Drucksache 17 / 13 275 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dirk Behrendt (GRÜNE) vom 20. Februar 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 24. Februar 2014) und Antwort Verfolgung von Steuerhinterziehung in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wegen Steuerhin- terziehung (§ 370 AO) führten Berliner Finanzbehörden bzw. die Berliner Staatsanwaltschaft seit dem 1.1.2011? Zu 1.: In der Berliner Steuerverwaltung waren zum 01.01.2011 3.587 Strafverfahren anhängig und noch nicht rechtskräftig erledigt. In den Jahren 2011 bis 2013 sind die folgenden Strafverfahren pro Jahr hinzugekommen bzw. abgeschlossen worden: Jahr Hinzugekommene Strafverfahren Abgeschlossene Strafverfahren 2011 3.322 3.577 2012 3.552 3.627 2013 4.274 3.969 Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Seit dem 01.01.2011 bis zum 27.02.2014 sind im Ver- fahrensregister der Berliner Staatsanwaltschaft insgesamt 2.761 Verfahren verzeichnet. Zu berücksichtigen ist da- bei, dass sich die Erfassungsgrundlage durch die Einfüh- rung der Fachanwendung Mehrländer-Staatsanwalt- schafts-Automation (MESTA) geändert hat. Bis zum 31.12.2011 wurden allgemein Verstöße gegen die Abga- benordnung (AO) erfasst, erst seit dem 01.01.2012 wird das Delikt § 370 AO ausdrücklich erfasst. Bei den für das Jahr 2011 benannten Verfahren muss es sich folglich nicht zwingend um Verstöße gegen § 370 AO handeln. Insoweit können möglicherweise auch Verfahren z.B. wegen Steuerhehlerei gemäß § 374 AO erfasst sein. Eingangsjahr Anzahl gesamt davon Ermittlungsverfahren in Strafsachen davon Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt 2011 312 312 0 2012 1.325 1.300 25 2013 992 980 12 2. Wie viele Verfahren beruhten auf angekauften Steuer CDs? Zu 2.: In der Berliner Steuerverwaltung wurden seit dem 01.01.2011 ca. 1.000 Strafverfahren geführt, die unmittelbar oder mittelbar im Zusammenhang mit dem Ankauf von sog. Steuer-CDs stehen. 3. In wie vielen Fällen war die Strafverfolgung wegen wirksamer Selbstanzeigen gesperrt? Zu 3.: Von allen geführten Strafverfahren wurden in der Berliner Steuerverwaltung im Jahr 2011 691, im Jahr 2012 523 und im Jahr 2013 829 Verfahren als wirksame und strafbefreiende Selbstanzeige eingestellt. 4. Bei wie vielen Fällen lag zwar eine Selbstanzeige vor, die allerdings unvollständig oder verspätet erfolgte und folglich die Strafverfolgung nicht hinderte? Zu 4.: In der Berliner Steuerverwaltung werden sog. „unwirksame Selbstanzeigen“ als solche nicht gesondert erfasst. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 275 2 5.1 Wie viele Steuerstrafverfahren endeten mit einer Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO? Wie hoch wa- ren der durchschnittliche und die drei höchsten Geldbe- träge? Zu 5.1: Nach § 153a StPO (Strafprozessordnung) wurden in der Berliner Steuerverwaltung im Jahr 2011 558, im Jahr 2012 467 und im Jahr 2013 429 Verfahren eingestellt. Die durchschnittliche Höhe der Auflagen betrug rund 2.500 €. Die drei höchsten Auflagen betrugen 180.000 €, 80.000 € und 75.000 €. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Seit dem Jahr 2011 wurden 19 der staatsanwaltschaft- lichen Ermittlungsverfahren gemäß § 153a StPO einge- stellt. Die durchschnittliche Höhe der Auflagen betrug rund 1.600 €. Die drei höchsten Geldauflagen betrugen zwei Mal 5.000 € und einmal 3.000,- €. Daneben wurden beim Amtsgerichts Tiergarten 172 Verfahren ermittelt, in denen eine Einstellung gemäß § 153 a StPO erfolgte. Hier betrug die durchschnittliche Geldauflage 5.368 €. Die höchsten Einstellungsbeträge lagen bei 100.000 €, 60.000 € und 20.000 €. 