Drucksache 17 / 13 392 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Heiko Herberg (PIRATEN) vom 12. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 13. März 2014) und Antwort Schulden der Teilsektoren des Bundeslandes Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: Vorbemerkung Das Schalenkonzept bildet die unterschiedlichen Teil- aggregate der Finanzstatistiken ab und schlägt die Brücke zum Staatssektor im Sinne des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) 1995. Den Kern bilden Bund, Länder, Gemeinden/Gemeinde- verbände und die Sozialversicherung (Sektoren), die unter der Bezeichnung „Kernhaushalte“ zusammengefasst werden . Die innere Schale besteht aus den sogenannten „Extrahaushalten “. Das sind alle Fonds, Einrichtungen und Unternehmen (FEU), die nach dem ESVG 1995 zum Staatssektor zählen. Kernhaushalte und Extrahaushalte aller staatlichen Ebenen einschließlich der Kommunen und Sozialversicherungen bilden den öffentlichen Ge- samthaushalt, der dem Staatssektor nach ESVG 1995 entspricht. Die äußere Schale umfasst die „sonstigen öffentlichen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen“. Diese Schale gehört zwar zum sog. öffentlichen Bereich, aber nicht mehr zum Sektor Staat. Die Kredite der in dieser Schale angesiedelten Einrichtungen sind nicht Teil des sog. »Schuldenstands (Maastricht)«, Neuverschul- dungen dieser Einrichtungen gehen auch nicht in den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo ein, den die Bun- desregierung in regelmäßigen Abständen an Eurostat zu melden hat. Im Bereich der Extrahaushalte (innere Schale Sektor Staat) werden jährliche Reklassifizierungen der FEU vom Statistischen Bundesamt (DESTATIS) durchgeführt. Dies ist erforderlich, weil sich Klassifizierungsparameter der Extrahaushalte verändern können. Diejenigen FEU z.B., die in einem Jahr dem öffentlichen Gesamthaushalt zuge- rechnet wurden, weil mehr als 80 % des Umsatzes mit öffentlichen Haushalten getätigt wurden, können im Folgejahr der äußeren Schale dann zugeordnet werden, wenn der Marktumsatz über die kritische Grenze hinaus gesteigert wird. Aufgrund der wechselnden Abgrenzun- gen enthalten die Zahlenausweise über die Jahre hinweg notwendigerweise Brüche. 1. Auf welchen Betrag beläuft sich der Gesamtschuldenstand der einzelnen Teilsektoren des Staates nach dem Schalenkonzept entsprechend dem Europäischen System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG 1995) für die drei Schalen jeweils in den vergangenen zehn Jahren? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 392 2 Zu. 1.: Entwicklung der Schulden des Landes Berlin 2002 bis 2012 (in Mio €) Schuldenstand zum Schulden des öffentlichen Haushalts 1) sonstige öffentliche Fonds, Einrichtun- gen und Unternehmen 2) 31.12.2003 50 437 nicht erhoben 31.12.2004 54 065 31.12.2005 57 380 31.12.2006 58 995 31.12.2007 57 152 31.12.2008 55 963 31.12.2009 58 823 Methodenbruch 2010 (Umsetzung des Schalenkonzepts) Öffentlicher Bereich Öffentlicher Gesamthaushalt Kernhaushalt Extrahaushalte 2) sonstige öffentliche Fonds, Einrichtun- gen und Unternehmen 3) 31.12.2010 60 243 0 12 253 31.12.2011 61 372 15 12 155 31.12.2012 60 902 23 11 490 1) Bis einschließlich 2005 nur Kernhaushalt; 2006 bis 2009 Kernhaushalt plus ausgewählte Extrahaushalte. 2) Aufgrund wechselnder Abgrenzungen zwischen den Jahren nicht ver- gleichbar. Abgrenzungen und Zahlen nicht mit dem Land Berlin abgestimmt. 