Drucksache 17 / 13 441 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Turgut Altug (GRÜNE) vom 14. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 20. März 2014) und Antwort Welche Auswirkungen hätte das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) auf den Verbraucherschutz in Berlin? Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Welchen Kenntnisstand hat der Senat über die aktu- ellen TTIP-Verhandlungen in den Bereichen Agrar- und Ernährungswirtschaft, insbesondere bei den Themen Gentechnik und Lebensmittelsicherheit und Lebensmit- telkennzeichnung? Zu 1.: Dem Senat liegen keine Informationen zu Ver- handlungsdetails vor. Bekannt ist, dass im März 2014 in Brüssel die vierte Verhandlungsrunde zum geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU stattfand. Dabei haben die Verhandlungsführer ihre Ver- handlungen in den Bereichen Marktzugang, regulatori- sche Fragen und Regeln fortgeführt und insbesondere technische Handelshemmnisse sowie den Themenkom- plex „Kleine und Mittelständische Unternehmen“ (KMU) diskutiert. Die Verhandlungen stehen jedoch noch ganz am An- fang. In den ersten drei Verhandlungsrunden wurden nur Standpunkte und Positionen ausgetauscht, die aufgrund des Verhandlungsmandats nun intensiver verhandelt wer- den sollen. Eine Aussage über den Verhandlungsstand in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise die Agrar- und Ernährungswirtschaft lässt sich zum derzeitigen Zeit- punkt nicht treffen. Die EU-Kommission hat jedoch mehrfach deutlich gemacht, dass es keine Verwässerung der in der EU geltenden Schutzstandards in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz geben wird. Der Senat geht deshalb davon aus, dass das Abkommen nicht zur Absenkung von Schutzstandards führt und wird dies gegenüber dem Bund weiterhin deutlich machen. 2. Wie schätzt der Senat die Auswirkungen des ge- planten Freihandelsabkommens TTIP auf die Verbrauche- rInnen in Berlin mit Blick auf die Themen Verbraucher- schutz und Lebensmittelsicherheit sowie Digitaler Ver- braucherschutz und Datenschutz ein? Zu 2.: Eine Einschätzung der Auswirkungen ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. 3. Welche Informationsmöglichkeiten über den aktu- ellen TTIP-Verhandlungsverlauf hat der Senat? Über welche Gremien und Kanäle informiert sich der Senat regelmäßig über die laufenden Verhandlungen? 4. Welche Möglichkeiten hat der Senat, bei den TTIP- Verhandlungen mitzugestalten oder zu intervenieren? Zu 3. und 4.: Die Verhandlungsführung über bilaterale Abkommen der EU mit Drittstaaten liegt als Teil der gemeinsamen Handelspolitik gemäß Artikel 207 Absatz 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union bei der Europäischen Kommission. Die Europäi- sche Kommission ist bei ihren Verhandlungen an das Mandat gebunden, das ihr vom Handelsministerrat gege- ben wurde, und das für die Europäische Kommission als Richtschnur für die Verhandlungen, aber auch als Be- schränkung der Verhandlungsfreiheit bedeutsam ist. Die Bundesregierung vertritt bei der Mandatserteilung sowie bei der die Verhandlungen begleitenden Abstimmung der Europäischen Kommission mit den Mitgliedstaaten die Interessen Deutschlands. Seitdem mit den Verhandlungen mit Kanada zu einem Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen (Com- prehensive Economic and Trade Agreement – CETA) die Komplexität der Freihandelsabkommen zugenommen hat und ein Bedürfnis nicht nur nach informatorischer Be- rücksichtigung der Länder, sondern auch nach materiell- rechtlichen Zulieferungen besteht, werden die Länder inzwischen im Vorfeld von Verhandlungen sowie im weiteren Verlauf detaillierter und häufiger vom Bund über den Fortgang der Verhandlungen unterrichtet und bei der Festlegung von für die Länder sensiblen Verhand- lungspositionen einbezogen. Der Senat wirkt im Rahmen dieser Bund-Länder-Zusammenarbeit im Bereich Außen- wirtschaft, sowie in anlassbezogen einberufenen Informa- tions- und Beratungsrunden beim Bundesministerium für Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 441 2 Wirtschaft und Energie zu spezifischen, sich aus dem jeweiligen Verhandlungsstand ergebenden Fragen mit. Dies gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Verhandlun- gen mit den USA zu der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and In- vestment Partnership - TTIP). Auch hier informiert der Bund die Länder bereits über den aktuellen Verhandlungsstand, soweit dieser dem Bund bekannt ist. Die zwischen den Verhandlungspar- teien bisher bewahrte strikte Geheimhaltung der Ver- handlungsdokumente führt hinsichtlich der Verhandlun- gen zum TTIP jedoch dazu, dass auch der Bund zu we- sentlichen Teilen auf die Berichterstattung durch die Eu- ropäische Kommission etwa im Handelspolitischen Aus- schuss angewiesen ist. Die Europäische Kommission hat angeboten, auch die Büros der deutschen Länder in Brüs- sel regelmäßig über den Verhandlungsstand zu informie- ren. Die Interessen der deutschen Bundesländer können damit direkt an die Europäische Kommission herangetra- gen werden. Sobald von den Länderbüros in Brüssel neue Informationen zum TTIP vorliegen, werden diese auch dem Abgeordnetenhaus zur Verfügung gestellt. 5. Auf welche Weise setzt sich der Senat dafür ein, dass die in Europa gültigen Verbraucherschutz-, Lebens- mittel- und Datenschutzstandards gewahrt bleiben? Zu 5.: Der Senat unterstützt den Abbau jeglicher ta- rifärer wie nicht-tarifärer Handelshemmnisse in allen Bereichen, in denen dies nach Analyse der Grundpositio- nen von EU und USA möglich ist oder eine Annäherung der Standpunkte im Verhandlungsweg vielversprechend erscheint. Im Bereich der Lebensmittelsicht etwa ist diese Vorbedingung nach derzeitigem Stand nicht erfüllt, so dass ein gemeinsamer Markt für Lebensmittel nicht be- fürwortet werden kann. Bundesminister Gabriel ist im Hinblick auf die EU-Verhandlungen zum TTIP schriftlich von Senator Heilmann gebeten worden, diese Einschät- zung zu übernehmen und zu vertreten. Der Bundesrat hat zuletzt in seinem Beschluss „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialaus- schuss und den Ausschuss der Regionen: Für ein Wieder- erstarken der europäischen Industrie“ - BR-Drucksache 18/14 (Beschluss) vom 14.03.2014 - unter Ziffer 23, die Berlin ausdrücklich mitgetragen hat, die Bundesregierung u.a. gebeten, sicherzustellen, dass die nationalen und europäischen Errungenschaften im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes erhalten bleiben und die Ver- handlungen über die TTIP transparent und unter Einbe- ziehung der Öffentlichkeit stattfinden. Der Senat wird die kommenden Verhandlungen zum TTIP beobachten und sich weiterhin aktiv an der Bund- Länder-Zusammenarbeit beteiligen. Berlin, den 1. April 2014 In Vertretung Sabine Toepfer-Kataw Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 04. Apr. 2014)