Drucksache 17 / 13 418 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Oliver Höfinghoff (PIRATEN) vom 12. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 17. März 2014) und Antwort Fatale Symbolwirkung für das Land Berlin – Aufmarsch der Partei Die Rechte am 13. Februar 2014 vor dem Brandenburger Tor in unmittelbarer Nähe zum Holocaustmahnmal Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Ist sich der Senat der Symbolwirkung des 13. Feb- ruar für die rechte Szene in Deutschland bewusst? Zu 1.: Ja. 2. Werden Mitarbeiter*innen der Berliner Sicher- heitsbehörden (insbesondere der Berliner Polizei) für den Umgang mit Symbolen, „Feiertagen“ und Aktionsformen der rechten Szene und deren Bedeutung besonders ge- schult bzw. sensibilisiert? Zu 2.: Die Ausbildung der Polizeidienstkräfte beinhal- tet unter anderem eine umfassende Beschulung zur The- matik des Verwendens von Kennzeichen verfassungswid- riger Organisationen. Zur Fortbildung der Dienstkräfte werden dauerhaft Tagesseminare zum Thema Rechtsext- remismus durch die Zentrale Serviceeinheit, Aus- und Fortbildung, angeboten und durchgeführt. Die Abteilung II der Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat eine Broschüre über rechtsextremistische Kenn- zeichen und Symbole publiziert, die auch in der Berliner Verwaltung verteilt wird und die Grundlage von Schulun- gen zu dem Thema ist. 3. Wie bewertet der Senat den Aufmarsch der Partei Die Rechte am 13. Februar 2014 vor dem Brandenburger Tor? Zu 3.: Die Partei Die Rechte meldete für den 13. Feb- ruar 2014 eine Versammlung, im Speziellen eine Kund- gebung in Form einer Mahnwache, auf dem Pariser Platz an. Ein Aufzug war weder durch den Anmelder beabsich- tigt, noch wurde zu dem Thema und zu der Versammlung der Partei Die Rechte ein Aufzug durchgeführt. Der Anmelderin oder dem Anmelder einer Versamm- lung steht in Ausübung seiner Versammlungsfreiheit aus Artikel 8 Grundgesetz (GG) und Artikel 26 Verfassung von Berlin (VvB) das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt und Inhalt der Veranstaltung zu. Aufgabe der Polizei Berlin ist es, die Durchführung von Versammlun- gen, die sich im Rahmen des Grundrechts auf Versamm- lungsfreiheit bewegen, zu ermöglichen, selbst wenn die Versammlungen gegen die überwältigende Mehrheits- meinung in Bevölkerung und Politik gerichtet sind. 4. Warum wurde von der Senatsinnenverwaltung die Tatsache, dass es am 13. Februar zu einem Aufmarsch der Partei Die Rechte vorm Brandenburger Tor kommen wird, erst einen Tag vorher öffentlich bekannt gemacht? Zu 4.: Das grundrechtlich geschützte Versammlungs- recht (Art. 8 GG) gewährt der Veranstalterin oder dem Veranstalter einer Versammlung auch das Recht, darüber zu entscheiden, wann und in welchem Umfang Angaben zu dieser Versammlung öffentlich bekannt gemacht wer- den. Eine staatlicherseits erfolgende Bekanntgabe der Versammlung ohne oder gegen den Willen der Veranstal- terin oder des Veranstalters ist daher nur in engen Gren- zen zum Schutz gleichgewichtiger Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßig- keit zulässig. Gleichgewichtige Rechtsgüter sind bei- spielsweise das verfassungsrechtlich verankerte Informa- tions- und Fragerecht der Abgeordneten oder die Presse- freiheit. Nachfragen von Pressevertreterinnen und Presse- vertretern sowie von Abgeordneten zur Versammlung, die die Pressestelle der Polizei ab dem 12. Februar 2014 er- halten hat, wurden vor diesem Hintergrund beantwortet. 5. Wie bewertet der Senat den Umstand, dass der Aufmarsch der Partei Die Rechte mit Fahnen und Trans- parenten am 13. Februar 2014 vor dem Brandenburger Tor in unmittelbarer Nähe des geschützten Bereichs des Holocaustmahnmal (vgl. Anlage zu § 15 Abs. 2 Ver- sammlungsgesetz) stattgefunden hat? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 418 2 Zu 5.: Eine räumliche Verlegung einer Versammlung nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 des Versammlungsgesetzes (VersG) setzt voraus, dass nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung konkret feststellbaren Umständen zu be- sorgen ist, dass durch die Versammlung die Würde der Opfer der menschenwürdigen Behandlung unter der nati- onalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft beein- trächtigt wird. Solche Umstände lagen im vorliegenden Fall nicht vor. 6. Gibt es Überlegungen im Senat, den Schutz des § 15 Abs. 2 Versammlungsgesetz auch auf andere Orte in Berlin im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Versamm- lungsgesetz (VerSG) auszuweiten und wenn ja, auf wel- che? Zu 6.: Nein. 7. Ist der Senat der Ansicht, dass die Außenwirkung der Bilder des Aufmarsches der Partei Die Rechte am 13. Februar 2014 vor dem Brandenburger Tor in unmit- telbarer Nähe zum Holocaustmahnmal das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im In- und Ausland beschä- digt? Zu 7.: Die in der Bundesrepublik Deutschland gelten- de Freiheit der Meinungsäußerung sowie das Demonstra- tionsrecht genießen im In- und Ausland hohe Anerken- nung. Auch politischen Randgruppen, die mit ihren Äuße- rungen nicht die Mehrheitsmeinung wiedergeben, stehen diese Grundrechte zu. Der Senat von Berlin sieht die wehrhafte Demokratie der Bundesrepublik Deutschland auch durch die Meinungsäußerungen der Partei Die Rech- te nicht als gefährdet an. 8. Stimmt sich das Land Berlin mit den Sicherheits- behörden in Dresden über Aktionen aus dem rechten Spektrum am 13. Februar ab und wenn ja, folgt daraus eine verbesserte Informationspolitik (z.B. frühere Be- kanntgabe von Aktionen aus dem rechten Spektrum) für das Jahr 2015? Zu 8.: Die Polizei Berlin führt vor dem Hintergrund der frühzeitigen Erkenntnisgewinnung zu regionalen als auch überregionalen Versammlungen/Veranstaltungen einen Informationsaustausch unter anderem mit den Lan- deskriminalämtern anderer Bundesländer und dem Bun- deskriminalamt durch. Darüber hinaus werden zur Bewäl- tigung von alljährlich wiederkehrenden besonderen Lagen zeitnah anlassbezogene Informationssammelstellen zur Sammlung, Verdichtung, Bewertung und Steuerung lage- und gefährdungsrelevanter Erkenntnisse bei den für die Versammlung zuständigen Länderpolizeien eingerichtet, wie zum Beispiel bei der Polizeidirektion Dresden anläss- lich des Jahrestages der Bombardierung der Stadt Dresden am 13. Februar. Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem 13. Februar wurden durch die Polizei Berlin an die zu- ständige Behörde übermittelt und werden auch zukünftig mitgeteilt. Dieser Informationsaustausch hat keine Auswirkungen auf das Auskunftsverhalten zu angemeldeten öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel. Siehe Antwort zu Frage 4. Im „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum “ (GETZ) werden bundesweit sämtliche anfallenden Erkenntnisse zu rechtsextremistischen Be- strebungen und deren Aktivitäten zwischen allen Sicher- heitsbehörden erörtert. Berlin, den 02. April 2014 Frank Henkel Senator für Inneres und Sport (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 03. Apr. 2014)