Drucksache 17 / 13 378 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriele Hiller (LINKE) vom 10. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 11. März 2014) und Antwort Vereinsbad im Olympiapark – Forumbad als Modell für andere Bäder? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wann und mit welcher Laufzeit wurde der Vertrag zur Übertragung der Nutzung des Forumbades Olympia- stadion gemäß § 3 (3) des Berliner Bäderanstaltsgesetzes zwischen dem Wasserfreunde Spandau 04 e.V. und den Berliner Bäder-Betrieben (BBB) geschlossen und welche wesentlichen Verabredungen wurden darin bezüglich der vollständigen bzw. teilweisen Nutzungsüberlassung ge- troffen? 2. Welche Nutzungen durch welche Nutzer wurden vertraglich zwischen dem Wasserfreunde Spandau 04 e.V. und den BBB vereinbart? Zu 1. und 2.: Mit dem Verein Wasserfreunde Spandau 04 e.V. wurde am 23./26.04.2013 ein neuer Vertrag zur Überlassung des Schwimmbades „Forumbad Olympiastadion “ und des Sommerschwimmbeckens (Außenbecken) – im Weiteren „Forumbad“ genannt – zur vorrangigen Nutzung für den schwimm- und wassersportlichen Übungs-, Lehr- und Wettkampfbetrieb, gemäß § 5 der Satzung über die Nutzung der Einrichtungen der Berliner Bäder-Betriebe (Nutzungssatzung), geschlossen. Er gilt für die Dauer von fünf Jahren bis zum 30.04.2018. Dem Verein steht ein Optionsrecht zur Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre zu, welches bis spätestens 30.04.2017 ausgeübt werden muss. Nach dem 30.04.2023 verlängert sich der Vertrag um jeweils ein Jahr, wenn er nicht drei Monate vor Ablauf des Nutzungszeitraums gekündigt wird. Dem Verein wurde bis zum 30.04.2022 eingeräumt, mit den Berliner Bäder-Betrieben (BBB) in Verhandlungen über eine eventuelle Verlängerung des Nutzungsvertrages über ein Jahr hinaus zu treten. Das Hallenbad wurde dem Verein ganzjährig mit einer jährlichen Schließzeit von ca. acht Wochen und das Sommerschwimmbecken in den Monaten der Sommersai- son, in der Regel vom 2. Mai bis 30. September überlas- sen. Der Vertrag verpflichtet den Verein, bei der Vergabe der Nutzungszeiten die Belange des Schulsports sowie des Bundesstützpunktes „Moderner Fünfkampf“ vorrangig zu berücksichtigen. Im Rahmen freier Kapazitäten sind anderen anspruchsberechtigten Vereinen Nutzungs- zeiten unentgeltlich zur Verfügung zu stellen (maximal ein Viertel der zur Verfügung stehenden Nutzungszeiten). Eine entgeltliche oder mit geldwerten Vorteilen verbun- dene Nutzung des Bades durch den Verein bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung der BBB. Die Durchführung von Kursen im Sinne der Nutzungssatzung ist durch den Verein gesondert zu vereinbaren. Weiterhin ist den BBB in Einzelfällen zum Zweck der Durchführung von Veranstaltungen eine vorrangige Berücksichtigung zugesichert. Gemäß den vertraglichen Vereinbarungen stellt der Verein ausreichendes Rettungs- und Aufsichtspersonal während der gesamten Betriebs-/ Nutzungszeiten entspre- chend der Anforderungen des Merkblattes 94.05. der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e. V. bereit. Ebenso stellt er das Rettungspersonal für den obligatori- schen Schwimmunterricht. Der Verein übernimmt außer- dem Reinigungspflichten sowie kleine Reparaturen, ein- fache Wartungsarbeiten und Schönheitsreparaturen. 3. Welche Kitas und Schulen nutzen dieses Bad, wie hoch ist deren Anteil an der Gesamtnutzung und wie wird dieser Anteil von wem in welcher Höhe finanziert? Zu 3.: Die Kosten der unentgeltlichen Nutzung durch Kindertagesstätten (Kitas) und Schulen entsprechend § 3 Abs. 1 Bäderanstaltsgesetz (BBBG) werden von den BBB getragen. Folgende Schulen nutzen das Bad: Schulen aus Charlottenburg Poelchau-Oberschule BerlinBritishSchool Schele-Schule Ernst-Adolf-Eschke Schule Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 378 2 Herder-Oberschule Anna-Freud-Oberschule Erzieher-Fachschule Wald-Schule Schwimmlehrerweiterbildung des Senats Sophie-Scholl-Schule Schulen aus Spandau (Ersatz für Kombibad Span- dau Süd) Grundschule am Windmühlenweg Mary-Poppins-Grundschule Grundschule am Weinmeisterhorn August-Hermann-Franke-Schule Der Anteil der Nutzung durch Schulen beträgt 30,5 %. Kindertagesstätten: Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 