5.2 In wie vielen Fällen erging ein Strafbefehl? Zu 5.2: Durch die Berliner Steuerverwaltung wurden im Jahr 2011 383, im Jahr 2012 439 und im Jahr 2013 387 Verfahren mit Strafbefehl abgeschlossen. Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucher- schutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Seit dem Jahr 2011 wurden durch die Berliner Staats- anwaltschaft 109 Verfahren mit Strafbefehl abgeschlos- sen. Nach Auskunft des Amtsgerichts Tiergarten konnten seit dem Jahr 2011 für Verstöße gegen die Abgabenord- nung allgemein einschließlich der durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle bearbeiteten Verfahren für den abge- fragten Zeitraum insgesamt 2.384 Strafbefehle ermittelt werden. 6. In wie vielen Fällen erfolgte eine Anklage? Zu 6.: Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbrau- cherschutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat seit dem Jahr 2011 in 111 Fällen Anklage erhoben. Nach Auskunft des Amtsgerichts Tiergarten konnten seit dem Jahr 2011 für Verstöße gegen die Abgabenord- nung allgemein einschließlich der durch die Bußgeld- und Strafsachenstelle bearbeiteten Verfahren für den abge- fragten Zeitraum insgesamt 800 Anklagen ermittelt wer- den. 7. Wie vielen Hauptverfahren wurden eröffnet? Zu 7.: Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbrau- cherschutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Nach Auskunft des Amtsgerichts Tiergarten ergingen seit dem Jahr 2011 684 Eröffnungsbeschlüsse. 8. Wie viele Verurteilungen erfolgten? Wie häufig wurde auf eine Bewährungsstrafe erkannt? In wie vielen Fällen auf eine Haftstrafe? Wie lang waren die durch- schnittliche und die drei höchsten Haftstrafen? Zu 8.: Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbrau- cherschutz teilte zur o.a. Frage folgendes mit: Laut Auskunft der Berliner Staatsanwaltschaft wurden seit dem Jahr 2011 folgende Strafen verhängt: Entscheidungsart Anzahl Geldstrafe 565 Gesamtgeldstrafe 24 Strafvorbehalt (§ 59 StGB) 10 Freiheitsstrafe mit Bewährung 49 Freiheitsstrafe ohne Bewährung 8 Gesamtfreiheitsstrafe ohne Bewährung 1 Jugendstrafe mit Bewährung 1 Die drei höchsten verhängten Freiheitsstrafen beliefen sich auf 6 Jahre und 10 Monate, 6 Jahre und 5 Jahre. Durchschnittlich wurden Freiheitsstrafen mit und ohne Bewährung in einer Höhe von ca. 18 Monaten verhängt. Nach Auskunft des Amtsgerichts Tiergarten kam es seit dem Jahr 2011 zu insgesamt 1.095 Verurteilungen. In 360 Urteilen wurden Strafen verhängt, deren Vollstre- ckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. In insgesamt 70 Entscheidungen wurden unbedingte Haftstrafen mit einer durchschnittlichen Dauer von 1 Jahr, 11 Monaten und 18 Tagen verhängt. Die längsten unbedingten Haftstrafen betrugen 3 Jahre und 9 Monate, 3 Jahre und 2 Jahre und 10 Monate. 9. Wie beurteilt der Senat die Zahlen im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Steuerzahlmoral in Berlin? Zu 9.: Diese Zahlen lassen keine allgemein gültigen Aussagen zur Steuerzahlungsmoral in Berlin zu. Berlin, den 06. März 2014 In Vertretung .......................................... Dr. Margaretha Sudhof Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. Mrz. 2014)