Drucksache 17 / 13 415 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Thomas Birk und Oliver Schruoffeneger (GRÜNE) vom 17. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 19. März 2014) und Antwort Warum dauert die Abschaffung der Praxisgebühr für Beamtinnen und Beamte so lange? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Wird die Praxisgebühr (der sogenannte „Eigenbehalt “ nach § 49 Abs. 2 LbhVO in Höhe von 12 Euro) für Beamtinnen und Beamte in voller Höhe, wie angekündigt, rückwirkend ab 1.1.2013 erlassen? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, ab wann, und geschieht dies automatisch oder nur auf Antrag? Zu 1.: Nach der Beschlussfassung des Senats vom 25. Februar 2014 wurde dem Abgeordnetenhaus der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschrif- ten zugeleitet (Drucksache (Drs.) 17/1529). Dieser sieht u.a. die Abschaffung der sog. Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro pro Quartal für Berliner Beihilfeberechtigte vor. Dazu soll (zum 1. Januar 2013) § 49 Abs. 2 Landesbeihil- feverordnung (LBhVO) aufgehoben werden. Da § 49 Abs. 2 LBhVO aber einen Eigenbehalt in Höhe von 12 Euro vorsieht (also 2 Euro mehr als die für gesetzlich Krankenversicherte weggefallene Praxisgebühr), soll zur Kompensation der darüber hinaus entfallenen 2 Euro (zum 1. Januar 2014) die in § 76 Abs. 5 Landesbeamten- gesetz (LBG) geregelte jährliche Kostendämpfungspau- schale um 10 Euro erhöht werden. Zu Einzelheiten, insbe- sondere zur Begründung, warum § 49 Abs. 2 LBhVO einen gegenüber der Praxisgebühr um 2 Euro höheren Eigenbehalt vorsieht und zur Ermittlung des Erhöhungs- betrages von 10 Euro, verweise ich auf die Begründung zu dem vorgenannten Gesetzentwurf (Drs. 17/1529, Seite 7 folgend). In Erwartung einer rechtlichen Regelung, nach der die Eigenbehalte nach § 49 Abs. 2 der Landesbeihilfeverord- nung rückwirkend wegfallen, habe ich im Dezember 2013 entschieden und veranlasst, dass das Landesverwaltungs- amt Berlin (LVwA) diese Eigenbehalte bei allen Beihilfe- anträgen, die seit dem 01. Januar 2014 eingegangen sind und eingehen, im Vorgriff darauf bereits nicht mehr von der Beihilfe abgezogen hat bzw. abzieht. Im Übrigen wird das LVwA - auch rückwirkende - rechtliche Änderungen unverzügich, nachdem diese in Kraft treten, umsetzen. Die vom Senat vorgelegte rechtliche Neuregelung sieht nicht vor, dass deren Anwendung generell oder bezogen auf einzelne Elemente (wie z.B. die Korrektur zurücklie- gender Festlegungen) an Anträge der Betroffenen ge- knüpft sind. Dementsprechend würde auch das LVwA weder die Anwendung in der Zukunft noch erforderliche Korrekturen zurückliegender Beihilfebescheide und dar- aus ggf. resultierende Nachzahlungen von Anträgen ab- hängig machen. 2. Warum dauert es mittlerweile über ein Jahr, von der Ankündigung bis zur Einbringung des entsprechenden Gesetzentwurfes, um den Eigenbehalt für Beamtinnen und Beamte im Land Berlin abzuschaffen? Wie schnell ging es in den anderen Bundesländern? Zu 2.: Die erforderlichen Mitzeichnungs- und Beteili- gungsverfahren haben geraume Zeit in Anspruch genom- men. Das Beihilferecht der Länder unterscheidet sich hin- sichtlich der Regelungssystematik und der Regelungsin- halte. Teilweise verweisen die Länder auf das Beihilfe- recht des Bundes, so dass die Abschaffung der Praxisge- bühr keiner Umsetzung in Landesrecht bedurfte. Die Länder mit eigenem Beihilferecht haben teilweise anders gestaltete Eigenbehalte und keine Regelungen zur Praxis- gebühr. Ein Vergleich mit den anderen Bundesländern ist insofern nicht möglich. 