3) Hierbei handelt es sich um öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, die nicht dem Sektor Staat zugerechnet werden. Die Klassifizierung der Extrahaushalte und sonstigen FEU ist ein laufender Prozess. Das Statistische Bundes- amt klassifiziert anhand der Definitionen gem. ESVG 1995 jährlich neu, welche Einrichtungen den Extrahaus- halten oder den sonstigen FEU zugerechnet werden. 2. Wie hoch fielen in den vergangenen zehn Jahren die Investitionen innerhalb der einzelnen Schalen/Sek- toren aus? Zu 2.: Die Investitionen im Kernhaushalt des Landes Berlin für Investitionen wurden für die Jahre 2004 bis 2013 vom Statistischen Bundesamt geprüft und bestätigt. Die Angaben für Extrahaushalte und sonstige FEU außer- halb des Staatssektors wurden aus anderen Quellen zu- sammengestellt, ohne dass es schon eine Möglichkeit gäbe, um Doppelzählungen zu bereinigen. Der rechte Teil der Tabelle steht deshalb unter methodischem Vorbehalt. Eine ebenfalls investive Wirkung kann den im Rah- men der baulichen Unterhaltung zusätzlich bereitgestell- ten Mittel aus dem Schulanlagensanierungsprogramm (bis 2011 jährlich rund 32 Mio €, 2012 48 Mio €, ab 2013 64 Mio €), dem Sportstättensanierungsprogramm (jährlich rund 9 Mio €) und dem Kita- und Spielplatzsanierungsprogramm (ab 2014 jährlich 10 Mio €) zugeschrieben werden. Öffentlicher Bereich Mio € Öffentlicher Gesamthaushalt Investitionsausgaben im Jahr Kernhaushalt Extrahaushalte sonstige öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unter- nehmen 3) 2004 1 708 nicht erhoben 2005 1 761 2006 1 743 2007 1 658 2008 1 447 1) 1 149,0 2009 1 543 1 538,0 Methodenbruch 2010 (Umsetzung des Schalenkonzepts) 2010 1 773 1) 1 585,8 2011 1 534 494,4 2) 1 709,0 2012 1 377 1 160,7 2) 1 944, 4 2013 1 265 343,2 2) -- 4) 2014 1 534 -- -- 2015 1 458 -- -- Quelle: Senatsverwaltung für Finanzen Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 392 3 1) Abgrenzung und Bereinigung der Daten zum Kernhaushalt nicht möglich 2) In angenäherter Zuordnung zum Schalenkon- zept wurden die OG. 7, 81 und 82 ausgewertet und bereinigt: Baumaßnahmen in den Bereichen Schulen, Hochschulen (ein- schl. Hochschulkliniken), Einrichtungen des Gesundheitswe- sens, Energie- und Wasserwirtschaft, Kulturbau, Straßen, Sons- tige Aufgaben, sowie der Erwerb von unbeweglichen Sachen und Erwerb von beweglichen Sachen. 2013 ohne Auslaufperio- de, deshalb vorläufig. Für 2014 und 2015 noch nicht zu bezif- fern. 3) Hierbei handelt es sich um öffentliche Fonds, Einrich- tungen und Unternehmen, die nicht dem Sektor Staat zugerech- net werden. Investitionsangaben in absoluter Höhe, nicht der Landesbeteiligung entsprechend. 4) Die Bilanzabschlüsse der FEU liegen aktuell nicht vor. 3. Wie hoch waren die summierten eigenen Einnahmen der jeweiligen Schalen/Sektoren in den jeweiligen Jahren? Zu 3.: Es wird angenommen, dass mit „eigenen Einnahmen “ für den Bereich des Kernhaushalts die bereinigten Einnahmen, das heißt die Einnahmen ohne Einnahmen aus Kreditaufnahme, Ergebnisse der Vorjahre, Entnahmen aus Rücklagen und Einnahmen aus haushaltstechnischen Verrechnungen, gemeint sind. Diese betrugen in den Jahren 2004 bis 2013: Öffentlicher Bereich in Mio € Öffentlicher Gesamthaushalt Bereinigte Einnahmen im Jahr Kernhaushalt Extrahaushalte sonstige öffentliche Fonds, Einrich- tungen und Unternehmen 2) 2004 17 570 Die eigenen Einnahmen der inneren und äußeren Schale liegen in der gewünschten Abgrenzung nach Extrahaushal- ten und sonstigen FEU zurzeit nicht vor. 2005 18 431 2006 18 