Drucksache 17 / 13 463 Schriftliche Anfrage 17. Wahlperiode Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Klaus Lederer (LINKE) vom 21. März 2014 (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 21. März 2014) und Antwort Entwicklung der Bewerberzahlen und Einstellungsvoraussetzungen für Richter*innen und Staatsanwält*innen in Berlin Die Drucksachen des Abgeordnetenhauses sind bei der Kulturbuch-Verlag GmbH zu beziehen. Hausanschrift: Sprosserweg 3, 12351 Berlin-Buckow · Postanschrift: Postfach 47 04 49, 12313 Berlin, Telefon: 6 61 84 84; Telefax: 6 61 78 28. Im Namen des Senats von Berlin beantworte ich Ihre Schriftliche Anfrage wie folgt: 1. Für wie viele Richter- und Staatsanwaltsstellen waren in den Jahren 2000 bis 2013 in Berlin Neueinstel- lungen vorzunehmen (bitte für Richter und Staatsanwälte getrennt für die einzelnen Jahre darstellen)? Zu 1.: In den Jahren 2002 bis 2013 waren auf Grund von Fluktuation in nachfolgend benanntem Umfang Rich- ter- und Staatsanwaltsstellen nachzubesetzen: 2002: 59 2003: 51 2004: 39 2005: 46 2006: 56 2007: 44 2008: 45 2009: 39 2010: 46 2011: 42 2012: 42 2013: 44 insgesamt: 553 Für die Jahre 2000 und 2001 kann die Frage nicht oh- ne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand beantwortet werden. Auch eine getrennte Darstellung der Stel- lenkontingente für die Gerichte einerseits und die Staats- anwaltschaft andererseits ist auf der Grundlage der vor- handenen Statistiken nicht möglich, da vor dem Hinter- grund des für die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden einheitlichen Proberichterdienstes kein Erfordernis für eine getrennte Erfassung besteht. 2. Wie viele Bewerbungen sind auf diese Stellen in den jeweiligen Einstellungsjahren eingegangen? Zu 2.: Die Bewerbungssituation im Zeitraum 2002 - 2013 stellte sich wie folgt dar: 2002: 198 2003: 225 2004: 236 2005: 232 2006: 190 2007: 208 2008: 345 2009: 378 2010: 371 2011: 236 2012: 193 2013: 173 insgesamt: 2.985 Der signifikante Rückgang ab 2011 ist auf die Einfüh- rung strikter Notengrenzen zurückzuführen; seitdem wer- den nur Bewerbungen angenommen, die für die erste Staatsprüfung mindestens 7,5 Punkte und für die zweite Staatsprüfung mindestens 8,5 Punkte ausweisen. 3. Welchen Notenbereichen waren diese Bewerbungen zuzuordnen? Zu 3.: Die Beantwortung dieser Frage ist ohne erheb- lichen Verwaltungsaufwand in der kurzen Zeit nicht leist- bar. 4. Welche Noten mussten die Bewerber im 1. und 2. Staatsexamen vorweisen, um zu einem Vorstellungsge- spräch eingeladen zu werden (formale Einstellungsvo- raussetzung, bitte jeweils für die einzelnen Jahre darstel- len)? Abgeordnetenhaus Berlin – 17. Wahlperiode Drucksache 17 / 13 463 2 Zu 4.: Seit Mitte 2011 gelten folgende Notenanforde- rungen, wie sie auch im Internetauftritt der Senatsver- waltung für Justiz und Verbraucherschutz niedergelegt sind: „Sie müssen zwingend die in § 9 des Deutschen Richtergesetzes genannten Voraussetzungen erfüllen und im Ersten Staatsexamen mindestens 7,5 Punkte, im Zwei- ten Staatsexamen mindestens 8,5 Punkte erreicht haben. Regelmäßig werden für eine aussichtsreiche Bewerbung darüber hinaus in beiden Examina mindestens 9 Punkte sowie überdurchschnittliche Leistungen im Vorberei- tungsdienst erforderlich sein.