3. Warum ist nicht zunächst § 49 Abs. 2 LbhVO zum 1.1.2013 abgeschafft bzw. ausgesetzt worden, um schnell zur Abschaffung des Eigenbehalts zu kommen, um dann erst anschließend § 76 Abs. 11 Landesbeamtengesetz zu ändern, da es sich im Gesetz ja um eine „Kann“-Bestimmung handelt („Der Senat kann durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung regeln. Insbe- sondere kann er Höchstbeträge, Belastungsgrenzen, den völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln und den Abzug von Pauschalbeträgen von der zu gewährenden Beihilfe für jedes Quartal, in dem Aufwendungen entstanden sind, in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch festlegen.“)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 415 2 Zu 3.: Wie in der Antwort zu Frage 1 dargelegt bedarf die Abschaffung der Praxisgebühr einer Änderung sowohl der Landesbeihilfeverordnung als auch des Landesbeam- tengesetzes. 4. Welche zusätzliche Arbeitsbelastung ist für die Beihilfestellen des Landes durch die rückwirkende Neu- berechnung der Beihilfen und die Erstattung des zu viel gezahlten Eigenbehalts zu erwarten? Zu 4.: Durch die rückwirkende Neuberechnung der Beihilfen aufgrund rückwirkend entfallender Eigenbehalte und daraus resultierende Rückerstattungen entsteht in der Beihilfestelle nur eine vernachlässigbar geringe Arbeits- belastung. Die Neuberechnungen, Bescheiderstellungen und Bescheid- und Geldüberweisungen können und sollen vollautomatisch realisiert werden. Die Arbeitsbelastung für die Beihilfestelle reduziert sich deshalb auf die Pro- grammierung und Ingangsetzung des entsprechenden Programms und die geeignete Überprüfung, dass die Er- gebnisse des Programmablaufs wie beabsichtigt und gere- gelt ausgefallen sind. Eine demgegenüber größere Arbeitsbelastung entsteht durch die rückwirkende Erhöhung der Beträge der Kos- tendämpfungspauschalen. Ob und in welcher Höhe die nominelle Erhöhung der Beträge der Kostendämpfungs- pauschalen um 10 Euro im Einzelfall zu einer Kosten- dämpfungspauschalenerhöhung führt, hängt von einer Vielzahl persönlicher Merkmale der bzw. des Beihilfebe- rechtigten und - zum geringeren Teil - auch von den be- troffenen Ausgaben ab und ist deshalb in jedem Einzelfall zu ermitteln. Da aufgrund der Komplexität der Fallkons- tellationen und Datengrundlagen zur Fallbestimmung eine automatisierte, maschinelle Überprüfung und Korrektur zurückliegender Festsetzungen nicht möglich ist, ist dabei jeweils - als Vorarbeit zu ggf. veranlassten Korrekturen oder Berücksichtigungen - manuell zu ermitteln, ob und in welchem Umfang zurückliegende Festlegungen zu korrigieren sind. Aufgrund dieses erforderlichen Bear- beitungsaufwandes wird das LVwA erforderliche rück- wirkenden Korrekturen bereits festgesetzter Kostendämp- fungspauschalen sukzessive und getrennt von der - ein- fach und schnell im Block und damit vorher möglichen und beabsichtigten - Auszahlung einbehaltener Eigenbe- halte vornehmen. Bei dieser Ausgestaltung sind die zu- sätzlichen Arbeitsschritte für die Überprüfung und ggf. Korrektur bereits erfolgter Kostendämpfungspauschalen- festsetzungen des Jahres 2014 nach meiner Prognose unter gleichzeitiger Beibehaltung akzeptabler Antragsbe- arbeitungszeiten bewältigbar. 5. Wird es die in Drucksache 17/11523 angekündigte technische Unterstützung im Abrechnungsverfahren ge- ben, um diese zusätzliche Belastung aufzufangen? Wenn nein, welche personellen und organisatorischen Maßnah- men werden ergriffen, um ein erneutes Anwachsen der Bearbeitungszeiten zu vermeiden? Zu 5.: Ja. Bei der seinerzeit angesprochenen techni- schen Unterstützung handelt es sich um die in der Ant- wort zu Frage 4 dargestellte automatisierte Überprüfung und ggf. Korrektur der zurückliegenden Eigenbehaltsfest- setzungen und daraus resultierenden Maßnahmen. Berlin, den 28. März 2014 In Vertretung Andreas Statzkowski Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 07. Apr. 2014)