720 2007 20 802 2008 21 840 2009 19 599 2010 20 255 2011 20 794 2012 22 568 2013 22 747 Quelle: Senatsverwaltung für Finanzen 4. Welche Geldflüsse gab es in den vergangenen zehn Jahren zwischen den einzelnen Schalen/Sektoren? Welcher Anteil davon entfiel auf Darlehen? Zu 4.: Das Schalenkonzept zielt insbesondere auf eine konsequente Abbildung der Zahlungsbeziehungen zwi- schen den Kernhaushalten, den Extrahaushalten und den sonstigen öffentlichen FEU außerhalb des Sektors Staat ab. Die Beziehungen innerhalb des Schalenkonzepts kön- nen über den gegenwärtigen Gruppierungsplan nicht vollständig und konsistent abgebildet werden. Die Umset- zung des Schalenkonzepts in den Haushaltssystematiken führt daher für die Finanzstatistiken, insbesondere bei separater Betrachtung von Kern- und Extrahaushalten, zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung. Das Bund- Länder-Gremium zur Standardisierung des staatlichen Rechnungswesens nach §49a Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) hat 2013 eine Arbeitsgruppe beauftragt, die auf Grund von EU-Regelungen im Statistikbereich sowie zur Umsetzung des Schalenkonzepts zwingend erforderlichen Anpassungs-/Änderungsbedarfe einschließlich der All- gemeinen Vorschriften zum Gruppierungsplan zu erarbei- ten und dem Gremium zur Beratung im November 2014 vorzulegen. Auf der Grundlage des überarbeiteten Grup- pierungsplans sollen Geldströme zwischen den Schalen abbildbar werden. 5. Wie hoch waren die durchschnittlichen Zinssätze zu denen Kredite in den einzelnen Schalen aufgenommen wurden in den vergangenen zehn Jahren? Zu 5.: Die durchschnittlichen nach Volumen gewich- teten Effektivzinssätze der in den jeweiligen Jahren für den Kernhaushalt aufgenommenen Haushaltskredite be- trugen: Jahr Zinssatz 2004 3,53% 2005 3,15% 2006 3,86% 2007 4,36% 2008 4,52% 2009 2,76% 2010 1,72% 2011 2,62% 2012 1,27% 2013 1,18% Quelle: Senatsverwaltung für Finanzen Keines der FEU in der inneren Schale hat eine Kredi- termächtigung, das heißt diese Extrahaushalte des Landes Berlin dürfen keine Kredite aufnehmen. Ihre Ausgaben werden über eigene Einnahmen und Zuschüsse aus dem Kernhaushalt gedeckt. Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 392 4 Das Statistische Bundesamt erhebt keine Daten dar- über, zu welchen Konditionen Extrahaushalte – soweit sie über eine Kreditermächtigung verfügen – und FEUs Kredite an den Finanzmärkten aufnehmen. 6. Welche Zinsersparnisse würden sich für die einzelnen Schalen ergeben, sollten zukünftige Darlehen der äußeren beiden Schalen/Sektoren nicht mehr direkt am Kapitalmarkt aufgenommen werden, sondern über den Kernhaushalt und zu gleichen Konditionen an die ent- sprechenden Unternehmen/Einrichtungen weitergereicht werden? Zu 6.: Grundsätzlich darf das Land Berlin gemäß Art 87 Abs. 2 Verfassung von Berlin (VvB) und § 18 Landes- haushaltsordnung (LHO) Kredite nur zur Deckung der Ausgaben des Haushalts und bis zur veranschlagten in Höhe der Investitionen aufnehmen. Eine Ausnahme ist eine Kreditaufnahme zur Abwehr einer Störung des ge- samtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Eine Kreditauf- nahme des Landes zugunsten von Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, die als Marktanbieter agieren, ist durch die LHO und die VvB nicht gedeckt. Berlin, den 01. April 2014 In Vertretung .......................................... Klaus Feiler Senatsverwaltung für Finanzen (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Apr. 2014)