den Zugang von Polizei- und Strafverfolgungs- behörden sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informa- tionssystem (VIS-Zugangsgesetz) in Verbindung mit Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Euro- päischen Parlaments und des Rates über das Visa-Infor- mationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) sowie den Artikeln 3, 4 und 5 des Beschlusses 2008/633/JI des Rates über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Daten- abfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (VIS-Zugangsbeschluss). 8. Haben Sicherheitsbehörden des Bundes und/oder anderer Länder Zugriff auf die Datenbanken des Berliner Verfassungsschutzes und wenn ja, auf welche Datenban- ken, auf welcher Rechtsgrundlage, durch wen und wie ist der jeweilige Datenzugriff bzw. die Datenübermittlung ausgestaltet? Zu 8.: Nein. 9. Haben europäische oder internationale Sicherheits- behörden Zugriff auf die Datenbanken des Berliner Ver- fassungsschutzes und wenn ja, auf welche Datenbanken, auf welcher Rechtsgrundlage, durch wen und wie ist der jeweilige Datenzugriff bzw. die Datenübermittlung ausge- staltet? Zu 9.: Nein. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 233 3 10. Sind dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit diese Zugriffsrechte bekannt? a) Wenn nein, warum nicht? b) Inwiefern wird der Berliner Beauftrage für Daten- schutz und Informationsfreiheit in die oben ge- nannten Prozesse (Erteilung neuer Zugriffsbefug- nisse etc.) mit einbezogen bzw. darüber infor- miert? Zu 10.: Der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat hierzu mitgeteilt: Dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit sind die Zugriffsrechte des Berliner Verfassungsschutzes, die in den vorstehenden Antworten benannt worden sind, bekannt. Einzelfallüberprüfungen zu den Zugriffen des Berliner Verfassungsschutzes finden regelmäßig im Rahmen der Überprüfung von Auskunftsersuchen nach § 31 des Ge- setzes über den Verfassungsschutz in Berlin statt. Im Jahr 2011 hat der Berliner Beauftragte für Daten- schutz und Informationsfreiheit zudem nach Hinweisen der behördlichen Datenschutzbeauftragten des Kraftfahrt- Bundesamtes eine Überprüfung der automatisierten Ab- rufe (§ 36 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 des Straßenverkehrsge- setzes) aus dem Zentralen Fahrzeugregister vorgenom- men. Hierbei wurden kleinere Unregelmäßigkeiten festge- stellt, die durch eine Überarbeitung der internen Anwei- sungen abgestellt werden konnten. Der Berliner Beauftragte hat im Jahr 2012 eine Kon- trolle der Antiterrordatei durchgeführt (vgl. hierzu den Jahresbericht 2012 des Berliner Beauftragten für Daten- schutz und Informationsfreiheit, Seite 48 ff.). Die aus der Prüfung gewonnen praktischen Erkenntnisse wurden teilweise in dem Verfahren zu dem Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Poli- zeibehörden und Nachrichtendiensten vor dem Bundes- verfassungsgericht herangezogen. 11. Wie oft kam es gemäß § 14 Gesetz über den Ver- fassungsschutz in Berlin (VSG Bln) in den Jahren seit 2008 vor, dass der Berliner Verfassungsschutz die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Informationen a) berichtigen musste, weil sie unrichtig waren, b) löschen musste, weil ihre Speicherung irrtümlich erfolgte, c) löschen musste, weil die Speicherung unzulässig war bzw. d) löschen musste, weil ihre Kenntnis für die Aufga- benerfüllung nicht mehr erforderlich war und schutzwürdige Interessen der betroffenen Person nicht beeinträchtigt wurden? Zu 11.: Eine statistische Erfassung hinsichtlich der Anzahl der in Dateien berichtigten oder gelöschten Perso- nendatensätze erfolgt bei der Berliner Verfassungsschutz- behörde nicht und ist auch nicht beabsichtigt. Eine Be- antwortung der Frage würde voraussetzen, dass die ge- wünschte statistische Auswertung nicht anhand des aktu- ellen Bestandes in der Amtsdatenbank, sondern anhand der Protokolldaten durchgeführt wird. Nur die Protokoll- daten weisen Änderungen und Löschungen von Datensät- zen aus. Die Protokolldaten werden ausschließlich zur Datenschutzkontrolle geführt und gestatten keine auto- matisierte Auswertung im Hinblick auf die Fragestellung. Dem Senat ist es deshalb nicht möglich, diesbezüglich eine Auskunft zu geben. 12. Sind den betroffenen Personen von unrechtmäßi- gen Speicherungen im Sinne von § 14 VSG Bln Nachteile entstanden? a) Wenn ja, welche? b) Wenn nein, auf welcher Tatsachengrundlage kann der Senat diese Auskunft geben? Zu 12.: Da eine statistische Erfassung nicht erfolgt, wie in Antwort zu Frage 11 erläutert, kann der Senat hierzu keine Aussage treffen. Berlin, den 03. März 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. Mrz. 2014)