Drucksache 17 / 13 261 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Stephan Lenz (CDU) vom 19. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. Februar 2014) und Antwort Steuerpflicht beachten, Steuervorteile nutzen II Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welche Umstände haben den Senat bewogen, in der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 17/12971 nicht auf die konkreten Fragestellungen und die dahinter liegenden haushaltsmäßigen Auswirkungen einzugehen, sondern sich auf die Darlegung allgemein bekannter Grundlagen des Steuerrechts zu beschränken? Zu 1.: Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 17/12971 vom 11.12.2013 wurden alle verfügbaren Er- kenntnisse verwertet. Weitere Informationen konnten zu diesem Zeitpunkt wegen des engen Zeitrahmens über den Jahreswechsel nicht beschafft werden. Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Umsatzbesteu- erung von Leistungen der öffentlichen Hand auf die ge- genwärtig geltenden Vorschriften noch auf Bund-Länder- Ebene geprüft werden und die rechtlichen und damit auch die finanziellen Auswirkungen dieser Rechtsprechung daher zurzeit noch nicht eingeschätzt werden können (vgl. Antwort zur Frage 7). 2. Wie erklärt der Senat seine Einlassung, in Berlin wäre mangels Einnahmen für die Überlassung von Sport- anlagen kein Betrieb gewerblicher Art anzunehmen vor dem Hintergrund  der Ausführungsvorschriften über die Nutzung öffentlicher Sportanlagen Berlins und für die Ver- mietung und Verpachtung landeseigener Grund- stücke an Sportorganisationen (Sportanlagen- Nutzungsvorschriften – SPAN) vom 2. Februar 2010 und  der aktuellen Haushaltsansätze z.B. im Bezirkshaushaltsplan Steglitz-Zehlendorf (4060/12401) oder der Nr. 6 des Vorberichts zum Bezirkshaus- haltsplans Reinickendorf 2014/15? Zu 2.: Bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 17/12971 wurde davon ausgegangen, dass sich diese hinsichtlich der Überlassung von Sportanlagen aus- schließlich auf die sogenannten Schlüsselverträge bezieht. Diesbezüglich gibt es in Berlin keine Betriebe gewerbli- cher Art (BgA), da die Überlassung von Sporthallen im Rahmen von Schlüsselverträgen unentgeltlich erfolgt. Die Bezirke haben keine Einnahmen hieraus. In den Bezirks- haushaltsplänen der beiden genannten Bezirke sind auch keine Einnahmen aus Schlüsselverträgen verbucht. Von den Überlassungen im Rahmen von Schlüsselver- trägen sind die BgA zu trennen, die entgeltlich im Rah- men von Vermietungen oder Verpachtungen Sportanlagen überlassen. Dies war aber nach hiesigem Verständnis nicht Gegenstand der Kleinen Anfrage Drs. 17/12971. 3. In welcher Höhe erzielt das Land Berlin für die Überlassung von Sportanlagen Einnahmen und bei wel- chen Kapiteln und Titeln werden diese nachgewiesen (für die Bezirke nach Bezirken getrennt)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 261 2 Zu 3.: In der Hauptverwaltung wurden für den Einzel- plan 05, Inneres und Sport, folgende Einnahmen ver- bucht: Kapitel Titel Bezeichnung (Teil-)Ansatz 2014 0510 111 16 Benutzungsentgelte 160.000 € 0510 124 01 Mieten für Grundstücke, Gebäude und Räume 747.000 € 0511 111 16 Benutzungsentgelte 160.000 € 0511 124 01 Mieten für Grundstücke, Gebäude und Räume 3.618.000 € 0511 261 01 Ersatz von Verwaltungs- ausgaben 10.000 € 0511 281 03 Ersatz von Bewirtschaf- tungsausgaben 1.931.250 € 0512 111 16 Benutzungsentgelte 99.000 € 0512 124 01 Mieten für Grundstücke, Gebäude und Räume 434.000 € Insgesamt: 7.165.250 € Die Einnahmen der Bezirke werden nicht zentral er- fasst und können nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand beschafft werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Auswirkungen der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand auf die gegenwärtig geltenden Vorschriften noch auf Bund-Länder-Ebene geprüft wer- den und die Auswirkungen dieser Rechtsprechung daher zurzeit noch nicht eingeschätzt werden können, wurde von einer Erhebung der Einnahmen bei den Bezirken abgesehen. 4. Wie ist die Steuerpflicht für diese Einnahmen vor dem Hintergrund der in der Kleinen Anfrage 17/12971 in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesfinanz- hofs zu bewerten? Zu 4.: Die in der Kleinen Anfrage Drs. 17/12971 an- geführte Rechtsprechung hat aus ertragsteuerlicher Sicht keine Auswirkungen auf diese Einnahmen, da das zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs V R 41/10 ausschließlich die umsatzsteuerliche Behandlung betrifft. Eine Bewertung der Umsatzsteuerpflicht dieser Ein- nahmen in Bezug auf die zitierte Rechtsprechung kann zurzeit noch nicht erfolgen, da die Prüfung, inwieweit die entsprechenden umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften an die höchstrichterliche Rechtsprechung angepasst werden müssen, bisher nicht abgeschlossen ist (vgl. Antwort zur Frage 7.). Auf den Bericht der Senatsverwaltung für Finanzen vom 12. April 2012 zur veränderten Umsatzsteuerpflicht bei privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Unter- nehmen an den Vorsitzenden des Hauptausschusses (rote Nummer 0445) wird hingewiesen. 