Drucksache 17 / 13 358 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanne Graf und Martin Delius (PIRATEN) vom 05. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 10. März 2014) und Antwort Übermittlung des Sprachlerntagebuchs an Grundschulen und Schulbehörden Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Gemäß der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Jugend und Familie vom 27.02.2014 (Drs. 17/1499) wird der § 55a, Abs. 1, Satz 8 SchulG dahingehend geändert, dass zukünftig die Träger der Berliner Kindertageseinrichtungen die Sprachlerntagebü- cher an die Grundschulen übermitteln sollen, die das Kind besuchen wird. Der folgende Satz 9 soll dahingehend geändert werden, dass in den Fällen, in denen die Grund- schule dem Träger der Kindertageseinrichtung nicht be- kannt ist, das Sprachlerntagebuch an die zuständige Schulbehörde weitergeleitet wird, die daraufhin das Sprachlerntagebuch an die aufzunehmende Grundschule übermittelt. Wie stellen zukünftig die Träger, die Schul- behörden der Bezirke und wie stellt der Senat sicher, dass Erziehungsberechtigte gemäß § 6 Abs. 3 Satz 3 BlnDSG ihre Einwilligung zur Weitergabe der Daten im Sprach- lerntagebuch verweigern können? Zu 1.: Das Verfahren der Weitergabe der Lerndoku- mentation aus dem Sprachlerntagebuch sieht vor, dass die Eltern ihr Einverständnis zur Weitergabe durch Unter- schrift gegenüber dem Träger der Kindertageseinrichtung erklären. Liegt eine solche Unterschrift nicht vor, erfolgt keine Weitergabe der Lerndokumentation. 2. Wie stellen zukünftig die Träger, die Schulbehörden der Bezirke und wie stellt der Senat sicher, dass gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 BlnDSG Erziehungsberechtigte hinrei- chend über die Bedeutung und die Konsequenzen eines Widerrufs aufgeklärt werden und dass für sie und für das Kind keine Nachteile entstehen? Zu 2.: Die Weitergabe der Lerndokumentation aus dem Sprachlerntagebuch ist Teil des Übergangsmanage- ments an der Schnittstelle Kindertageseinrich- tung/Kindertagespflege – Grundschule. Die Kooperation der Pädagoginnen und Pädagogen aus Kindertageseinrich- tungen und Grundschulen zielt u.a. darauf, für den Bil- dungsweg des Kindes relevante Informationen zwischen den Institutionen auszutauschen, damit eine weitere För- derung des Kindes an seinem individuellen Entwicklungs- stand anknüpft und ohne Zeitverzug erfolgt. Lehrerinnen und Lehrer erhalten durch die Lerndokumentation eine Gesamtsicht der sprachlichen Kompetenzen, die das Kind während der Kitazeit erworben hat. Aufgrund dieser In- formationen können sie ihre Unterrichtsplanung und indi- viduelle Förderung entsprechend ausrichten. Liegen die Lerndokumentationen einzelner Kinder nicht vor, werden die Lehrkräfte insbesondere auf die Einschätzung der Lernausgangslage jedes Kindes angewiesen sein. 3. Gemäß Ihrer Antwort auf die Fragen Nr. 1 bis 8 in der Kleinen Anfrage, Drs. 17/12011 erarbeitete die Se- natorin im April 2013 in Zusammenarbeit mit dem Berli- ner Beauftragten für Datenschutz und Informations- freiheit eine Ausgestaltung „der rechtssicheren Weitergabe der Lerndokumentation“. a) Was sind die konkreten Ergebnisse dieser Aus- gestaltung? b) Welche Verabredungen wurden wann mit dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informa- tions-freiheit bzgl. der Weitergabe des Sprachlernta- gebuches an Grundschulen oder an Schulbehörden ge- troffen? Zu 3.: Bereits im Rahmen der konzeptionellen Über- legungen zur Weitergabe der Lerndokumentation von der Kita an die Grundschule wurden mit dem Berliner Beauf- tragten für Datenschutz und Informationsfreiheit intensiv die datenschutzrechtlichen Möglichkeiten im Hinblick auf eine klare und transparente Ausgestaltung des Verfahrens erörtert. Diese Überlegungen finden sich nun im vorgesehenen Verfahren wieder. So erfolgt die Übergabe erst nach Einwilligung der El- tern. Zudem besteht die Möglichkeit des Widerrufs der Einwilligung gegenüber der Kindertageseinrichtung vor dem Zeitpunkt der Weitergabe. Darauf werden die Eltern ausdrücklich hingewiesen. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 358 2 Die Weitergabe der Lerndokumentation erfolgt primär im Rahmen der Kooperationen der Bildungseinrichtungen Kita und Grundschule. Wenn ein Kind nicht die kooperie- rende Schule besuchen wird, erfolgt die Weitergabe auf dem Postweg an die aufnehmende Grundschule, sofern die Eltern diese benennen können. In den Fällen, in denen die aufnehmende Grundschule zum Zeitpunkt der Weiter- gabe noch nicht bekannt ist, wird die Lerndokumentation an das zuständige Schulamt übermittelt und von dort an die aufnehmende Grundschule versandt. Die Lerndokumentation wird den Eltern von der Schu- le zurückgegeben, wenn sie dort nicht mehr benötigt wird. Im Hinblick auf die weitere Verwendung der Lerndo- kumentation an der jeweiligen Grundschule erfolgen abschließende Abstimmungen mit dem Datenschutzbeauf- tragen. 