BBBG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Nutzungssatzung nutzt die Kita „Kulturküken“ jeweils donnerstags von 10:30 Uhr bis 11:15 Uhr das Lehrschwimmbecken. Der Wasserfreunde Spandau 04 e.V. führt mit Unter- stützung der BBB ein Sozialprojekt „Präventives Schwimmenlernen zur Reduzierung des Ertrinkens von Kindern im Vorschulalter“ durch. Dieses „Kitaschwimmen “ wird vor dem staatlichen Schulschwimmen in den 3. Klassen angeboten. Die Kita-Kinder haben während der Ausbildung den Status eines ordentlichen Vereinsmit- gliedes. Die Kurse werden im Rahmen der Mitgliedschaf- ten ohne zusätzliche Beiträge während der Nutzungszei- ten des Vereins durchgeführt. Für die zusätzlich entste- henden Kosten für den Transport (Abholen und Zurück- bringen der Kinder) wird den Kitas vom Verein eine Aufwandsentschädigung in Rechnung gestellt. Nach Angaben des Vereins nutzten im vergangenen Jahr insgesamt Kinder aus 64 Kitas das Angebot des So- zialprojektes „Präventives Schwimmenlernen“ 4. Mit hoch ist der Anteil öffentlicher Nutzung bzw. mit welcher Begründung wurde die öffentliche Nutzung des Forumbades vertraglich ausgeschlossen? Zu 4.: Öffentlicher Badebetrieb findet in den Schwimmbädern derzeit nicht statt. Vertraglich ausge- schlossen ist die öffentliche Nutzung nicht. 5. Wie hoch sind die Gesamtkosten für den Betrieb des Forumbades, wer zahlt diese, und in welcher Art und Weise mit welchem personellen und finanziellem Auf- wand beteiligt sich der Wasserfreunde Spandau 04 e.V. an den Kosten für Betrieb und Unterhaltung? Zu 5.: Die von den BBB getragenen Kosten für den Betrieb des Forumbades betrugen im Jahr 2013 insgesamt 606.313,- Euro. Nach Auskunft des Vereins Wasserfreunde Spandau 04 e.V. liegen keine genauen Daten zum finanziellen Aufwand für den Betrieb des Forumbades vor und können daher nur geschätzt werden. Die Kosten belaufen sich pro Jahr auf ca. 100.000,- Euro bis 110.000,- Euro für Rettungs- und Aufsichtsper- sonal, Reinigung, Badleitung, Organisation und Ge- schäftsstelle etc. Ein großer Anteil werde zudem durch ehrenamtliche Tätigkeit geleistet. Personell ist der Verein täglich im Rahmen der Öffnungszeiten von 06:00 Uhr bis 22:00 Uhr mit zwei bis drei Personen vertreten. 6. Wie hoch ist der personelle Aufwand, den die BBB für dieses Bad im Rahmen der vertraglichen Rege- lungen betreiben? Zu 6.: Im Hallenbad werden insgesamt drei Beschäf- tigte der BBB in zwei Schichten für die Sicherstellung der Betriebsaufsicht eingesetzt, die den ordnungsgemäßen Betriebsablauf gewährleisten, das Hausrecht wahrnehmen und die technischen Anlagen betreuen. 7. Wie hoch ist die jährliche Kostenersparnis für die BBB, resultierend aus dem Vergleich des Aufwandes für den Betrieb des Forumbades durch die BBB selbst bzw. durch die Wasserfreunde Spandau 04 e.V.? Zu 7.: Zur Absicherung aller Aufgaben müssten die BBB im vollständigen Eigenbetrieb (Verkehrssicherungs- und Aufsichtspflichten während des Schul- und während Vereinsbetriebes, technischer Betreibung, Reinigung, Eingangskontrolle etc.) des Forumbades bis zu fünf Be- schäftigte einsetzen. Durch die Übernahme von Auf- sichtspflichten und die Bereitstellung von Aufsichts- und Rettungspersonal durch den Verein beim Schul- und Ver- einsschwimmen sowie die Übernahme von Reinigungs- pflichten ergeben sich für die BBB ersparte Personalauf- wendungen von etwa 115.000,- Euro pro Jahr. Darüber hinaus ergeben sich Einsparungen für die derzeit vom Verein vertraglich zu leistenden kleineren Reparaturen, einfachen Wartungsarbeiten und Schönheitsreparaturen. 8. Wie wurden vertraglich Haftungs- und versiche- rungsrechtliche Fragen geklärt und welche Schlussfolge- rungen lassen sich daraus für die vollständige bzw. teil- weise Nutzungsüberlassung an andere gemeinnützige Schwimmsportvereine ziehen? Zu 8.: Der Vertrag verweist auf die Haftungsbestim- mungen gemäß § 14 der Nutzungssatzung. Darüber hin- aus haben die BBB einen Schadensersatzanspruch, An- spruch auf Ersatzzeiten oder Ausweichtermine für den Fall ausgeschlossen, dass die Bäder vollständig unbenutz- bar sind. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 378 3 Die Wasserfreunde sind vertraglich verpflichtet, eine alle Risiken abdeckende Haftpflichtversicherung mit einem umfassenden Deckungsschutz für Personen-, Sach- und Vermögensschäden abzuschließen – es sei denn, dass die vom Landessportbund Berlin e.V. für seine Mitglieder abgeschlossene Versicherung diese Voraussetzungen erfüllt – und den Fortbestand nachzuweisen. 9. Wie bewertet der Senat die Erfahrungen aus dem Vertrag zwischen dem Wasserfreunde Spandau 04 e.V. und den BBB, welche dieser Erfahrungen sind verallge- meinerbar und welche nicht? Zu 9.: Der Senat bewertet das Engagement des Ver- eins und die bisherigen Erfahrungen durchaus positiv. Im Forumbad nutzt der Verein Wasserfreunde Span- dau 04 e.V. – im Rahmen des Modells der „vorrangigen Nutzung“ gemäß § 5 Nutzungssatzung – 58,8 % der zur Verfügung stehenden Wasserzeiten (für den eigenen Ver- einssport und Kitakurse), 10,7 % der Bundestützpunkt „Moderner Fünfkampf“, die Schulen nutzen 30,5 % (jeweils gemessen an den Bahnstunden /pro Woche). Die Herausforderung für künftige Standorte besteht darin, ein geeignetes Modell zur Vertragsgestaltung aus- zuwählen, das den Anforderungen aller Nutzenden ge- recht wird, so dass zum einen das Schulschwimmen gesi- chert bleibt und zum anderen die Überlassung eines Bades nicht zur Verdrängung von (kleineren) Vereinen führt. 10. Welche weiteren Beispiele für die vertraglich ver- einbarte eigenverantwortliche Nutzung von öffentlichen Schwimmbädern durch gemeinnützige Schwimmsport- vereine gibt es im Land Berlin und wie bewertet der Senat die dabei gewonnenen Erfahrungen? Zu 10.: Neben dem Forumbad wird derzeit das Sport- bad Britz durch einen Verein geführt. Das Sportbad Britz ist langfristig (vom 01.10.1994 bis 30.09.2019) an den Schwimm-Gemeinschaft Neukölln e.V. Berlin überlassen worden und wird personell ausschließlich durch den Ver- ein betrieben. Dieser Vertrag wurde ursprünglich vom Bezirksamt Neukölln geschlossen. Die BBB sind nach ihrer Gründung in den Vertrag eingetreten. Auf Grund der spezifischen Vertragsgestaltung (Übernahme von Investi- tionen zum Umbau der Schwimmbereiche) kann er nicht modellhaft auf andere Vereine oder Bäder übertragen werden. Darüber hinaus wird das Stadtbad Kreuzberg von dem Verein Tauchen, Schwimmen, Breitensport e.V. (TSB) betrieben. Vertragspartner ist das Bezirksamt Friedrichs- hain-Kreuzberg, welches mit dem Verein einen Erbbau- pachtvertrag geschlossen hat. Der Verein stellt den BBB lediglich Wasserfläche für den Schul- bzw. Vereinssport gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung zur Verfü- gung. 11. Mit welchen Berliner Schwimmsportvereinen be- finden sich der Senat bzw. die BBB im Gespräch zur vertraglichen Nutzungsüberlassung von öffentlichen Schwimmbädern bzw. wie viele und welche gemeinnützi- gen Sportvereine haben ihr Interesse am Betrieb eines Schwimmbades bekundet und wie gedenken Senat und BBB mit diesen Bewerbungen umzugehen? Zu 11.: Am 2. April 2014 findet auf Einladung von Herrn Staatssekretär Statzkowski ein Meinungsaustausch mit Sportorganisationen über die Interessen und Möglich- keiten der Übertragung von Betreiberpflichten auf Verei- ne statt. Eingeladen wurden die Berliner Bäder-Betriebe, der Landessportbund Berlin, der Berliner Schwimmver- band sowie 21 interessierte Vereine. Konkrete Bewerbun- gen liegen bislang nicht vor. 12. Welche grundsätzlichen Schwierigkeiten und Probleme sieht der Senat bei der Realisierung der in der Koalitionsvereinbarung geäußerten Absicht, „im Rahmen eines Modellversuchs die Übertragung einzelner Bäder an gemeinnützige Sportvereine“ zu ermöglichen? Zu 12.: Grundsätzlich begrüßt der Senat die Durchfüh- rung weiterer Modellprojekte zur Übertragung weiterer Bäder an gemeinnützige Sportvereine, um die wirtschaft- liche Situation der BBB zu verbessern. Sofern das Schulschwimmen weiterhin gesichert bleibt, die Überlassung eines Bades nicht zur Verdrän- gung von (kleineren) Vereinen führt sowie sämtliche haftungs-, personal- und versicherungsrechtlichen Fragen geklärt sind, werden entsprechende Modelle mit interes- sierten, leistungsfähigen Vereinen an geeigneten Standor- ten geprüft werden. Berlin, den 26. März 2014 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 01. Apr. 2014)