5. Aus welchen Vorschriften des Steuerrechts und mit welcher Argumentation leitet der Senat das Recht auf Verweigerung einer allgemeinen Auskunft über die für den Landeshaushalt relevante steuerliche Erklärungspra- xis der Kita-Eigenbetriebe ab? Zu 5.: In der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs. 17/12971 wurde u.a. ausgeführt, dass Kindertagesstätten, wenn sie mit Einnahmeerzielungsabsicht betrieben wer- den, stets als BgA zu beurteilen sind (vgl. damalige Ant- wort zu den Fragen 1 und 2) und dass juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich zur Abgabe von Steuererklärungen für ihre BgA verpflichtet sind (vgl. damalige Antwort zur Frage 3). Informationen zu Einzel- fällen können grundsätzlich nicht erteilt werden, wenn diese im Besteuerungsverfahren gewonnen wurden, da diese Informationen dem Steuergeheimnis nach § 30 Abgabenordnung unterliegen. Nur Auskünfte der/des Betroffenen selbst bzw. aus nichtsteuerlichen Verwal- tungsverfahren stammende Erkenntnisse dürfen weiterge- geben werden. Eine Beschaffung dieser Auskünfte war wegen der unter 1. dargestellten Gründe zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 261 3 6. Sind die Kita-Eigenbetriebe Berlins als BgA zu beurteilen, ggf. erfüllen sie die tatbestandlichen Voraus- setzungen der Gemeinnützigkeit gemäß §§ 51 ff. Abga- benordnung und welche steuerlichen Verpflichtungen ergeben sich daraus? Zu 6.: Nach nunmehr vorliegenden Informationen sind die Kita-Eigenbetriebe Berlins als BgA zu beurteilen und erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ge- meinnützigkeit gem. §§ 51 ff. Abgabenordnung. Gemeinnützige Körperschaften haben grundsätzlich die gleichen steuerlichen Pflichten zu erfüllen wie die übrigen Körperschaften. Neben einer Erklärung zur Kör- perschaft- und Gewerbesteuer von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke dienen, haben sie eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben und eine Aufstellung über das Vermögen am Ende des Kalenderjahres bzw. den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) sowie den Ge- schäfts- oder Tätigkeitsbericht, aus dem sich die Art und der Umfang der gemeinnützigen Tätigkeit ergeben muss, vorzulegen. 7. Wie ist derzeit der Diskussionsstand auf Bund- Länder-Ebene bezüglich der Rechtsprechung des Bundes- finanzhofs? Zu 7.: Welche Auswirkungen die aktuelle Rechtspre- chung des Bundesfinanzhofs zur Umsatzbesteuerung von Leistungen der öffentlichen Hand, insbesondere das Urteil V R 41/10, auf die gegenwärtig geltenden Vorschriften in diesem Bereich hat, wird zurzeit noch auf Bund-Länder- Ebene geprüft. Die vorgenannte Rechtsprechung betrifft nicht nur die Überlassung von Sportanlagen, sondern u.a. auch den Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit und viele andere Bereiche, in denen juristische Personen des öffentlichen Rechts zusammenarbeiten. Auf Grund der Komplexität der hier zu beurteilenden Sachverhalte kann mit belastbaren Ergebnissen der Diskussionen vo- raussichtlich erst in der zweiten Jahreshälfte 2014 gerech- net werden. 8. Wie beurteilt der Senat die Rechtsprechung der Fi- nanzgerichte (z.B. BFH V R 41/10 vom 10.11.2011, BFH I R 106/10 vom 12.07.2012), nach der die Überlassung von Sporthallen ohne Gewinnerzielungsabsicht gegen Aufwendungsersatz und der Betrieb von Kindertagesstät- ten steuerpflichtige Betriebe gewerblicher Art darstellen? Zu 8.: Die Beurteilung, ob ein BgA anzunehmen ist, richtet sich nach der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Körper- schaftsteuergesetz. Danach liegt u.a. dann ein BgA vor, wenn mit der zu betrachtenden Tätigkeit Einnahmen er- zielt werden und der Rahmen der Vermögensverwaltung überschritten wird. Auch Aufwendungsersatz im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung ist eine Einnahme. Die Überlassung von Sporthallen gegen Aufwendungsersatz, soweit der Rahmen der Vermögensverwaltung überschrit- ten wird, und der Betrieb von Kindertagesstätten waren daher seit jeher als BgA zu beurteilen. 9. Gibt es in Berlin über die o.a. Beispiele hinaus noch andere haushaltsrelevante Bereiche, für die diese Rechtsprechung einschlägig ist und welche finanziellen Auswirkungen hat diese Rechtsprechung für Berlin, ins- besondere für die sogenannten Schlüsselverträge und die Kita-Eigenbetriebe? Zu 9.: Auf die Überlassung von Sporthallen im Rah- men der sogenannten Schlüsselverträge hat die Recht- sprechung keine Auswirkung, da die Überlassung unent- geltlich erfolgt (vgl. Antwort zur Frage 2). Auch auf die Kita-Eigenbetriebe ergeben sich keine Auswirkungen, da diese bereits als BgA erfasst sind (vgl. Antworten zu den Fragen 6 und 8). Welche finanziellen Auswirkungen die aktuelle Rechtsprechung auf andere Bereiche, wie z. B. die inter- kommunale Zusammenarbeit hat, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden (vgl. Antwort zur Frage 7). Berlin, den 05. März 2014 In Vertretung Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. Mrz. 2014)