4. Kann der Senat bestätigen, dass in den zuständigen Verhandlungsgremien (RV Tag, QVTAG und in den Verbänden zur Überarbeitung des Sprachlerntagebuchs) ein Verfahren verabredet wurde, welches das Einver- ständnis der Eltern zur Voraussetzung der Weitergabe der Lerndokumentation aus dem Sprachlerntagebuch macht? a) Wenn ja, welche konkreten Ergänzungen zur QVTAG sind wann vereinbart worden? Zu 4.: In der Vereinbarung zur Qualitätsentwicklung in Berliner Kindertagesstätten (QVTAG) wird auf die Grundlagen für den Übergang von der Kita in die Grund- schule Bezug genommen. Als ein Ziel ist u.a. benannt, dass Inhalte von Lern- und Bildungsprozessen aufeinan- der aufbauen. Die Weitergabe der Lerndokumentation ist eine Konkretisierung dieses Ziels und der QVTAG. Die Arbeitsgruppe zur Ausgestaltung der QVTAG und das Verhandlungsgremium zur Anpassung der Rahmenver- einbarung über die Finanzierung und Leistungssicherstel- lung der Tageseinrichtungen (RV Tag) waren in die Er- weiterung der QVTAG, die das Verfahren der Weitergabe beschreibt, einbezogen und haben die Rahmenvereinba- rung am 5.3.2014 unterzeichnet. 5. Kann der Senat mit Sicherheit ausschließen, dass die Sprachlerntagebücher zukünftig auch im Unterricht als Lehr- und Lernmittel zur Anwendung kommen? a) Wenn ja, wie und zu welchem Zweck sollen aus der Sicht des Senats die Sprachlerntagebücher in den Grundschulen von wem eingesetzt werden? b) Wenn nein, wie will der Senat und wie sollen Lehrkräfte zukünftig sicherstellen, dass die sensiblen Daten im Sprachlerntagebuch nicht an Mitschülerin- nen und Mitschüler weitergereicht werden? Zu 5.: In der Lerndokumentation des Sprachlerntage- buchs sind die Entwicklung und der Stand der individuel- len sprachlichen Kompetenzen dokumentiert. Lehrkräften in der Schulanfangsphase ermöglicht das Wissen um den Stand, aber auch den Verlauf der Sprachentwicklung, die individuelle Förderung der sprachlichen Kompetenzen jedes Kindes von Beginn der Grundschulzeit an. 6. Wie werden zukünftig Grundschullehrkräfte auf die Übermittlung der Sprachlerntagebücher an Grundschulen vorbereitet? a) Welche Konzepte liegen Lehrkräfte für die Ar- beit mit den Sprachlerntagebüchern in der Grundschu- le vor? b) Welche Fort- oder Weiterbildungen werden Lehrkräften diesbezüglich aktuell angeboten und wel- che sollen zukünftig angeboten werden? c) Welche Rundschreiben mit welchen Inhalten wurden an die Schulen diesbezüglich ausgegeben und welche sollen mit welchem Inhalt noch ausgegeben werden? Zu 6.: Bereits seit 2006 besitzt jedes Kitakind ein Sprachlerntagebuch, das die Eltern den Lehrkräften beim Übergang in die Schulanfangsphase zur Verfügung stellen können, um bestmöglich an die individuellen Lernvoraus- setzungen anknüpfen zu können. In der Schulanfangspha- se können gleichfalls die Lernprozesse der Kinder beo- bachtet und mit Hilfe der Lerndokumentation Sprache und der Lerndokumentation Mathematik festgehalten werden. Die konzeptionellen Grundlagen für die Implementie- rung einer noch anschlussfähigeren Sprachförderung beim Übergang von der Kita in die Schulanfangsphase, in deren Fokus die Lerndokumentation des Sprachlerntagebuchs steht, werden zurzeit in meinem Haus erarbeitet. 7. Wie sollen zukünftig Lehrkräfte auf der Grundlage der Sprachlerntagebücher zu aussagefähigen Ergebnissen über den Sprachstand der Kinder gelangen? Zu 7.: Die Lerndokumentation Sprache eröffnet Lehr- kräften Einblicke in die vorschulischen Sprachentwick- lungsprozesse, die in Verbindung mit den Ergebnissen der Lernausgangslagenerhebung Berlin (LauBe) bzw. anderen diagnostischen Instrumenten Grundlage der schulischen Förderangebote sind. 8. Wie viel Zeit soll sich die Lehrkraft zukünftig pro Kind und pro Sprachlerntagebuch für die Feststellung des Sprachstandes nehmen? a) Erhalten Lehrkräfte in Zukunft für die Analyse der Sprachlerntagebücher Ermäßigungsstunden? Wenn ja, wie viele und wenn nein, warum nicht? Zu 8.: Die Ermittlung des Standes der individuellen sprachlichen Kompetenzen gehört zu den Aufgaben aller Lehrkräfte. Mit der verbindlichen Weitergabe der Lern- dokumentation des Sprachlerntagebuchs können die Lehrkräfte in der Schulanfangsphase nunmehr von Beginn an auf die Dokumentation der Entwicklung und den Stand der sprachlichen Kompetenz zurückgreifen und individu- elle Sprachlernangebote machen. Die Weitergabe der Lerndokumentation Sprache führt in der Konsequenz zu einer Arbeitserleichterung der Lehrkräfte. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 358 3 Wie viel Zeit die einzelne Lehrkraft für die Feststel- lung des individuellen sprachlichen Kompetenzstandes aufwendet, kann nicht pauschal vorgegeben werden. 9. Welche Senatsverwaltungen, welche Abteilungen und welche weiteren Stellen waren an der Beantwortung dieser Schriftlichen Anfrage beteiligt? 10. Haben Sie noch etwas hinzuzufügen? Zu 9. und 10.: Zuständig für die Bearbeitung ist der Senat, vertreten durch die federführende Senatsverwal- tung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Berlin, den 19. März 2014 In Vertretung Mark Rackles Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 26. Mrz. 2014)