“ Auch in den Jahren zuvor, d. h. in dem hier maßgebli- chen Zeitraum ab dem Jahr 2000, kamen regelmäßig nur solche Bewerberinnen und Bewerber zum Zuge, die zwei Prädikatsexamina (mindestens 9 Punkte) vorweisen konn- ten. 5. Wie viele Neueinstellungen sind tatsächlich vorgenommen worden? Zu 5.: Es wurde wie folgt eingestellt: 2002: 40 2003: 25 2004: 34 2005: 29 2006: 38 2007: 29 2008: 74 2009: 81 2010: 81 2011: 41 2012: 17 (vorläufige Haushaltswirtschaft von Januar bis Juni 2012) 2013: 16 insgesamt: 505 Hinzu kamen im genannten Zeitraum 46 Übernahmen aus anderen Bundesländern bzw. anderen Behörden. Ins- gesamt wurden demnach 551 Personen in den höheren Justizdienst eingestellt. Bis 1. Mai 2014 werden weitere 39 Einstellungen erfolgen. 6. Welche Noten wiesen die eingestellten Bewerber auf (bitte Differenzierungen nach Jahrgängen und Noten- bereichen)? Zu 6.: Die Beantwortung dieser Frage ist ohne erheb- lichen Verwaltungsaufwand in der kurzen Zeit nicht leist- bar. 7. War und ist es möglich, durch Zusatzqualifikationen (zum Beispiel eine mehrjährige Berufserfahrung als Rechtsanwalt) eine Punktzahl unterhalb der offiziellen Grenznoten ausgleichen zu können? Zu 7.: Eine Unterschreitung der seit 2011 geltenden zwingenden Notengrenzen kann auch durch Zusatzquali- fikationen nicht ausgeglichen werden. Oberhalb der offi- ziellen Grenznoten vermag sich eine Bewerberin oder ein Bewerber allerdings durchaus durch Zusatzqualifikatio- nen, berufliche Vorerfahrungen oder sonstige besondere Fähigkeiten aus dem übrigen Bewerberfeld positiv her- ausheben. Vor 2011 war eine Kompensation schwächerer Exa- mensnoten durch Zusatzqualifikationen im engen Umfang möglich. 8. Sofern Frage 7 bejaht wird: Wie groß ist der zulässige Spielraum dabei und inwieweit hat er sich über die Jahre verändert? Zu 8.: In den Jahren vor der Einführung strikter No- tengrenzen (vor 2011) konnten Bewerberinnen und Be- werber, welche die Anforderung, beide Staatsprüfungen mit der Note „vollbefriedigend“ abgeschlossen zu haben, lediglich knapp verfehlt hatten (d. h. um wenige Zehntel- punkte), gleichwohl Berücksichtigung finden, wenn sie beispielsweise über eine mehrjährige Berufserfahrung als Rechtsanwältin oder als Rechtsanwalt verfügten. 9. Wie viele Bewerber sind nach einem Einstellungsgespräch in den einzelnen Jahrgängen als ungeeignet abgelehnt worden? Zu 9.: Es wurden keine entsprechenden Erhebungen vorgenommen. Als Erfahrungswert hat sich über die Jahre herausgebildet, dass durchschnittlich etwa die Hälfte der zu Einstellungsgesprächen eingeladenen Bewerberinnen und Bewerber sich als ungeeignet erweisen und abgelehnt werden. 10. Wie viele Bewerber haben nach einer Zusage aus der Justiz ihre Bewerbung wieder zurückgezogen (bitte ebenfalls nach den einzelnen Jahrgängen aufschlüsseln)? Zu 10.: Es wurden keine entsprechenden Erhebungen vorgenommen. Jedoch ist der Anteil von Rücknahmen nach bereits erfolgter Zusage verschwindend gering. Berlin, den 8. April 2014 In Vertretung Straßmeir Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz (Eingang beim Abgeordnetenhaus am 14. Apr. 2014)